Bernhard Lassahn / 11.05.2019 / 06:25 / Foto: Bildarchiv Pieterman / 86 / Seite ausdrucken

Statt Freiheit. Die FDP geht unter

Das klingt dramatisch. Ist es wirklich so schlimm? Sehen wir mal: Die FDP hatte jüngst einen Bundesparteitag. Es war der 70. und er dauerte vom 26. bis 28. April. Nun ist es nicht mehr dieselbe FDP. Sie haben es getan. Sie haben ihre freiheitlich-demokratische Haltung aufgegeben, und es scheint ihnen nicht einmal bewusst zu sein. Es scheint ihnen auch nicht peinlich zu sein, feministischen Forderungen von gestern hinterherzudackeln. Sie meinen es ernst. Nun wollen sie – wie andere auch – ebenfalls eine Quote. Natürlich in Führungspositionen.

„Wir setzen uns dafür ein, dass Unternehmen eine Selbstverpflichtung eingehen“, heißt es, sie wollen, „dass der Anteil Frauen einer Unternehmensebene sich in der Führung der jeweiligen Unternehmensebene widerspiegelt.“

Aha: Spieglein, Spieglein, an der Wand … lautet also der Singsang. Dahin geht ihr Blick. Hoffentlich haben sie auch das richtige Make-up griffbereit. So jedenfalls fängt das Papier an, das „Freiheit durch Emanzipation – Liberale Agenda für Selbstbestimmung und Vielfalt“ heißt und das man hier nachlesen kann:

„Anfang 2019 wurden nur 2,5 Prozent der 160 größten Unternehmen Deutschlands von einem weiblichen CEO geleitet. Obgleich der Frauenanteil unter den DAX 30 Unternehmen bei 14,5 Prozent liegt, werden zwei von drei Unternehmen durch ausschließlich mit Männern besetzte Vorständen geführt. Und nur 15,1 Prozent aller Start-ups werden von Frauen gegründet.“ 

In betrügerischer Absicht

Das sehen sie als Problem. Deshalb will die FDP so genannte „Zielvorgaben“ machen. Das klingt gut, ist aber schlecht. Eine Quote ist noch kein Ziel, sie ist ein Mittel; eine Formalität, kein Inhalt. Es soll jedoch Leute geben, die meinen, dass der Weg schon das Ziel sei. 

Wie auch immer: Sie nennen ihr Motto in betrügerischer Absicht, die gleichwohl leicht zu durchschauen ist: „#LeistungstattQuote“. Es ist jedoch nichts anderes als der späte Ruf nach einer ordinären Quote. Nun also auch die FDP. Sie wollen „ein bisschen Feminismus“ und verkennen, dass man nicht „ein bisschen Totalitarismus“ haben kann.

Frauen haben inzwischen vollen Zugang zum Arbeitsmarkt und dennoch müssen wir feststellen, dass sowohl in Führungspositionen als auch in bestimmten, besser bezahlten Berufsgruppen Frauen noch immer unterrepräsentiert sind. 

Erwischt. Da ist es! Das üble Wort, das sich nicht mit liberalem Denken verträgt – das verräterische Wörtchen „unterrepräsentiert“! An anderer Stelle wiederum – daran soll man offenbar erkennen, dass es ein echtes Papier von der FDP ist – schreiben sie:

Dabei geht es uns um echte Wahlfreiheiten von Lebensentwürfen für jede einzelne Frau und jeden einzelnen Mann nach ihren oder seinen ureigensten Wünschen. 

FDP-Frauen bitte ans Telefon!

Nun habe ich ein Problem. Ich frage mich ganz ernsthaft: Ist es etwa unhöflich, womöglich sexistisch, wenn ich versuche, den Frauen von der FDP zu erklären, dass „Wahlfreiheit“ und „Repräsentation“ nicht zusammenpassen und dass sie sich daher nicht wundern sollen, dass Frauen in gewissen Bereichen „unterrepräsentiert“ sind. Es ist offensichtlich. Das müssten sie selber merken; es ist kaum vorstellbar, dass ihnen das nicht schon aufgefallen ist.

Wenn ich freie Wahl gewähre, muss sich auch das Ergebnis akzeptieren und kann nicht erwarten, dass dabei etwas Repräsentatives herauskommt. Das Ergebnis, das bei einer freien Wahl entsteht, ist anders als ein Ergebnis, das künstlich so zusammengestellt werden muss, dass dabei gewisse Gruppen just so repräsentiert werden, wie es sich Leute wünschen, die sich anmaßen, das Ergebnis von freien Entscheidungen vorwegnehmen zu können.

Wahrscheinlich fällt das, was ich hier mache, unter „mansplaining“. So nennt man es, wenn Männer Frauen damit belästigen, dass sie versuchen, ihnen etwas zu erklären, das sie in Wirklichkeit selber längst viel besser wissen – oder besser zu wissen glauben. (Dazu gibt es einiges an Büchern, T-shirts, anti-mansplaining Bleistiften, Kaffeetassen, Warnschildern, MP3-downloads … schauen Sie mal: Wie wäre es mit einem Journal für Opfer von Mansplaining?)

In Schweden wurde sogar ein Notruf eingerichtet (die Nummer suche ich jetzt aber nicht extra raus). Womöglich fällt mein Versuch, den Frauen von der FDP etwas zu erklären, sogar unter toxic masculinity. Dennoch! Ich wage es: 

Wenn ich mich frei für etwas entscheide, dann entscheide ich mich für etwas, das allein mich betrifft. Ich entscheide mich beispielsweise, Unternehmer zu werden. Damit repräsentiere ich nichts. Nur meine eigene Entscheidung. Wenn ich dagegen als repräsentativ für etwas gesehen werden soll, dann geht das auf Entscheidungen zurück, die nicht bei mir alleine, sondern auch noch bei anderen liegen. Wenn zum Beispiel ein Unternehmerverband mich als Repräsentanten bestimmt hat, damit ich deren Interessen vertrete. Dann kann ich sagen: Ich repräsentiere nicht nur mich, sondern obendrein den Verband, der mich dazu auserkoren hat.

Noch mal in einfacher Sprache: Freiheit = ich entscheide für mich alleine. Meine Entscheidung gilt nur für mich. Repräsentation = andere entscheiden mit, dass sie mich als Vertreter ihrer Gruppe ansehen und dass das, was ich entscheide, nicht nur für mich alleine, sondern zugleich für die Gruppe Bedeutung hat.

Ich empfehle einen Spaziergang zur Neckarinsel in Tübingen

Es sind zwei verschiedene Betrachtungsweisen. Die eine ist am Individuum orientiert, die andere ist gruppenbezogen. Die feministische Weltsicht passt in zweierlei Hinsicht nicht zu einer freien, demokratischen Partei: Sie ist nicht frei und nicht demokratisch.

Die feministische Weltsicht ist gruppenbezogen. Das ist sie per definitionem. Sie setzt sich über freie Entscheidungen von Einzelnen hinweg. Stets ist die Gruppenzugehörigkeit Trumpf. Feministen denken in Quoten. Sie sprechen von Repräsentation.

Doch ihre Art von Repräsentation ist grundsätzlich anders als die in meinem speziell auf FDP-Bedürfnisse zugeschnittenen Beispiel, bei dem ich als gewählter Vertreter eines Unternehmerverbandes die Interessen meines Verbandes repräsentiere. Da habe ich freiwillig kandidiert und bin dann von der Mehrheit gewählt worden. Diese beiden Faktoren, die eine Repräsentation demokratisch machen, gelten nicht, wenn Feministen von „Repräsentation“ reden.

Bei denen geht es nicht demokratisch zu. Nicht freiheitlich. Da gibt es keine Kandidatinnen, die sich freiwillig zur Wahl stellen, um sich als Repräsentantinnen wählen zu lassen. Es gibt solche Kandidatinnen nicht. Und es gibt auch nicht die Gruppe „der“ Frauen, die ihre Repräsentanten demokratisch wählen. Die Gruppe „der“ Frauen (die es sowieso nicht gibt) muss daher auch nirgendwo repräsentiert sein. 

Jedenfalls nicht in einer freiheitlichen Demokratie. Da gilt Repräsentation nur unter den eben genannten Bedingungen. Ansonsten nicht. Wer von Repräsentation redet, ohne dass die Repräsentanten, um die es dabei geht, in irgendeiner Weise qualifiziert und legitimiert sind, versucht zu mogeln, der verwendet an der Stelle einen falschen Begriff.

Die Gruppe „der“ Frauen gibt es nur im Weltbild von Feministen. Die Repräsentantinnen dieser Gruppe sind nicht gewählt und von niemandem gewollt – nur von feministischen Aktivistinnen, die selber nicht das machen wollen, was sie von anderen fordern. Statt zu fordern, dass es mehr Start-ups von Frauen geben sollte, könnten sie selber welche gründen.

Feminismus und FDP – das passt nicht zusammen. FDP und Quote – beides geht nicht. 

Die Neckarinsel in der Universitätsstadt Tübingen ist nicht nur eine Attraktion für Spaziergänger, sie ist zugleich ein Mahnmal: Der Sage nach verunglückten an ihrer Spitze dumme Flößer, die sich nicht rechtzeitig entscheiden konnten, ob sie links oder rechts an der Insel vorbeifahren wollten. Beides geht nicht gleichzeitig, man kann nicht sowohl links als auch rechts an der Insel vorbeifahren. Freie Wahl und Repräsentation gehen nicht zusammen.

Hören Sie auf Frauen! Beachten Sie das womensplainig

Wenn ich Kabarettist wäre, würde ich jetzt an Günter Grass erinnern, der mit dem Buchtitel Die Rättin eine neue weibliche Form erfunden und gleichzeitig die Figur der Ratte aufgewertet hat, die bei ihm so etwas wie der canary in the coal mine wird, ein Frühwarnsystem. Wenn ich also Kabarettist wäre, könnte ich jetzt sagen: Die Rättinnen verlassen das sinkende Schiff. Kluge Frauen verlassen die FDP.

Zum Beispiel Natalie Sapir:

„Werde mich weiter in der #FDP engagieren, aber nur unter der Bedingung, dass man mich nicht als Frau behandelt. Never ever kandidiere ich auf einem Frauenplatz. Ich lasse mich auch nicht als Frau zählen.“

Zum Beispiel Lian Hunold:

„Ich könnte mich selbst nicht ernst nehmen, wenn ich nur aufgrund einer #Zielvereinbarung im Amt wäre. Ich würde das Amt gar nicht erst wollen. #LeistungstattQuote (es ist nicht weniger Quote nur weil man es anders nennt).“

Zum Beispiel Maike Wolf:

„ … hiermit trete ich zum nächstmöglichen Zeitpunkt aus der Freien Demokratischen Partei aus …

Ich habe mich lange und voller Herzblut für die Freien Demokraten und ihre Jugendorganisation, die Jungen Liberalen (hier u.a. als Landesvorsitzende), eingebracht und gestritten. Immer als Mensch, als Freier Demokrat, als Liberaler. Niemals nur als Frau. Genau das war es, was mir auch als Gegenleistung entgegengebracht wurde, Wertschätzung für meine Taten, für mein Engagement – unabhängig von meinem Geschlecht …

Als Freie Demokraten stellen wir immer wieder klar, dass unser Schwerpunkt auf dem Individualismus und der Chancengerechtigkeit liegt ...

Für uns, die darauf einen derart großen Schwerpunkt legen, gibt es eindeutig Dinge, die für die Wahl in ein Amt nicht relevant sein dürfen: die Herkunft, das Aussehen und das Geschlecht.“

Foto: Bildarchiv Pieterman

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B. Jacob / 11.05.2019

Damit unsere Goldstücke gut versorgt sind und über die einheimische Bevölkerung lachen können, der Zustrom nach Deutschland nicht abreißt, plant die SPD jetzt da Milliarden fehlen den Griff in die Rentenkassen und wenn bei der ganzen Umverteilungslogik das nächste Töpfchen leer ist, geht es halt an unsere anderen Sozialtöpfe, da macht doch Organhandel Sinn um Haushaltslöcher auf zu peppen. Warum greift Herr Scholz nicht in den Sparstrumpf für Migranten die er noch zusätzlich aus den aufgebauten Sozialsystemen der hier schon länger lebenden Bürger bedienen will, auch wenn sie ihren Beitrag nicht leisten wollen dafür ?Traut sich die FDP gegen das Plündern des Rententopfes nein zu sagen und diese mörderische Umverteilungspolitik zu stoppen wie die Migrationswelle die sämtliche wirtschaftlichen und sozialen Kapazitäten Deutschlands zerstört, oder ist sie Mitläufer, weil die eigenen Diäten stimmen und verantwortungsloses Verhalten egal?

Marc Stark / 11.05.2019

Sehr schön die Zitate am Schluss, deutlicher kann man den Unterschied zwischen echten Power-Frauen und den Quotzen nicht darstellen. Abgesehen davon: Die FDP war mir schon immer zu Manchester-Markt"liberal”, genau wie mir der “Konservatismus” der CSU schon immer zu stammtisch-altbacken war. Beides verknöcherte Relikte eines zu Recht aussterbenden Geistes. Der “Konservatismus” der AFD ist ein modernerer. Echte Power-Frauen ermutigen ihren Weg zu gehen und sollte es tatsächlich noch einen diskriminierenden Stein auf dem Weg geben, diesen auch ausräumen, keine Steuergeschenke für Heuschrecken, kein Geklüngel mit dem Börsen-“Mittelstand” zuungunsten derer Angestellter…  und ja ein frischerer “Konservatismus” , zumindest in Teilen davon, wohingegen der Flügel leider immer noch die eher niedersten deutschen “Tugenden” anspricht. Alles in allem ist die AFD ein junger Mensch mit einigen Kinderkrankheiten, die er aber auskurieren kann, wohingegen CDSU/FDP alte, gebrechliche, verknöcherte Patienten sind, ohne echte Regenerationsfähigkeit, die stattdessen mit absurden Kosmetika versuchen, sich zu verjüngen.

Anders Dairie / 11.05.2019

Auch in einem “sozialistischen” Staatssystem ist   die Frauen-Quotierung—egal zu welchem Zweck—immer gescheitert.  In den Firmen wäre es gern gesehen worden,  wenn Frauen mehr Qualifikations-Eifer entwickelt hätten.  Von der Zeichnerein zur Technikerin.  Oder, von der Technikerin zur Ingenieurin.  Es wurden nicht die Unbeweglichsten angesprochen.  Es gelang fast nie.  Es war,  als bliebe das Rollenverständnis einer implantierten Bestimmung verhaftet.  Frau-sein, Mutter, Familienpflegerin, Partnerin,  ja !  Aber die Entfernung daraus,  zur sozialen Unabhängigkeit,  eher nein !  Gleichberechtigung wurde als bereits gegeben empfunden und das “Mansplaining” (Auf Sie einreden)  als das was es war:  Pflichtübunge der Einheitspartei.  In der nur sehr wenige führende Frauen waren. Herr LINDNER steht also mit der polit-taktischen Maßnahme der Quotierung vor unwilligen Frauen—und dadurch vor einem erwartbaren Scheitern .

Armin Reichert / 11.05.2019

Hat jemand gestern im Bundestag die Erwiderung dieses arroganten FDP-Manns Marco Buschmann auf die AfD-Beschwerde gegen die Änderung der Geschäftsordnung gesehen? Ich hätte dem Buschmann am liebsten eine reingehauen.

Dr. Joachim Lucas / 11.05.2019

Seit einigen Jahren singt die FDP im Chor derjenigen mit, die Gesellschaftspolitik als die drängendste Thematik Deutschland betrachten: Genderquatsch, Quoten bis in den letzten Verein und das unsägliche Thema “Klima”. Über nicht anderes (plus die Sozialsstaatsinvasoren) mehr wird in Deutschland geredet. Ausfluß der 68iger-Politik, die diese abgebrochenen Geschwätzwissenschaftler natürlich favorisieren und medial unterstützt ständig breittreten. Von ihrem ureigensten Thema, Freiheit, Wirtschaft, Bildung hört man nichts mehr. Wenn die FDP so weitermacht, wird sie auch weiter marginalisiert. Ich brauchte keine x-te Partei, die das Gendergelabere mitmacht.

Karsten Paulsen / 11.05.2019

Ich hatte eigentlich Hoffnung mit einer neuen FDP unter Christian Lindner. Leider wurden diese nicht erfüllt. Das F vorneweg haben die Parteiprotagonisten leider nicht verstanden. Es bedarf in Deutschland dringend einer Partei, die sich glaubwürdig gegen die Verbots- und Gebotswut in Deutschland stemmt. Die FDP von heute ist das leider nicht.

Tobias Kramer / 11.05.2019

Die FDP wurde doch schon soweit links unterwandert, dass sie nur noch als Steigbügelhalter bzw. Mehrheitsbeschaffer einer linksgrünen Regierung fungieren kann und wird. Sämtliche Äußerungen, die aus den Reihen der ehemaligen und neuen Liberalen kommen, lassen gar keinen anderen Schluss mehr zu.

Dr. Gerhard Giesemann / 11.05.2019

Da wendet sich der Mann mit Grausen, sprach’s und konvertiert Islam. Dort haben die Frauen eine hohe Anerkennung dank Gebärquote - ganz im Sinne von so manchen Feministinnen. Solche Themen zu forcieren in Zeiten der Invasion von Männerhorden aus dem Orient - das gibt echte Orientierung, da geht die Sonne auf.

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