Murat Altuglu, Gastautor / 24.01.2013 / 07:38 / 0 / Seite ausdrucken

Obamas Programm: Klimawandel und Homoehe

Murat Altuglu

Am Montag legte Obama seinen Amtseid öffentlich ab und hielt, wie es üblich ist, eine Rede. Im Falle Obamas muss man, um genau zu sein, sagen, er las vom Teleprompter ab. Diese Antrittsrede war bemerkenswert, doch nicht in dem Sinne, wie es in den deutschen Medien dargestellt wird. Wenn man sich die deutsche Berichterstattung anschaut, wird es erklärlich, warum 80 Prozent oder mehr der Deutschen Obama wählen würden, wenn sie denn dürften. Die Antrittsrede war aber durchweg eine polemisierende und polarisierende Kampfansage Obamas and die Konservativen.

In der leicht-konservativen Welt steht, dass die Rede revolutionär war, und man wird darüber aufgeklärt, dass Obama ein Normalsterblicher sei und keine übernatürlichen Kräfte besitze. Bei der FAZ geht es nüchterner und zurückhaltender zu. Die linke Zeit hat Tatendurst bei Obama entdeckt und zählt auf, was Obama so alles in den nächsten vier Jahren machen wird. Der Staatsrundfunk krönt dann die Obama-Berichterstattung mit einer Reihe von verherrlichenden Adjektiven, getoppt mit der Verleihung des Labels “brillant”. Nun kann man die Rede für gut oder schlecht halten, für revolutionär und brillant oder halt doch nur für plump und polemisch. Das Gesagte war auf jeden Fall eine Ankündigung, was Obama und die amerikanische Linke in den nächsten vier Jahren zu tun gedenken.

Was er hinsichtlich der Staatsverschuldung machen will, dazu sagte er mal wieder nichts. Als er noch Präsidentschaftskandidat war, bezeichnete Obama im Sommer 2008 die Staatsverschuldung als unverantwortlich und unpatriotisch gegenüber den Kindern. Bei der Ansprache am Montag mussten die Kinder wieder herhalten. Nur diesmal für den Klimawandel. Obwohl Obama mehr Schulden angehäuft hat als jeder andere Präsident in der Geschichte der USA, sprach er nicht von einem „Betrug“ durch die enorme Verschuldung. Wenn Obama in vier Jahren das Weiße Hause verlässt, wird er mehr Schulden angehäuft haben, als alle vorherigen Präsidenten zusammengenommen. Trotzdem sagte Obama wieder nicht, was er denn   angesichts der Staatsverschuldung zu tun geenkt . Es wäre doch daher berichtenswert gewesen, dass Obama in seiner ganzen Rede das Wort Verschuldung überhaupt nicht benutzt hat.

Hingegen sprach Obama vom Klimawandel in sehr blumigen Worten. Was er gegen einen solchen Wandel tun könnte oder wollte, sagte er aber nicht. Man kann vermuten, dass es Obama allein darum ging, seine linke Basis zu hofieren. So ist auch Obamas Forderung nach gleichem Lohn für Frauen zu verstehen, obwohl der Congress mit dem “Lilly Ledbetter Gesetz” die letzte gesetzliche Lücke hinsichtlich ungleicher Bezahlung für gleiche Arbeit geschlossen längst hat.

Dass Obama mit seiner Ansprache seine linke Basis ereichen wollte, wird auch mit dem nächsten Punkt deutlich, den Obama ansprach, nämlich die Homo-Ehe. Zwar wächst in den USA der Zuspruch für gleichgeschlechtliche Partnerschaften. Aber die Homo-Ehe wird weiterhin mehrheitlich abgelehnt. Hierbei gibt es regionale Unterschiede, so dass in einigen Regionen, besonders im Süden, die Ablehnung gegenüber der Homosexualität nach wie vor sehr hoch ist. Insbesondere unter Christen herrscht breite Ablehnung, so dass Obamas Verweis auf die „homosexuellen Brüder und Schwester“ sehr provokant und polarisierend ist. Wenn man weiterhin berücksichtigt, dass das Defense of Marriage Act, kurz DOMA genannt, nach wie vor Bundesgesetz ist, und eine Mehrheit selbst im Senat für dessen Abschaffung in weiter Ferne liegt, hat Obama kalkuliert eine Provokation für die Christen und Konservative in seine Rede eingebaut. Denn legislativ wird sich auf Bundesebene in den nächsten vier Jahren nichts ändern.

Obama sprach weiterhin an, dass es nötig sei, Wähler nicht stundenlang vor den Wahllokalen stehen zu lassem. Dies ist wohl wahr. Aber dies war keine einfache Binsenweisheit (die Obama gerne benutzt), sondern eine an die Republikaner gerichtete Sottise. Vor allem in republikanischen Bundesstaaten wird vom Wähler verlangt, sich vor der Stimmabgabe per Lichtbild auszuweisen. Für einige Demokraten ist dies bereits Rassismus. Unabhängig davon ist es aber Angelegenheit der Bundesstaaten zu entscheiden, wie man sich bei einer Wahl als Wahlberechtigter auszuweisen hat. So ist auch dieser Hinweis Obamas als substanzloser Wink an die linke Basis zu verstehen.

Schließlich baute Obama in seine Rede auch eine Bemerkung zu den verlangten schärferen Waffengesetzen ein. Lyrisch vereinte er Detroit, die Appalachen und Newtown in einem Satz. Dabei war er sehr spitzfindig. Denn die Symbolik, das urbane Detroit, das suburbane Newtown und die ländliche Appalachenregion in einem Atemzug aneinanderzureihen, ist willkürlich, wenn es sich um Waffengewalt dreht. Gewalt durch Schusswaffen ist ein großes Problem in den USA ist. Diese Gewalt ist aber qualitativ und quantitativ in den von Obama aufgezählten Regionen unterschiedlich und lässt sich nicht auf einen Nenner bringen. So versuchte Obama auch in dieser Frage sich als derjenige zu inszenieren, dem das Wohlergehen der Kinder am Herzen liegt, während die Opposition verteufelt wurde. Solche Polemik mag schlicht erscheinen, wird aber nichtsdestotrotz seitens der Demokraten gerne benutzt.

Bleibt festzuhalten, dass Obama in seiner Ansprache die Themen beiseite lies, die die Amerikaner am meisten interessieren: Die Staatsverschuldung, das Haushaltsdefizit, der Umstand, dass seit Jahren kein ordentlicher Haushalt verabschiedet wurde. Dass nach wie vor die Arbeitslosigkeit hoch ist, dass immer noch weniger Amerikaner erwerbstätig sind als unter George W. Bush und dass das Einkommen der Mittelschicht unter Obama stetig gesunken ist. Die “revolutionäre” und “brillante” Rede richtete sich an Obamas linke Basis und diente dazu sie, zu besänftigen und zu mobilisieren. Es spricht einiges dafür, dass Obama in seiner zweiten Amtszeit nicht auf Kooperation und Kompromiss, sondern auf Konfrontation mit den Republikanern aus ist.

Der beste Indikator für Obamas aggressive Haltung gegenüber den Republikanern ist die angekündigte Umwandlung von Obamas Wahlkampforganisation, die bisher in die Demokratische Partei eingebunden war, in eine eigenständige Lobbyistengruppe. Die nunmehr eigenständige Obama-Organisation soll Stimmung für die Politik des Präsidenten machen und so die Republikanische Opposition im Kongress. Nur wenn die Demokraten bei den Kongresswahlen in zwei Jahren eine Mehrheit im Kongress erringen, kann Obama sein von den Konservativen vehement abgelehntes politisches Programm durchsetzen. Dieser Plan Obamas ist ein Novum für einen amtierenden amerikanischen Präsidenten.

Die linken Medien in den USA hatten Obamas Antrittsrede bereits vorweggenommen. Beispielhaft dafür steht der Skandal um den Redaktionsleiter der CBS Nachrichten John Dickerson. In einem letzte Woche verfassten Pamphlet hatte er Präsident Obama wortwörtlich aufgefordert, den Republikanern an die Gurgel zu gehen, ihnen den Krieg zu erklären, sie zu pulverisieren. Genau das tat Obama mit seiner Antrittsrede. Er zeigte den Republikanern auf, wo seine politischen Interessen liegen; nämlich bei der Homo-Ehe, dem Klimawandel, dem Feminismus, strengeren Waffengesetzen und laxem Umgang mit illegalen Einwanderern.

Obama weis genau, dass die Republikaner bei diesen Themen nicht klein beigeben werden und kein Interesse an irgendwelchen legislativen Regelungen haben. Darum geht es Obama auch nicht. Es geht ihm darum, seine linke Basis mit diesen Themen zu mobilisieren und die Republikaner als kompromisslose Reaktionäre zu karikieren. Beispielhaft hierfür ist, wie erst diese Woche der Nachrichtensprecher Bob Schieffer die NRA mit den Nazis gleichsetzte und den Widerstand der Republikaner gegenüber Obamas Vorschlägen für schärfere Waffengesetzgebung mit dem Widerstand der Rassisten gegen gleiche Bürgerrechte für Schwarze verglich. Diese Verteufelung der Republikaner soll sie bis bis zu den Wahlen 2014 mürbe machen und so den Demokraten endlich auch im House of Representatives zu einer soliden Mehrheit verhelfen. Wenn man die Medienmacht hinter Obama berücksichtigt und weiß, wie diese bei der Wahl für Obama im vergangenen November eingesetzt wurde, kann man den Republikanern nur zur Vorsicht raten. Der Plan könnte aufgehen.

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