Gastautor / 17.04.2024 / 16:00 / Foto: Brainy J / 6 / Seite ausdrucken

Neue Studie stützt Wende bei der Transgender-Politik

Von Martin Voigt.

Eine Studie zeigt, dass Transition alles andere als fördernd für die Entwicklung Heranwachsender ist. Während England seine Transgender-Politik ändert, sieht man in Deutschland keinen Grund für einen Richtungswechsel.

Eine große Überblicksstudie („Cass-Review“) zur Studienlage rund um Pubertätsblocker und die Vergabe von gegengeschlechtlichen Hormonen ist zu dem Ergebnis gekommen, dass ein „Mangel an qualitativ hochwertiger Forschung“ bestehe. Die Kinderärztin und ehemalige Präsidentin des Royal College für Pädiatrie und Kindergesundheit, Hilary Cass, und ihr Team haben 50 Studien über Pubertätsblocker sowie 53 Studien über Hormonbehandlungen analysiert.

Ihr Abschlussbericht zur Behandlung von Kindern und Jugendlichen, die sich meist selbst als trans identifizieren und geschlechtsangleichende Maßnahmen fordern, umfasst 400 Seiten. Nach vier Jahren Forschung ist die Studie, die vom britischen Gesundheitsdienst (NHS) in Auftrag gegeben wurde, vergangene Woche veröffentlicht worden. Das Ärzteblatt hat den Cass-Review bereits ausführlich besprochen.

Das Ergebnis ist ein eindeutiges Signal, den trans-affirmativen Kurs in der internationalen Gesundheitspolitik zu stoppen. Die bisherigen medizinischen Transgender-Richtlinien zur Behandlung von Minderjährigen seien nicht evidenzbasiert, warnt Cass. Die gesamte Gender-Medizin junger Menschen sei „auf einem wackeligen Fundament aufgebaut“. Kinder und Jugendliche, die sich für transsexuell halten, wiesen überproportional häufig massive psychische Probleme und Krankheitsbilder auf.

Aussöhnung mit dem natürlichen Geschlecht

Eine unterdrückte Homosexualität, schwierige Familienverhältnisse, Depressionen, Nervenerkrankungen und häuslicher Missbrauch zählten zu den Ursachen für die Flucht in die selbstgewählte Trans-Identität. Durch die Ignoranz gegenüber den wahren Problemen und die einseitige Vergabe von Pubertätsblockern seien Kinder und Jugendliche „im Stich gelassen worden.“

Bereits der Zwischenbericht zum Cass Review aus dem Jahr 2022 hatte in Großbritannien eine gesundheitspolitische 180-Grad-Wende eingeleitet. Erst kürzlich hat der NHS neue Richtlinien herausgegeben, wonach Pubertätsblocker nur noch streng reglementiert im Rahmen von klinischen Versuchen verschrieben werden dürfen. Während der Cass Review einer Vielzahl an Studien fachliche Mängel attestiert, unterstützt eine jüngst veröffentlichte niederländische Langzeitstudie dessen zentrale Aussage:

Geschlechtsdysphorische Minderjährige sollten nicht trans-affirmativ behandelt werden – also keine Pubertätsblocker, gegengeschlechtliche Hormone und Geschlechtsoperationen erhalten. Die einen fünfzehnjährigen Zeitraum umfassende Studie von Wissenschaftlern der Universität Groningen zeigt, dass Kinder und Jugendliche, die angeben, an Geschlechtsdysphorie zu leiden, und einen Geschlechtswechsel wünschen, von selbst wieder aus dieser Phase herausfinden und sich mit ihrem natürlichen Geschlecht aussöhnen.

Kein neutraler Akt

Die affirmative Stoßrichtung der Trans-Lobby, die in der medizinischen Versorgung von vermeintlichen Trans-Kindern lange Zeit uneingeschränkt schalten und walten konnte, verliert wöchentlich an Boden – das WPATH-Leak, die Langzeitstudie aus den Niederlanden und jetzt der finale Bericht von Hilary Cass. Die britische Regierung reagiert konsequent: Der NHS erklärte, man sei Cass und ihrem Team für ihre „umfassende Arbeit an dieser wichtigen Untersuchung sehr dankbar“ und werde „nach sorgfältiger Prüfung des Abschlussberichts und seiner Empfehlungen einen vollständigen Umsetzungsplan aufstellen.“

Premierminister Rishi Sunak lobte die sorgfältige Arbeit und kündigte an, „das Wohlergehen und die Gesundheit der Kinder müssen an erster Stelle stehen.“ Ein Regierungssprecher ergänzte, dass bereits die „soziale Transition kein neutraler Akt ist und niemand gezwungen werden sollte, bevorzugte Pronomen zu verwenden oder umstrittene Überzeugungen als Tatsache zu akzeptieren.“

Damit bezog sich der Sprecher auf Cass, die betont hatte, dass ein sozialer Personenstandswechsel der psychischen Gesundheit von betroffenen Kindern nicht zuträglich sei. Vielmehr stelle die sogenannte soziale Transition sogar ein großes Problem dar. Wenn Kinder selbstbestimmt ihre Gender-Identität und Pronomen ändern und Mitschüler, Lehrer und Eltern sie im neuen Wunschgeschlecht ansprechen müssen, würden die Kinder mit großer Wahrscheinlichkeit unreflektiert den Weg der medizinischen Transition weitergehen.  

Mobbing und vergiftete Debatten

Doch während England und weitere Länder eine 180-Grad-Wende ihrer Transgender-Politik vollziehen bzw. bereits vollzogen haben, geht Deutschland einmal mehr den umgekehrten Weg. So setzen etwa die neuen medizinischen Leitlinien den radikal trans-affirmativen Umgang mit minderjährigen Trans-Patienten der umstrittenen Lobby-Organisation WPATH um.

Und nun kommt auch noch das Selbstbestimmungsgesetz. Unzähligen Warnungen zum Trotz ermöglicht die Ampel-Regierung Kindern und Jugendlichen die soziale Transition. Warum der Geschlechtswechsel auf dem Standesamt die betroffenen Minderjährigen gefährdet, können Sie hier nachlesen.

Wie konnten Wissenschaft und Medizin so weit in ideologische Gefilde abtreiben? Cass erklärt das mit einer „Giftigkeit in der Debatte“, die dazu geführt habe, dass viele Wissenschaftler und Ärzte Angst hätten, noch offen über Trans-Themen zu sprechen. Auch erfahrene Mediziner seien „abgewiesen und entwertet“ worden, während junge Menschen „in der Mitte eines stürmischen gesellschaftlichen Diskurses” gefangen gewesen seien.

Dieser Beitrag erschien zuerst bei Demo Für Alle.

Dr. Martin Voigt ist Publizist und Jugendforscher mit Schwerpunkt auf Identitätsentwicklung von Jugendlichen im Zusammenhang mit sozialen Medien.

 

Foto: Brainy J CC0, Link

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Leserpost

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Ralf Ross / 17.04.2024

Warum kann ich mich als Mann per Sprechakt zu einer Frau erklären? Warum?!

kai marchfeld / 17.04.2024

@finn waidjuk: Ich wage die Behauptung, dass gerade Haltungen wie Ihre, die Sie so breit und selbstgefällig in Ihrem Post kundtun, erst dazu beigetragen haben, dass diese ganze Queer-Gender-Welle jetzt so ausufernd über uns hereingebrochen ist. Jahrhundertelang hat eine Gesellschaft (befeuert durch heilige Lehren eines unsichtbaren Gottes und deren weltliche Repräsentanten) definiert, was als “normal” zu gelten hat…und alles, was auch nur einen Millimeter von dieser angeblichen Normalität abweicht, verdammt, verteufelt und verfolgt. Sexualität und Geschlechtsidentität sind sehr tiefe persönliche Merkmale. Je stärker der Druck und die Repression ausfällt, den man auf einen Menschen in diesen Persönlichkeitsbereichen ausübt, desto verkorkster ist anschliessend das Ergebnis. Mir selber gehen diese ganzen Quotenschwulen und -transen, die uns in fast jedem Film, in jeder Serie präsentiert werden mittlerweile auch auf den Geist (vermutlich auch deshalb, weil sie meistens nicht meinem Beuteschema entsprechen). Die Phase, in der Männer öffentlich Männer küssen können, ohne im Knast, auf dem Schafott oder mindestens im sozialen Aus zu landen, ist neu, kurz und ein Wimpernschlag angesichts unserer Geschichte. Gönnen Sie Ihren Mitmenschen doch diese kurze Atempause - ein Ende ist ja ohnehin absehbar. Im Buddhismus ist Grosszügigkeit eine Tugend - wäre schön, wenn das auch für andere Weltanschauungen gälte. Btw.: Haben Sie sich schon einmal gefragt, weshalb es Sie überhaupt juckt, was Ihre Geschlechtsgenossen mit ihrem Dödel so alles anstellen…oder welchen Kleiderstil sie bevorzugen?

J. Mueller / 17.04.2024

»…dass Transition alles andere als fördernd…« Warum drücken Sie sich so kompliziert und gestelzt aus? Den Satz muss man zweimal lesen. Eindeutiger ist: »…dass Transition nachteilig für die Entwicklung…« oder »…dass Transition schlecht für die Entwicklung…«. Es ist ein ganz schlechter Stil, verbal kompliziert zu sein, nur um sich elitär zu fühlen.

Martin Müller / 17.04.2024

Kranke Politiker können an nur kranke Politik machen. Das haben wir in Deutschland im letzten Jahrhundert zweimal erlebt…

Dr. Joachim Lucas / 17.04.2024

Wie bei allen Themen der nach der Frankfurter Schule (Dekonstruktion von allem, vulgo: Zerstörung) handelnden Grünen Khmer beschäftigt man sich nur noch mit Problemen, die ohne diese Chaoten gar nicht da wären.

finn waidjuk / 17.04.2024

“Kinder und Jugendliche, die sich für transsexuell halten, wiesen überproportional häufig massive psychische Probleme und Krankheitsbilder auf”. Natürlich ist das so, aber warum beschränkt sich die Studie auf Kinder und Jugendliche? Jeder, der denkt er wäre dem falschen Geschlecht “zugordnet” worden, hat doch ganz gewaltig einen an der Klatsche. Bis vor kurzem war das auch noch weltweit common sense, genauso wie man auch wusste, dass man das Klima nicht ändern kann. Vielleicht wäre es nun an der Zeit, beide Wahnvorstellungen unter einen Hut zu bringen, so nach dem Motto: “Hej Leute, wenn ihr euch was wegschneiden oder antackern lasst, dann helft ihr damit auch dem Klima und wir haben alle wieder weiße Weihnachten!”

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