Warum sind jüdische Männer eigentlich beschnitten? Komiker Oliver Polak weiß die Antwort: Weil eine jüdische Frau nichts anfasst, was nicht mindestens dreißig Prozent reduziert ist.
Die anhaltende Vehemenz der Beschneidungsdebatte zeigt, dass dies Thema im Volke gärt und nicht etwa nur den Lückenfüller des Sommerlochs darstellt. Eine Nation von Chirurgen, Pornographen, Kinderpsychiatern und Hobbyhistorikern gibt sich die Tastatur in die Hand. An vorderster Front agieren die von Opferneid und Unterhaltszahlungen gebeutelten Dauerjammerer, die sich in Nachahmung der Feministen Maskulisten nennen und die meinen, eine fehlende Vorhaut wäre so schlimm wie eine fehlende Klitoris. Höchste Zeit, so meine ich, den Standpunkt einer Frau einzubringen.
Beschneidung ist viel hygienischer, sagen die einen. Das mag bei nomadischen Wüstenvölkern wie Juden und Arabern durchaus so gewesen sein, aber wir leben mittlerweile im Zeitalter von Duschkabinen und 457 verschiedenen Seifensorten – Syndets und Bimsstein gar nicht mitgerechnet. Die Beschneidung ist eine brutale Verstümmelung, die den Knaben traumatisiert und den Mann in seiner Liebesfähigkeit einschränkt, sagen die anderen. Neuerdings sprechen so genannte Psychologen sogar von Traumata in Stadien der Entwicklung, wo es noch kein Bewusstsein, kein Erinnerungsvermögen und keine traumatischen Erfahrungen gibt. Jahrelang war es ein Riesenhype, schon die eigene Geburt als Trauma zu deklarieren.
Aus gutem Grund ist es so, dass wir keine Erinnerung an unsere Geburt haben. Seinen Quadratschädel durch einen viel zu engen Schlauch zu quetschen und in grellem Licht und Saukälte in einem Haufen grinsender Idioten zu landen, die nichts besseres zu tun haben, als wild rum zu schreien, einem am Bauch herumzuschnippeln und auf den Hintern zu schlagen, war bestimmt auch alles andere als schmerzfrei. Was tut man also angesichts der mangelhaften Beweislage? Man sticht Nadeln in beschnittene Knaben und stellt fest, dass ihnen das Schmerzen bereitet – angeblich mehr als Unbeschnittenen. Alles, um gegen willkürliche Zufügung von Schmerzen zu protestieren und für das Recht des Kindes auf Unversehrtheit des Leibes einzutreten. Ich habe selbst lange genug in den Forschungsbetrieb hinein gerochen, um zu wissen, dass man nur selten Gelder, Personal und Zeit aufwendet, um zu anderen Ergebnissen zu kommen als den gewünschten.
Aus gutem Grund beschneiden die Juden acht Tage nach der Geburt, wenn die Zirkumzision noch einfach und unkompliziert ist und der Knabe sich später nicht an sie erinnern kann. Anders in weiten Teilen der muslimischen Welt, wo man sich nicht selten einen sadistischen Spaß daraus macht, dem schon heranwachsenden Knaben vor dem schauerlichen Ritual die gehörige Angst einzujagen. Nicht ganz praktikabel ist die Idee der Beschneidungsgegner, der junge Mann solle doch solange warten, bis die Bagatelloperation endlich richtig schmerzhaft und unangenehm ist, bis zum Erwachsenenalter nämlich. Sehr empfehlenswert zur Abschreckung ist die anschauliche Schilderung dieser Prozedur in Leon de Winters herrlichem Israelroman „Sokolows Universum“.
Kommen wir nun zu den Ergebnissen meiner eigenen Feldforschung. Und da sage man nicht kleinlich, die sei nicht repräsentativ, denn ersten habe ich getan, was ich konnte, und zweitens gibt es Wissenschaftler, die meinen, ein einziger versaubeutelter Penis sei auch schon Grund genug für gerichtliche Abstrafung der Beschneidung Minderjähriger.
Ich habe mit beschnittenen Männern geschlafen. Ich habe mit unbeschnittenen Männern geschlafen. Unterschiede in Potenz, Empfindungsvermögen, Hygienestatus und Häufigkeit von Sexpannen sind mir nicht aufgefallen. Beschnittene als gefühlsarme Dauerständerträger? Unbeschnittene als schmuddelige Ejaculatio-praecox-Leidende? Das muss in das Reich der großen männlichen Mythen gehören, wo auch die Fabel vom zu kleinen Penis zuhause ist, dessen Mangel mühelos durch brilliante Liebestechnik wieder ausgeglichen werden könne.
Übrigens fällt Frauen mitunter nicht einmal die fehlende Vorhaut auf. So was ist uns in der Regel schlicht zu unwichtig. Für die Jungfrau sieht ohnehin erstmal jeder Penis gleich aus: Viel zu groß nämlich. Wenn das Problem später auf natürlichem Wege nachhaltig gelöst ist (ja, ich wollte dieses Adjektiv auch mal benutzen), lernt man, das viel zu groß relativ ist und dass es zwar unterschiedliche Größen, aber wenig unterschiedliche Wirkung gibt.
Bis auf die Größe XS eben. Es gibt nicht wenige Frauen, die sich in gewissen Stunden die Frage gestellt haben, wie lange das noch dauern soll; ob es in den nächsten zehn Sekunden geschieht oder in den nächsten zwei Stunden oder Ende nächster Woche, um dann festzustellen, dass man sich bereits beim Geschlechtsakt befindet, ohne das man’s mitgekriegt hat. Peinlich genug. Als Frau von Welt kann man schließlich nicht gut fragen, ob man schon dabei ist.