Ulli Kulke / 29.05.2019 / 06:25 / Foto: Stefan Klinkigt / 105 / Seite ausdrucken

Klimaschutz wird Pop. Des Teufels muss das nicht sein.

Annegret Kramp Karrenbauer fühlt sich und ihre CDU nach der Europawahl als Opfer einer Kampagne von Youtubern und Netzprofis, die mit alle Medien durchdringenden Kampagnen die Union in der Endphase des Wahlkampfs in die Ecke gestellt hätten. Das fühlt sie zu recht. Genauso recht allerdings haben die Kritiker aus der Opposition und den Medien, die ihre spontanen und deshalb unausgegorenen Vorstellungen, wie man solchen Kampagnen beikommen könnte, als anrüchig und als Gefahr für die freie Meinungsäußerung bezeichneten. Was nun?

AKK – und nicht nur sie – hat offenbar eines vergessen: Man könnte solchen Kampagnen ja auch inhaltlich begegnen. Anders formuliert: Sie würden längst nicht so stark verfangen, wenn die Partei rechtzeitig ihren Standpunkt zu den Themen der absehbaren Kampagnen gefunden und deutlich gemacht hätte. Das aber traut sie sich nicht.

Alle reden vom Klima, nach diesem Wahlkampf zumal. AKK und die Union auch. Richtig, es ist ein Thema, und es macht keinen Sinn, es einfach zu ignorieren, wie es etwa die AfD vorführt und damit ins Leere läuft. Das heißt aber nicht, dass überhaupt kein Widerspruch mehr erlaubt wäre oder dieser politischen Schaden bereiten würde, womöglich ja genau das Gegenteil. Wenn die Grünen, Youtube-Rezo, Friday-Greta, die NGOs und, ja, auch die lautstärksten Wissenschaftler mit ihren apokalyptischen Warnungen heiß laufen, müssen die – so wie sie früher mal hießen – Volksparteien sich an diesem Massenlauf zu den wildesten Untergangsszenarien noch lange nicht beteiligen wie die Lemminge. Klimaschutz ist gut, aber man muss nicht jede hysterische Ökosau reiten, nur weil sie gerade von irgendeinem Jugendlichen durchs Dorf getrieben wird. 

Sie, vor allem die angesprochene CDU, dürften da schon mal leise nachfragen: Rezo, wo sind denn deine „ganzen Landstriche“ die bereits „untergegangen“ sind? Bist du dir wirklich sicher, dass die Wirbelstürme immer stärker werden, wollen wir da mal den Weltklimarat fragen? Und hast du eigentlich auch von all den Wissenschaftlern schon mal gehört, die längst nicht davon überzeugt sind, dass ausschließlich – oder auch nur zum größten Teil – der Mensch für die Erwärmung verantwortlich ist? Dass das beileibe nicht alles „Klimaleugner“ sind? Worüber sind sich eigentlich deine 97 Prozent aller Wissenschaftler überhaupt einig, hast du sie danach schon mal gefragt? Einig darüber, dass morgen schon der menschengemachte Weltuntergang bevorsteht, oder nur darüber, dass der Mensch überhaupt irgendwas mit dem Klima zu tun hat, irgendwo auf der Skala zwischen 1 und 10. 

Die Aura des politischen Selbstmords

Es geht nicht nur um das aktuelle Youtube-Video. Solche differenzierenden Fragen liegen in der ganzen Parteienlandschaft seit vielen Jahren in der Tabuzone, im „No ask – Bereich“. Ihnen haftet die Aura des politischen Selbstmords an. Man verzichtet daher auf diesen Diskurs und fällt lieber gemeinsam mit den Hohepriestern auf die Knie vor dem Götzen Apokalypse. Man stellt sich nicht offen der Diskussion, ob der Klimaschutz wirklich für absolut erklärt werden muss, jegliches Abwägen mit anderen politischen Zielen verboten sei.

Natürlich, im realpolitischen Handeln ist die Union dann sowieso immer wieder zu diesem Abwägen gezwungen. Aber jedes Mal opfert sie damit nach den Gesetzen der Wahlarithmetik, die sie widerstandslos von außen über sich ergehen lässt, viele Prozentpunkte bei der Auszählung am Wahlabend – eben deshalb, weil sie sich jener grundsätzlichen Debatte verweigert und so den Eindruck macht, sie würde nur herumdrucksen: Man wolle ja, aber könne nicht. Insofern hat jener Rezo mit dem Titel seines Videos sogar recht: „Die Zerstörung der CDU“ – allerdings anders, als er es gemeint hat.

Natürlich gibt es unzählige Christ- oder Freidemokraten, die einem im privaten Gespräch zustimmen würden, dass in der Klimaprognostik auch gehörige Übertreibungen im Raume stehen. Der Parteikörper als ganzer schweigt darüber stille, keiner will sich die Finger verbrennen. Wir kennen das auch aus anderen großen Umweltthemen, der Gentechnik etwa, früher beim Waldsterben. Das Vorsorgeprinzip ist sinnvoll, aber es läuft ins Leere, wenn es nur eindimensional angewandt wird. Handeln und Nichthandeln – beides muss in seinen Folgen abgeschätzt werden, in all seinen komplexen Zusammenhängen.

Grüne und NGOs treiben AKK und ihren Verein in der Klimafrage vor sich her, doch die Union kann diesen Wettlauf nicht gewinnen, weil sie auf eine Diskussion über die Spielregeln schlicht verzichtet. Wer aus noch so guten wirtschaftlichen Gründen an der Braunkohle festhält und gleichzeitig den Untergangspropheten recht gibt, nur um Schönwetter bei ihnen zu machen, darf sich zurecht Schizophrenie vorwerfen lassen. Wenn die „Friday-for-Future“-Bewegung Merkel attackiert und dafür von dieser anschließend wie selbstverständlich in höchsten Tönen gelobt wird, darf sich niemand in der CDU wundern, dass Jugendliche nicht nur enervierende Videos ins Netz stellen, sondern die Videos auch noch viral abgehen. Und dann auch Qualitätszeitungen mit erhobenem Zeigefinger darüber berichten, weil sie meinen, ihren Lesern damit einen Gefallen zu tun. 

Auf dem digitalen Ökobasar

Auch wenn sich jetzt die Jugend zu Wort gemeldet hat, so heißt dies nicht, dass deren Wahlprüfsteine sakrosant sein müssen. Und niemand verpflichtet den Rest der Gesellschaft, dem Nachwuchs in jeder gewünschten Richtung zu folgen, nicht einmal nur argumentativ. Widerspruch ist gestattet. Er ist bitter nötig, damit das Thema Umweltschutz nicht bald schon auf schiefer Ebene eine ungebremste Fahrt erfährt, angeschoben von Schule schwänzenden Kids und dankbar beschleunigt von einer Polit-Maschinerie, die auf die Kinderkirmesbahn aufspringt, um vor allem die Staatsquote zu erhöhen, mit anderen Worten: neue, steuerfinanzierte Programme zu ergattern, wie auch weitere Zuständigkeiten in alle Lebensbereiche hinein zu erheischen.

Man wird von dieser Altersklasse schon bald gehörig mehr hören, lesen und sehen. Vor allem, wenn auch Dritte realisieren, wie gut sich Greta oder Rezo und wie sie alle heißen, auf dem digitalen Ökobasar professionell vermarkten lassen. Die Konkurrenz zwischen ihnen und unzähligen Newcomern wird härter werden, und wir dürfen uns auf viel mehr Säue freuen, die in absehbarer Zeit durchs Dorf getrieben werden. Es ist zu bezweifeln, dass die Union da mithalten können wird, auch wenn „Mutti“ zurücktritt und AKK folgt. Es muss auch nicht sein. Es wird weiterhin genügend Raum geben für vernünftige, abwägende Diskussionen, auch wissenschaftskritische. Man muss ihn nur aufstoßen – und hineingehen.

Klimaschutz wird Pop. Des Teufels muss das nicht sein. Doch irgendwie hat AKK wohl festgestellt, dass sie im falschen Film saß. Wenn man das merkt, kann man auch einfach rausgehen. Und mit den Leuten vorm Kino darüber reden.

Foto: Stefan Klinkigt

Sie lesen gern Achgut.com?
Zeigen Sie Ihre Wertschätzung!

via Paypal via Direktüberweisung
Leserpost

netiquette:

Jürgen Althoff / 29.05.2019

Wo ernsthaft mit “Klimaschutz” argumentiert wird, hat das Bildungssystem total versagt, und zwar auf allen Gebieten. Wo das Wohlfühlen der Schüler und die Vermeidung von Anstrengungen (“Stress”) höhere Priorität haben als Fakten und Logik, entsteht eine durch Greta und andere Nichtwisser/innen beliebig formbare dumme Masse. Das geht so lange “gut”, wie das Bruttosozialprodukt durch die noch gut ausgebildeten “alten weißen Männer” hoch gehalten wird. Was danach kommt, sieht man auf den Demos, in den Grundschulen und bei den PISA-Ergebnissen. Dass die Zahl der MINT-Absolventen an deutschen Hochschulen trotz aller Werbung kaum gestiegen ist, liegt sicherlich teilweise an der vemuteten “Stressigkeit” des Studiums, aber eben auch an der Tatsache, dass der Anteil der intellektuell überdurchschnittlichen (d.h. IQ 110 und höher) Abiturienten durch keine staatliche “Bildungsförderung” erhöht werden kann, da - igitt - hier Vererbung mitspielt. Und diejenigen, die z.B. ein Ingenieurstudium erfolgreich absolviert haben, müssen bei ihren Arbeitgebern an Aufgaben arbeiten, die die Probleme der Energiewende für die Firma wirtschaftlich nutzbar machen sollen. Wer da grundsätzliche Bedenken laut werden lässt, ist seinen Job schnell wieder los. Auch deshalb wird die Klimahysterie und die damit verbundene Energiewende vornehmlich von Pensionären öffentlich kritisiert, die Derartiges nicht mehr zu befürchten haben. Das ist wohl in den Ländern anders, bei denen eine möglichst gute MINT-Ausbildung als erstrebenswert gilt. In solchen Ländern hätten die Gretas und ihre politischen und journalistischen Unterstützer nur Hohn und Spott zu erwarten. Vielleicht beschränken sie sich auch deshalb auf (mittlerweile) bildungsferne Länder wie Deutschland. Hier wird man erst aufwachen, wenn durch Abwanderung erfolgreicher Firmen Arbeitslosigkeit steigt und die Staatseinnahmen sinken und die Stromversorgung so unsicher geworden ist, dass Internet und Smartphones nur noch selten funktionieren.

Michael Hoffmann / 29.05.2019

Grundsätzlich: Das Klima ist eine statistische Größe und gibt es daher nicht wirklich. Was es gibt, sind beobachtbare Wetterereignisse. Was es nicht gibt, kann man nicht schützen, leugnen, verändern oder Ähnliches. Ebenso gibt es kein Weltklima, die statistische Größe Klima bezieht sich auf regionale Wetterereignisse. Jeden, der behauptet, man müsse das Wetter schützen, würde man für verrückt erklären. Warum macht man es dann nicht erst recht bei Leuten, die behaupten, man müsse das Klima schützen?

Matthias Claudius / 29.05.2019

Umweltschutz ist ein fundamental menschenfeindliches Konzept. Denn die Umwelt ist einfach nur nichtmenschliche Materie. Der Mensch jedoch kann seine Lebensverhältnisse nur dann verbessern, wenn er Einfluss auf die Umwelt ausübt, wenn er die Umwelt zu seinen Gunsten verändert. Das Konzept “Umweltschutz” setzt somit voraus, dass menschliche Einflussnahme auf die Umwelt (Ökosystem, wilde Natur) generell als negativ zu bewerten ist. Darüber hinaus, und das ist der eigentlich Zweck, den die aus kommunistischen Splittergruppen hervorgegangenen Umweltschützer verfolgen, impliziert die Idee von Umweltschutz ein diffuses Eigentumsrecht des Kollektivs an der sog. Umwelt. Dadurch wird die Kontrolle über nichtmenschliche Materie, die sich (noch) offiziell in Privateigentum befindet, immer mehr auf das Kollektiv und deren repräsentative Institutionen übertragen. Je mehr Umweltschutz, desto mehr entscheiden Umweltbehörden, was ein Privateigentümer mit seinem rechtmäßigen Eigentum noch tun und lassen darf. Umweltschutzpolitik ist lediglich ein Werkzeug derer, die eine egalitäre Gesellschaftsordnung durchsetzen wollen.

Fischer Robert / 29.05.2019

Gestern die Fotos vom neuen Traumpaar Arnie und Greta gesehen. Überschrift - „Eure Zeit ist bald abgelaufen“. Der Arnie denkt sich - “I bin hoid a business man. Midd’m Klima kann ma noch a richtige Kohle machen. I’ll be green!”

Rainer Niersberger / 29.05.2019

Die Aussage zur AfD ist falsch. Nur von ihr, das ist dem Autor vermutlich entgangen, kamen und kommen in den letzten Monaten vernünftige, rationale und wissenschaftlich haltbare Meinungen, nicht zuletzt auch im BT. Das Ergebnis ist bekannt. Trotz aller berechtigter Kritik an AKK und co sollte man feststellen, dass wir über die Zeit der Aufklärung, ohne dass sie hierzulande je richtig gegriffen hätte, lange hinaus sind. In diesem völlig unpolitischen Land mit einer überwiegend irrationalen, psychopathologischen Gesellschaft ist ( nur noch) mit dem Vorgehen der Grünen „ nennenswert Geschäft zu machen“. Alles andere ist nicht zu vermitteln, weil Fakten langweilen ( Erregung fehlt ) und Argumente geistig anstrengen, was es zu vermeiden gilt. Die Energie wird woanders benötigt. Die zunehmende politische Dominanz des „ Weiblichen“ mit einer fast pathologischen „ Empathie“ tut ein wesentliches Übriges bzw. korreliert mit dieser Entwicklung.

Udo Kemmerling / 29.05.2019

“Klimaschutz” ist nicht Pop, sondern sehr schlichter Blödsinn. Klimawandel ist der Normalzustand, eine Krise beim besten Willen nicht erkennbar, der Zusammenhang von Wetter und CO2 eine Behauptung, die auf gar nichts fußt als auf sich selbst, Warmphasen heißen bei normalen Menschen Klimaoptimum. Die AfD läuft mitnichten ins Leere, sondern die Massenpsychose “Klima(kirche)” läßt gar nichts anderes zu. Sie müßte allerdings ihren Ton dramatisch verschärfen im Kampf gegen diesen halluzinierten Schwachsinn. “Klimaschutz” ist der Teufel selbst, weil wir ohne jeden Effekt unseren gesamten Wohlstand reinpumpen können.

Gerd Rother / 29.05.2019

Nach dem Pariser Klimaabkommen trat unsere Umweltministerin mit Tränen der Rührung in den Augen vor die Kameras. Alles gelogen: Wenn der CO2-Anstieg die Erdtemperatur unumkehrbar erhöhen würde, dann hätte man uns in Paris verraten und verkauft. Das größte Industrieland der Welt wird als “Schwellenland” eingestuft und darf bis 2030 so viel CO2 emittieren wie es möchte. Und das tut es auch. China emittiert 25% des weltweiten Ausstoßes und erhöht jährlich um 2,5% (1 Milliarde Tonnen), das ist mehr, als Deutschland insgesamt emittiert (800 Millionen T). Und das geht noch über 10 Jahre so weiter. Wenn das also tödlich wäre, hätten die Politikerinnen in Paris uns alle dem baldigen Hitzetod ausgeliefert. Oft höre ich darauf, dass ja die Pro-Kopf-Emission in China niedriger sei (Eristische Dialektik nach Schopenhauer). Als ob ein 15µm-Photon sich vor der Anregung mit dem CO2-Molekül darüber unterhalten würde, woher es stammt und wie seine Pro-Kopf-Relation aussieht. Pro Kopf liegen die Chinesen heute noch um 25% niedriger als wir, werden uns also in drei Jahren überholen. CDU und SPD können also nicht anders, als weiter zu lügen. Sie kommen aus dieser selbst gestellten Falle nicht heraus.

Albert Dernehl / 29.05.2019

Sehr geehrter Kuhlke, Etwas Besseres als den Wahlausgang konnte es nicht geben. Raten Sie einfach, Herrn Vahrenholt zu lesen. Die einzig Klugen sind -entgegen Ihrer Meinung - die AFD: Deutschland ist mit 2% am “Klima” beteiligt. Die Günen müßen jetzt -bringen!! In allen “Klimabereichen”. Und schaffen sich damit schnell ab. Weil sie bekanntlich nicht können. Deshalb hat die AFD nicht nötig. Die Zeit, in der nur noch wenige von den Grünen sprechen, ist bald wieder da.  

Weitere anzeigen Leserbrief schreiben:

Leserbrief schreiben

Leserbriefe können nur am Erscheinungstag des Artikel eingereicht werden. Die Zahl der veröffentlichten Leserzuschriften ist auf 50 pro Artikel begrenzt. An Wochenenden kann es zu Verzögerungen beim Erscheinen von Leserbriefen kommen. Wir bitten um Ihr Verständnis.

Verwandte Themen

Es wurden keine verwandten Themen gefunden.

Unsere Liste der Guten

Ob als Klimaleugner, Klugscheißer oder Betonköpfe tituliert, die Autoren der Achse des Guten lassen sich nicht darin beirren, mit unabhängigem Denken dem Mainstream der Angepassten etwas entgegenzusetzen. Wer macht mit? Hier
Autoren

Unerhört!

Warum senken so viele Menschen die Stimme, wenn sie ihre Meinung sagen? Wo darf in unserer bunten Republik noch bunt gedacht werden? Hier
Achgut.com