Die Soldaten schossen in die Luft, trieben die Dorfbewohner aus ihren Hütten und legten dann Feuer. Über 20 000 Einwohner des Mubende Distrikts in Uganda sind nach Angaben der britischen Entwicklungshilfe-Organisation Oxfam auf diese Weise obdachlos geworden. Bei einer dieser Vertreibungsaktionen verbrannte ein achtjähriges Kind. Die Menschen mussten weichen, weil die Firma New Forest Company dort Bäume pflanzen will, eine Investition im Rahmen des internationalen Emissionshandels zur Rettung des Klimas.
Wenn Firmen mehr Kohlendioxid (CO2) ausstoßen als sie dürfen, können sie dafür Zertifikate kaufen, wodurch anderswo auf der Welt Klimaschutzmaßnahmen finanziert werden, zum Beispiel Aufforstung in Uganda. Das klingt nach einer pfiffigen Idee, den Anstieg des CO2 in der Atmosphäre zu drosseln. Dieses Gas, das Pflanzen zum Leben brauchen, soll nach Ansicht vieler Experten Hauptverursacher einer künftigen globalen Erwärmung sein.
Seit in der EU solche Zertifikate eingeführt wurden, strömen Vertreter von CO2-Handelshäusern hinaus in alle Welt, um passende Klimaschutzprojekte zu finden. Was diese Projekte für Nebenwirkungen hervorbringen, wird dabei gelegentlich übersehen. Nicht nur in Uganda kosteten solche Vertragsgeschäfte Menschenleben. Aus Honduras wurde berichtet, dass von Großgrundbesitzern angestiftete Killer 23 Kleinbauern ermordeten, weil sie einer Ölpalmplantage im Wege standen, die im Rahmen des europäischen CO2-Zertifikatehandels angepflanzt werden sollte. Leider kann man solche Meldungen über die gruseligen Folgen der Klimarettung fast nur in ausländischen Zeitungen lesen.
In den Zukunftsszenarien von Al Gore, Norbert Röttgen und anderen Klimaschützern ist viel von künftigen Opfern einer globalen Erwärmung die Rede. Die Toten in Uganda und Honduras haben jedoch nicht hypothetisch sondern ganz real ihr Leben verloren – im Dienste des Klimaschutzes. Auf ein bisschen öffentliche Empörung darüber wartet man in Deutschland vergebens.
Es gibt jedoch auch hoffnungsfrohe Nachrichten. Manchmal siegen die betroffenen Menschen über rücksichtslose Klimaretter. Im Nordosten Chinas erreichten Tausende Demonstranten durch hartnäckigen, tagelangen Protest, dass eine Fabrik für Solarmodule geschlossen wurde. Die Produktionsanlage für klimafreundliche Energiegewinnung hatte die Luft verpestet und so viel giftiges Abwasser in einen Fluss geleitet, dass Fische und Wasservögel in Massen starben.
Erschienen in DIE WELT am 07.10.2011