Noch ein Klimaziel dürfte demnächst bestattet werden. Diesmal zur See.
Die Europäische Union (EU) und die Internationale Seeschifffahrtsorganisation IMO haben das Ziel, den Schiffsverkehr bis 2050 klimaneutral zu gestalten. Das Bremer Institut für Seeverkehrswirtschaft und Logistik (ISL) hält dieses Ziel jedoch für unrealistisch, da es noch zu wenige Schiffe mit alternativen Antrieben gibt und die Investitionen für eine Umrüstung sehr hoch sind.
Derzeit nutzen die meisten Schiffe, die nicht auf Schweröl oder Diesel setzen, flüssiges Erdgas (LNG), welches jedoch nach offizieller Lesart ebenfalls schädlich für das Klima ist. Das ISL fordert daher Investitionen in Schiffe mit alternativen Antrieben statt in LNG.
Die Schifffahrt verursacht etwa drei Prozent der globalen CO2-Emissionen, da die meisten Schiffe auf fossile Energieträger angewiesen sind. Die benötigten Investitionen in alternative Antriebe sind jedoch so hoch, dass die meisten Reedereien sie ohne öffentliche Unterstützung nicht leisten können. Außerdem fehlt es an Kapazitäten für die Produktion sogenannter grüner Kraftstoffe.
Das ISL erwartet langfristig einen Mix aus verschiedenen "grünen" Kraftstoffen, wobei der direkte Einsatz von Wasserstoff als Antrieb eher unwahrscheinlich ist. Einzelne Reedereien hatten sich bereits ambitioniertere "Klimaziele" als die IMO gesetzt. Erwartungsgemäß wird man sich auch von diesen kleinlaut verabschieden müssen.
Neben den Schiffen sollen auch die Häfen "klimaneutral" werden, allerdings hält der ISL-Geschäftsführer eine Landstromversorgung allein für nicht ausreichend, solange dieser Strom aus Kohle- oder Gas-Kraftwerken stammt. Er fordert daher auch die Einsparung von Treibstoff durch langsameres Fahren und andere Maßnahmen.
Möglicherweise hat das kürzliche Eingeständnis des schottischen First Minister Hamza Yousaf, die großspurigen Klimaziele nicht erreichen zu können, zu einem Dammbruch für einen Klima-Realismus geführt.
(Quelle: Tagesschau, Deutsche Verkehrszeitung)