Klima-Aufforstung: Baum-Migranten nicht willkommen

Wäre es nicht so trivial, könnte man jauchzen ob der sich abzeichnenden Vernunft bei der Diskussion, wie man mit dem Klimawandel fertig wird! Vorweg, damit ich nicht als „Klima-Nazi“ hingestellt werde: Der Klimawandel ist ein Fakt, denn das Klima hat sich immer gewandelt. Wäre dem nicht so, sollte man sich Sorgen machen. Also: Wer den Klimawandel leugnet, ist „dumb as Trumb“. 

Was sich allenfalls diskutieren lässt (aber leider zu selten auch ernsthaft diskutiert wird), ist, wie groß der Einfluss des Menschen wirklich ist. Wer jemals Chemie in der Schule hatte, wird sich erinnern, dass die Fähigkeit von Flüssigkeiten, Gase wie CO2 zu lösen, mit steigender Temperatur abnimmt. Es kann daher sehr gut sein, dass der CO2-Anstieg der jüngeren Vergangenheit eine Folge steigender Temperaturen und nicht ihre Ursache sein könnte. Sagt jedenfalls die Mainstream-Chemie. Die sagt auch, dass CO2 und die anderen Treibhausgase (THG) irgendwie mit dem Treibhauseffekt zusammenhängen. Von daher macht es Sinn, sich Gedanken darüber zu machen, Treibhausgase zu minimieren, wo es Sinn macht.

Sinn macht es, darüber sind sich (fast) alle einig, indem man die Eigenschaft von Pflanzen nutzt, durch Photosynthese CO2 in Form von organischen Molekülen zu fixieren. Und hier kommen Land- und Forstwirtschaft ins Spiel. In der derzeitigen Diskussion wird die Landwirtschaft (die etwa zu 7 Prozent an der Treibhausgas-Bilanz beteiligt ist) gerne an den Pranger gestellt, selten wird erwähnt, dass Land- und Forstwirtschaft aber die einzigen Bereiche sind, in denen zumindest CO2 auch fixiert wird und zwar umso mehr, je intensiver die Pflanzenproduktion ist.

Von daher will nun jeder Bäume pflanzen und aufforsten. Das ist natürlich schön, hat aber einen Haken: Die deutsche Naturschutzgesetzgebung, die in ihren Grundzügen auf die Gedanken des früheren „Reichsforstmeisters“ Hermann Göring zurückgeht, hat da Vorbehalte. So verfügte das „Forstliche Artgesetz“ vom 13. Dez. 1934, RGBl 1934 I, S. 1236, dass „zur Erhaltung und Nachzucht hochwertigen Erbgutes des deutschen Waldes sowie zur Ausmerzung rassisch minderwertiger Bestände“ nur „anerkanntes (autochthones) Saatgut“ zugelassen war.

„Ein hinreichender Anteil standortheimischer Forstpflanzen“

Vulgo: „In die deutsche Natur gehört die deutsche Eiche/Buche aus rassereiner autochthoner Produktion“. Im Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) heißt es in § 5 daher in der sprachlich gesäuberten, aber inhaltlich unveränderter Form: „(3) Bei der forstlichen Nutzung des Waldes ist das Ziel zu verfolgen, naturnahe Wälder aufzubauen und diese ohne Kahlschläge nachhaltig zu bewirtschaften. Ein hinreichender Anteil standortheimischer Forstpflanzen ist einzuhalten.“

Irgendwie hat Greenpeace aber das mit dem „Ausmerzen“ doch eher sehr ernst genommen und ist bereits 2012 im Sinne von Hermann, dem Reichsforstmeister (im Ministerrang) tätig geworden. Und hier wird das Problem deutlich: in den beiden letzten trockenen Sommern haben auch die urgermanischen Laubbaumarten sehr gelitten. Nichts mit „hart wie Leder, schnell wie Kruppstahl...“. Germanien hat versagt! Also laufen in der Republik, eher schüchtern und versteckt, Versuche mit Baumarten, die zum einen trockene Sommer aber auch kältere Winter überstehen können, so etwa hier.

Ganz im Sinne von Hermann Göring argumentiert auch der BUND-Vorsitzende Weiger, wenn er fordert

auf exotische Baumarten wie Douglasie oder Roteiche müsse aus Naturschutzgründen verzichtet werden, fordert Weiger. Zudem sei die heimische Weißtanne zu fördern. Der BUND fordert auch, dass sich langfristig mindestens zehn Prozent der Wälder dauerhaft als Naturwälder frei von forstlichen Eingriffen entwickeln dürfen. In diesen "Urwäldern von morgen" würden nicht nur seltene Tiere, Pflanzen und Pilze besonders geschützt, sondern die Forschung könne hier wertvolle Erkenntnisse gewinnen, wie sich der Wald in der Klimakrise selbst helfen kann.

Weiger geht auch davon aus, dass unsere germanischen Baumarten die „genetische Breite“ hätten, dem Klimawandel zu trotzen. Bloß: Wer kennt die genetischen Marker dafür? Hat der BUND dafür ein bislang geheimgehaltenes Forschungsprogramm? Ich nehme mal an, eher nicht. Was die Forderung angeht, dass sich  mindestens zehn Prozent der Wälder dauerhaft als Naturwälder frei von forstlichen Eingriffen entwickeln dürfen“, also Urwälder sein sollten, erkennt man, dass sich der BUND-Häuptling in Sachen CO2-Freisetzung so gar nicht auskennt: Wenn in einem „Urwald“ ein alter Baum umfällt, beginnt er damit, sich zu zersetzen. Pilze und Bakterien helfen ihm dabei. Durch diesen Prozess (Herr Weiger: das nennt man Dissimilation) wird also genau die Menge an CO2 (sinnlos) freigesetzt, die der Baum vorher der Atmosphäre entzogen hat.

Eine von Weiger verfemte „forstliche Nutzung“, also den Baum als Kaminholz oder in einem Dachstuhl zu nutzen, würde entweder die Freisetzung von fossil gebundenem CO2 verringern oder das gebundene CO2 für die Dauer, die der Dachstuhl besteht, wirklich binden. Wäre das nicht sinnvoll? Vielleicht machen also die Herren und Damen aus den Naturschutzverbänden, denen grundlegende Kenntnisse zu biologischer/chemischer Energiegewinnung und -nutzung fehlen, mal einen entsprechenden Kurs bei ihrer nächstgelegenen Universität oder Volkshochschule oder fragen sie einen ihrer jeweiligen Organisation nicht ideologisch verbundenen Chemiker oder Biologen.

 

Hans-Jörg Jacobsen ist Professor für Molekulargenetik und lehrte bis 2014 an der Leibniz-Universität Hannover, seither an der Northeastern University in Boston.

Foto: Bundesarchiv/ Mehmet Sonal CC BY-SA 3.0 de via Wikimedia Commons

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Sheldon Cooper / 13.09.2019

Nur mit der Nutzung als Kaminholz wird aber auch CO2 freigesetzt.

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