Demokraten wissen, dass Demokratie eine Staats- und Gesellschaftsform ist, an der auch Menschen mitwirken, die anderer Auffassung sind als man selbst! Wer dies nicht in seiner guten Kinderstube erfahren hat, der sollte es wenigstens in der Schule gelernt haben. Nicht so die Vertreter der hannoverschen Gruppe „Anomy“. Wer außerdem die Auseinandersetzung mit den Positionen seiner Gegner vermeiden will, der diffamiert sie lautstark und lässt sich auf eine ernsthafte Diskussion nicht ein. Dabei beleidigt man dann nicht nur seine eigentlichen Gegner, sondern diejenigen, die deren Positionen entgegentreten gleich mit. Der Mangel jeder demokratischen Kultur dieser Leute (die ganze Gruppe besteht aus zwei ewigen Studenten und einem alten Herrn) zeigte sich erneut bei der umstrittenen Veranstaltung.
Was ist eigentlich geschehen? Herr P. hielt einen Vortrag, der die Entstehungsgeschichte Israels und die Entwicklung der Positionen der UN erwartungsgemäß einseitig und verfälschend darstellte. Er begann mit der Gründungsvorgeschichte, die durch Auslassungen und Überbetonungen den Schluss nahe legte, Israel sei schon bei seiner Gründung ein illegitimer Staat gewesen. Im Weiteren zitierte er hauptsächlich aus antiisraelischen UN Resolutionen, berichtete von Arafats Rede vor der UN und kam zur „völkerrechtswidrigen“ Mauer und dem Gutachten des Menschenrechtsgerichtshofes.
So weit so schlecht. Ich hatte dann die Möglichkeit die fehlenden Fakten zur Gründungsgeschichte zu ergänzen und seine UN-Zitate zu kommentieren. Ich habe ihn hierbei nicht nur persönlich angesprochen, wie das zu den menschlichen Minimalvoraussetzungen einer persönlichen Diskussion gehört, sondern habe ihm die „Carl-Schmitt-ähnliche Indienstnahme des Völkerrechtes für die Palästinensische Propaganda“ vorgeworfen. Ich habe darauf hingewiesen, dass eine UN, die einen bewaffneten Terroristen vor ihrer Vollversammlung sprechen lässt und den „bewaffneten Kampf“, also die Ermordung von israelischer Bevölkerung legitimiert, ihre eigenen Ansprüche nie deutlicher Lügen gestraft hat, als in diesem Moment und dass man hier, wenn man überhaupt von Völkerrecht sprechen will, ja wohl allenfalls seine Perversion analysieren kann.
Ich habe richtig gestellt, dass es sich bei der „Mauer“ zu über 90% um einen Zaun handelt und dass ein Gerichtshof, der einer Regierung das Recht, seine eigene Bevölkerung zu schützen abspricht, sich selbst delegitimiert. Recht zu Gunsten betroffener Palästinenser wird vor israelischen Gerichten gesprochen, die rechtsstaatlich die Interessen einzelner tatsächlich betroffener Palästinenser prüfen und ihnen nötigenfalls Geltung verschaffen.
Der Beitrag der „wahren Israelfreunde“ bestand darin, aus der letzten Reihe zu pöbeln und Redner zu unterbrechen, die ihnen nicht passten. Nachdem ihnen dennoch das Wort erteilt wurde, bezogen sie sich nicht etwa auf das Gesagte, sondern setzten ihre Beschimpfungen fort bzw. versuchten einen vorbereiteten Text zu verlesen. Kein Diskussionsleiter muss sich so etwas gefallen lassen.
Aus der antifaschistischen Jugendarbeit weiß ich, wie wichtig es ist, dass junge Menschen es lernen auszuhalten, dass jemand für ihr Selbstverständnis wichtige Positionen infrage stellt. Wie nötig eine derartige demokratische Sozialisation ist konnte man hier deutlich sehen! Hier konnte man die Selbstinszenierung eines Taschen-Robespierres beobachten. Schlechtes Benehmen und moralische Überhebung ersetzen keine Argumente!
Da verwundert es wenig, dass die Zusammenfassung der Veranstaltung, wie man sie bei „wind in the wires“ lesen konnte, mangelhaft ausfällt. Nicht nur dass meine Gegenposition, die von verschiedenen Rednern aus dem Publikum aufgegriffen wurde, heruntergespielt wird, selbst Paech werden Dinge in den Mund gelegt, die er nicht gesagt hat. Ob es sich hier um Böswilligkeit oder mangelnde Fähigkeit die Realität überhaupt noch wahrzunehmen handelt sollte sich der anonyme Mario vielleicht einmal selber fragen! Neben anderem: P. hat die Raketen aus dem Gazastreifen ausdrücklich als „völkerrechtswidrig“ bezeichnet. Es wäre jedoch gar nicht nötig gewesen, seine Position falsch wieder zu geben, besser wäre es gewesen in der Veranstaltung seiner Gleichsetzung des Raketenbeschusses mit israelischen Verteidigungsaktionen zu widersprechen – das hat er lieber mir überlassen. Dies nur als Beispiel.
„Wer solche Freunde hat, braucht keine Feinde mehr!“ So war bereits im Vorfeld der Diskussionsveranstaltung in Hannover zu lesen. Großinquisitor Mario und seine denunziatorischen Freunde im Netz möcht3e ich jedenfalls nicht zum Freund haben. Auch Israel hat bessere Freunde verdient!
Kay Schweigmann-Greve, DIG Hannover am 26.06.2008