Noch eine kleine Nachlese zum Thema untergehende Inseln, das wir ja im vorletzten Blog zum Thema Klimaflüchtlinge im Pazifik besprochen hatten. Als einer der ersten Staaten, die untergehen könnten, werden stets die Malediven im Indischen Ozean gehandelt, wohl der flachste größere Inselstaat weltweit. Anlässlich des großen Klimagipfels vor vier Jahren in Kopenhagen hielt deshalb Präsident Nasheed eine Kabinettssitzung unter Wasser ab, um die Weltöffentlichkeit auf diese Gefahren aufmerksam zu machen.
Stimmt es allerdings, was man dem vagabundierenden internationalen Finanzkapital nachsagt, dass nämlich seine Investitionsströme als eine Art Sensoren für Chancen und Risiken angesehen werden können, dann sieht es erstmal gut aus für die Malediven. Für die nächsten sechs bis zehn Jahre sind bis zu 30 weitere Hotelneubauten der Luxusklasse auf den Inseln geplant, von unzähligen kleineren Häusern ganz zu schweigen. Der Zuwachs im Tourismus beträgt derzeit rund 20 Prozent pro Jahr. Die Investoren auch aus Asien, vor allem China, stehen Schlange um die freien Parzellen auf den Außeninseln, von denen es noch Reserven geben soll. Dabei sind alle Inseln fast gleichmäßig betroffen, sie ragen durchweg kaum mehr als einen Meter aus dem Meer heraus. Die höchste Erhebung des ganzen Staates misst 2,4 Meter.
Hotels dieser Preisklasse werden sich kaum in fünf oder zehn Jahren abschreiben lassen, da wird für längere Zeiträume kalkuliert. Längst holt die Branche über eine MIllion Touristen im Jahr ins Land. Laut Präsident Nasheed verträgt das Land noch weit mehr. Es ist das selbe Lied wie in den Südseeinseln: Von den eigentlichen Umweltprobleme spricht kaum einer, alle starren nur auf das eine: Wann geht die erste Insel unter? Die wirklichen Probleme liegen in der Ausbeutung der Ressourcen, vor allem des Wassers. Umweltschutz ist auf den Malediven praktisch nicht vorhanden. Skrupellos wird aus den Riffen, die angeblich doch so wichtig gegen den unmittelbar anstehenden Untergang der Inseln sind, Baumaterial zur Landgewinnung anderswo geholt, andere Riffe werden als Privatflughäfen missbraucht, Industrieabfälle landen im Meer. Die Regierung überwacht und sanktioniert nichts, wenn man Wikipedia glauben darf. Wenn man den Untergang der Inseln beschleunigen könnte, dann so.
Auf Klima-Großkonferenzen – mutmaßlich in zwei Wochen auch wieder in Warschau – tritt Nasheed regelmäßig auf, um für sich und andere kleine Inselstaaten (auf denen der Umweltschutz bisweilen ähnlich klein geschrieben wird) Ausgleichzahlungen der Klimasünderstaaten ins Spiel zu bringen. Fast die gesamte Energie im Land übrigens, in das so viele Millionen an Tourismusgeldern strömen, wird aus Dieselgeneratoren erzeugt. Auch wenn Nasheed anspruchsvolle Pläne zur Energiewende ans Ausland meldet.
Erscheinen auf Ulli Kulkes Blog bei der WELT