Manfred Haferburg / 24.11.2018 / 06:05 / Foto: Pixabay / 79 / Seite ausdrucken

Heute ist Paris auf der Zinne – die Wutrede im Wortlaut

In ganz Frankreich brodelt es. „Gelbe Westen sehen rot“. Seit einer Woche protestieren die Franzosen in gelben Westen gegen die Politik von Macrons „Aufbruch“. Die geplante Teuerung von Benzin und Diesel bringt das Fass für viele Franzosen zum Überlaufen. "Macron, tritt zurück!", rufen sie auf den Straßen. Die Geschichte lehrt sie, dass ihr Protest keineswegs ungehört bleiben muss. 

Für heute, Samstag, haben die „Gelben Westen“ angekündigt, dass in Paris der Bär steppen wird. „Am 24. November wird Paris eine tote Stadt sein", drohen Aktivisten in einem Videoaufruf auf Facebook. Über 33.000 Franzosen wollen dem Appell folgen und die Hauptstadt lahmlegen. Und die, die nicht selber mitprotestieren, sympathisieren zumindest mit den Gelbwesten, sogar viele Medien.

Und wie reagiert Macron? Er löscht Feuer mit Benzin. Daheim in Frankreich brennt die Hütte und Macron wirbt im Ausland für Europa und kuschelt mit Angela. Durch seinen Sprecher lässt er verkünden, dass extrem linke und rechte Kreise den Bürgerprotest instrumentalisieren könnten. Man müsse mit aller gebotenen Härte gegen inakzeptables Verhalten vorgehen. Ausgerechnet der Mann, der die Pariser Elite stürzen sollte, wird nun selbst als einer von den Abgehobenen wahrgenommen – Macron, der Präsident des Establishments.

Ausgelöst wurden die Proteste durch ein Handy-Video, in dem eine einfache Französin den Etablierten die Leviten liest. Hier exklusiv auf der Achse die Übersetzung dieser Wutrede von Jacline Mouraud, die über sechs Millionen Franzosen gesehen haben und die 300.000-mal geteilt wurde:

„Guten Tag, zusammen. Ich mache heute ein kleines Video mit einem Aufschrei. Ich möchte zwei kurze Worte an Herrn Macron und seine Regierung richten. 

Wann wird sie enden, die Jagd auf die Autofahrer, die wir aushalten müssen, seit Sie hier sind. Uns reicht’s! Ich möchte das mal aufsummieren. Ich habe eine Aufstellung gemacht, aber wir haben die Faxen dicke, klar? 

Die neuen technischen Überprüfungen, die die Hälfte der Fahrzeuge nicht bestehen. Ihnen ist das scheißegal, Sie fahren mit einem Fahrzeugpark, wie es Ihnen gefällt, für Sie ist es kostenlos.

Die Steigerung der Kraftstoffpreise – ein Euro fünfzig, aber niemand beschwert sich. Warum? Weil wir nicht genug Geld haben, um auf die Straße zu gehen! Wir müssen arbeiten, damit wir die Steuern zahlen können, die Sie uns netterweise zum Ende des Jahres zuzusenden planen. Wie lange soll das noch so weitergehen?

Und dann – die Jagd auf die Dieselfahrzeuge geht weiter? Sie geht weiter. Vor zehn Jahren haben Sie uns allen Dieselfahrzeuge zum Kauf bewegt – weil die wohl früher weniger die Umwelt verschmutzen. Das waren zwar nicht Sie, aber das ist egal, weil Sie uns heute damit peinigen. Und nun? Alle Dieselfahrzeuge stören Sie. Deswegen sollen wir sie wechseln? Dass es Sie stört, reicht nicht aus, um mir Mittel zu verschaffen, damit ich mein Auto wechseln kann. Ihre mini-Förderung, die zu nichts gut ist, wird nicht reichen, um den ganzen französischen Fahrzeugpark zu wechseln. 

Mein nächstes Thema: Die Erhöhung der Anzahl der Radarfallen. Die sind heutzutage überall, ein Wald von Radarfallen in ganz Frankreich. Aber was machen Sie mit der Kohle? Das ist die Frage, die sich jeder stellt. In Paris ist es von 12.000 auf 87.000 Strafzahlungen in einem Jahr gekommen! Was machen Sie nur mit all der Kohle? Kaufen Sie sich etwa neues Geschirr im Elysee Palast oder bauen Sie sich neue Swimmingpools? Wir fragen Sie: Ist unser Geld dafür da, damit Sie damit solchen Scheiß machen? Wenn es so ist, dann wird höchste Zeit, dass Sie gehen. Es lohnt nicht, dass Sie bleiben, um solchen Mist weiter zu machen.

Mein nächstes Thema: Privatfahrzeuge sind alltäglich. Wo geht’s hin? Wir sind zum Objekt einer Verfolgungsjagd geworden. Jedesmal, wenn wir ins Auto steigen, werden wir als potenzielle Zahler gesehen, wenn wir volltanken, wenn wir falsch parken oder bei Geschwindigkeitsüberschreitung um einen Kilometer pro Stunde erwischt werden. Sie zahlen natürlich keine Strafe, weil Sie mit Ihrer Staatskarosse fahren, umsonst. Sie haben kein Problem, ist ja klar.

Das Nächste ist die Maut für die großen Städte. Auf welchem Planeten leben Sie? Glauben Sie, dass die Franzosen heute noch Mittel haben, um eine Maut für die Großstadt zu zahlen? Wozu wird das führen? Zum Stadtsterben. Ganz einfach, wir fahren nicht mehr rein, so wie wir jetzt schon nicht mehr in den Supermärkten einkaufen. Weil es dort nur noch Schund gibt, werden wir nur noch im Internet einkaufen. Und dann wird die CO2-Bilanz am Ende des Jahres erhöht sein. Bedenken Sie das bei dem Unsinn, den Sie da machen? 

Heute glaube ich, dass man als Krönung eine Versicherungskarte fürs Fahrrad braucht. Weil Sie nicht mehr wissen, wie Sie an Kohle herankommen, erfinden Sie die Pflicht-Versicherungskarte fürs Fahrrad. Das alles, wie Sie uns glauben lassen wollen, damit Fahrräder schneller beim Diebstahl gefunden werden. Es ist doch egal bei einem Fahrrad für 200 Euros! Wenn es mehr kostet, ist es sowieso versichert. Was machen Sie nur mir der Kohle der Franzosen?

Ich wünsche mir, dass (Jean Jaques) Bourdin in seine Sendung „c‘est News“ – bei allem Respekt den ich für ihn habe – einmal pro Woche eine Person aus dem Volk einlädt, die ihm genau sagt, was sie von der Politik hält. Ich glaube, da würden wir eine Überraschung erleben!

Ich bin sicher, dass wenigsten 80% der Leute, die mich hören, mit mir einverstanden sind. Also entweder strahlen Sie dieses Video aus, um zu zeigen, dass wir alle die Schnauze voll von ihrem Blödsinn haben, oder jeder soll sein eigenes Video drehen und damit zeigen, dass es uns reicht, ununterbrochen wegen unserer Karren verfolgt zu werden. 

Wir leben nicht alle in der Stadt. Ich fahre 25.000 km pro Jahr, weil ich keine andere Wahl habe, als mein Auto zu nehmen – Luftverschmutzung hin oder her. Apropos Verschmutzung. Sie sprechen niemals über die Luftverschmutzung der Flugzeuge. Das verstehe ich wohl, da steckt doch eine Lobby dahinter. Ich frage Sie zum wiederholten Male: Wohin geht Frankreich, Herr Macron, wo gehen wir hin? Sicherlich nicht dahin, wo Sie uns sagten, als wir Sie gewählt haben“. 

Die Franzosen sind wegen der Abzocke der Autofahrer stinksauer auf den Präsidenten. Sind die Deutschen wohl auch auf die Kanzlerin, aber es gibt keine Bahnsteigkarten mehr. Wenn Mouraud in ihrem Video über Geschirr und Swimmingpool spricht, ist das eine Anspielung auf Medienberichte aus dem Sommer, wonach Macron im Fort de Brégançon, seiner dienstlichen Sommerresidenz an der Côte d'Azur, einen Swimmingpool für 34.000 Euro bauen ließ. Die Franzosen schäumten. Dass Brigitte Macron für den Élysée-Palast neues Porzellan im Wert von 500.000 Euro gekauft haben soll, setzte dem Ganzen die Krone auf.

Die Franzosen sind so wütend, dass der ehemalige Front National, heute umbenannt in Rassemblement National (RN) in den Umfragen Macrons En Marche überholt hat. Und die Franzosen können ganz schön gemein sein, wenn sie wütend gemacht wurden. Auf einer gelben Warnweste in einer Demo sah ich den Aufdruck: „Macron, die einzige Rentnerin, die Dich noch leiden kann, ist Deine Frau“. 

Am Sonntag wird die Achse eine kleine Wasserstandsmeldung über die Pariser Proteste posten. Bis dahin „bon week-end a tous“.

Manfred Haferburg ist Autor des RomansWohn-Haft“, der nun endlich auch als Taschenbuch für 20 Euro erschienen ist. 

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M. Hirschkorn M. A. / 24.11.2018

Machen wir es doch einfach; legen wir die gelbe Weste auf das Armaturenbrett!!

Gudrun Meyer / 24.11.2018

Alles Wesentliche, was Madame Mouraud sbechreibt, lässt sich genausogut über D und die Verhältnisse hier sagen. Es wäre auch im braven D durchaus möglich, große Demos gegen die Demontage der Automobilindustrie und der wirtschaftlichen Möglichkeit des Privatautos für nicht-reiche Bürger auf die Beine zu stellen. Aber anders als in Frankreich steht bei uns eben nicht ein Teil der Medien (gemeint sind wohl die “Qualitätsmedien”) hinter derartigen Aktionen. Wenn in D erwähnenswerte Proteste gegen die Anti-Diesel-und-überhaupt-anti-Privatwagen-Politik auftreten, werden ihre Vertreter seitens sämtlicher Leitjournos und ihrer politischen Beauftragten zuerst für umweltzerstörerisch, dann für asozial und, wenn das nicht hilft,  für rechtspopulistisch erklärt. Anders als mit einer Kampagne gegen den “Rechtspopulismus”  endet bei uns kein einziger Fall, der die Öffentlichkeit aufbringt. Wenn es möglich ist, Proteste nach einem Tötungsdelikt durch “Schutzsuchende” in Chemnitz in Gebrüll gegen “rechts” und einem teils linksextremen, teils pornografischen Konzert untergehen zu lassen, für das Spitzenpolitiker werben, dann kann es nicht schwer sein,  diejenigen unhörbar zu machen, die schnöde für ihre fast neuen Dieselautos demonstrieren.

Frances Johnson / 24.11.2018

Die Frau spricht es genau aus, was auch hier von der Mehrheit gedacht wird. Im Prinzip dürfte es sich einerseits um eine ABM handeln, angetrieben von Tesla und Toyota, andererseits um ein profitables Unternehmen für Herrn Resch (auch über Twintec). Wir sollen alle neue Fahrzeuge kaufen oder Hardware von Twintec, die möglicherweise unseren Diesel ruiniert. Nur ist bei der Abgabenlast inzwischen nicht mehr genug Geld bei den Verbrauchern. e-Bike können sich auch nur wohlhabende Rentner leisten. Der Staat schöpft inzwischen so viel ab, daneben noch die Krankenversicherungen, dass es beim Makrokonsum floppt. Frau Merkels vollmundige Versprechen gehen ohnehin nicht auf. Der Staat kann natürlich alle Steuern runternehmen, auch natürlich Grunderwerbs- und Grundsteuern, dann würde schon mehr gehen. Kurz, es ist alles angespannt, der Bürger wird gemolken bis zum letzten Tropfen, und irgendwann kommt die Implosion dieses hypermoralischen Luxusgebildes. Über den Sumpf DUH-Toyota-Twintec ist auch alles bekannt. Die Franzosen machen es richtig. Hoffentlich wählen sie diesen insuffizienten bürgerfernen Präsidenten mit Milchbubigesicht und Frau in Louis Vuitton wieder ab. Hollande war eine Erholung dagegen.

E. Albert / 24.11.2018

Es ist bei uns ja nicht anders. Mit versteckten Steuern bei ALLEN lebenswichtigen Dingen, wie Benzin, Wasser, Strom usw. bedient sich unser Staat immer dreister, treibt die Kosten selbst für Normalverdiener in immer beschwerlichere Höhen, diktieren Lobbyisten Gesetze, die gut für deren Auftraggeber, aber schlecht für die Bürger sind! Angesichts der fortschreitenden Verwahrlosung unseres Landes stellt sich doch auch bei uns die Frage, wo das ganze Geld eigentlich bleibt! In UNSERER Infrastruktur jedenfalls nicht! Mutti fährt stattdessen mit der Geld-Gießkanne durch die Weltgeschichte und verteilt unsere hart erarbeiteten Steuergelder in aller Herren Länder, um sich damit ihr persönliches gutes Image zu erkaufen! Daneben werden von dieser Regierung nur noch Randgruppen bedient (Genderwahn etc.) - Kümmert sich endlich einmal wieder jemand um die Belange aller Bürger dieses Landes?! Nur mal so zur Abwechslung! (Dieses Anliegen, inkl. meinem NEIN zum UN Migrationspakt, habe ich an sämtliche CDU-Abgeordnete per Email verschickt. Das sollten vielleicht ALLE Achse-Kommentatoren einmal tun. Schreiben Sie sich VOR ORT Ihre Wut von der Seele, nicht nur hier auf der Achse. Vielleicht kommt es beim einen oder anderen ja einmal an und bleibt “hängen”. Wenn wir uns nicht melden, glauben die tatsächlich, die könnten alles mit uns machen. Steter Tropfen soll ja selbst Stein aushöhlen…)

Bernd Küsgens / 24.11.2018

Dieser framzösische Protest läßt sich doch mit <Deutschland überhaupt nicht vergleichen. Die Franzosen protestieren für die Aufrechterhaltung ihres Paradieses: 35 Stundenwoche in D. 40 Std, 56 % Staatsquote in D. 43% und noch vieles mehr. Der deutsche Arbeitnehmer zahlt mehr Steuer und Sozialabgaben, jeder Franzose ist davon überzeugt, dass er mehr Steuer und Sozialabgaben zahlt als der Deutschen.Es gibt noch hunderte Fakten, die zeigen, dass es in F. mehr privilegien gibt als in D. Also nicht Gelbe Jacken mit D. vergleichen

Dr. Bernd Große-Lordemann / 24.11.2018

In Deutschland legen nicht wütende Dieselfahrer den Verkehr lahm , sondern der Vorsitzende eines staatlich geförderten dubiosen Abmahnvereins als selbsternannter “Klimaretter”. Er versetzt die “Schneeflöckchen” mit virtuellen tausenden “Dieseltoten” in Panik . Da bekanntlich die Dosis das Gift macht und die Diskrepanz zwischen der Belastung im Freien und der am Arbeitsplatz, die rund 24 mal höher sein darf, nicht von der Hand zu weisen ist, verfallen die Alarmisten auf die Erklärung, dass die absurd niedrigen Grenzwerte zum Schutz von Alten, Kindern und Kranken dienten. Die tummeln sich in der Vorstellungswelt der “Aktivisten” offenbar überwiegend stundenlang an Verkehrsknotenpunkten? Nicht nur, dass die Messgeräte das völlig ungiftige NO zusammen mit dem Reizgas NO2 messen , sie sind oft auch noch vorschriftswidrig platziert, was ein seltsames Licht auf einige städtische Umwelt-Behörden wirft. Trotzdem würde etwa ein Fünftel der Sch(l)afmichels die Partei wählen, die ihnen diesen Unsinn als Umweltschutz verkauft. Irgendwie erinnert mich das an die mittelalterlichen Geißlerzüge zu Zeiten der Pestepidemien.

Julian Schneider / 24.11.2018

Es gibt inzwischen politisch so viele Gründe, auf die Straße zu gehen. Der Feldzug gegen das Auto ist nur einer davon. Wir leben in Deutschland inzwischen in einem totalitär-sozialistischen Staat. Den Deutschen scheint’s zu gefallen - wie schon zweimal zuvor innerhalb 100 Jahren. Auf der Straße habe ich jedenfalls noch keine Massen gesehen, außer den ewig gleichen “gegen räächts”.

Leo Hohensee / 24.11.2018

@Patricia Hillemann Sehr gute Idee - wenn auch nur ein Anfang. Ich werde gleich meine Warnweste im Auto über den Beifahrersitz hängen und dort auch hängen lassen. Ich hoffe, es schließen sich viele Leute an - als erstes Zeichen von Unmut und Ablehnung dieses Affentheaters (Wählerverdummung) und Ablehnung gegen die Selbstbedienungsmentalität unserer Politiker-Blase!

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