Wahied Wahdat-Hagh / 25.08.2011 / 15:35 / 0 / Seite ausdrucken

Gegen einen Dialog mit den USA

In einem 34-seitigen Bericht des iranischen Majless (Pseudoparlament) vom August 2011 werden die Sanktionen des UN-Sicherheitsrates, der Europäischen Union und der USA gegen den Iran analysiert und kritisiert. Eine zentrale These dieses Berichts ist, dass die Sanktionen dazu dienen den Iran an den Verhandlungstisch mit den USA zu zwingen.
Die Perspektiven und Wahrnehmungen in der Politik sind oft sehr unterschiedlich. Während deutsche Iran-Experten immer wieder davon sprechen, dass die US-Regierung auf den Iran zugehen müsse, sagen die Politikstrategen im Iran genau das Gegenteil. In einer neuen Studie der wissenschaftlichen Abteilung des iranischen Majless wird nicht nur die Sanktionspolitik des Westens kritisiert. Ein Dialog mit den USA wird abgelehnt.

In dem Bericht werden die Sanktionen gegen den Iran in vier Kategorien eingeteilt und akribisch benannt. Sie werden in UN-Sanktionen, EU-Sanktionen, Sanktionen von Länderkoalitionen und einseitige Sanktionen der USA unterteilt.

Als Beispiel für Länderkoalitionen werden die Sanktionen, die von Japan, Südkorea, den Arabischen Emiraten und Australien im August 2010 gegen den Iran verhängt wurden, genannt.
Nach einer langen Auflistung der Sanktionen gegen den Iran, konzentriert sich der Bericht auf die einseitigen US-Sanktionen. Washington würde die Sanktionen unter dem „Vorwand“ der Produktion von Massenvernichtungswaffen, dem Kampf gegen den Terrorismus und dem Einsatz gegen Menschenrechtsverletzungen durchführen. Das Thema Menschenrechte würde dabei instrumentalisiert werden, heißt es in dem Bericht. Da aber die inhaltlichen Prämissen der genannten Probleme abgelehnt werden, wird den USA und allen anderen Staaten, die Sanktionen gegen den Iran verhängt haben, vorgeworfen, dass es ihnen weder um Terrorismus, noch um Menschenrechte und auch nicht um Massenvernichtungswaffen gehe.

Mostafa Delawarpureqdam, Mitarbeiter der wissenschaftlichen Abteilung des iranischen Majless und Autor des Berichts warnt die iranischen Politiker vor einem Dialog mit den USA. Die Sanktionen würden das Ziel verfolgen Iran unter Druck zu setzen, um einen politischen Dialog mit den USA zu akzeptieren. Zudem soll die iranische Regierung nach innen geschwächt und nach außen soll der Einfluss des Iran vermindert werden.

Denn das Ziel dieser Sanktionen sei die Entwicklung der iranischen Atomforschung zu stoppen, die regionale Politik des Iran zu stören und gesellschaftliche Unsicherheit im Iran herbeizuführen. Zudem soll der Iran gezwungen werden seine finanziellen Ausgaben für seine Sicherheits- und Verteidigungspolitik zu steigern. Auch soll der Iran gezwungen werden seine Politik mit den US-amerikanischen Interessen zu harmonisieren.

Der Autor des Berichts betont, dass Politiker der demokratischen Partei der USA hinter den meisten Sanktionsgesetzen, die menschenrechtlich begründet wurden, stehen. Besonders die Sanktionen gegen Mitglieder der iranischen Revolutionsgardisten (Wächter der islamischen Revolution), der Justiz, der Bassij und der Polizei seien unter der demokratischen Regierung der USA forciert worden. Dafür sei der einhundertundelfte US-Kongress, der vom 3. Januar 2009 bis 3. Januar 2011 im Amt war, verantwortlich gewesen.

Der iranische Berichterstatter und Analytiker vermutet, dass der Druck des amtierenden einhundertzwölften Kongresses und der US-Regierung im Zuge der anstehenden neunten Majlesswahlen im Jahr 2012 wahrscheinlich steigen werde.

Die Menschenrechtspolitik der USA würde sich sehr stark auf die Unterstützung und Entwicklung der Potentiale der exiliranischen Hyperspace-Aktivitäten beschränken. Zudem sollen die Sanktionen dazu dienen, heißt es in dem Bericht, die gesellschaftlichen „Unruhen zu beschleunigen“. Ferner soll das „Potential der iranischen Sicherheitskräfte und der Polizei geschwächt werden.“ Auch die „Kluft zwischen den Institutionen der Macht und der Gesellschaft“ soll kraft der Sanktionspolitik vergrößert werden, befürchtet der Wissenschaftler des iranischen Majless. Zudem sollen die Sanktionen immer mehr auch „juristische und natürliche Personen treffen, die im Zusammenhang mit dem Atom- und Raketenprogramm stehen.“

Die wissenschaftliche Abteilung des iranischen Majless weist alle Vorwürfe des UN-Sicherheitsrates, die in den Resolutionen 1696, 1737, 1747, 1803, 1835 und 1929 vorgenommen wurden, von sich. Auch die Sanktionen der Europäischen Union und der USA werden selbstverständlich abgelehnt. Stattdessen wurden in den letzten Jahren mehrere Berichte zur Verurteilung von Menschenrechtsverletzungen in den USA veröffentlicht. In einem Bericht zur Menschenrechtslage in den USA vom November 2010 werden beispielsweise Statistiken über die Armut und die Probleme in den US-amerikanischen Gefängnissen oder über rassistische Diskriminierung veröffentlicht. Um das politische System der US-amerikanischen Demokratie zu diskreditieren, wird auf soziale Probleme, die auch in marktwirtschaftlichen Gesellschaften existieren, hingewiesen. Der Autor des genannten Berichts forderte beispielsweise im Jahr 2010 die Regierung von Präsident Ahmadinejad auf, in den Gremien der Vereinten Nationen aktiv zu werden und die Menschenrechtsverletzungen in den USA anzuprangern.

Ähnlich berichten staatliche Medien des Iran immer wieder über die Diskriminierung von Muslimen durch europäische Regierungen und staatliche Institutionen.

Die Logik der totalitären Diktatur und der wissenschaftlichen Abteilung des angeblich demokratischen Organs des Majless ist einfach. Sie bemängeln soziale Probleme in den europäischen und der US-amerikanischen Gesellschaft, stellen die Rechtsordnung der westlichen Demokratien in Frage und verwerfen jegliche Demokratisierungsansprüche der eigenen Bevölkerung und verhöhnen die Entscheidungen des UN-Sicherheitsrates, des Europäischen Parlaments und der US-Regierung.

Wahied Wahdat-Hagh is Senior Fellow at the European Foundation for Democracy in Brussels.
http://europeandemocracy.org/media/european-media/iran-against-us-dialogue-german.html

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