Aus der Berliner Gerüchteküche kommen unbestätigte Informationen über einen großartigen sozialpolitischen Erfolg der Bundesregierung. Während noch überall das mangelhafte Interesse an den Bildungsgutscheinen für Kinder von Hartz-IV-Empfängern diskutiert wird, zeichnet sich ein erstaunlicher Durchbruch bei einem anderen, bisher kaum bekannten Sozialprojekt ab, nämlich bei der Verteilung sogenannter Freibiergutscheine. So deprimierend die Abrufzahlen beim Bildungsgeld für Kinder sind, die bisher ja nur um die zehn Prozent liegen, so ermutigend sei das Interesse am Freibiergeld für Bedürftige.
Genaue Zahlen sind nicht bekannt; es heißt aber, die Nachfrage habe alle Erwartungen übertroffen. Es sei schon so viel von den verfügbaren Geldern abgerufen worden, dass man ohne Übertreibung von einem hochprozentigen Erfolg sprechen könne. Und dies, obwohl bisher keinerlei Werbung für das Projekt Freibier gemacht worden sei, da es sich, genau genommen, noch im Erprobungsstadium befinde.
Damit sind anfängliche Sorgen der Regierung widerlegt, auch dieses Angebot werde womöglich nur zögernd angenommen. Man hat nämlich, so heißt es, vor dem Zugriff auf das Freibier die gleichen bürokratischen Hürden aufgebaut wie bei den Bildungsgutscheinen für Kinder. So müsse jeder Interessent einen Antrag ausfüllen, auf dem Details zur Person und zur Biersorte, für die er sich interessiert, anzugeben sind. Diese Hürde sei aber erstaunlich leicht genommen werden. Angesichts dieses unerwarteten Erfolges stehe man nun vor einem Rätsel. Warum werden die Anträge auf Gewährung eines Bildungsgutscheins nur schleppend ausgefüllt, während die in Form und Aufwand praktisch identischen Anträge auf Freibiergutscheine so reißenden Absatz finden?
Offenbar soll nun eine Findungskommission die Gründe für die unterschiedlichen Reaktionen auf die beiden sozialpolitischen Maßnahmen erforschen. Die Ergebnisse sollen bereits im Frühjahr nächsten Jahres vorliegen.
Schon jetzt wird aber der Vorschlag diskutiert, man solle doch im Sinne einer bürokratischen Vereinfachung den Antrag auf Bildungsgeld mit dem Antrag auf Freibiergeld vereinen. Dann könne man beides, Bildung und Bier, als Gesamtpaket gemeinsam auszuliefern. Die Befürworter dieses Verfahrens erhoffen sich davon einen Schub für das Projekt Bildungsgeld. Kritiker befürchten allerdings, dass das Freibierprojekt leiden könne, wenn es zu eng an das Bildungsprojekt gekoppelt werde. Das zuständige Ministerium gibt zu dieser Debatte keinen Kommentar ab. Man wolle der Arbeit der Findungskommission nicht vorgreifen, heißt es dort.