Stefan Frank
Wenn in der DDR früher Wahlen zur Volkskammer stattfanden, dann konnte man sicher sein, dass das „Neue Deutschland“ das Ergebnis als überwältigenden Beweis des Vertrauens werten würde, mit dem das Volk angeblich hinter der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands stand. Westliche Zeitungen aber mussten – wenn sie sich nicht so lächerlich machen wollten wie das Neue Deutschland – die Farce als solche bezeichnen. Die „Wahlen“ konnten die Diktatur nicht verschleiern. Zum einen konnten die Bürger, da Abweichler nicht zugelassen waren, selbst in der Theorie – also selbst dann, wenn es keine Wahlfälschung gegeben hätte – lediglich zwischen Kandidaten des Regimes wählen. Zum anderen hatte das Parlament, das gewählt wurde, überhaupt keine Funktion.
Genauso sieht es heute im Iran aus. Nur wer ganz und gar hinter der islamischen Theokratie und ihrem Führer Ajatollah Khamenei steht, hat überhaupt eine Chance, vom „Wächterrat“ als Kandidat genehmigt zu werden. Zehntausende wurden schon vor dem Urnengang aussortiert. Und wie früher in der DDR, der Sowjetunion oder heute in Nordkorea hat das Parlament, das gewählt wird, keinerlei Macht. Der „geistliche Führer“ Ajatollah Khamenei trifft die wichtigen Entscheidungen und niemand sonst. Das ist allgemein bekannt; man wird in Europa nicht leicht einen halbwegs seriösen Journalisten finden, der diese Tatsache explizit in Abrede stellen würde. Trotzdem haben in den letzten Tagen die meisten von ihnen – egal, ob sie zu den staatlichen oder den privaten Medien gehören – so getan, als würde im Iran eine Wahl stattfinden und als hinge von deren Ausgang etwas ab.
Von „Reformern“ und „Konservativen“ ist da schmeichelhaft die Rede. Einen Reformer erkennt man üblicherweise an seinen Reformen. Die gibt es im Iran nicht. Mehr noch: In keinem der Zeitungsbeiträge, in denen über den iranischen Ministerpräsidenten, den „Reformer“ Rohani geschrieben wird, erfährt man auch nur, welche Reformen sich die Autoren von ihm versprechen. Was würde er tun, wenn er die Macht hätte? Mehr