Rainer Bonhorst / 06.11.2023 / 16:00 / Foto: Olaf Kosinsky / 40 / Seite ausdrucken

Es gibt nur ein’ Robert Habeck

Aus Altersgründen und als Spätrentner habe ich mir auf der Achse eine lange Periode des Schweigens gegönnt. Aber der Kampf der Israelis um ihr eigenes und um das Überleben ihres Staates und die rotzfrechen Hamas-Auftritte auf deutschen Straßen treiben mich dazu, nun doch nicht mehr den Mund zu halten.

Damit es nicht ausufert, will ich vor allem, auch wenn ich nicht der Erste bin, an Robert Habeck entlangschreiben. Er hat es verdient, mehrmals hervorgehoben zu werden, auch wenn er als grün-missionierender Wirtschafts-Behinderungsminister einen ziemlichen Kuddelmuddel anrichtet. Aber ihn zeichnet aus, dass er weit und breit der einzige deutsche Politiker ist, der eine rundum überzeugende Haltung im neuen Nahostkrieg zeigt.

Warum nur er? Weil die anderen es einfach nicht können. Sie wollen es auch nicht. Aber vor allem können sie es nicht. Habeck will und kann. Er hat die spöttische Ernennung zum Philosophie-Minister quasi über Nacht in einen Ehrentitel verwandelt, auch wenn Markus Söder das so nicht gewollt hat. Was wäre wohl herausgekommen, wenn unser Bundespräsident zuständigkeitshalber eine Ruckrede versucht hätte? Halt ein Steinmeier. Und der Bundeskanzler? Ihm hat es nicht zum ersten Mal die Sprache verschlagen. Jetzt könnte er nachträglich nur noch sagen: „Ich schließe mich den Worten meines Vizekanzlers vollinhaltlich an.“

Das wäre erstens etwas peinlich, und zweitens schließt er sich den Worten seines Vizekanzlers keineswegs vollinhaltlich an. Das ist evident geworden, als seine Außenministerin in der UNO deutlich machen durfte oder musste, dass Deutschland das mit der Staatsraison und Israel nicht gar so wörtlich meint. Sich der Stimme zu enthalten, wenn eine Judenhasser-Mehrheit mal wieder die Vereinten Nationen missbraucht – einen solchen Mangel an Haltung hätte man selbst von dieser Regierung nicht erwartet. Da ist die tschechische Verteidigungsministerin Jana Cernochova von einem ganz anderen Kaliber. Ihr Land hat glasklar gegen die Verurteilung Israels gestimmt, und sie hat anschließend damit gedroht, aus der UNO auszutreten. Glückwunsch nach Prag.

Hatte er eine späte Epiphanie?

Aber da haben wir es: Man will nicht und man kann nicht. Man präsentiert sich politisch als Wackelpudding und ist sprachlich nicht in der Lage, über die gängigen Plattitüden hinaus etwas zu sagen, was dem Trauerspiel in und um Israel gerecht würde. Das kann in der Berliner Elite-Versammlung leider nur einer: Robert Habeck. Er hat die Sprachkraft, etwas Gehaltvolles auszudrücken, und er hat das Herz, vom Überfall der Hamas-Terroristen so angefasst zu sein, dass er ohne Auftrag und ohne eigentliche Zuständigkeit hinging und mit Verstand und Gefühl sagte, was gesagt werden musste.

Aber warum kam Habecks Rede so spät? Hatte er eine späte Epiphanie? Das wohl auch. Aber er meldete sich vor allem deshalb so spät, weil diejenigen, die eigentlich so klar hätten sprechen müssen, es so lange nicht getan haben. Bis Habeck moralisch der Kragen platzte, sich hinstellte und es den höheren Amtsinhabern vormachte.

So wie es im Fußball hieß, es gibt nur ein' Rudi Völler, so gibt es in dieser besonderen Lage nur ein' Robert Habeck.

Und was nun? Leider hat Habeck bei diesem Thema, zu dem er so überzeugend gesprochen hat, politisch so gut wie nichts zu melden. Er hat ohnehin nach seinem Erweckungserlebnis vor allem in Richtung seiner eigenen linken Heimat missioniert. Also dort, wo die Palästinenser-Romantik verbunden mit Israel-Hass schon so lange und hartnäckig zu Hause ist. Und dann kam ja auch das zu erwartende Echo. Aus dem linken Milieu hat Habeck vollautomatisch heftigen Gegenwind bekommen. Mission gescheitert? Wird er womöglich noch zum Ausgestoßenen? Zum Opfer der Cancel Culture? Zum Sarrazin der Grünen? Nichts ist unmöglich.

Die Geister der Willkommenskultur

Ähnlichen Gegenwind bekäme übrigens auch der SPD-Kanzler Scholz, wenn er seinen Mund so klar und deutlich aufmachen würde. Tut er aber nicht. Stattdessen hat er jetzt die wohlfeile Forderung an die Bürger gestellt, „Zivilcourage zum Schutz der Juden zu zeigen.“ 

Es tut gut, dass wenigstens einer mal überzeugend gesprochen hat, aber der Ruck, den Habecks Rede verdient hätte, geht nicht durch Deutschland. Auf unseren Straßen werden weitgehend ungestraft Palästinenser-Flaggen als Unterstützung für die Hamas-Mörder geschwenkt. Und Außenministerin Baerbock geht in der Welt vergebens hausieren, um ein paar besonders unwillkommene Migranten wieder loszuwerden: „Biete stattliche Mitgift bei gefälliger Aufnahme und Heimführung aufrührerischer Migranten“. Aber keiner greift zu. 

Die Geister, die unsere ungebremste Willkommenskultur gerufen hat, werden wir nicht mehr los. Die Geister, die Juden in Deutschland wieder das Fürchten lehren und ihre Kinder in den Schulen bedrohen, werden wir nicht mehr los. Die Karawane der Islamisten zieht weiter durch unsere Straßen. Und am Straßenrand stehen grinsend die alten Neonazis und freuen sich, dass Andere ihre dreckige Arbeit übernommen haben.

So bleibt von Habecks Rede wohl nur die Erinnerung an ein paar wohltuende Minuten.

 

Rainer Bonhorst, geboren 1942 in Nürnberg, arbeitete als Korrespondent der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung (WAZ) in London und Washington. Von 1994 bis 2009 war er Chefredakteur der Augsburger Allgemeinen Zeitung.

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Leserpost

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Jörg Themlitz / 06.11.2023

„Ich schließe mich den Worten meines Vizekanzlers vollinhaltlich an.“ oder Es ist nicht leicht unter dem grünen Robert Habeck Bundeskanzler zu sein. Sind Sie sicher, dass die Habeck Rede nicht KI war? bzw. Der Teleprompter hätte die Rede doch gleich selbst vorlesen können. Im Sinne von grün denken und handeln und Ressourcen sparen.

Marcel Seiler / 06.11.2023

Jetzt habe ich mir Herrn Habecks Rede tatsächlich angesehen und -gehört. In der Form ausgezeichnet, im Inhalt besser, als ich es von irgendeinem der Regierungsmitglieder oder dem Mann in Schloss Bellevue je gehört habe. Endlich. // Aber warum, um Gottes Willen, ist der Mann Wirtschaftsminister, also in einem Ressort, von dem er KEINE AHNUNG hat? // Deutschland besetzt seine hohen Regierungsfunktionen nur noch nach dem Machtkalkül der Parteien. Das Wort Gemeinwohl existiert für sie nicht. (Und nicht zu vergessen: Als Wirtschaftsminister lässt sich Herr Habeck ebenfalls genau für dieses Machtkalkül missbrauchen und sagt und tut nichts, was seine Machtposition, die auf Unterstützung der Ideologen seiner Partei beruht, gefährden könnte.)

Bettina Jung / 06.11.2023

Niemand in dieser Regierung kann so schön Dinge beschreiben, von denen er nichts versteht und hinter denen er nicht unbedingt steht. Sein Knautschgesicht und sein Dackelblick erklären dem Volk so voller Mitgefühl, dass es immer ärmer wird und es möglicherweise im Winter knapp werden könnte mit Strom und Wärme. Wer hätte die Rede so gefühlvoll vom Teleprompter ablesen können wie Habeck. Der Schlumpf “liebe Bürger und Bürger” oder dieser verhinderte Gardienenprediger etwa? Und was wird sich ändern? Nichts. Außer, dass Habeck zum Kanzler hochgeschrieben wird und die Grünen ein paar Prozentpunkte hinzugewinnen.

Thomas Szabó / 06.11.2023

Herr Habeck, lesen Sie mit? Wir reichen Ihnen die Hand und ziehen Sie aus dem giftgrünen antisemitischen Sumpf, kommen Sie zum Licht! Wenn Ihre antisemitischen ex-Parteifreunde Sie das erste Mal als “Nazi” beschimpfen, dann ist das wie ein Initiationsritual, dann sind Sie endgültig bei uns im Reich des Guten angelangt. Robert, ich bin dein Vater… komm zur hellen Seite der Macht! Du kannst bei uns deine Biographie verfassen: “Heiliger Habeck, vom Saulus zu Paulus”

Dr. med. Jesko Matthes / 06.11.2023

Dass der Bock auch mal ein Beet bewahrt, mag zu Zeiten geschehen im Garten Eden.

Franz Klar / 06.11.2023

“...dass er weit und breit der einzige deutsche Politiker ist, der eine rundum überzeugende Haltung im neuen Nahostkrieg zeigt” . Haltungspolitiker und Haltungsjournalisten—- die Helden unserer Zeit !

Rolf Mainz / 06.11.2023

In der FAZ ist - inzwischen äusserst ungewohnt - heute ein lesenswerter Beitrag erschienen, der das durchgängige Meinungsbild im türkisch-geprägten Stadtteil Duisburg-Marxloh abholt (Morten Freidel: “Ali mag die Juden nicht.”). In erschreckender Klarheit äussern sich dort Türken (nicht etwa “Palästinenser”), entweder bereits langjährig in Deutschland oder offenbar aus Nachfolgegenerationen stammend, zur Gaza-Thematik, zur jüngsten Rede Erdogans, zu ihrer Unterstützung der Hamas und zu ihrer Einstellung gegenüber Juden. Jene Menschen würde Herr Bonhorst sicher nicht als “Islamisten” titulieren, doch sind es sie, welche ihren Judenhass gänzlich ungeniert bekennen. Es ist nicht nur das Problem mit Hamas oder dem Kunstwort “Islamismus”, das hier zutage tritt, es ist weit mehr als das. Hier ist Integration krachend gescheitert, weil sie scheitern musste. Hier klafft ein kultureller Gap, der unüberwindbar ist. Es funktioniert nicht, hat nie funktioniert und wird nie funktionieren. Westeuropa steht vor der gleichen Wahl wie Israel: sich gegen den Islam zu behaupten, im humanen Fall den Islam in seine Herkunftsländer zurückzudrängen - oder assimiliert zu werden, evtl. sogar physisch vernichtet zu werden. Es gibt keine weitere Option.

Marcel Seiler / 06.11.2023

Danke für diesen Artikel. Und ich werde sicherlich keine Zivilcourage zum Schutz der Juden auf Deutschlands Straßen zeigen. Ich bin doch nicht lebensmüde. Einen Schutz der Juden wird es erst dann geben, wenn die Regierung unter Nutzung aller Polizeigewalt sowie der militärischen Gewalt der Bundeswehr sich für den Schutz der Juden einsetzt, wenn die Schulen anti-jüdische Äußerungen streng bestrafen, wenn Moscheen nach anti-jüdischen Äußerungen am nächsten Tag geschlossen werden, wenn die Lehre des Islams in Deutschland strikt reguliert ist. Erst dann wird sich jemand, der sich für Juden in Deutschland einsetzt, sicher fühlen. Und das wird in den nächsten 10 Jahren nicht passieren.

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