Antje Sievers / 12.01.2015 / 19:52 / 16 / Seite ausdrucken

Ein Prozent sind 40.000

Ich habe mir in den letzten Tagen während der Berichterstattungen über die von islamischen Faschisten begangenen Terroranschläge in Paris so oft an den Kopf gefasst, dass ich mich langsam zu fragen beginne, warum mir unterhalb meines Scheitels noch keine kahle Stelle entstanden ist. Lange kann es indessen nicht mehr dauern, fragte doch während der Liveübertragung der Pariser Charlie-Hebdo-Solidaritätskundgebung der deutsche Moderator eine französische Muslimin, was sie denn davon hielte, dass bei dieser wunderbaren, friedfertigen Großveranstaltung solche blutrünstigen Lieder gesungen werden würden. Gemeint war die französische Nationalhymne, die Marseillaise. Kurz nach dem Anschlag am Donnerstag, gegen Mittag, meinte man auf 3Sat, sofort die unmaßgebliche Meinung über den Vorfall von einer palästinensischen Karikaturistin hören zu müssen, die bis Oberkante Unterlippe verhüllt war und gerade an einer erkennbar antisemitischen Karikatur arbeitete. Und am Sonntagvormittag im Presseclub ließ ein Nahost-Experte namens Loay Mudhoon verlauten, es habe doch erst vor „sechzig Jahren“ in Deutschland ein Holocaust stattgefunden, und nun suche man halt einen neuen Sündenbock. Nämlich die Muslime. Natürlich. Wen sonst.

Die deutsche Debatte um die Ereignisse der letzten Tage trieft außer von irrer Orientierungslosigkeit von einer Feigheit, einer Rückratlosigkeit und einer geistigen Armut, dass man laufend kotzen könnte.

Man was weiß offenbar nicht mehr ein noch aus. Sämtliche Werte haben sich verschoben; man hat keine Ahnung mehr, was gut oder böse, richtig oder falsch ist. Also fragt man am besten einen Bescheidwisser der zurzeit am schwersten gebeutelten Religionsgemeinschaft der Welt.

Warum aber fragt man die Muslime, wo man doch, kaum, dass der erste Schock über das verabscheuungswürdige Verbrechen verklungen war, sofort beflissen war, zu erläutern, all das hätte auf keinen Fall etwas mit dem Islam zu tun?

So war die erste bange Frage, die man sich stellte, denn auch prompt: Um Gottes Willen, kann so etwas auch in Deutschland passieren? Gefolgt von der absolut vorhersehbaren Reaktion, von jetzt an noch viel deutlicher zwischen dem Islam und dem Islamismus differenzieren zu müssen und die Muslime auf gar keinen Fall unter Generalverdacht stellen zu wollen. Generalverdacht gegen Juden hingegen erweckt, wie man im vergangenen Sommer erlebt hat, bei der Mehrheit der Deutschen keinen Handlungsbedarf. Im Gegenteil. Auch, dass einmal mehr Juden zum Anschlagsziel islamischer Faschisten wurden und in Frankreich nach den antisemitischen Vorfällen der letzten Zeit eine Auswanderungswelle nach Israel begonnen hat, ist den Deutschen kaum der Rede wert. Die Opfer sind in verquerer Logik immer die Muslime.

Um es klipp und klar zu sagen: Ja, so was kann natürlich auch in Deutschland passieren. Das ist keine Frage des ob, sondern lediglich des wann. Da nützt es auch nichts, wenn man in jede Talkshow eine Frau im Hijab einlädt, alle Schulkantinen auf Halal-Essen umstellt und Margot Käßmann, wenn sie gerade nicht besoffen hinterm Steuer sitzt, mit den Taliban gemeinsam für den Weltfrieden beten will.

Wer sich in feiger Verzweiflung immer noch an den dürren Ast der Wahnvorstellung klammert, der Terror islamischer Faschisten hätte nichts mit der Religion zu tun, auf die diese sich berufen, ist wahrscheinlich auch blöd genug, zu meinen, weder Kreuzzüge noch Hexenverfolgung hätten jemals etwas mit dem Christentum zu tun gehabt.

Der Islam war nie eine friedliche Religion; ist es, wie man jeden Tag sehen, lesen und hören kann, heute noch immer nicht und wird es vermutlich auch morgen noch nicht sein. Es gibt allein über hundert Verse im Koran, die sich liebevoll und detailliert mit der Vernichtung, Abschlachtung und Enthauptung Ungläubiger befassen. Mohammed selbst hat den neuen Glauben mit Flamme und Schwert, mit Unterwerfung und Vergewaltigung verbreitet. Er hat die Banu Quraiza, den jüdischen Stamm von Medina, ausgerottet, indem er die Männer ihre eigenen Gräber ausheben ließ und sie anschließend enthauptete. Ihre Frauen und Kinder wurden versklavt.

Genauso machen es heute auch seine Nachfolger. Man kann den Terroristen von IS und Boko Haram vieles nachsagen, aber bestimmt nicht, keine guten Muslime zu sein. Von den Koranversen, in denen es um die Enthauptung, Verstümmelung und Auspeitschung der eigenen Glaubensbrüder geht, will ich gar nicht erst anfangen. Diese islamischen Körperstrafen werden in Ländern wie dem Iran und Saudi-Arabien jeden Freitag vollzogen, ganz friedlich und ganz im Sinne des Religionsstifters. Auch gegen die unerträglich grausame Bestrafung des saudi-arabischen Bloggers Raif Badawi mit fünftausend Peitschenhieben und zehn Jahren Haft, dessen einziges Verbrechen es war, eine Online-Platform für freie Meinungsäußerung gegründet zu haben, hätte Mohammed kaum etwas einzuwenden gehabt. Freie Meinungsäußerung war bei den Beduinen in der arabischen Wüste im siebenten Jahrhundert nicht vorgesehen, genauso wenig wie bei den Attentätern von Paris. Es gibt nur ein einziges Land in dieser Region der Welt, in dem Muslime die Freiheiten, den Lebensstandard und die Rechte genießen, die heute in der westlichen Welt selbstverständlich sind – und das ist ausgerechnet Israel.

Man muss den Islam also nicht erst als bedrohlich empfinden, wenn Menschen, die sich auf ihn berufen, Flugzeuge kapern und in Hochhäuser fliegen; U-Bahnen in die Luft sprengen oder Zeitungsredaktionen stürmen und Journalisten niedermähen. Natürlich ist die große Mehrheit der europäischen Muslime friedlich. Jeder weiß das.

Aber darf es mich nicht beunruhigen, wenn ich weiß, dass es Millionen von Menschen gibt, die meinen, man dürfe sich über ihre Religion nicht lustig machen und Allah nicht beleidigen? Und wenn es Millionen gibt, die meinen, Frauen seien Menschen zweiter Klasse, die bei 30° von Kopf bis Fuß im Polyestersack herumlaufen müssen, während ihr Göttergatte Shorts, T-Shirt und Sandalen trägt? Wieso beschimpft man mich als rassistisch, intolerant und, was für die Hohlköpfe der Nation offenbar bei weitem das Schlimmste sein muss, feministisch zu sein? Darf ich es tolerieren, wenn Muslime in meiner Umgebung Homosexualität für eine Todsünde halten? Darf es mich nicht beunruhigen, wenn muslimische Familienväter auf Elternabenden an deutschen Schulen von „Ehre“ und „Schande“ faseln, wenn es um Sexualkunde und Schwimmunterricht geht und gebieterisch fordern, den Abend enden zu lassen, sobald das muslimische Fastenbrechen beginnt? Die ihren Söhnen und Töchtern den Umgang mit den deutschen „Ungläubigen“ untersagen? Deren Sprösslinge ihre deutschen Mitschüler als „Kartoffel“ und „deutsche Schlampe“ beleidigen?

Natürlich wollen sich Muslime in der Regel nicht in einen Topf mit Terroristen geworfen wissen. Aber wie ernst darf ich die Distanzierungsbekundungen derer nehmen, die in Internetforen wie die des Hamas-Kasperles Jürgen Todenhöfer zu Tausenden mit der Hartnäckigkeit zurückgebliebener Kleinkinder drauf beharren, es sei doch gar nicht erwiesen, dass die Attentäter wirklich Muslime gewesen seien? Und deren bewährter Verdrängungsmechanismus sich im nächsten Schritt in antisemitischen Verschwörungstheorien ergeht? Sogar Hamas und Hizbollah, man glaubt es kaum, haben sich mit einigem Wenn und Aber von den Pariser Anschlägen distanziert. Wer solche Lippenbekenntnisse ernst nimmt, muss natürlich einen an der Waffel haben. Und ja, es darf und muss mich ängstigen, wenn der Verfassungsschutz verkündet, nur 1 % der in Deutschland lebenden Muslime sei gewaltbereit. Das sind 40.000 Menschen. In Paris reichten schon vier.


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Leo Lachdt / 12.01.2015

Danke. Im vergleich der Beiträge die in den letzten Tagen in jeglicher Form durch die Medien ging, ist ihr Beitrag wie ein Leuchtturm im Nebel des Wahnsinns. Manchmal bekomme ich Angst das in Deutschland nur noch Ideo­lo­gen am Werk sind und sich keiner mehr seinem Verstand bedient.

Hans Michel / 12.01.2015

Hallo Frau Sievert Ihre Magenbeschwerden habe ich jeden Tag bei meiner persönlichen Pflichtleküre unserer großen Tageszeitungen. Dabei stören mich nicht nur die “Artikel” zu Frage Islam oder “Islamismus”, nein unsere Regierenden haben sich total in einem “linken” Menschenbild verrannt, dass mit der Realität in unserem Land schon lange nicht mehr zu tun hat. Da darf sich doch keiner über solche Bewegungen wie PEGIDA wundern. Die Ex-DDR-Bürger haben schon einmal eine Regierung gestürzt, sie wissen wie so etwas geht. Frau Merkel sollte dies eigentlich auch wissen, ich denke aber, sie hat es verdrängt. Besonders schlimm ist es für mich, die Bürger neben anderen Dingen als ungebildet zu verleumden. Besonders die älteren haben neben einer vor 30 Jahren wesentlich besseren Bildung und natürlich auch von ihren täglichen Lebenwirklichkeiten an Lebenserfahrungen profitiert. Diese Erfahrungen machen mich mit nun 67 Jahren immer skeptischer über den weiteren Weg Deutschlands und Europas. Übrigens, schauen sie sich in den Zeitungen die Kommentare der Leser an. Dummköpfe gibt es überall!! Aber es gibt doch recht viele gute und sachkundige Kommentare. Vielen Dank für Ihren Artikel. Die “Achse” und ihre Autoren sind ein Lichtblick in diesem Land. Hans Michel ehemals Dresden, jetzt Münster

Bernd Ufen / 12.01.2015

Ich frage mich immer, woher stammt eigentlich diese religiöse Affinität besonders in Bezug auf den Islam, die seit einigen Jahren an den Tag gelegt wird? Wir sind doch ein säkularer Staat im 21. Jahrhundert und Religiosität ist eine Privatangelegenheit, die man vollziehen kann oder auch nicht. Wieso können Anhänger einer Beduinenreligion aus dem 7. Jahrhundert die Deutungshoheit über die Meinungsvielfalt beanspruchen? Das Grundgesetz wurde eigens geschaffen, damit so etwas nicht passiert. Es muß im Staatswesen eine komplette Trennung zwischen Religion und Politik bestehen, und genau dies ist das Problem des Islam. Er muß auf das zurückgeführt werden, was er eigentlich ist, eine Religion, bedeutungslos wie andere auch. Wenn sie ausgeübt wird, soll sie die Öffentlichkeit nicht stören. Eine besondere Rolle ist ihr nicht zuzuschreiben. Irgendeine Deutungshoheit oder herausgehobene Stellung steht ihr nicht zu. Die christlichen Kirchen und andere Religionen müssen sich mit diesem Status auch abfinden. Und es wäre Aufgabe des Staates, dafür zu sorgen, das dieser Zustand herbeigeführt wird.

Max Wedell / 12.01.2015

Was Loay Mudhoon angeht: In der besagten Presseclub-Sendung wurde die bemerkenswerte islamkritische Rede des ägyptischen Präsidenten al-Sisi erwähnt, seine Forderung nach einer Revolution der Religion. Das konnte Loay Mudhoon, ein Nahostexperte der Deutschen Welle, offensichtlich schwer ertragen, und musste zuallererst darauf hinweisen: “Ganz kurz: Präsident al-Sisi, ein Gewaltherrscher in Ägypten, ein Putschist, der eigentlich vor einem Jahr den demokratisch gewählten Präsidenten gestürzt hat!” Ja genau, damit das mal klar ist, bevor man sich mit der Rede inhaltlich befasst! Direkt anschließend machte er deutlich, was die Rede seiner Auffassung nach bedeutet: “Al-Sisi hat seine Motive, wenn er auch von einer Religionsrevolution spricht. Er braucht dieses Feindbild jihadistischer Gefahr, um sich selber zu legitimieren.” Es ist nun eine Sache, wenn der öffentlich-rechtliche Rundfunk die Bürger im Inland regelmäßig mit der mehr oder weniger unterschwelligen Behauptung amüsiert, terroristischer Islamismus hätte nichts mit dem Islam zu tun, aber eine ganz andere, viel schwerwiegendere wäre es, wenn dasselbe in den arabischsprachigen, an die arabische Welt gerichteten Programmen der Deutschen Welle passierte, weil sie dort Mitarbeiter wie Loay Mulhoon haben… leider kann ich es mangels Sprachkenntnissen nicht überprüfen, aber es wäre schon sehr interessant zu wissen, ob Mudhoon über die Deutsche Welle, also auch im Namen Deutschlands, den Ägyptern die Rede al-Sisis auch so erklärt hat wie uns, im Presseclub, nämlich als Aufbauschen eines “Feindbilds jihadistischer Gefahr, um sich selber zu legitimieren” durch einen “Gewaltherrscher”.

Philipp Richardt / 12.01.2015

Die grösste Division der Bundeswehr im Kalten Krieg war die 6. Division mit 26.000 Soldaten. Mal so als Größenvergleich.

Christian Schulz / 12.01.2015

Sehr richtig, die Kreuzzüge hatten nichts mit dem Christentum zu tun! Es war nur eine kleine radikalisierte Minderheit die sich auf den Weg gemacht hat. Über 99% der Europäer lebten unterdrückt und in Armut. Die Wahrheit hängt nicht von der Wirklichkeit ab. Sorry, es ist schwer nicht sarkastisch zu werden.

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