Sehr geehrte Frau Schwarz. Ich stimme Ihnen in vielen Punkten, die Sie beschreiben zu. Ich habe hinreichende, langjährige Erfahrungen mit psychisch Kranken allgemein und psychisch kranken Straftätern, die nach § 63 StGB und § 64 StGB in der “forensischen Psychiatrie” untergebracht sind, i, Besonderen. Ebenso habe ich tiefe Einblicke in das “Betreuer-Wesen” in Deutschland, über private Kontakte zu psychisch Kranken und zu Betreuern gewonnen. Ihrer Darstellung entnehme ich, dass auch Sie sehr wohl den Unterschied zwischen der Unterbringung eines psychisch Kranken nach dem PsychKG und den Bestimmungen des StGB kennen, und als Betreuerin kennen Sie sicherlich auch den Instanzenweg, der zu einer Betreuung. führt. Es gibt viele Formen und Abstufungen von Betreuung psychisch Kranker, und nicht alle Betreuten sind psychisch krank; letztere kommen einfach nur nicht mehr mit der Bewältigung ihres Alltags zurecht. Ich kenne auch Menschen, die selbständig für sich eine gesetzliche Betreuung beim Betreuungsgericht/Amtsgericht beantragt haben, weil sie zu der Erkenntnis kamen, dass sie Unterstützung in verschiedenen Lebenslagen benötigen - etwa beim Umgang mit Behörden, dem richtigen Umgang mit ihren Finanzen usw. Was den “Beruf” des Betreuers für psych. Kranke betrifft, so vermisse ich da eine eindeutige gesetzliche Regelung (nicht hinsichtlich der Befugnisse, die ein Betreuer gegenüber seinen Klienten hat, denn diese Befugnisse werden ja vom Betreuungsgericht definiert), wer als Betreuer arbeiten darf. Faktisch kann jeder eine Betreuung für einen Menschen übernehmen, unabhängig von seiner beruflichen Qualifikation. Die Zugangsbedingungen zu einer Betreuertätigkeit sollten grundsätzlich m.E. auf solche Personen beschränkt werden, die ein abgeschlossenes Studium der Sozialpädagogik oder Psychologie oder eine diesem Berufsbild nahe verwandte Ausbildung vorweisen können. Was die von Ihnen angedeutete “Drehtür-Psychiatrie” angeht, so liegt da in der Tat einiges im Argen.
Es fehlt allerdings noch der Hinweis, warum die geschlossenen Psychiatrien abgelehnt wurden: Weil Leute früher z. T. ohne schweres Störungsbild jahrelang dort festgehalten wurden. Gerade wer sich normal verhielt, galt als verdächtig. Wer sagte, dass er zu Unrecht drinn saß, war in “Abwehrhaltung” und nicht therapiefähig usw. Solche Bewertungen kann man auch in offenen psychiatrischen Einrichtungen finden, also dass prinzipiell ausschließlich das Personal Recht haben darf und Patienten keine Fragen stellen sollen (Stichworte “Ärztenarzissmus” und “Betriebsblindheit”). Zu dem Justizopfer Gustl Mollath wurden mehrfach falsche bzw. gefakte Gutachten erstellt, bis endlich ein sachliches Gutachten erstellt wurde. Er hatte ewig zu Unrecht im Maßregelvollzug bzw. in Zwangsunterbringung in der Psychiatrie gesessen. Das Thema, wie sehr der Bürger auf der Straße z. B. durch akut an Schizophrenie Erkrankte gefährdet sein kann, wird politisch wirklich stark ignoriert. Andersherum kann man als heftige politische Überreaktion bewerten, als Bayern 2018 ausgerechnet die Depressiven meldepflichtig machen wollte, als ob die eine besondere “Gefährdergruppe” wären.
Vielen Dank für diesen klugen, informativen und einfühlsamen Artikel und herzlichen Glückwunsch zur Veröffentlichung! Ich freue mich schon auf Nachschub von Ihnen und auch der anderen Jungautoren.
Ein sehr guter Artikel zu einem diffizilen Thema. Der Schutz der Menschen vor Freiheitsentzug und Psychiatrisierung ist durchaus eine wichtige Angelegenheit, zumal es in früheren Zeiten (und auch heute noch, siehe den Fall Mollath) diesbezüglich Willkür und Missbrauch gegeben hat. Ich habe jedoch selbst Fälle kennen gelernt, wo nicht einmal die Angehörigen eine dringend benötigte Behandlung akuter Psychosen mit gefährdendem Verhalten durchsetzen konnten, solange keine konkrete Gefährdung anderer oder Selbstgefährdung vorgewiesen werden konnte. In einem solchen Stadium ist der Erkrankte gar nicht in der Lage, seine Behandlungsbedürftigkeit zu erkennen, nicht einmal zu seinem Besten. Leider habe ich auch erlebt, wie leichtfertig ein unwissendes und verunsichertes Umfeld (Nachbarschaft, Passanten) Personen, die lediglich ein auffälliges, aber keineswegs übergriffiges oder gefährdendes Verhalten an den Tag legen einsperren lassen würden. Insgesamt ein schwieriges Thema, das ich in Bayern jedoch einigermaßen gut gelöst sehe. Hier wird die Freiheit und Selbstbestimmung des Betreuten sehr hoch eingeschätzt, dennoch gibt es die genannten Einrichtungen für psychisch Kranke, die eine Unterbringung und Akutbehandlung benötigen. Die Abschaffung solcher Möglichkeiten und Einrichtungen empfinde ich als Ignoranz gegenüber den Erkrankten, denen man so die notwendige Hilfe verwehrt und sie an der Wiedererlangung ihrer Selbstbestimmung hindert. Denn von Zwängen und psychotischem Wahn getriebene Menschen sind nicht selbstbestimmt und werden in verantwortungsloser Weise der Verwahrlosung oder der krankheitsbedingten, Lächerlichkeit und Selbstentwürdigung preis gegeben. Nicht umsonst gibt es eine Regel gegenüber schizoid Erkrankten: Man darf sie niemals damit konfrontieren, wie sie sich in wahnhaften Phasen verhalten haben.
Zu beklagen ist der Trend, bei sozial abweichendem Verhalten in Kombination mit Drogenkriminalität, Alkoholsucht, Eigentums- und Gewaltdelikten primär auf die Zuständigkeit psychiatrischer Krankenhäuser zu verweisen. Die Sozialarbeiter haben sich dankbar auf die neue Klientel der Immigranten gestürzt, in der sich zweifelsfrei ein signifikant hoher Anteil - mir fehlen die politisch korrekten Worte! - sozial schwacher, ungebildeter und kulturell überforderter Integrationsverweigerer befindet. Die Marotte der Integrations-Aktivisten, jedes sozial abweichende Verhalten mit oder ohne Straftaten voreilig als Hinweis auf eine posttraumatische Belastungsstörung zu werten und nach dem Psychiater zu rufen, stellt eine enorme Belastung der diesbezüglichen Behandlungskapazitäten dar. Nicht berücksichtigt wird dabei, dass es auch einen Akt der Antipsychiatrie darstellt, psychiatrische Institutionen mit Aufgaben zu überfrachten, die eigentlich in die Zuständigkeit der Rechtspflege gehören. Aber psychiatrische Krankenhäuser sind trotz Pflegenotstand und Ärztemangel gern bereit, diese Aufgaben zu übernehmen, soweit ein halbwegs kostendeckender Finanzierungsmodus ausgehandelt wurde. Die “atmosphärischen” Nachteile die sich daraus für eine psychiatrische Akutstation ergeben, schaden dem Ruf der modernen Psychiatrie und machen die psychiatrische Diagnose wieder zu einem Stigma.
Die Bestimmer von heute sind fast samt und sonders Menschen ohne p r a k t i s c h e Lebenserfahrung, dafür aber ungeheurer Arroganz, sind also im engeren Sinne noch gar keine Menschen geworden. -\\ Schön, daß Sie, Frau Schwarz, zu den wenigen Psychologen gehören werden, die vom Menschen wissen aus eigener Erfahrung. Ich bin begeistert. Für Ihr Leben wünschen ich Ihnen eine gehörige Portion von “gleichviel, was solls” und “je nun”, um gut zu überleben und darüberhinaus zu leben.
Zu den Spielarten der Antipsychiatrie gehört auch jene, die von ideologisierten Psychologen betrieben wird. Die Beobachtung trifft nicht nur für den hauptstädtischen sozialen Brennpunkt zu; sie gilt auch für Deutschland allgemein. Als Psychiater im Krankenhaus habe ich immer wieder mit jungen Psychologie-Absolventen zusammenarbeiten dürfen, die in ihrem Studium krass antipsychiatrisch indoktriniert worden waren und sich nur mit großen Bemühungen als klinische Psychologen eigneten. Das war vorauszusehen, weil seit über zwei Jahrzehnten Stipendiaten mit einer politischen Agenda die Atmosphäre an den Unis vergiften, so dass selbst Dozenten und Hochschulleitungen es ängstlich vermeiden, diesen Spuk zu unterbinden. Es verwundert also nicht, dass die gleichen Hochschulen dann Professoren in die Studios des öffentlich-rechtlichen Rundfunks entsenden, wo sie als “Experten für politische Psychologie” Regierungskritiker oder die einzige Oppositionspartei “wissenschaftlich” stigmatisieren. Die politisch-aktivistische Antipsychiatrie, die betont, dass es ihr um die Freiheitsrechte des Menschen mit sozial abweichendem Verhalten gehe, lehnt auch den Freiheitsentzug im Strafrecht grundlegend ab. Der Ersatz des Vormundschafts- durch das Betreuungsrecht diente auch der euphemistischen Begriffskosmetik, indem das schöne deutsche Wort “Betreuung” von der Legislative zu einem semantischen Schwindelpaket verbogen wurde. Geschlossene Abteilungen in psychiatrischen Krankenhäusern und Pflegeheimen werden sinnfrei zu “geschützten Abteilungen” umbenannt, obwohl dieser Betrug offenkundig ist, wenn Besucher und Konsiliardienste herein- und herausgeschlossen werden müssen. - Die von Pauline Schwarz so treffend beschriebenen Fehlentwicklungen sind Mosaiksteine einer von linksgrünen Ideologen herbeigeführten Krise der Rechtsstaatlichkeit, gegen die sich auch Universitätsleitungen, Psychiater und Psychologen vernehmbar zur Wehr setzen sollten.
Sehr geehrte Frau Schwarz, Leider ist Ihr Artikel teils lückenhaft, teils inkorrekt. Ich bin forensischer Psychiater und habe im Maßregelvollzug mehr als 10 Jahre gearbeitet. Viele Patienten (die nebenbei bemerkt gemäß Paragraph 63 des Strafgesetzbuches und nicht gemäß Psych KG untergebracht sind) bleiben dort lebenslang. Leider erwirbt man im Psychologiestudium und auch nicht im Betreuungsbüro keine Kompetenzen in der Beurteilung psychotisch erkrankter Menschen, und schon gar nicht von psychotischen Straftätern, Sie haben offenbar keine Ahnung, was in an Schizophrenie erkrankten Menschen so vorgeht. Diese schwerkranken Menschen sind wirklich schuldunfähig, also ohne Schuld, und sind, wenn erfolgreich behandelt, nicht mehr gefährlich. Warum dann einsperren? Ich rate dazu, sich erst sachkundig zu machen und sich erst dann öffentlich zu äußern. Mit freundlichen Grüßen
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