Dass der Naturschutz mit dem, was landläufig unter Klimaschutz verstanden wird, bisweilen kollidiert, ist nichts Neues, dieser Blog hat sich dazu oft geäußert, der Blogger erst kürzlich eine Titelgeschichte in der Welt am Sonntag dazu veröffentlicht, der “Spiegel” griff in den beiden Folgewochen das Thema ausführlich auf. Inzwischen ist klar: Insbesondere der Anbau von Energiepflanzen aber auch die Windenergie fordern massive Opfer beim Artenschutz.
Bislang verläuft die Diskussion über diesen Konflikt so, dass diejenigen, die mit Wind und Bioenergie das Klima schützen wollen, beteuern, es sei nicht so schlimm und wo dies doch der Fall sei, werde man sich bessern zugunsten des Naturschutzes, mal sehen. Jetzt ist eine ganz neue Facette in die Diskussion gekommen: Nicht mehr allein der Naturschutz stehe dem Klimaschutz im Wege, weil er seine eigenen Rechte einfordere, an Fläche und Rücksichtnahme auf Pflanz und Tier. Nein, jetzt ist es die Natur selbst, die das Klima killt. Das Werden und Vergehen im Wald. Am besten, man schafft sofort alle Nationalparks ab und stellt die Flächen der Holzwirtschaft zur Verfügung. So sieht wahrer Klimaschutz aus.
So jedenfalls liest sich eine gemeinsame Presseerklärung der Arbeitsgemeinschaft Rohholzverbraucher, der Deutschen Sägeindustrie sowie des Verbandes der Säge-und Holzindustrie Baden-Württemberg e.V., die sich der geneigte Leser auf der Zunge zergehen lassen möge. Der Erklärung liegt ein Gutachten zugrunde, das die Verbände beim Zentrum für Holzwirtschaft der Universität in Auftrag gegeben haben. Und so klingt sie auch, da verpreche ich nicht zu viel. Hier ist sie.
Zwar geht es darin – noch – nicht um die Abschaffung von Nationalparks, sondern um die Verhinderung eines zusätzlichen im Nordschwarzwald. Die Logik wäre aber die selbe, und wenn die nächste Hitzewelle rollt und die Klimaangst wieder die Gemüter zum Glühen bringt, könnte die Forderung schnell erweitert werden.
Verfeuert mehr Holz, lautet die Devise (sprich: kauft es von uns), dann schützt ihr das Klima. Hindert den Wald daran, sein Holz unaufgeräumt, unabgeholt und ungenutzt wieder vergammeln zu lassen. Das Holz muss verbaut werden, nur so speichert es weiterhin das schädliche Kohlendioxid. Auch sollten im Wald am besten andere Arten stehen, nämlich solche, die sich für die Verarbeitung am besten eignen. So habe ich es jedenfalls gelesen, so richtig deutlich wird das in der Presseerklärung nicht. Ich bin mir auch nicht sicher, ob die Autoren die Zusammenhänge wirklich verstanden haben, selbst das Gutachten wurde ja nicht von Klimaforschern erstellt sondern von Holzwirtschaftlern. Der Leser möge sich durch Lektüre der Erklärung selbst ein Bild machen. Alle Facetten hier widerzugeben sträubt sich meine Tastatur. Ich frage mich lieber, wieso die Erde in vergangenen Jahrtausenden nicht längst an Hitzekollaps zugrunde gegangen ist, so ganz ohne den Klimaschutz der Holzindustrie, wo es doch nur Urwald gab, ohne flächendeckende Bewirtschaftung. Und: Warum das Ganze auf Deutschland beschränken? In den Tropen warten Millionen Quadratkilometer Regenwald, die man der Holzwirtschaft überlassen könnte, damit sie dort endlich wirksamen Klimaschutz betreibt.
Dass Lobbyorganisationen Geld ausgeben für wissenschaftliche Gutachten von Universitäten, und dass dabei selten unerwünschte Ergebnisse herauskommen (wie im Übrigen auch bei in Auftrag gegebenen Meinungsumfragen), ist nichts Neues. Neu ist allerdings, dass das Thema Klimaschutz dieses Lobby- und Gutachtenwesen in einem Maße vervielfacht hat, das in der Wissenschaftsgeschichte beispiellos ist. Man zeige mir ein anderes Gebiet, das diesbezüglich auch nur annähernd gleichziehen könnte. Ich habe allerdings den Eindruck, dass auch in der Öffentlichkeit zunehmend erkannt wird, wie sehr bei diesem Thema Geschäftsinteressen (übrigens auch von Umweltverbänden), Arbeitsplätze und Internationale Konkurrenzfähigkeit die wissenschaftliche Diskussion dominieren und in ihre Bahnen lenken. Und die Politik lähmen.
Zuerst erschienen auf Ulli Kulkes Blog bei der WELT