Die LINKE und die Kirche – der Beginn einer Liebesaffäre

Von Elisa David. 

Laut Marx ist die Religion ja bekanntlich das Opium fürs Volk, und da man die Linken nur auf Drogen wählen kann, scheint Gregor Gysi sich für seine Partei eine neue Masche ausgedacht zu haben, um potenzielle Wähler auf seine Seite zu ziehen. So hat er sich vergangene Woche mit Papst Franziskus im Vatikan getroffen und bot ihm eine Zusammenarbeit an

Er gab gleich zu Protokoll, dass er zwar selbst nicht an Gott glaube, aber eine gottlose Gesellschaft fürchte, denn er kenne die Bedeutung der Kirche für die allgemein verbindliche Moral. Also fürchtet er, um es frei nach Marx zu formulieren, eine Gesellschaft, die aufgeklärt und bei klarem Verstand ist und sich dementsprechende Moralvorstellungen gebildet hat?

Wenn ich mit dem Wahlprogramm um Wählerstimmen zittern müsste, würde ich das wahrscheinlich auch. Der Papst sprach sich für eine Konferenz zu den Wirtschaftsstrukturen aus. Er wolle weder die Wirtschaft des Kapitalismus, noch die des Staatssozialismus, sondern „etwas anderes“. Die europäische Linke habe ihm dabei ihre Unterstützung angeboten.

Weil das genau das ist, was Europa jetzt braucht. Ein alter Mann, der isoliert in einem Marmorpalast lebt und ganz toll aus der Bibel vorlesen kann und der Vorsitzende der offiziellen Nachfolgepartei der SED, die schon immer für ihre genialen Wirtschaftsstrukturen bekannt war, sind die absolut ersten Ansprechpartner, die mir für eine mögliche Revolution der westlichen Wirtschaft in den Sinn kommen. Grundlegende Kenntnisse zur Wirtschaft? Werden absolut überbewertet, die studierten Ökonomen hatten ihre Chance, jetzt werden Franziskus und Gregor unsere Wirtschaft im Alleingang retten. 

Der gute Gregor wird auf seine alten Tage noch zum Poeten

Und bei vielen Punkten sind sie sich einig gewesen, so schwärmt Gysi, denn zum Beispiel Armut finden sie beide ungerecht, sie glauben an Chancengleichheit und Gleichberechtigung. Ist das nicht süß? Bald fangen sie noch an, sich gegenseitig die Sätze zu beenden. Franziskus ist laut Gysi auch ganz anders als die anderen. In Sachen Flüchtlingskrise zum Beispiel stelle er sich klar gegen die herrschende Politik, und Gysi sagt dazu: Man ist nicht links, wenn man nur gegen Armut im eigenen Land ist, man ist erst links, wenn man gegen Armut überall ist – mit der Liebe wird der gute Gregor auf seine alten Tage noch zum Poeten.

Dem Motto folgend, wollen sie sich der Migrationsfrage annehmen und sind beide der Meinung, dass Mauern keine Lösung im Umgang mit Flüchtlingen sind. Das soll das SED-Urgestein doch bitte den Flüchtlingen der DDR erzählen, die an der Mauer ihr Leben lassen mussten, weil sie, im Name seiner Partei, bei dem Versuch über die Grenze zu kommen, erschossen wurden. Aber sich selbst und die eigene Überzeugung zu verraten, können beide gut – noch eine Gemeinsamkeit.

Eigentlich sollten die beiden doch Todfeinde sein, Sozialismus und Kirche gehören nicht zusammen. Die Mauertoten sind nicht gerade ein Symbol für Nächstenliebe, aber Gysi ist sich sicher: Würde Jesus noch leben, würde er die Linken wählen. Da dreht sich Papst Johannes Paul II. wahrscheinlich im Grab um. Der ehemalige Gottesvertreter hatte sein ganzes Leben lang gegen den Sozialmus gekämpft, die Beendigung dieser Ideologie wäre Polen ohne ihn wahrscheinlich nicht gelungen. Doch Franziskus springt gleich mit einem Sozialisten unter eine Decke. Denn sie wollen ein Zeichen setzen, dass Kirche und Politik auch zusammenarbeiten können. Die Trennung von Kirche und Staat kann Romeo und Julia nicht davon abhalten, zueinander zu finden, und wo sie schon dabei sind, kann man das Grundgesetz gleich auch noch mit Füßen treten, wer braucht schon die Aufklärung. 

Nächstenliebe und sozialistisches Gemeinschaftsgefühl

Und Katja Kipping folgt dem Ruf ihres Parteigenossen. Die Linke-Chefin traf in einem Interview mit der evangelischen Zeitung Chrismon auf den Theologen Manfred Lütz. Während er sich mit der Bibel identifiziert, findet sie sich im Kommunistischen Manifest wieder, doch diese belanglosen Unterschiede, die der Vergangenheit – unter Lenin zum Beispiel – ja auch nur x-stellige Opferzahlen gefordert haben, hindert die beiden Turteltäubchen nicht daran, ihre Gemeinsamkeiten herauszukristallisieren. Denn das „Vertröstungschristentum ist ein schlechtes Christentum“, und es gibt nicht nur gute, sondern auch schlechte Kommunisten. Gegen die schlechten Varianten wollen sie sich verbünden. Außerdem lässt sich die christliche Nächstenliebe und das sozialistische Gemeinschaftsgefühl praktisch gleichsetzten, denn soziale Gerechtigkeit gilt auch für jene, die man nicht liebt. Und so stellt Kipping mit Verweis auf Gregor Gysi fest: „Sozialisten können Christen sein, Christen müssten Sozialisten sein“, und Karl Marx und Papst Johannes Paul II. fallen beide von ihrer Wolke. 

Lütz spricht sich für die Entmachtung der Priester und mehr Macht für die Frauen in der Kirche aus, die Spannung zwischen den beiden muss förmlich gefunkt haben. Und dann nehmen die beiden richtig Fahrt auf, sie fallen sich schon fast ins Wort – alles was der eine fordert, will der andere schon lange, fast so, als wären sie Seelenverwandte, die sich schon ein Leben lang kennen.

Als zum Beispiel „die Flüchtlinge kamen“, hätte Kipping sich eine Sozialgarantie für alle gewünscht, Lütz spricht sich in dem Zusammenhang wieder für die Nächstenliebe aus – klar, wir sollen auch noch die andere Wange hinhalten: Erst lassen wir uns überrennen, beschimpfen, vergewaltigen oder ermorden und die, die übrig bleiben, werfen unseren Gästen dann das Geld hinterher. 

Ob Jesus sich das tatsächlich so gedacht hat, und mit einer Wählerstimme unterstützt hätte, wage ich zu bezweifeln. Aber Fakt ist, dass es schon erschreckend ist, was Menschen alles für Macht tun – der Papst und der Theologe, die bereit sind, ihre Religion zu verkaufen und all die Menschen, die für sie gestorben sind oder heute noch mit ganzem Herzen daran glauben, zu verraten, nur um wieder ein bisschen in der Politik mitmischen zu können – und die beiden Sozialisten, die ihre nachweislich brutale Ideologie verzweifelt als Nächstenliebe ausgeben, für ein paar Wählerstimmen.

 

Elisa David (18) ist Abiturientin aus Lübeck. Ihr Beitrag erschien zuerst auf Apollo-News hier.

Foto: www.die-linke-rlp.de

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Leserpost

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AndreasMüller / 21.05.2019

Die passen doch hervorragend zusammen. Immer nach dem Motto : Das Geld ist schlecht - geben Sie es uns !

Paul Siemons / 21.05.2019

Mit dem Bau von Mauern kennen sich beide Seiten ja prima aus. Vom Paradiesversprechen ganz zu schweigen. Väterchen Stalin, Vater Unser - dazwischen passt heute kein Blatt mehr. Wenns denn der Verdummung dient.

Paul Diehl / 21.05.2019

Ich hörte mal einen Theologen sagen:  “Gerechtigkeit gibt es nicht auf dieser Welt und gibt es auch nicht in der nächsten. Das neue Testament kennt nur die Gnade Gottes und das Prinzip der Barmherzigkeit. Von Gerechtigkeit ist nicht die Rede”. Ich empfand diese Worte damals befremdlich, aber für mich wurde mit der Zeit immer mehr ein Schuh daraus. Wenn Sozialisten von Gerechtigkeit sprechen, meinen sie damit immer, dass man denen, die mehr haben als andere, etwas wegnehmen muss. Damit ist allerdings nie verbunden, dass es der breiten Masse der weniger habenden dadurch besser geht. Die Linken haben die Bergpredigt schon immer falsch verstanden und darin eine Art kommunistisches Manifest gesehen. Vielleicht sind deshalb so viele Marxisten evangelische Theologen geworden. Auch der Papst ist wohl Anghänger der sogenannten Befreiungstheologie, die marxistischen Vorstellungen schon recht nahe kommt. Die eigentliche katholische Soziallehre ist nicht kompatibel mit der Programmatik linker Parteien. Was die evangelische Kirche angeht, könnte man fast vermuten, dass es sich um so eine Art esoterische Ansammlung sozialrevolutionärer Kräfte handelt, die den lieben Gott nur noch als eine Art Alibifigur vor sich hertragen.

Bernd Große-Lordemann / 21.05.2019

“... Man ist nicht links, wenn man nur gegen Armut im eigenen Land ist, man ist erst links, wenn man gegen Armut überall ist…” Hat Gregor der Gute da nicht etwas durcheinander gebracht? Ich dachte immer Links resp. Sozialismus ist, wenn man für Armut überall ist. Genau das steht uns ja bevor, wenn wir die Rezepte der beiden befolgen.

Andreas Rühl / 21.05.2019

Castro wurde von Jesuiten erzogen. Die Nähe darf nicht wundern. Sie wurde nur unter den 3 letzten Päpsten (den 30 Tag Papst lasse ich mal weg) massiv unterdrückt. Es empfiehlt sich auch die Passagen von Naptha in Manns “Zauberberg” wieder zu lesen. Die katholische Soziallehre hat kommunistische Züge. Einig sind sie sich darin, dass der Glaube an das Geld, das Kapital, die Menschen von der wahren Lehre abbringt. Dass die wahre Lehre dann jeweils ganz anders aussieht, ist wurscht: der gemeinsame Feind verbindet.

Donald Adolf Murmelstein / 21.05.2019

Möglich das “Franzi” nur einen zweiten Overbeek sucht um in Assisi seiner Wohltaten zu gedenken. Mein Favorit wäre Baselitz

Wolfgang Janßen / 21.05.2019

Frage an Radio Eriwan: Was ist der Unterschied zwischen Christentum und Sozialismus? Antwort: Es gibt keinen. Das Christentum predigt die Armut, der Sozialismus verwirklicht sie.

Friedrich Neureich / 21.05.2019

“Sozialismus und Kirche gehören nicht zusammen.” Ach, Frau David, Sie sind noch jung. Meine Generation weiß noch aus eigener Anschauung, was es mit der sogenannten Befreiungstheologie in Latenamerika auf sich hatte. Ich möchte es mal so zusammenfassen: In der Zeit des Kalten Krieges gab es in Lateinamerika eine Oligarchie, die wusste, dass antisowjetische Lippenbekenntnisse ausreichten, um von den USA ohne weitere Fragen unterstützt zu werden, und mit diesem Blankoscheck in der Tasche barbarisch hauste, bis hin zum versuchten Genozid an den Indios in Guatemala (wofür anno 2009 übrigens der seinerzeit verantwortliche Präsident von einem Gericht seines eigenen Landes verurteilt wurde - also keine linke Gräuelpropaganda); und in dieser Situation kam es zum Schulterschluss zwischen Katholiken und Marxisten. Das ist der Hintergrund unseres lieben Fränzi, und Ehre wem Ehre gebühret, viele katholische Priester haben damals echte Haltung gegen brutale Diktatoren gezeigt. Nur leider hat d’r Fränzi auf seinem langen Marsch irgendwie ein bissl den Anschluss an die Moderne verloren und glaubt, den Kampf bis zum St.-Nimmerleins-Tag fortsetzen zu müssen. Gerne will er auch mit vollem Hobbitmut den Kampf wacker ins Mutterland der Finsternis hineintragen, das für einen Lateinamerikaner natürlich nur Europa sein kann, wie bereits der “Karai Guasu” (Guaraní für “großer Boß” - Paraguays erster Präsident) klar erkannt hatte. Erst wenn auch die europäischen Arbeiter in Wellblechfavelas hausen, ist das große Ziel erreicht. Noch einmal für alle: FRANKREICH IST KEIN FREUND DEUTSCHLANDS; DER PAPST IST KEIN FREUND EUROPAS; DER ISLAM IST KEIN FREUND DER MENSCHHEIT.

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