Herr Messner: Genau! Die Juden sind an allem schuld! Natürlich auch am Antisemitismus! Sollen sich halt vorschriftsmäßig benehmen, dann gibt es auch keine Antisemiten mehr!
Immer witzig bei solchen Artikeln sind die Folgen in den Kommentaren. Zumindest einer findet sich immer, er zeigt sofort und freiwiilig auf, und bestätigt freimütig, was der Artikel so alles an Problemen benennt, aufwirft, Antisemitismus, Weltverschwörung und “Israelkriitik”. Freiwiiliger Messner, gute Arbeit, weiter so.
Dass die Frage nach dem Staate Israel zur Gretchenfrage aller politischen Figuren in der Welt werden soll, kann ich nur akzeptieren, wenn zwischen Staatsregierung und den in ihrem Namen Handelnden, der Bevölkerung, dem Judentum und dem jüdischem Glaubensbekenntnis unterschieden wird. Dann wird man im “ambivalenten” Europa wieder sagen können “Ich glaube, die beherbergen da so einige, die sie schon längst an die Justiz anderer Länder oder nach den Haag ausliefern müssten”, ohne im Verdacht zu stehen, leichtfertig zuzulassen, dass wieder zum Angriff auf einen Kulturkreis geblasen wird oder selber gar in dieses Horn zu stoßen. Didier Burkhalter meint hoffentlich, was er sagt. 1) Eine Welt ohne Judenverfolgung in der Vergangenheit wäre eine bessere Welt im Rückblick. Allen Beteiligten und allen Zuschauern soll die Scham darüber noch lange im Gedächtnis sitzen. 2) Für die Zukunft gilt es aus dieser schamvollen Erinnerung Ansporn zu schöpfen, jegliche Wiederholung derartiger rassistischer Grausamkeiten früh zu unterbinden. 3) Der Staat Israel hat seit längerem eine Regierung, die mehrheitlich Dinge unternimmt, die dem Weltfrieden abträglich sind. Es lässt einen ratlos zurück, warum sich nicht große Mehrheiten der israelischen Bevölkerung von diesen Terroristen-Erben distanzieren. Was ist das für eine zwangsmilitarisierte Macho-Kultur, und wie lange soll sich der Westen von ihren Galionsfiguren noch auf der Nase herumtanzen lassen?
Sehr geehrter Herr Szpilman, Ihr Aufsatz über offensichtliche erneute Salonfähigwerden des Antisemitismus unter der Maske der Israelkritik listet einige Fakten über heutige politische Andenkenrituale korrekt auf. Doch ich glaube, er geht nicht ganz in die Tiefe, weil er nicht die Motive der “Israelkritiker” untersucht. Immerhin könnte es ja tatsächlich sein, daß so einiges an der herrschenden Politik Israels oder mächtiger jüdischer Zentralbänker oder Medienmogule in USA oder meinungsmachender Zentralräte oder Rabbis zu kritisieren ist! Was Sie doch eigentlich an diesen “antisemitischen Israelkritikern” vermissen, ist, daß sie mehr Verständnis für die strategische Lage Israels, für religiöse oder politische oder historische Empfindungen von Juden aufbringen und trendiger Propaganda nicht auf den Leim gehen sollten. Aber, mal knallhart gefragt, warum sollten diejenigen, denen Sie Antisemitismus vorwerfen, sich überhaupt mit einem so “unwichtigen”, weil weltweit betrachtet winzigen Volk auseinandersetzen, und dessen Geschichte und Religion und Sensibilitäten auch noch vollends verstehen? Gibt es ein Volk, daß laufend mehr Wind um seiner selbst macht, als das jüdische? Ich denke, ohne ein wachsendes Maß an Selbstkritik unter Juden und öffentlich geäußerter, kritischer Debatte von Juden über ihre Politik, Religion und Gefühle, wird sich das Ausmaß des Antisemitismus weltweit kaum reduzieren. Eines der schlimmsten Eigentore, das jüdische Offizielle meiner Meinung nach am häufigsten schießen, ist, sich als Gedankenpolizei aufzuspielen, die Medien zu kontrollieren, über ihre Geheimdienste und Atombomben zu drohen, sich mit Kulisse der Unbesiegbarkeit aufzuplustern, und gleichzeitig nichts aus dem Alltagsleben der Juden und Israelis zu zeigen, insbesondere aus den religiösen Praktiken, wo eventuell auch mal einige Schwächen oder interne Debatten gezeigt würden. Sich nicht in die Karten und Geldgeschäfte schauen lassen. So etwas schafft kein Vertrauen oder Verständnis. Mit freundlichen Grüßen, Christoph Messner, York, Pennsylvania
“Vergleicht jedoch Nationalrat Geri Müller (Grüne) aberwitzig die Lage im Gazastreifen mit dem Holocaust, wird er als Israel-Kritiker ernst genommen. Die Haltung zu Israel ist zur Gretchenfrage geworden. Will man wissen, wie jemand zum Judentum steht, fragt man ihn nach Israel. Höhere Massstäbe an das Land zu stellen, den Konflikt mit den arabischen Staaten als Schuld Israels abzuhaken, Zionismus als «Verbrechertum» – «Weltverschwörung» zu betiteln, oder sogar Israels Existenzrecht zu relativieren, entlarvt den modernen Antisemiten.” Danke, genau am Punkt.
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