Peter Grimm / 25.08.2019 / 16:15 / Foto: Rosino / 52 / Seite ausdrucken

Die Grenzen von „Unteilbar”

„40.000 Menschen auf den Straßen Dresdens, und keine einzige Deutschlandfahne: Das ist das Ergebnis der Demonstration #Unteilbar, die am Samstag durch die sächsische Landeshauptstadt zog. Die Teilnehmerzahl übertraf noch die Erwartungen der Veranstalter, einem Bündnis aus rund 400 Organisationen, das 25.000 Demonstranten angemeldet hatte.“

So jubelten taz-Berichterstatter am Samstag über den Erfolg der „Unteilbar“-Demonstration in einer Stadt, in der sonst immer noch allmontäglich PEGIDA demonstriert und wo bei der Landtagswahl am kommenden Sonntag mit großen Wahlerfolgen der AfD zu rechnen ist. Angesichts dieses Erfolges sollte man nicht so kleinlich sein und darauf verweisen, dass in den meisten anderen Berichten von 35.000 Demonstranten die Rede ist, denn das ist immer noch eine Menge. Auch, dass vermutlich etliche der Unteilbaren mit den eingesetzten Sonderzügen und -bussen in die sächsische Landehauptstadt kamen, schmälert die Freude der Veranstalter an dem Erfolg offenbar nicht, wenn man der taz-Berichterstattung glaubt.

„‚Wir sind überwältigt‘, sagte Ana-Cara Methmann, Sprecherin des Veranstalterbündnis, während der Abschlusskundgebung auf der Dresdener Cockerwiese. ‚Wir lassen nicht zu, dass Sozialstaat, Flucht und Migration gegeneinander ausgespielt werden‘, fassten die Veranstalter die Botschaft der Demonstration zusammen, die ein ‚unmissverständliches Zeichen für Solidarität statt Ausgrenzung gesetzt‘ habe.“

Es wäre jetzt wieder etwas kleinlich, darauf hinzuweisen, dass eine ungeregelte Zuwanderung mit einem geregelten Sozialstaat allen guten Absichten zum Trotz unweigerlich in Konflikt gerät, sobald ihr Umfang zu groß wird. Wenn die Nehmerseite in einer Solidargemeinschaft deutlich wächst, ohne das Selbiges auch auf der Geberseite geschieht, müssen irgendwann entweder Leistungen gekürzt oder es muss den Steuer- und Sozialbeitragszahlern mehr Geld abgepresst werden. Andernfalls zerschellt selbiges Sozialsystem, und die meisten Bewohner Deutschlands stehen plötzlich ohne eine adäquate soziale Absicherung da.

Das wäre dann das, was wahrscheinlich viele der Unteilbaren als „amerikanische Verhältnisse“ beschreiben würden, was in dieser Weltsicht schon nahe an der Apokalypse anzusiedeln sein dürfte. Die dänischen Sozialdemokraten haben dieses Problem erkannt, darauf politisch reagiert, den Erhalt des Sozialstaats aber auch in allen anderen Facetten zum zentralen Inhalt erklärt und konnten so bei der letzten Wahl die Rechtsparteien in die Schranken weisen.

„Die halbe linke Bescheidwisserwelt“

Statt diesen dänischen Weg zu gehen, haben sich die meisten, die hierzulande einen Wahlerfolg der AfD verhindern wollen, dazu entschieden, vor allem gegen rechts zu demonstrieren. Ob man so jene Protestwähler beeindruckt, die mit einer Stimme für die AfD vor allem den von ihnen bislang gewählten Parteien sagen wollen, sie mögen die Lösung der Probleme in Angriff nehmen, die klar auszusprechen heutzutage oft schon als AfD-Position denunziert wird?

Offenbar soll ja gerade jenen, die sich nicht sicher sind, wie sie abstimmen sollen, aber doch mit einem Kreuz bei der AfD liebäugeln, mit Demonstrationen wie „Unteilbar“ klar gemacht werden, die ganze Gesellschaft stünde eigentlich gegen die AfD. Dass man aber dann nicht-linke Positionen ausgrenzt, ist mehr als ein Schönheitsfehler. Und ehe ich mich hier darüber auslasse, zitiere ich lieber mit Jan Feddersen einen anderen taz-Autor, der erkennbar ein Linker ist, aber sich augenscheinlich nicht in einer linksideologischen Wagenburg ansiedeln mag. Er schrieb schon kurz vor der Dresdener Unteilbar-Demonstration, dass sie ihren Anspruch, ein Zeichen für „Solidarität statt Ausgrenzung“ zu sein, gar nicht einlösen kann:

„In Wahrheit ist #unteilbar dieses Zeichen nicht, leider. Vielmehr wird es eine Demonstration der Eingeweihten sein, jener, die ohnehin der AfD nicht freundlich gesinnt sind. Vielmehr wird #unteilbar anzeigen, wie verfehlt die Bündnispolitik der zur Demonstration Aufrufenden ist. Moniert werden muss nicht allein, dass der Umzug unterteilt wird in Themenblöcke, die etwa „Parade-Power-Block: United against Racism & Fascism“ oder „feministisch und queer“ heißen – alles in allem Stichworte, die einem linksradikalen Wunschkonzert gleichkommen. Die Wahl englischsprachiger Chiffren deutet nicht einmal subtil an, besser vor allem eines zu bleiben: unter sich.

Verblüffend indes ist die politische Torheit, einerseits ein „#unteilbar“ zu proklamieren, aber doch so gut wie alles dafür zu tun, dass in Dresden und drumrum die am Samstag Mobilisierten wie ein selbstbezüglicher Kolonisierungstrupp wirken müssen: In Sachsen kommt offenbar mindestens die halbe linke Bescheidwisserwelt .

Bezeichnend für diesen Umstand ist auch, dass, wie es auf Nachfrage so freundlich wie definitiv heißt, Nationalflaggen unerwünscht seien. Verboten sind sie nicht, aber man darf wie voriges Jahr in Berlin davon ausgehen, dass vereinzelte Flaggen mit palästinensischen Umrissen (inklusive des Gebiets, das Israel ist) zu sehen sein werden, aber gewiss – das wird auch in Dresden nicht anders sein – keine deutsche Flagge, also kein Schwarz-Rot-Gold.“

Damit hat er recht behalten, wie die eingangs zitierte Berichterstattung seiner taz-Kollegen zeigt. Auf das sächsische und brandenburgische Wahlergebnis dürfte diese Dresdener Demonstration kaum Einfluss haben. Für jene, deren höchste Priorität es ist, potenzielle AfD-Wähler von ihrer Entscheidung abzubringen, ist vielleicht ein Perspektivwechsel lohnend. Sie könnten sich einmal nur die Frage stellen, was ein Wähler, der seinem Wunsch beispielsweise nach klaren und konkreten Konzepte in der Zuwanderungspolitik auf dem Stimmzettel Ausdruck verleihen will, wählen soll? Wo soll einer sein Kreuz machen, der von Politikern fordert, sich allen mit der Migration verbundenen Problemen unumwunden und ohne Schönreden zu stellen? Bei denen, die die Probleme ansprechen, auch wenn einem Form und Lösungsansätze vielleicht missfallen, oder bei denen, die ihm die Existenz seiner Probleme ausreden wollen? Demokraten, die in Wahlen gewinnen wollen, dürfen halt kein Spielfeld scheuen, das für die Bürger wichtig ist. Das scheinen viele politische Verantwortungsträger in Deutschland ein wenig vergessen zu haben. Doch wer sich daran nicht erinnern mag, darf sich über Strafstimmen der Wähler nicht wundern.

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Leserpost

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Max Wedell / 25.08.2019

Ist die Ahnungslosigkeit des Autors bezüglich dessen, was Linke sich so vorstellen, gespielt oder echt? Hier die Kurzzusammenfassung: Es gibt nur ein Problem mit der Migration, nämlich das, welches Rassisten mit ihr haben. Diejenigen, die es schüttelt, wenn sie irgendwo einen Menschen mit unweißer Hautfarbe sehen, haben ein Problem mit der Migration, sonst niemand. Migranten sind nicht krimineller als Deutsche, wie Experten unablässig beweisen. Man muß nur die entsprechenden Altersgruppen miteinander vergleichen. Selbst wenn der Anteil Krimineller in bestimmten Kriminalitätstyxpen geringfügig höher ist als bei Deutschen, ist der Anteil dieser Kriminellen an der Gesamtzahl der Migranten extrem gering. Es geht also um Einzelfälle. Und aus denen machen Rassisten natürlich gerne “typische Fälle”. Das Sozialsystems hat überhaupt kein Migrations-Problem… sein Bestand kann über Steuererhöhungen für Reiche und Superreiche bequem gesichert werden. Finanzielle Probleme des Sozialsystems sind durch neoliberale Politik verursacht, die von unten nach oben umverteilt, und nicht durch Migration. Darüber hinaus entlasten Migranten Deutschland finanziell, da sie überwiegend jung sind, d.h. keine Rentenleistungen beziehen, aber Beiträge einzahlen, wenn man sie denn arbeiten lässt. - So, das ist kurz zusammengefaßt das typische linke Weltbild (also auch das Weltbild des ÖR und anderer MSM und der R2G-Parteien, teilweise auch der CDU). Kultureller Nutzen der Vielfalt, moralische Verpflichtungen aufgrund NS-Vergangenheit und Kolonialismus u.v.a.m. könnte man noch hinzufügen. -  Welcher im Achse-Artikel aufgeführte Aspekt soll Linke nachdenklich machen und aus welchen Gründen geeignet sein, sie aus ihrer Blase zu schubsen? Auch Dänemark sehen die doch nicht als Vorbild, sondern ganz im Gegenteil: Als bedauerlichen Fall, bei dem Sozialdemokraten sich zwecks Stimmenfang bei rassismusaffinen Wählern einschleimen, von denen es (nach Ansicht Linker) leider auch dort viel zu viele gibt.

Hermine Mut / 25.08.2019

Da haben sich die lieben Sachsise sicherlich sehr gefreut, von so vielen (Besser-) Wessi-Menschies besucht zu werden und von ihnen Nachhilfe darüber zu bekommen, wie sie am nächsten Sonntag wählen sollen. Die Sachsies im Anschlussgebiet hätten ja sonst keinen blauen Schimmer davon gehabt, wie sie wählen könnten… Als Schwäbin schäme ich mich für die “Alten Bundesländer”.

Frank Mora / 25.08.2019

Was sollen diejenigen davon halten, die das alles bezahlen müssen. Deren Kinder in mit deutschnichtkönnenden Kindern in eine Klasse gehen, weil sie auf die staatliche Schule im Wohngebiet angewiesen sind. Die auf dem Wohnungsmarkt mit staatlich finanzierten Zuunsgekommenen konkurrieren müssen und nicht können. Die sich nicht mehr in die Straßenbahn trauen, wenn sie weiblichen Geschlechtes sind oder nichtmainstreamgeschlechtlich. Die um jede Krücke für die Oma mit der Krankenkasse raufen, während zeitgleich die Notaufnahme im Krankenhaus mit Wachmännern und Polizeibeamten geschützt werden muß. Denen ihr vom Munde abgespartes Auto, das 15 Jahre halten und sie zur Arbeit bringen muß, stillgelegt wird. Denen ihr Schnitzel und Feierabendbier verleidet und verteuert werden soll. Die jedes Jahr eine höhere Stromrechnung bezahlen müssen, obwohl sie weniger verbrauchen. Denen die Betriebsrente, die Riesterrente und das Sparbuch Jahr für Jahr entwertet werden. Deren Kinder in die Großstadt ziehen, weil es in ihrer Heimat kein funktionierendes Internet gibt, keine Schule und keinen Bus mehr und das notwendige Auto - siehe oben. Die einen “Windpark” vor der Nase aushalten müssen, dessen Profite anderswo eingestrichen werden, wo es keine Windparks gibt. Die nicht wissen, wie sie als Doppelverdiener die Demenz vom Opa schultern sollen. Die nur in Malle urlauben können, weil für sie Rügen unbezahlbar ist. Was sie aber nicht sollen, weil aus den Flugzeugdüsen “das reine Klimagift” rausballert. Die Jahr für Jahr höhere Steuern und Abgaben (in Euro und prozentual) abgezogen bekommen, egal wie sehr sie sich auf Arbeit anstrengen. Die dafür die Allparteienalternativlosigkeit auf allen Kanälen vorgeführt bekommen - von den “Unteilbaren”. Und das eingedenk der kollektiven Erfahrung der Ostler, ein festgefügtes Staatsgebilde mit einem schier übermächtigen Geheimdienst und einer hochgerüsteten Armee und Polizei zum Einsturz gebracht zu haben. Innerhalb weniger Wochen.

Karl-Heinz Vonderstein / 25.08.2019

In den Nachrichten der öffentlich-Rechtlichen zur “Unteilbar” Demonstration sagte man allen ernstes und zitierte Veranstalter der Demonstration, dass man damit keine Wahlempfehlung geben will. Na ja, eine Wahlempfehlung, wen man wählen soll, sicherlich nicht, aber eine, wen man nicht wählen soll, sicherlich schon.

Frank Dieckmann / 25.08.2019

Es war eine gemeinsame Wahlkampfveranstaltung der Mainstreamparteien, finanziert vom Steuerzahler und somit kriminelle Parteienfinanzierung. Wie ich aus eigener Anschauung weiß, werden den Teilnehmern nach Rückkehr nach Hamburg sogar die Kosten für die nächtliche Taxifahrt erstattet. Pfingsttreffen in der DDR waren ähnlich, man wurde sogar vom Bezrieb zur Teilnahme vergattert. Als ich mich 1989 weigerte, sagte mein Chef zu mir, daß das eigentlich 3 Tage Dauerbesäufnis wären. Das überzeugte und ich fuhr hin. Rs kam wie vom Chef geweissagt, drum sind meine Erinnerungen reichlich vernebelt.

Peter Reindl / 25.08.2019

Ich habe mir einen Fahnenmast mit deutscher Flagge bestellt. Das sind gut angelegte 50€. Ich freue mich auf die Diskussionen mit Gutmenschen, Spinnern und Romantikern.

Michael Scheffler / 25.08.2019

Ach Herr Grimm, lassen Sie doch die Schwurbelei. Man muss sich nicht mit Leuten auseinandersetzen, die Deutschlandfahnen verbieten.

Wolf-Dietrich Staebe / 25.08.2019

Hoffentlich haben nicht viele Brandenburger und Sachsen ihre Stimmer per Briefwahl abgegeben. Und hoffentlich gibt es genügend neutrale Wahlhelfer und Wahlbeobachter.

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