Peter Grimm / 25.11.2020 / 14:30 / Foto: Library of Congress / 32 / Seite ausdrucken

Die Ehre eines Abgeordneten

Kein Virus, kein Ausnahmezustand, kein Kontaktverbot und kein Bevölkerungsschutzgesetz können den deutschen homo politicus daran hindern, immer mal wieder zum unangemessenen Nazi-Vergleich zu greifen oder – falls ein Konkurrent schneller war – die Unangemessenheit eines solchen Vergleichs in höchster moralischer Erregung anzuprangern. Mögen die Deutschen vielleicht nicht so viel aus der Geschichte gelernt haben, wie sie gern glauben wollen, so ist bei ihnen immerhin die Überzeugung tief verwurzelt, dass sie aus der Geschichte hätten lernen sollen. Und um das zu zeigen, greifen jene unter unseren Landsleuten, die im Lichte einer größeren oder kleineren Öffentlichkeit stehen, gern zum historischen Vergleich. Dagegen wäre im Grunde nichts zu sagen, nur ist in vielen Fällen vielleicht zuvor ein Blick ins Geschichtsbuch angeraten.

Aber was will man machen, wenn die Assoziationen sprießen. Eine Regierung schreibt in einen Gesetzestext, mit dem sie sich weitgehende pauschale Vollmachten zum Eingriff in die Grundrechte der Bürger sichert, zwei Dutzend Mal das Wort „ermächtigen“ hinein. Es handelt sich an diesen Stellen auch um Ermächtigungen. Natürlich geistert einem da plötzlich das Wort „Ermächtigungsgesetz“ im Kopfe herum. Sicher, deshalb muss man es dann im Diskurs um das „Dritte Bevölkerungsschutzgesetz“ noch lange nicht unkontrolliert anwenden, da ja jeder halbwegs Gebildete um die NS-Assoziation dieses Wortes weiß. Aber dass es dennoch getan wird, ist nicht überraschend.

Am Beginn der Debatte über das „Dritte Bevölkerungsschutzgesetz“ im Deutschen Bundestag vor einer Woche sagte der SPD-Bundestagsabgeordnete Carsten Schneider in Richtung AfD:

„Es geht Ihnen um einen Vergleich mit dem Ermächtigungsgesetz. Ich sage Ihnen als Sozialdemokrat, einer Fraktion, deren Mitglieder 1933 – nicht hier im Reichstag, sondern in der Kroll-Oper – durch die Spaliere der SA und der SS marschiert sind, wohl wissend, dass ihnen danach der Tod drohen kann, und er hat ihnen auch gedroht: Unsere Sozialdemokraten konnten noch hierher gehen, haben abgestimmt und gegen das Ermächtigungsgesetz gestimmt. Die Kommunisten waren schon ausgeschlossen, waren im KZ oder anderswo. Meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn Leute wie Sie mit solchen geschichtlichen Parallelen spielen, diskreditieren Sie nicht nur unsere Demokratie, sondern Sie machen sie auch verächtlich, und genau das wollen Sie. Wir lehnen das ab.“

Ein Blick ins Reichstags-Protokoll

Wenn einer geschichtliche Parallelen ablehnt und gleichzeitig eine direkte Linie von der mutigen SPD-Reichstagsfraktion von 1933 zu sich selbst zieht, mag das unlogisch sein, doch der Genosse Schneider wirkte an dieser Stelle auch etwas erregt. Wir sollten jetzt auch nicht schon wieder darauf herumreiten, dass es eine üble Verharmlosung des Nationalsozialismus und der Nationalsozialisten ist, wenn man sie mit unpassenden Vergleichen auf eine Stufe mit der AfD stellt.

Doch lassen wir einfach mal kurz alle Geschichts-Vergleiche sein und nehmen die Worte des Genossen Schneider zum Anlass, ins Geschichtsbuch zu schauen. In diesem Fall in das Plenarprotokoll der Reichstagssitzung vom 23. März 1933, als über das vom nationalsozialistischen Reichskanzler Adolf Hitler eingebrachte „Gesetz zur Behebung der Not von Volk und Reich“, umgangssprachlich Ermächtigungsgesetz genannt, debattiert wurde.

Als ich hörte, dass der Genosse Schneider die sozialdemokratischen Abgeordneten, die den Mut hatten, im Reichstag zu erscheinen und gegen das Ermächtigungsgesetz zu stimmen, für sich in Anspruch nahm, dachte ich, es wäre ein Anlass, wieder einmal an einen leider in der Bundesrepublik nicht hinreichend gewürdigten historischen Abgeordneten-Auftritt zu erinnern. Es ist die Rede von Otto Wels, seinerzeit SPD-Vorsitzender und Reichstagsabgeordneter. Diese klare demokratische Haltung im Angesicht des zeitweiligen Untergangs der Demokratie im eigenen Land eignet sich nicht gerade zur leichten volkspädagogisch-geschichtspolitischen Interpretation. Vergleiche verbieten sich, denn die konkreten Worte gehören in einen konkreten geschichtlichen Kontext. Aber eines könnten heutige Mandats- und politische Verantwortungsträger vielleicht doch verschämt in sich aufnehmen, wenn sie sich diesen Originalton anhören würden: Neben dem eigentlichen Wortlaut spricht aus Wels ein Selbstverständnis von der Verantwortung und der Ehre eines demokratisch gewählten Abgeordneten, das nicht spurlos verschwinden und schon gar nicht in zahllosen falschen historischen Vergleichen verwischt werden sollte. Deshalb hier die Rede von Otto Wels vom 23. März 1933 im Wortlaut:

„Meine Damen und Herren! Der außenpolitischen Forderung deutscher Gleichberechtigung, die der Herr Reichskanzler erhoben hat, stimmen wir Sozialdemokraten um so nachdrücklicher zu, als wir sie bereits von jeher grundsätzlich verfochten haben. Ich darf mir wohl in diesem Zusammenhang die persönliche Bemerkung gestatten, daß ich als erster Deutscher vor einem internationalen Forum, auf der Berner Konferenz am 3. Februar des Jahres 1919, der Unwahrheit von der Schuld Deutschlands am Ausbruch des Weltkrieges entgegengetreten bin. Nie hat uns irgendein Grundsatz unserer Partei daran hindern können oder gehindert, die gerechten Forderungen der deutschen Nation gegenüber den anderen Völkern der Welt zu vertreten.

Der Herr Reichskanzler hat auch vorgestern in Potsdam einen Satz gesprochen, den wir unterschreiben. Er lautet: „Aus dem Aberwitz der Theorie von ewigen Siegern und Besiegten kam der Wahnwitz der Reparationen und in der Folge die Katastrophe der Weltwirtschaft." Dieser Satz gilt für die Außenpolitik; für die Innenpolitik gilt er nicht minder. Auch hier ist die Theorie von ewigen Siegern und Besiegten, wie der Herr Reichskanzler sagte, ein Aberwitz.

Das Wort des Herrn Reichskanzlers erinnert uns aber auch an ein anderes, das am 23. Juli 1919 in der Nationalversammlung gesprochen wurde. Da wurde gesagt: „Wir sind wehrlos, wehrlos ist aber nicht ehrlos. Gewiß, die Gegner wollen uns an die Ehre, daran ist kein Zweifel. Aber daß dieser Versuch der Ehrabschneidung einmal auf die Urheber selbst zurückfallen wird, da es nicht unsere Ehre ist, die bei dieser Welttragödie zugrunde geht, das ist unser Glaube bis zum letzten Atemzug."

(Zuruf von den Nationalsozialisten: Wer hat das gesagt?)

Das steht in einer Erklärung, die eine sozialdemokratisch geführte Regierung damals im Namen des deutschen Volkes vor der ganzen Welt abgegeben hat, vier Stunden bevor der Waffenstillstand abgelaufen war, um den Weitervormarsch der Feinde zu verhindern. Zu dem Ausspruch des Herrn Reichskanzlers bildet jene Erklärung eine wertvolle Ergänzung.

Aus einem Gewaltfrieden kommt kein Segen; im Innern erst recht nicht. Eine wirkliche Volksgemeinschaft läßt sich auf ihn nicht gründen. Ihre erste Voraussetzung ist gleiches Recht. Mag sich die Regierung gegen rohe Ausschreitungen der Polemik schützen, mag sie Aufforderungen zu Gewalttaten und Gewalttaten selbst mit Strenge verhindern. Das mag geschehen, wenn es nach allen Seiten gleichmäßig und unparteiisch geschieht, und wenn man es unterläßt, besiegte Gegner zu behandeln, als seien sie vogelfrei. Freiheit und Leben kann man uns nehmen, die Ehre nicht.

Nach den Verfolgungen, die die Sozialdemokratische Partei in der letzten Zeit erfahren hat, wird billigerweise niemand von ihr verlangen oder erwarten können, daß sie für das hier eingebrachte Ermächtigungsgesetz stimmt. Die Wahlen vom 5. März haben den Regierungsparteien die Mehrheit gebracht und damit die Möglichkeit gegeben, streng nach Wortlaut und Sinn der Verfassung zu regieren. Wo diese Möglichkeit besteht, besteht auch die Pflicht. Kritik ist heilsam und notwendig. Noch niemals, seit es einen Deutschen Reichstag gibt, ist die Kontrolle der öffentlichen Angelegenheiten durch die gewählten Vertreter des Volkes in solchem Maße ausgeschaltet worden, wie es jetzt geschieht, und wie es durch das neue Ermächtigungsgesetz noch mehr geschehen soll. Eine solche Allmacht der Regierung muß sich um so schwerer auswirken, als auch die Presse jeder Bewegungsfreiheit entbehrt.

Meine Damen und Herren! Die Zustände, die heute in Deutschland herrschen, werden vielfach in krassen Farben geschildert. Wie immer in solchen Fällen fehlt es auch nicht an Übertreibungen. Was meine Partei betrifft, so erkläre ich hier: wir haben weder in Paris um Intervention gebeten, noch Millionen nach Prag verschoben, noch übertreibende Nachrichten ins Ausland gebracht. Solchen Übertreibungen entgegenzutreten wäre leichter, wenn im Inlande eine Berichterstattung möglich wäre, die Wahres vom Falschen scheidet. Noch besser wäre es, wenn wir mit gutem Gewissen bezeugen könnten, daß die volle Rechtssicherheit für alle wiederhergestellt sei. Das, meine Herren, liegt bei Ihnen.

Die Herren von der Nationalsozialistischen Partei nennen die von ihnen entfesselte Bewegung eine nationale Revolution, nicht eine nationalsozialistische. Das Verhältnis ihrer Revolution zum Sozialismus beschränkt sich bisher auf den Versuch, die sozialdemokratische Bewegung zu vernichten, die seit mehr als zwei Menschenaltern die Trägerin sozialistischen Gedankengutes gewesen ist und auch bleiben wird. Wollten die Herren von der Nationalsozialistischen Partei sozialistische Taten verrichten, sie brauchten kein Ermächtigungsgesetz. Eine erdrückende Mehrheit wäre Ihnen in diesem Hause gewiß. Jeder von Ihnen im Interesse der Arbeiter, der Bauern, der Angestellten, der Beamten oder des Mittelstandes gestellte Antrag könnte auf Annahme rechnen, wenn nicht einstimmig, so doch mit gewaltiger Majorität.

Aber dennoch wollen Sie vorerst den Reichstag ausschalten, um Ihre Revolution fortzusetzen. Zerstörung von Bestehendem ist aber noch keine Revolution. Das Volk erwartet positive Leistungen. Es wartet auf durchgreifende Maßnahmen gegen das furchtbare Wirtschaftselend, das nicht nur in Deutschland, sondern in aller Welt herrscht. Wir Sozialdemokraten haben in schwerster Zeit Mitverantwortung getragen und sind dafür mit Steinen beworfen worden. Unsere Leistungen für den Wiederaufbau von Staat und Wirtschaft, für die Befreiung der besetzten Gebiete werden vor der Geschichte bestehen. Wir haben gleiches Recht für alle und ein soziales Arbeitsrecht geschaffen. Wir haben geholfen, ein Deutschland zu schaffen, in dem nicht nur Fürsten und Baronen, sondern auch Männern aus der Arbeiterklasse der Weg zur Führung des Staates offensteht. Davon können Sie nicht zurück, ohne Ihren eigenen Führer preiszugeben. Vergeblich wird der Versuch bleiben, das Rad der Geschichte zurückzudrehen. Wir Sozialdemokraten wissen, daß man machtpolitische Tatsachen durch bloße Rechtsverwahrungen nicht beseitigen kann. Wir sehen die machtpolitische Tatsache Ihrer augenblicklichen Herrschaft. Aber auch das Rechtsbewußtsein des Volkes ist eine politische Macht, und wir werden nicht aufhören, an dieses Rechtsbewußtsein zu appellieren.

Die Verfassung von Weimar ist keine sozialistische Verfassung. Aber wir stehen zu den Grundsätzen des Rechtsstaates, der Gleichberechtigung, des sozialen Rechtes, die in ihr festgelegt sind. Wir deutschen Sozialdemokraten bekennen uns in dieser geschichtlichen Stunde feierlich zu den Grundsätzen der Menschlichkeit und der Gerechtigkeit, der Freiheit und des Sozialismus. Kein Ermächtigungsgesetz gibt Ihnen die Macht, Ideen, die ewig und unzerstörbar sind, zu vernichten. Sie selbst haben sich ja zum Sozialismus bekannt. Das Sozialistengesetz hat die Sozialdemokratie nicht vernichtet. Auch aus neuen Verfolgungen kann die deutsche Sozialdemokratie neue Kraft schöpfen.

Wir grüßen die Verfolgten und Bedrängten. Wir grüßen unsere Freunde im Reich. Ihre Standhaftigkeit und Treue verdienen Bewunderung. Ihr Bekennermut, ihre ungebrochene Zuversicht verbürgen eine hellere Zukunft.“

Foto: Library of Congress via Wikimedia Commons

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Rasio Brelugi / 25.11.2020

Was glauben diese SPD-Typen eigentlich, wer sie seien, dass sie uns verbieten wollen, geschichtliche Parallelen zu ziehen. Und die Parallelen bieten sich an in dem Ermächtigungsgesetz der Weimarer Republik (auch der Zentrumspolitiker Marx regierte nach dem (durch die SPD verursachten!) Sturz des Reichskanzlers Stresemann mit einem Ermächtigungsgesetz), in den Befugnissen des Reichspräsidenten durch Art. 48 der Weimarer Verfassung und in dem Hitler’schen Ermächtigungsgesetz von 1933. Da letzteres in einem katastrophalen Zivilisationsbruch endete, darf sich zur politisch-kritischen Haltung durchaus auch menschlicher Argwohn mischen, mit dem man heutigen Versuchen dieser Art begegnet. Nun zu einzelnen Aspekten: Hitler brauchte für sein Ermächtigungsgesetz eine Zweidrittel-Mehrheit, damit seine Regierung Gesetze beschließen durfte (das ist der Art. 1 des damaligen Ermächtigungsgesetzes). Das hat Merkel eleganter gelöst: Ihre Regierung beschließt Gesetze mit der einfachen Mehrheit, die sie sich durch den im Koalitionsvertrag niedergelegten Koalitionszwang gesichert hat, der die Abgeordneten der Koalitionsparteien zwingt, der Regierungsvorlage zuzustimmen. Da wird mal eben durch einen Koalitionsvertrag der Art. 38 (1) unseres Grundgesetzes (dass die Abgeordneten an Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen verantwortlich sind) außer Kraft gesetzt, und zwar wirkungsvoll. Denn in der Geschäftsordnung des Bundestages wird meines Wissens für Abstimmungen über Gesetze die namentliche Abstimmung vorgeschrieben. D.h. die Regierung kann Abweichler auch gezielt sanktionieren. Damit, dass man mit dieser Vorgehensweise (wie letzte Woche geschehen) auch an einzelne Grundrechte geht, ist man schon verdammt nah dran an dem Art. 2 des 1930er-Gesetzes. Ergo: Es ist angebracht, geschichtliche Vergleiche herzustellen.

Karla Kuhn / 25.11.2020

Rainer Niersberger, “Die Ermächtigung, die selbst geschaffene Panik zu nutzen, ist ein vorlaeufiger Höhepunkt einer (bislang noch eher) faktischen Abwicklung der Demokratie, die vor etlichen Jahren von Merkel eingeleitet und betrieben wurde. Sehr gerne wird dabei nicht nur die Abschaffung der Gewaltenteilung, sondern die Schaffung einer Einparteienkonstellation im BT “übersehen” , die zwingend mit einer vorsaetzliche Linkswendung der CDU verbunden ist. Das aktuelle Ergebnis mit der Beherrschung der Kontrollinstanzen durch Merkel ist kein Zufall. Ebensowenig ist eine derart offene und voellig unbestimmt gehalten Die Ermächtigung, die selbst geschaffene Panik zu nutzen, ist ein vorlaeufiger Höhepunkt einer (bislang noch eher) faktischen Abwicklung der Demokratie, die vor etlichen Jahren von Merkel eingeleitet und betrieben wurde. Sehr gerne wird dabei nicht nur die Abschaffung der Gewaltenteilung, sondern die Schaffung einer Einparteienkonstellation im BT “übersehen” , die zwingend mit einer vorsaetzliche Linkswendung der CDU verbue Ermächtigung, die de facto nur der sich selbst Ermaechtigende wieder beenden kann, ein Zufall. Auf Geheiß Merkels ruft der beherrschte BT die Pandemie aus und Merkel regiert allmächtig.”  Was soll ich sagen ? Ich unterschreibe jedes Wort, Herr Niersberger ! Das schlimme für mich ist, dieser Genosse Schneider scheint zu vergessen, daß er dem WÄHLER, seinem ARBEIGEBER und DIÄTENZAHLER verpflichtet ist und weder einer Frau Merkel noch sonst einem ANDREN POLITIKER ! Gut, noch seinem Gewissen aber da frage ich mich bei ihm,  HAT ER EINS ? Von ALLEN ROTEN erwarte ich daß sie GEGEN dieses Gesetz stimmen, sie haben (mit einer Nein Stimme ?) wohl ALLE dafür gestimmt. Damit hat die SPD ihr eigens Grab geschaufelt ! Wie heißt der passende Spruch dafür ” WER HAT UNS VERRATEN ?? Sozialdemokraten ? Da ich 24 mal das Wort ERMÄCHTIGUNG lesen mußte, ist es ein Ermächtigungsgesetz was für mich,  offensichtlich nicht zum Schutz des Volkes beiträgt !

Sepp Kneip / 25.11.2020

Oh, Herr Grimm, Sie machen es sich aber sehr einfach: Wir sind ein demokratischer Staat und Politik in einem demokratischen Staat kann man nicht mit 1933 vergleichen. Sollte man meinen. Aber sind wir wirklich noch ein demokratischer Staat? Sie zitieren Carsten Schneider von der SPD zur Abstimmung 1933: “Die Kommunisten waren schon ausgeschlossen, waren im KZ oder anderswo. Meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn Leute wie Sie mit solchen geschichtlichen Parallelen spielen, diskreditieren Sie nicht nur unsere Demokratie, sondern Sie machen sie auch verächtlich, und genau das wollen Sie.”  Nein, es gibt noch keine politischen Gefangenen in großem Stil bei uns. Aber es gibt eine Opposition, die das Demokratiedefizit in unserem Lande anprangert. Daher hätte man sie liebend gern hinter Schloss und Riegel. Aber das traut man sich (noch) nicht, weil man sonst den Schein der Demokratie zerstören würde, Wie tönt es immer aus dem links/grünen Mainstream gegen Andersdenkende? Wehret den Anfängen. Dieser Aufruf wäre gegen dieses unselige “Ermächtigungsgesetz” 2020 weit angbrchter gewesen, da ihm in der Tat der Geruch einer Selbstermächtigung à la 1933 anhaftet. Die kommenden Monate werden es beweisen.

Bernd Grosse-Lordemann / 25.11.2020

“Die Kommunisten waren schon ausgeschlossen, waren im KZ oder anderswo.” Ministerpräsident Otto Braun (SPD) sagte bei einer Rede in Richtung der Abgeordneten der KPD, des letzten frei gewählten Parlaments des Freistaats Preußen,  : “....  sie ( die KPD Abgeordneten) wollen die hängen (die NSDAP Abgeordneten), und die wollen sie hängen….” Darauf Zwischenruf aus den Reihen der KPD: “Dich hängen wir zuerst!” (aus Golo Mann, Deutsche Geschichte) Wir sollten doch bei Vergleichen aus der Geschichte nicht vergessen, dass der Parlamentarismus der Weimarer Republik zwei extremistische Parteien als Totengräber hatte, KPD und NSDAP!

Rasio Brelugi / 25.11.2020

Ja, ja, tolle Rede von Wels. Aber auch er hat einiges “vergessen” bei seiner Rede. Was war denn der Anfang vom Ende der Weimarer Republik? Es war die leichtfertige Auflösung des Kabinetts Müller (SPD) durch die SPD-Fraktion im Frühjahr 1930. In einer der schwierigsten Phasen der Weimarer Republik (Weltwirtschaftskrise, Eindreschen auf die Demokratie von Seiten der Nazis, Eindreschen auf die Demokratie von Seiten der Kommunisten) hat die SPD als regierungsführende Partei, als stärkste Partei im Reichstag mal eben “in den Sack gehauen” und die Regierung platzen lassen. Das (!) war die “Mitverantwortung” der SPD, die Wels auch noch groß rausstellt. Und wenn man dann noch den Grund dafür erfährt, warum die SPD so verantwortungslos handelte 1930, kann man nur noch den Kopf schütteln. Eine Bagatelle war es! Und mit dieser blödsinnigen, verantwortungslosen Handlung hat die SPD das Ende der Weimarer Republik eingeläutet. Danach gab es nur noch Präsidial-Kabinette, also vom Reichspräsident bestellte (ohne Mehrheit im Reichstag hinter sich) - bis hin zu Hitler. Die NSDAP katapultierte es nach dieser unseligen Aktion der SPD von 2,6% (1928) bis auf über 37% (31.7.1932), die KPD kam von 10,6% (1928) auf 16,8% (6.11.1932). Bei der Wahl am 6.11.1932 (die als die letzte wirklich freie Wahl der Weimarer Republik angesehen wird) waren die Anti-Demokraten (NSDAP (33,0%) und DKP (16,8%)) mit insgesamt 49,8% quasi in der Mehrheit. Mit der Wahl am 5.3.1933 (die keine freie Wahl mehr war, denn nur die NSDAP durfte Wahlkampf betreiben) verfehlte Hitler sein Wahlziel grandios. Weit davon entfernt, die Zweidrittel-Mehrheit zu haben (die er für das Ermächtigungsgesetz brauchte!), erreichte er (mit 43,9%) noch nicht einmal die einfache Mehrheit. Aber dann hat es mit der Zweidrittel-Mehrheit ja doch noch geklappt - ohne die SPD - und Wels konnte seine grandiose Rede halten. Eine Rede, die nichts mehr brachte, die überflüssig war. Die hätte er besser vor seiner SPD-Fraktion 1930 gehalten.

giesemann gerhard / 25.11.2020

An der Treppe zum Reichstag/Westportal findet man ein Denkmal: Das Denkmal verzeichnet insgesamt 96 Personen, darunter 90 Männer und 6 Frauen. Mit Blick auf die parteimäßige Zugehörigkeit der aufgelisteten Abgeordneten dominieren Vertreter der linksgerichteten Parteien (KPD, SPD bzw. USPD), aus deren Reihen 85 der genannten stammen: Diese zerfallen auf die einzelnen Linksparteien mit 43 (KPD), 41 (SPD) und 1 (USPD). Aus dem Lager der Mittelparteien bzw. konfessionell geprägten Parteien der Weimarer Republik sind 9 Abgeordnete auf dem Denkmal verzeichnet, davon 4 Zentrums- und zwei BVP- sowie je ein Abgeordneter der Chr.N.A., der DBP und der DDP. Der gemäßigt-rechten DVP gehörten schließlich zwei der gelisteten Abgeordneten an. (Die C-Parteien wollten die Parteizugehörigkeiten nicht auf dem Denkmal sehen ...). Die SPD war damals die einzige Partei, die dem Ermächtigungsgesetz Hitlers nicht zugestimmt hatte, sodass die erforderliche Zweidrittelmehrheit zustande kam. In der Kroll-Oper, der Reichstag war ja abgebrannt und nicht mehr benutzbar. Die Kroll-Oper steht schon lange nicht mehr. Die KPD war nicht zugelassen bei der Märzwahl 1933, konnte also nicht mit abstimmen. Hitler war bereits am 30. Januar 1933 von RP Hindenburg zum Reichskanzler ernannt worden. Heute geht das nicht mehr so, der Bundeskanzler muss vom Bundestag mit einfacher Mehrheit gewählt werden, der Bundespräsident kann ihn nicht ernennen. Die starke Stellung des Reichspräsidenten gilt als das große Manko der Weimarer Verfassung, insbesondere am Artikel 48 WV zu sehen; das Grundgesetz hat daraus seine Konsequenzen gezogen. Wir haben keinen Ersatzkaiser mehr, sind verwaist, oh jemine. Jetzt muss Mutti alles selber machen, wird auch kaum gebremst, keine SPD weit und breit. Was ist da passiert? Die AfD als einzige AntiFa, der die ganze Richtung nicht passt, Lockdown, Invasion des Islamfaschismus, , AKW-Abschalte, usw. Ausgerechnet die. Was für Zeiten!

Thomas Taterka / 25.11.2020

@Johannes Schuster—- ” Das Wesen in anderer Gestalt wiederzuerkennen ist Erkenntnis. “ ( Platin d.Ä. 1960 - 20? )

Michael Stoll / 25.11.2020

Der damalige Vorsitzende der SPD, Otto Wels, sagte während der Debatte zum “Ermächtigungsgesetz”, welches bekanntlich das Ende der Weimarer Republik und den Beginn der Diktatur einleitete, zu den Nationalsozialisten: “Sie selbst haben sich ja zum Sozialismus bekannt.”  +++  Wann wird endlich diese linke Lüge, dass die Nazis “Rechte” waren, aufgedeckt? Sie waren Linke !!  +++  Ich halte den momentanen Zeitgeist (“Kampf gegen Rechts”), jeden Andersdenkenden, jeden Querdenker, jeden “Nichtlinken” als “Nazi” zu diffamieren und damit die gesamte nichtlinke Opposition zu diskreditieren, für brandgefährlich, weil die meisten Vertreter dieser “Gutmenschen” gar nicht merken, in welche Fußstapfen sie treten und wie sie gleichzeitig den Nationalsozialismus verharmlosen. Aber wer kann schon aus der Vergangenheit lernen, wenn die Geschichte ideologisch verdreht wird?  +++  Entweder das “Links/Rechts-Dogma” wird nicht mehr benutzt oder es muss korrekt angewendet werden: Rechts steht für Konservatismus und Rechtsstaatlichkeit und Links steht für radikale Änderung der bestehenden Verhältnisse bis hin zur Revolution und/oder Diktatur (inkl. Gewalt und Terror).

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