Ich habe Muttis mahnende Worte an ihre Schäfchen vernommen und leite daraus meine frohe Osterbotschaft ab: Liebe Kinderlein, wenn ihr Ostern schön brav zuhause bleibt, dann dürft Ihr zum Ramadan feiern wieder nach draußen. Bereiten Sie sich also auf das Ende des „Lockdown“ spätestens zum 23. April vor. Alles andere würde mich sehr verwundern.
Selbstverständlich wird es aber auch zu diesem Zeitpunkt „keine Entwarnung“ geben, dafür ist so ein Ausnahmezustand viel zu verlockend. Angela Merkel blüht seit dem „Lockdown“ auf wie die Krokusse in meinem Garten und bereitet sich ganz offensichtlich auf eine fünfte Vegetationsperiode vor, mit farblich darauf abgestimmten Blazer. „Es ist jedoch kein Hokus Pokus, nein, hier erblüht ein lila Krokus“, lautet ein nettes Gedicht zu diesem Gewächs aus der Familie der Schwertlilien.
Fußballspiele ohne Zuschauer, Volksfeste ohne Volk, Parteitage ohne Delegierte und Wahlen ohne Wahlkampf könnten für Merkels Blüte nicht nur gesundheitlich hilfreich sein, ganz zu schweigen von einem unter die Räder gekommenen Versammlungsrecht. Apropos unter die Räder kommen: Bevor die Schwertlilien-Demokratie das Mutti-Glück perfekt macht, sollten die Kinderlein noch ein wenig Schlitten fahren – egal ob mit Mercedes oder BMW, VW oder Fiat. Autos sind die letzte Hoffnung der Subversion, schließlich handelt es sich um fahrende Isolierstationen.
So ließen über 400 Düsseldorfer Autofahrer am Karfreitag dem obersten Dampfschwaller der Evangelischen Kirche in Deutschland die Luft heraus. Heinrich Bedford-Strom ist nämich der Ansicht, man müsse kleingläubig sein, wenn man meine, dass der Glaube wegbreche, wenn man in diesen Ausnahmezeiten nicht in den Kirchen feiern könne und zuhause bleibe. RTL.de berichtet:
"Streng getrennt und doch gemeinsam: In einem Autokino haben mehrere Hundert Christen in Düsseldorf trotz der Corona-Krise einen Karfreitags-Gottesdienst besucht. Nach Angaben des Kinobetreibers waren Besucher in rund 400 Autos auf den Parkplatz an der Messe gekommen. Per Autoradio konnten sie die ökumenische Feier verfolgen. Im Düsseldorfer Autokino werden an Ostern weitere Gottesdienste begangen. Am Ostersonntag ist eine katholische und am Ostermontag eine evangelische Feier geplant."
Das Prinzip lässt sich selbstverständlich auch auf weltliche Messen übertragen. Fremde Völker, beispielsweise die Chilenen, sind da sogar weiter als der deutsche Hooligan, der sich so mir nichts dir nichts aus dem Fußball-Stadion aussperren lässt. Ich erinnere mich gerne an einen Besuch des Estadio Municipal im Küstenstädtchen Valparaíso zurück, liegt schon ein paar Jahre zurück. Es ist kein wirkliches Stadion, sondern eher ein staubiger Bolzplatz. Auf dem riesigen Feld spielten gleich ein halbes Dutzend Fußballteams. Zwei Jugendmannschaften bestritten offensichtlich ein wichtiges Match, denn die Eltern hatten sich um das Spielfeld versammelt. Nicht zu Fuß, sondern im Auto. Ihre Fahrzeuge waren an der Seitenlinie geparkt und das Geschehen wurde durch die Windschutzscheibe verfolgt, Beifall und Protest mit Hilfe der Hupe artikuliert.
In normalen Stadien gibt es ja auch Hupen und Fanfaren, allerdings ohne Auto. Deshalb sollten unverkäufliche VW ID-3 Elektroautos auf den Rängen verteilt werden. Die fahren zwar nicht, hupen können sie aber bis die Batterie schlapp macht. Dies ist meine Doppelstartegie zur Rettung der Bundesliga und der deutschen Automobilindustrie, denn Hupen stoßen keine Tröpfchen aus.
Eure Isolierstation steht vor der Tür!
Ich empfehle das Auto auch für den Besuch von Parks und Wäldern, oder auch den von Ämtern und Behörden. Für beide Bereiche sind SUVs empfehlenswert, da es unwegsames Terrain und teilweise auch Treppen zu überwinden gilt. Das Auto ist in jedem Fall gesundheitlich wesentlich effektiver als ein Mundschutz, der ohnehin ausverkauft ist. Leute begreift es doch endlich: Eure Isolierstation steht vor der Tür!
Unsere Alten werden in hübsche Safari-Parks ausgewildert, und die Kinder können sie mit dem Auto besuchen, wie zuvor die Löwen und die Giraffen. Aber immer schön das Fenster geschlossen halten! Um das kulturelle Angebot aufrechtzuerhalten werden Berliner Museumsinsel und Louvre in Drive-Through-Einrichtungen verwandelt, da lächelt die Mona Lisa, und die Schwertlilie zieht die Mundwinkel herunter.
Ich freue mich auch auf den nächsten CDU-Parteitag, für den das Autokino in Gravenbruch bei Frankfurt angesteuert wird. Mutti leuchtet auf der Leinwand, Merz, Laschet, Spahn und Röttgen sitzen in ihren Dienstwagen und dürfen nach der Ansprache der Kanzlerin begeistert 15 Minuten dauerhupen.
Doch zum Glück hat auch der Normalbürger ein Auto, um Freude und Missbilligung mitzuteilen. Analog zu türkischen Hochzeiten und weltmeisterlichen Autokorsos lässt sich natürlich auch das Widerstandsrecht nach Artikel 20 des Grundgesetzes wahrnehmen, ohne das seuchenhygienische Versammlungsverbot zu unterlaufen. Schließlich hupt jeder für sich alleine und doch alle zusammen.
Dies ist im Gegensatz zu Freudenhupen sogar von der StVO gedeckt, nach der die Hupe eingesetzt werden darf, um auf eine Gefahr hinzuweisen. So wie vielerorts gegen Corona angesungen wird, könnten widerständige Fahrzeuglenker natürlich auch zu einer verabredeten Zeit bundesweit gegen Despotie anhupen. Ich bezweifele, dass man es mit dieser Aktion in die Tagesschau schaffen würde. Das ist aber gar nicht nötig, man muss das Konzert nur für die Hauptnachrichtenzeit um 20 Uhr ansetzen, dann wird die Tagesschau geschafft, denn die Leute stehen auf den Balkonen und der Staatsfunk guckt in die Röhre.
Sogar zwei frohe Botschaften
Doch ich will fair bleiben. Zumindest ansatzweise hat eine nicht hilfreiche Meldung auf tagesschau.de Niederschlag gefunden: Die nämlich, dass trotz viel weniger Verkehrs offenbar die Luftbelastung mit Feinstaub und Stickoxiden in Lockdown-Zeiten nicht so zurückgeht, wie man eigentlich erwarten müsste (Ich schrieb schon letzte Woche darüber). Zitat tagesschau.de: „In der Tat spielt vor allem das Wetter bei Luftbelastungen eine große Rolle. Schaut man sich die Werte einzelner Messpunkte im UBA-Messnetz an, ergibt sich keineswegs ein klares Bild über die ausschlaggebenden Faktoren“. Focus formuliert es etwas drastischer: „Kaum Verkehr, trotzdem Stickoxid-Spitzenwerte: Corona entlarvt Fahrverbote als sinnlos.“
Das Umwelt-Bundesamt schreibt auf seiner Website, „dass in Deutschland im Zeitraum 2007 bis 2015 im Mittel jährlich etwa 44.900 vorzeitige Todesfälle auf die Feinstaubexposition im ländlichen und städtischen Hintergrund zurückgeführt werden können“. Das wären übrigens mehr als zehnmal so viel vorzeitige Todesfälle, als wir derzeit durch Corona zu beklagen haben.
Nach Stand der Dinge haben die Gründe für den angeblichen Feinstaub-Tod allerdings wohl eher mit Wind und Wetter zu tun, es sind auch keine Toten mit Name und Anschrift, sondern auf zweifelhafter Grundlage berechnete Tote, von denen man annimmt, dass sie früher sterben, gewissermaßen mathematische Tote. Es gibt zum diesjährigen Osterfest also sogar zwei frohe Botschaften. Nicht nur Jesus, sondern auch die Diesel-Toten sind wieder auferstanden.
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