Rainer Bonhorst / 19.11.2020 / 17:00 / Foto: Pixabay / 118 / Seite ausdrucken

Der neue deutsche Fußballer 

Die Gesellschaft und der Fußball sind zwei Seiten einer Medaille. In diesem soziologisch angelegten Text will ich ohne den im Sport üblichen tierischen Ernst versuchen zu erklären, was bisher noch keiner getan hat: Ich will erklären, warum die deutsche Nationalmannschaft gegen Spanien eine 0:6-Klatsche kassierte. 

Aber dies vorab: Man sollte den Fußball nicht unterschätzen. Er ist allein in Deutschland ein Milliardengeschäft. Sein Publikum gehört zu den größten Versammlungen des Landes, üblicherweise vor Ort in den Stadien und vor den Bildschirmen, zur Zeit praktisch nur vor den Bildschirmen. Immer wieder hängt der Fußball an Aufmerksamkeit den „Tatort“ und Angela Merkel ab. Kurz: Der Fußball ist systemrelevant.

Darum diese Analyse: Was also geschah in Sevilla? Etwas längst überfälliges.Wir erlebten in Sevilla einige der aktuellsten deutschen Tugenden. Nicht die alten sogenannten deutschen Tugenden, sondern die neuen. 

Wir erlebten den neuen deutschen Mann: sanftmütig, zuvorkommend, alternativ. Die Spieler zeigten ihre feminine Seite. Sie grätschten nicht, sie traten nicht, sie schupsten nicht. Sie liefen freundlich neben den Spaniern her und weigerten sich, ihnen zu nahe zu treten. Musterknaben der deutschen Gegenwartskultur.

Ein Ehrenzeichen des friedfertigen Fußballs

Wir erlebten den deutschen Pazifismus in seiner schönsten Gestalt. Angreifen gehört nicht zum Repertoire des Pazifisten. Vielmehr gilt das poetisch-schillersche Motto (leicht abgewandelt): „Mut zeiget auch der Mameluck, Sanftmut ist des neuen deutschen Fußballers Schmuck.“ Der friedfertige Auftritt wurde mit einem Null zu sechs belohnt, scheinbar schockierend, in Wahrheit ein Ehrenzeichen des friedfertigen Fußballs.

Und schließlich: Gerechtigkeit und Buße sind wichtiger als Erfolg. Mit Bedrückung wird daran zurückgedacht, wie die alten Deutschen seinerzeit, im Jahr 2014 die Brasilianer gnadenlos und mit ungebremster Aggressivität mit sieben zu eins vom Platz gefegt haben. Sie taten dies ohne Rücksicht auf die Folgen für die armen Brasilianer. Trauer, Schimpf und Schande überrollten das Land. Schuld war die Rücksichtslosigkeit der deutschen Kicker, die sich dafür auch noch feiern ließen.

Jetzt endlich ist die Gerechtigkeit wieder hergestellt, ist Sühne getan. Die Spanier sind weder Mamelucken noch Brasilianer. Aber wir haben ihnen die Chance gegeben, die Schande von damals wieder auszugleichen. Deutschland ist nicht mehr als der hässliche, ständig siegende Koloss verschrien. Wir haben uns als das präsentiert, was wir im Innersten unseres Herzens sein wollen: Liebenswürdig, friedlich, weiblich. Danke Spanien, dass du uns die Möglichkeit gegeben hast, auch auf dem Fußballplatz der Welt den neuen deutschen Mann vorzuführen. 

Foto: Pixabay

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Leserpost

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Joachim Willert / 19.11.2020

...Der Fußball ist systemrelevant. !  ?  . Besser noch, die Kneipe ist systemrelevant.  Denn hier schlägt das Herz eines jeden Fans, um noch einmal das Ganze Revue passieren zu lassen.  Dank Jogi können wir uns nun wieder auf die Urkräfte des Rasensballports konzentrieren. Die Promis sind aussortiert. Nun ist der Weg frei um unsere jungen Talente zu fördern. Das dauert jetzt vielleicht ein wenig länger, aber bestimmt keine 89 Jahre. Also, rein in den Ess Juu Wiie und das Gaspedal voll durchtreten . Positiv denken und Munter bleiben.

g.schilling / 19.11.2020

Vielleicht sollten sie doch besser künftig die Fussballfrauenschaft schicken. Die gewinnen wenigstens. und preiswerter sind sie auch noch.

Wolfgang Janßen / 19.11.2020

Die deutsche Mannschaft bot bibeltreuen Fußball: “Wenn Du die erste Halbzeit 3:0 verlierst, verliere auch die zweite Hälfte mit 3:0.”

Sonja Bauch / 19.11.2020

In der Halbzeit schimpft der Trainer mit seinen Spielern.“Wann kriege ich endlich mal was ordentliches von euch zu sehen? ” Antwort: ” Samstag abend im Fernsehen, da stellen wir das neue Duschgel vor!”

Christa Born / 19.11.2020

Löw und Merkel. Da ist zusammen was zusammengehört. Zwei Sesselkleber bis zum bitteren Ende.

Wieland Schmied / 19.11.2020

Schätze mal, daß die Spanier diesen Sieg in den Analen ihres nationalen Fußballs nicht als besonders hervorhebenswert notieren, Dieses 6 : 0 gegen einen mehr als ’ bescheidenen’ Gegner wird späterhin wohl in Aufzählungen der Siege über Mannschaften der Dritten oder gar Vierten Fußballwelt zu finden sein. Solch ein Sieg wird den stolzen Spaniern auch wenig zu ihrer Ehre gereichen.

Hans Styx / 19.11.2020

Naja, bei der Blutgrätsche muss man schließlich den geforderten Mindestabstand unterschreiten. Und in Spanien ist Corona ganz schlimm am Wüten. Also alles ganz im Sinne der Vermeidung einer Ansteckung. Und keiner will ja schließlich den Bundestrainer anstecken. Ist ja auch nicht mehr der Jüngste, der Jogi, trotz Nivea, Risikogruppe Hilfsausdruck. Bei der nächsten EM dann sowieso Todesgruppe, Vorrundenaus und Vorruhestand. Jedenfalls kehrt Jogi Löw mit “der Mannschaft” zu seinen Wurzeln zurück. Als Trainer des KSC 99/00 gewann er schließlich auch nur eines von 18 Spielen. Das will er mit “der Mannschaft” unbedingt nochmal erreichen. 2014 war eher ein Ausrutscher. Das Team wurde TROTZ Löw Weltmeister bzw. Löw unter Flick…

Werner Arning / 19.11.2020

Bayerns 8:2 gegen Barcelona, 4:0 gegen Atlético und noch eine Reihe anderer solcher Ergebnisse gegen spanische Mannschaften. Hat die deutsche Nationalmannschaft „Wiedergutmachung“ leisten müssen? Wie möglicherweise seinerzeit bei der eigenartigen Niederlage im EM-Halbfinale gegen Frankreich (Schweinis Handspiel, welches zum Elfmeter führte, diesmal hat er nur im Fernsehen kommentiert)? Manchmal habe ich den Eindruck, als gebe es manche Weisung seitens der Politik, selbst im Fußball. Es wird nichts mehr dem Zufall überlassen. Oder bilde ich mir das nur ein?

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