Claudio Casula / 01.05.2022 / 10:00 / Foto: Pixabay / 69 / Seite ausdrucken

Der Kühlschrank des Todes

Die 31-seitige Gebrauchsanweisung meines neuen Kühlschranks hat es in sich. Vier Worte – in Versalien – schreien mich immer wieder an: „ACHTUNG!“, „VORSICHT!“, „WARNUNG!“ und „GEFAHR!“

Der neue Kühlschrank ist da. Recht schick sieht er aus, formschön, silbergrau. Doch drinnen lauert der Tod, wie ich der beigefügten Broschüre entnehme. Nebst anderem Ungemach. Jederzeit. Sowohl der Inbetriebnahme als auch der Verwendung scheinen unkalkulierbare Risiken innezuwohnen. Auch für mich, obwohl ich vergleichsweise gute Voraussetzungen mitbringe: Ich bin weder „physisch noch sensorisch oder mental beeinträchtigt“, und meine Kinder sind deutlich über acht Jahre und leben eh nicht in meiner Berliner Zweitwohnung. 

Für Kinder unter acht Jahren besteht nämlich „Strangulationsgefahr durch Netzkabel“ sowie „Erstickungsgefahr durch Verpackungsmaterialien“. Ferner Erstickungsgefahr durch das Altgerät, sollten sich „spielende Kinder im Gerät einsperren“. Sodann Stromschlaggefahr, falls man so blöd ist, den Netzstecker beim Einstecken und Herausziehen mit feuchten oder nassen Händen anzufassen. Außerdem droht Brandgefahr, wenn sich wegen unzureichender Luftzirkulation ein Wärmestau bildet. Gulp.

Alsbald folgt die Warnung vor Gesundheitsgefahr durch Beschädigung des Kältekreislaufs (Isobutan R600a!). Brennbar, entzündlich, Explosions- und Brandgefahr! Vorsicht ist geboten beim Entfernen des Verpackungsmaterials mit einem scharfen Gegenstand (Verletzungsgefahr!), und beim vermeintlich harmlosen Türanschlagwechsel droht Sachschaden durch Kippen des Geräts um mehr als 45 Grad.

Die Gefahr lauert überall

Steht der Kühlschrank nach Transport auch wirklich zwölf Stunden? Das Kältemittel könnte sich sonst im Kompressor sammeln, das Gerät ausfallen. Verdammt. Außerdem droht Gesundheitsgefahr, falls das Gerät mal ausfällt (oder der Strom) und man trotzdem futtert, was unfreiwillig aufgetaut wurde. Da sieht man die BILD-Schlagzeile schon vor seinem geistigen Auge: „Verdorbener Thunfisch! So qualvoll starb der Kühlschrankbesitzer“.

Gibt es Leute, die Gefriergut, Eis und Metallteile mit feuchten oder nassen Händen entnehmen? Der Hersteller scheint damit zu rechnen und warnt vor Verletzungsgefahr – verbrennungsähnliche Symptome, Sie verstehen...

Auch bei Wartung und Pflege ist der User angehalten, Verletzungsgefahren zu meiden. So sollte er keine elektrischen Heizgeräte oder offene Flammen zum Abtauen verwenden und das Gerät nie mit Dampfreinigungsgeräten säubern. Gut, dass ich gewarnt bin, eigentlich wollte ich mir einen russischen Flammenwerfer vom Typ TOS-1A „Solntsepyok“ zulegen, um den Kühlschrank demnächst mal ratz-fatz abzutauen. Nicht auszudenken, was da alles würde passiert haben können! Dagegen ist der drohende Sachschaden durch scheuernde, aggressive Reinigungsmittel (wahrscheinlich ist Meister Proper gemeint, dem die toxische Männlichkeit geradezu aus dem grinsenden Gesicht springt) vergleichsweise leicht zu verschmerzen.

Zum Glück habe ich kein Altgerät zu entsorgen. Besäße ich eines und ließe ich es diskret im Hausmüll verschwinden, hätte ich gleich die Strompolizei am Hals. Es gibt da nämlich eine gesetzliche Verpflichtung zur Trennung von Elektroschrott. Sie dürfen – Tatsache! – nicht einmal Ihre elektrische Zahnbürste in den Hausmüll geben. Hier haben Sie es zuerst gelesen.

Foto: Pixabay

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Leserpost

netiquette:

rainer bayer / 01.05.2022

das liegt nicht an den herstellern - das liegt an der eu und den juristen. als geschäftführer haften sie zeit einiger zeit übrigens - weitgehend unbekannt - verschuldensunabhängig (ganz im gegensatz zu den chefs gewöhnlicher schlägerbanden oder organisierter krimineller).

Uwe ERNST / 01.05.2022

Eine folgerichtige Entwicklung nach dem Vorbild USA. Dort sind die Leute anscheinend nunmehr endverblödet, wenn gewarnt werden muss, daß der Fahrersitz in einem Campingmobil während der Fahrt nicht verlassen werden darf um sich z.B. einen Kaffee zu kochen.

A. Ostrovsky / 01.05.2022

@Arne Ausländer : Ich habe einmal auf dem Flughafen München, Terminal 2 in der Besucherzone im Ankunftsbereich Bekannte abgeholt, natürlich außerhalb der Sperrzone. Dort gab es Lautsprecherdurchsagen in allen Sprachen, die sich ausschließlich auf den Abflug bezogen, bis zur letzten Aufforderung namentlich genannter Fluggäste, schnell zu ihrem Gate zu kommen. Ich habe auch selbst im Wartebereich des Abfluges des gleichen Terminals zu anderen Zeiten festgestellt, dass dort die Durchsagen irgendwie auch nicht zu den beobachtbaren Ereignissen passten, ohne dass ich da genauer nachgeforscht habe, ob ein Muster erkennbar ist. Es gibt für dieses Phänomen zwei mögliche Ursachen. Die erste: Die Reinemachfrau hat in dem Raum, von dem die ganzen Meldungen ausgehen, versehentlich an dem Panel an der Wand, das zwar durch eine Klapptür geschützt ist, die aber unvorsichtigerweise offen geblieben war, alle Kabel gezogen, weil sich ihr Industriestaubsauger in den Leitungen verheddert hatte und hat sie dann nach Farbe wieder angesteckt, war aber farbenblind. Die andere Erklärung ist schockierender: Meldungen im professionellen Bereich werden nicht zu dem Zweck erzeugt, den wir vermuten. Sie sollen verwirren und uns die Sinnlosigkeit des Protests verdeutlichen, weil ja auch der Protest niemals dort herauskommt, wo er etwas bewirken könnte. Wenn Ihnen schon einmal anstelle der einfachen Frage nach Ihrer Bankverbindung ein 30-seitiges Formular zugestellt worden ist, wo Ihnen Fragen zu ihrer Schwangerschaft, Mitgliedschaften in Parteien und Organisationen, sowie Fragen zu ihren Essgewohnheiten in ein und dem selben Fragenkatalog gestellt wurden, wissen Sie was ich meine. Die zuständigen Sachbearbeiter*Innen finden das aber völlig normal und deshalb machen sie das immer so, auch wenn es um die Herstellung eines Sicherheitsschlüssels oder die Kündigung der Kirchenmitgliedschaft geht. Es ist sinnlos und nur dazu da, dass wir beschäftigt sind. Es ist Teil der Verweigerung des Staates.

Claudius Pappe / 01.05.2022

Hab mir ne neue Kamera gekauft. Die ” Bedienungsanleitung ” lag in diversen Sprachen dabei. Aber, die ” Bedienungsanleitung ” bestand nur aus den Sicherheitsanweisungen. Eine Gebrauchsanweisung bekommt man nur im Internet ( 500 Seiten ). Was macht meine 75 jährige Nachbarin ohne PC und Internetzugang ? Ja, sie fotografiert noch mit ihrer Agfa matic aus den 80 ern und kauft auf dem Markt ein und um Geld zu überweisen muss sie in die Stadt…...............zur letzten verbliebenen Filiale der Sparkasse.

Mike Bauer / 01.05.2022

Über die Sicherheitshinweise kann man sich gern und ausführlich lustig machen. Wer aber hier zum ersten Mal liest (und das auch noch lustig findet), dass man Elektroschrott - insb. Akkus/Batterien - nicht im Restmüll entsorgen soll, der trägt den Titel “Umweltsau” eventuell zurecht.

Christian Feider / 01.05.2022

seit der Geschichte mit dem MC-Doof Kaffeebecher und den Shorts der Fahrerin in den USA ist ja nun weidlich bekannt,das die “Freiesten Menschen der Welt” eine blühende Klageindustrie haben und daraufhin mit den absudesten Warnhinweisen auf Ihren Produkten verzweifelt versuchen,jeden auch nur theoretisch möglichen Schadensfall vorwiegend rehtlich abzusichern…. und wie es eben schon immer in D-Land war,was in den USA mal Mode ist,kommt 10 Jahre später spätestens zu uns…obs Sinn macht oder eben ncht,wie sich das für Vasallen eben so gehört

M.Roemer / 01.05.2022

Für jeden banalen Gegenstand , der mehr als aus zwei Teilen besteht und käuflich erworben wird, gibt es ähnliche Hinweise. Am schärfsten ist jedoch der Hinweis ,daß der jährlich beim Discounter gekaufte Adventskranz nicht zum Verzehr geeignet ist.  

A. Ostrovsky / 01.05.2022

“Es gibt da nämlich eine gesetzliche Verpflichtung zur Trennung von Elektroschrott.” Herr Casula, waren Sie schon einmal Gast auf einem städtischen Wertstoffhof? Durt gibt es ganze Container mit Elektroschrott, der genau genommen nicht getrennt ist. Dort stehen z.B. alte Fernseher, überdimensionale Möbelstücke, die nur zwei Body-Builder gemeinsam anheben können. Dort ist in einem Plastik (Polykarbonat)-Gehäuse eine riesige Glasröhre, in der neben Barium und sonstigen Metallen als Beschichtung auch noch Elektroden aus Metall sind. Weiterhin finden Sie einen ganzen Zoo von Platten aus epoxidverklebten Glasfasern, die mit dünnen Bahnen aus 25µm dickem Kupfer übersät sind, und wo man mit einem Blei-Zinn-Gemisch weitere detailreiche Bauelemente heißverklebt (gelötet) hat. Jedes dieser Bauelemente ist nicht recyclebar, obwohl da mikrometerdicke Goldoberflächen oder Golddrähte sein könnten im Inneren. Wenn es sie wirklich interessiert, wie man diese Materialien praktisch trennt, nehmen Sia das doch auch einmal als journalistischen Auftrag. Überraschungen sind da garantiert.

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