Der Juden-Boykott des 21. Jahrhunderts

Im 21. Jahrhundert geht der Juden-Boykott von den Hochschulen aus. Britische Akademiker setzten sich dabei jüngst an die Spitze.

Ha'aretz veröffentlichte am 12. April einen langen und wichtigen Artikel, der einen „beispiellosen weltweiten Boykott israelischer Akademiker“ beschreibt. Der Bericht stützt sich auf eine im Januar von der Israel Young Academy durchgeführte Umfrage, in der ein Drittel der 1.000 befragten leitenden Fakultätsmitglieder von einer „erheblichen Abkühlung ihrer Beziehungen zu Kollegen im Ausland“ berichteten.

Dazu gehören Ausladungen, Ablehnungen von akademischen Arbeiten und Lehraufträgen, die Forderung, Namen israelischer Forscher als Coautoren aus bereits zur Veröffentlichung angenommenen Arbeiten zu entfernen, Nichtbeantwortung eingereichter Arbeiten, die Weigerung, mit einem israelischen Wissenschaftler zusammenzuarbeiten, um Stipendien zu erhalten, Aufforderungen an israelische Autoren, sich entweder von ihrer Regierung zu distanzieren oder ihre Verbindung zu einer israelischen Einrichtung aufzugeben, Aufforderungen an israelische Autoren, über die Notlage der Menschen im Gazastreifen zu schreiben, auch in einer wissenschaftlichen Arbeit zu einem anderen Thema, Aussetzung geplanter Programme, Ausschluss von Konferenzen, die in bestimmten Ländern stattfinden, usw.

Es ist nicht so, dass diese kollektive Bestrafung israelischer Akademiker für die angebliche Politik ihres Landes „nicht nie dagewesen“ wäre. Richtig ist, dass sich ein bereits bestehender massiver Boykott verschärft hat.

Seit 2001 haben westliche Akademiker zum Boykott und zur Streichung von Geldern für israelische Akademiker aufgerufen. Sie haben israelische Wissenschaftler ausgeladen, israelische Akademiker entlassen, Bewerbungen israelischer Studenten abgelehnt, den Verkauf von Lehrbüchern an israelische Universitäten verweigert, Israel für Massaker verurteilt, die es nicht begangen hat und einzelne Akademiker für diese Nicht-Verbrechen/Ritualmordlegenden verantwortlich gemacht. Im Jahr 2002 reagierten führende antizionistische britische Akademiker auf den anhaltenden Krieg gegen die Juden mit einem Boykott israelischer Akademiker. Insgesamt 123 britische Akademiker veröffentlichten einen „Offenen Brief“ in der Zeitung The Guardian, in dem sie ein „Moratorium“ für alle kulturellen und wissenschaftlichen Beziehungen zu Israel forderten.

Von höchster Ebene gestoppt

Im Jahr 2003, als ich The New Antisemitism veröffentlichte, wurde ich von mindestens 25 amerikanischen Professoren kontaktiert, die mir mitteilten, dass sie wegen ihrer zu israelfreundlichen Ansichten belästigt, ausgegrenzt und sogar mit Kündigung bedroht wurden. Mit ihrer Erlaubnis leitete ich ihre E-Mails an einen Bildungsredakteur der New York Times weiter. Sie waren sehr daran interessiert, diese Geschichte zu schreiben, wurden aber „von höchster Ebene gestoppt“. Im selben Jahr bezeichnete ich die antisemitische Intelligenzia als „Braunhemden“.

2004/05 stimmte die größte akademische Gewerkschaft Großbritanniens, die National Association of Teachers in Higher and Further Education (NATHFE), zum dritten Mal innerhalb von vier Jahren dafür, alle israelischen Akademiker auf eine schwarze Liste zu setzen, die sich nicht öffentlich von der angeblichen „Apartheidpolitik“ des israelischen Staates distanzieren. Die Abstimmung wurde knapp angenommen, aber die Organisation löste sich auf, und diese Resolution war für die Nachfolgeorganisation nicht bindend.

Nachdem einst Adolf Hitler jüdische Professoren aus deutschen Universitäten entlassen und jüdische Bücher verbrannt und verboten hatte, sind nun britische Akademiker an vorderster Front gegen Israelis aktiv.

Die American Association for the Advancement of Science hat den britischen Boykott verurteilt, ebenso wie eine meiner Gruppen, die Scholars for Peace in the Middle East. Wir haben unsere eigene Petition gestartet. Viele der Unterzeichner waren Professoren der Physik, Medizin, Mathematik und Informatik, die nicht so „politisiert“ waren wie diejenigen der Sozial- und Geisteswissenschaften. Und viele von ihnen bezeichneten den britischen Boykott als „beschämend“, „widerwärtig“, „unhaltbar“, „antiakademisch“ und „gefährliches Gruppendenken“.

An der Hochschule hat es angefangen

Im Jahr 2010 veröffentlichte die führende britische Medizinzeitschrift The Lancet einen skurrilen Artikel, in dem die einheimischen Praktiken der Geschlechterapartheid (Schlagen von Frauen usw.) unter den Arabern des Nahen Ostens der sogenannten „israelischen Besatzung“ angelastet wurden. Die so genannte Studie wurde von der Palästinensischen Autonomiebehörde finanziert und vom Palästinensischen Zentralbüro für Statistik erhoben. Es wurde keine Kontrollgruppe in Ägypten, Jordanien oder Saudi-Arabien (wo ähnliche Gewalt gegen Frauen normalisiert ist) herangezogen. The Lancet tat es 2014 erneut, indem es einen Offenen Brief veröffentlichte, in dem nur Israel der Verbrechen beschuldigt wurde, die es nicht begangen hatte. Auch dieser Brief war von bekannten palästinensischen Terrororganisationen finanziert worden.

The Lancet galt lange Zeit als renommierte Wissenschaftszeitschrift. Zunehmend verkommt ihre Arbeit zu politischer Propaganda, die zweifelsohne die nachfolgenden Generationen beeinflusst (oder schikaniert) hat. Kürzlich wurde mir von einigen Autoren im Westen berichtet, die davon abgehalten wurden, irgendetwas „Jüdisches“ zu schreiben oder einzureichen, sei es über das Judentum oder Israel. Die Verlage scheuen vor diesem Thema zurück.

Hier hat alles angefangen – an der Hochschule. Sie beeinflusste zwei oder drei Generationen von Professoren und Studenten, Journalisten und internationalen Organisationen und gedeiht nun auf den Straßen, im Stil des Dschihad, bei lauten und aggressiven Anti-Israel-Demonstrationen in ganz Amerika und Europa. Es gab Beifall für den Iran, nachdem er Israel mit Raketen und Drohnen angegriffen hat. Erinnern Sie sich daran, dass es am 7. Oktober ähnliche Jubelschreie für die Hamas-Dämonen gab. Ich muss anmerken, dass jede aufeinanderfolgende Welle der Israel-Beschuldigung stattfand, als der jüdische Staat angegriffen wurde und zurückschlug, um sich zu retten. Das ist auch jetzt wieder der Fall.

Dieser Beitrag erschien zuerst bei JNS.

 

Phyllis Chesler (oben im Bild) ist emeritierte Professorin für Psychologie und Frauenstudien an der City University of New York (CUNY) und Autorin von 20 Büchern.

Foto: Phyllis Chesler

Sie lesen gern Achgut.com?
Zeigen Sie Ihre Wertschätzung!

via Paypal via Direktüberweisung
Leserpost

netiquette:

Jochen Lindt / 26.04.2024

Jüdische Intellektuelle haben jahrzehntelang den Ton angegeben an den Unis der angelsächsischen Welt. In der Politik auch. Jetzt kommt halt die Gegenreaktion.  Wobei man dazu sagen muss, dass Israel der letzte Nationalstaat westlicher Prägung ist.  Alle anderen Staaten und Gesellschaften des Westens wurden in den letzten 30 Jahren aufgelöst durch Immigration und Islamisierung (auch wenn vielen das Wort nicht gefällt).  Genau diese Auflösung und Zerstörung wurde immer von Seiten jüdischer Intellektueller gefördert, durchaus auch finanziell (->Soros Open Societies Foundations).  Die Protestler fordern genau diese Auflösung jetzt auch für Israel.  Auch wenn sie es anders nennen.

Lutz Liebezeit / 26.04.2024

Man sollte sich überlegen, was man will. Wenn man damit zufrieden ist, seine Eitelkeit zu pflegen, sich immer über die anderen zu empören, sich als Opfer der Geschichte darzustellen und kein anderes Ziel hat, als sein kümmerliches Stück Wüste zum Nabel der Welt zu machen, dann ist man genau auf dem richtigen Weg. Man sollte sich aber klar darüber sein, daß auch andere Mütter hübsche Töchter haben. Es gibt keinen Jahwe und kein auserwähltes Volk. Das sind Schimären. Hinter allen Göttern der Welt steht eine Urkraft, die alle Götter geschaffen hat, die griechischen, die ägyptischen, die germanischen, das Judentum, das Christentum, usw. Diese Urkraft hat ihren Wiederhall vor allem in der Apokalypse. Es wird mehr verlangt, wenn man leben will, als die Pflege der Eitelkeit.

sybille eden / 26.04.2024

Der Judenhass kommt ebend nur marginal aus der ” Unterschicht “, sondern immer schon aus der ” gebildeten “ Akademiker und Intelektuellenschicht. Genauso wie die Ideologien des Sozialismus- Faschismus.

Peter Faethe / 26.04.2024

Ein großer Schritt, leider in der falschen Richtung: 250 Jahre zurück.

Ralf Pöhling / 26.04.2024

Was Sie da beschreiben, Frau Chesler, passiert auch in Deutschland. Ich bin selbst darüber in Kenntnis gesetzt worden, dass hier Einfluss auf Professoren und Dozenten genommen wird. Wohl auch per Telefon oder Mail. Nicht selten aber auch direkt. Man will die Unis und Fachhochschulen politisch in die gewünschte Richtung drücken, pro Islam und gegen Israel. Dass es tendenziell eher Profs/Dozenten/Studenten aus dem MINT Lager sind, die sich dem widersetzen, liegt in der Tat daran, dass diese nicht politisiert sind. Ich habe zwar selbst nicht studiert, bin aber ausgebildeter Fachinformatiker/Anwendungsentwicklung. Auch ich beobachte Dinge möglichst neutral. Und auch bei mir hat man andauernd versucht, mich in die gewünschte anti-israelische Richtung zu drängen. Damals während der Ausbildung und auch heute noch, seit ich öffentlich und politisch aktiv bin. Die radikalen Muselmanen haben überall ihre Finger drin und suchen sich gezielt die Positionen mit Einfluss heraus, um diese im ihrem Sinne zu beeinflussen. Genau darum braucht es überall Schutz und Abwehrmaßnahmen, damit die Ziele der politischen Beeinflussung sich dagegen wehren können. Ich fordere seit Jahren nicht ohne Grund mehr Personenschutz und eine liberalere Vergabe von Waffenscheinen, denn die Versuche der Beeinflussung finden nicht nur im beruflichen/dienstlichen Umfeld, sondern auch privat statt. Die finden einen, egal wo man sich auch gerade befindet. Wir haben etliche Maulfwürfe und U-Boote im Behördenapparat, die die nötigen Informationen dafür liefern. Teils reicht schon die Auskunft beim Einwohnermeldeamt oder eine Überwachungstruppe, die dem Opfer nach Feierabend einfach bis nach Hause zum Wohnort folgt und sich dort dann einnistet. Die personellen Kapazitäten haben die dafür. Hier in Europa insbesondere seit 2015.

Volker Kleinophorst / 26.04.2024

Nur mal so zur Einordnung: Sie wissen schon, wer 1933 weltweite Boykotte gegen Deutschland forderte?

Wilfried Cremer / 26.04.2024

hi, je näher das Erscheinen des Messias, desto üppiger von Hass besessen seine Feinde. Leider zeigen Negative deutlicher den Wasserstand der Seligkeit als Positive, oder ist das gar ihr Zweck?

L. Luhmann / 26.04.2024

Seltsam! Irgendwie erscheint mir der Text so konstruiert zu sein, dass anscheinend ausschließlich Männer Gewaltakte an Frauen verüben. Ich glaube, dass die Genderei bereits viel Schaden angerichtet hat, denn noch vor einem Jahr hätte ich selbstverständlich an beide Geschlechter gedacht, wenn einfach nur von “Akademikern” oder “Professoren” geredet wird.

Weitere anzeigen Leserbrief schreiben:

Leserbrief schreiben

Leserbriefe können nur am Erscheinungstag des Artikel eingereicht werden. Die Zahl der veröffentlichten Leserzuschriften ist auf 50 pro Artikel begrenzt. An Wochenenden kann es zu Verzögerungen beim Erscheinen von Leserbriefen kommen. Wir bitten um Ihr Verständnis.

Verwandte Themen
Phyllis Chesler, Gastautorin / 01.05.2024 / 16:00 / 28

Warum jubeln amerikanische Frauen der Hamas zu?

Wie kann es sein, dass Aktivistinnen für muslimische Nationen auf die Straßen gehen, obwohl diese keine feministinischen Werte vertreten? Haben Sie bemerkt, dass junge Frauen…/ mehr

Phyllis Chesler, Gastautorin / 15.04.2024 / 16:00 / 13

Israel: Wird die Welt den Fehler zugeben?

Wie sehr sich Israel auch bemüht, das Richtige zu tun, es wird nie gewürdigt werden. Ich hasse es, das Offensichtliche zu wiederholen, aber man muss…/ mehr

Phyllis Chesler, Gastautorin / 21.03.2024 / 12:00 / 12

Jerusalem ist der Ort für den Hamas-Prozess

Die Hamas gehört vor Gericht – doch nicht nur sie allein. Denn es gab noch mehr Organisationen und Länder, die einen Anteil am Krieg in…/ mehr

Phyllis Chesler, Gastautorin / 08.03.2024 / 16:00 / 20

Feministinnen rechtfertigen Hamas-Vergewaltigungen

Mehrere Feministinnen schrieben einen Offenen Brief an Regierungen, der Israel eines Völkermords beschuldigt und Vergewaltigungen durch die Hamas außen vor lässt. Ich habe darauf gewartet, dass ein…/ mehr

Phyllis Chesler, Gastautorin / 27.02.2024 / 16:00 / 15

Warum schweigen Feministinnen zum Hamas-Horror?

Feministinnen haben häufig eine Abneigung gegen Israel – sogar nach den Ereignissen des 7. Oktober solidarisieren sich einige mit Palästina. Im Jahr 2005 veröffentlichte ich…/ mehr

Unsere Liste der Guten

Ob als Klimaleugner, Klugscheißer oder Betonköpfe tituliert, die Autoren der Achse des Guten lassen sich nicht darin beirren, mit unabhängigem Denken dem Mainstream der Angepassten etwas entgegenzusetzen. Wer macht mit? Hier
Autoren

Unerhört!

Warum senken so viele Menschen die Stimme, wenn sie ihre Meinung sagen? Wo darf in unserer bunten Republik noch bunt gedacht werden? Hier
Achgut.com