Alter weißer Mann folgt altem weißen Mann

Als alter weißer Mann fasziniert mich besonders die etwas oberflächliche Tatsache, dass die Supermacht Amerika weiter von einem alten weißen Mann regiert wird. Um genau zu sein: Ein alter weißer Mann wird von einem noch älteren abgelöst. Was mich ganz persönlich berührt: Joe Biden (noch 77) und ich sind nicht nur der gleiche Jahrgang, sondern auch der gleiche Monat. Wir könnten im November fast zusammen Geburtstag feiern. Allerdings ist mir die Vorstellung, in diesem überreifen Alter eine Weltmacht, zumal die innerlich zerrissene amerikanische, oder überhaupt noch irgend etwas zu führen, unheimlicher als die Horrorfilme, die gerade wieder Saison haben. 

Aber was soll's: Konrad Adenauer war bei seinem Amtsantritt immerhin 73 Jahre alt und 87, als er aufhörte. Das schafft Biden nicht, weil er längstens acht Jahre, also bis ins 86. Jahr regieren darf. Das ist ohnehin Theorie, denn er wird sicherlich nach vier Jahren, also mit 82 in Frühpension gehen.

Donald Trump und Joe Biden gehören nicht nur zur Generation derer, die man angestrengt höflich „Senioren“ nennt. Beide sind auf ihre Weise Hoffnungsträger von je einer Hälfte der amerikanischen Bevölkerung. Und das in einer Zeit, in der abfällige Bemerkungen über alte weiße Männer als letzter Überrest politisch unkorrekter Spöttereien gestattet und genüsslich genutzt werden.

Das wandelnde Establishment

Donald Trump, mit seinen 74 der jüngere Alte, ist der politische Messias frommer und konservativer Amerikaner aus der Mitte des Landes, der „Flyover Zone“, die sich vom linken Hochmut der Küstenbewohner abgestoßen fühlen. Joe Biden ist der Guru der selbst proklamierten progressiven Großstädter geworden. Trump begeistert die bewaffneten Landbewohner mit seiner rüpelhaften Missachtung etablierter Konventionen. Er ist der „Maverick“, der in jedem Wildwestroman einen Stammplatz hat. Joe Biden ist das wandelnde Establishment, zwar amerikanisch locker, aber doch mit guten Tischsitten ausgestattet. Auf Trump, den Seiteneinsteiger aus der ruppigen Welt des Big Business, folgt ein Karrierepolitiker, der aus kleinbürgerlichen Anfängen (Scranton, Pennsylvania) als jüngster Senator in Washington Aufsehen erregte, ehe er Barack Obamas Vizepräsident wurde und jetzt der älteste Präsident wird, den Amerika je hatte.

Donald Trump ist der Präsident des weißen Amerika, der allerdings mit seiner America-first-Politik wirtschaftlich mehr für schwarze Arbeiter erreicht hat als Barack Obama und Joe Biden, ehe ihm Corona die Bilanz versaut hat. Joe Biden, obwohl alt und schlohweiß wird der Präsident des bunten Amerika, ein Versöhner der Rassen, während Trump ein Mann des Konflikts ist. Als Wahlverlierer gibt Trump den zornigen alten Mann, während einem schwarzen CNN-Kommentator die Freudentränen in die Augen schossen, als der Sender und andere Joe Biden zum offiziellen Wahlsieger proklamierten.

Donald Trump hat vier Jahre lang für Unruhe gesorgt, die viele als destruktiv, aber ebenso viele als kreativ und dringend notwendig empfanden. Joe Biden ist der Mann, der wieder Ruhe in den großen und bunten Laden namens Amerika bringen soll. 

Verschärfte Aussichten, als Chefin ins Weiße Haus einzuziehen

Zur Befriedung der unter Trump nervös gewordenen Minderheiten bringt er Kamala Harris als Unterstützerin mit. Seine Vizepräsidentin, eine Frau mit indischen und jamaikanischen Eltern, ist das, was man in Amerika „a woman of color“ nennt. Sie wird die erste weibliche Vizepräsidentin und die erste Nichtweiße in diesem Amt sein. Damit hat sie verschärfte Aussichten, eines Tages als Chefin ins Weiße Haus einzuziehen. Als erste Frau, was Hillary Clinton nicht geschafft hat. Und als nach amerikanischer Farbgebung „Schwarze“ und in dieser Eigenschaft die Nummer zwei nach Barack Obama.

Joe Biden ist vor allem als Kombination mit Kamala Harris interessant. Donald Trump ist aus eigener Kraft, wenn auch auf umstrittene Weise interessant, begleitet von einem völlig uninteressanten Vize namens Mike Pence, der mit seinen 61 Jahren nicht mal ein besonders alter weißer Mann ist.

Da der Politiker nicht vom Alter allein lebt, und damit man mir nicht den Vorwurf totaler Oberflächlichkeit macht, hier noch ein paar Worte zur Politik, und zwar zur Außenpolitik, die uns ja etwas angeht. 

Biden wird höflicher sein als Trump und wieder enger mit internationalen Organisationen zusammenarbeiten. Aber er wird, als demokratischer Globalisierungs-Skeptiker und ohne es an die große Glocke zu hängen, Trumps „America first“ auf elegantere Weise fortsetzen. Er wird gerne das Erbe etlicher Leistungen seines Vorgängers antreten, zum Beispiel den längst überfälligen, allmählichen Abschied amerikanischer Truppen aus Afghanistan und Nahost. Und er wird ebenso gerne die Früchte der von Trump angeleierten und eigentlich friedensnobelpreiswürdigen Annäherung arabischer Staaten an Israel einheimsen. Er wird – anders als Trump – lieb zu Angela Merkel sein, aber auch er wird ihrem Nachfolger sagen: „Zahl doch bitte endlich, was du der NATO versprochen hast.“

So unterschiedlich die beiden alten weißen Männer sind: Beide denken und handeln, jeder auf seine Weise, als amerikanische Patrioten. 

Foto: Staff Sgt. Marianique Santos via Wikimedia Commons

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Leserpost

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P. Marten / 08.11.2020

Andreas @Müller “Dieses ständige Bedienen der rassistischen Formulierung vom alten weißen Mann ist einfach nur noch widerlich. “ Genau Herr Müller, denn wer sich den “Schuh anzieht” soll sich dann nicht wundern als Depp behandelt zu werden.

Uta Buhr / 08.11.2020

Na dann man los, Joe, zeig’ der Welt doch, was du besser kannst als Trump! Ich vermute mal, dass dieser in seiner geistigen und körperlichen Gesundheit eingeschränkte Mann gar nichts auf die Kette bringen wird außer dürren Worten, welche ihm auch noch andere zuflüstern werden. Bidens Schuld ist das aus den vorgenannten Gründen nicht. Allgemein bekannt dürfte auch sein, dass man Kamala Harris nicht als Präsidentschaftskandidatin ins Rennen geschickt hat, weil sie allzu unbeliebt und als erbarmungslose Scharfrichterin bekannt ist, die eine Reihe unschuldiger Menschen für Jahre in den Knast geschickt hat. Sie wurde also als running mate Bidens aufgestellt, allzeit bereit, die Amtsgeschäfte zu übernehmen, wenn Biden die Zügel entgleiten sollten. Aus meiner Sicht wird das in nicht ferner Zukunft geschehen. Und dann haben die Amerikaner eine linke Präsidentin am Hals, die sie sich nicht gewünscht hatten. Da ist den democrats ein Meisterstück von Betrug am US-Wähler gelungen, den man ich mal auf der Zunge zergehen lassen muss. Auch wenn Trump wahrhaftig wegen seiner Cowboymanieren nicht unbedingt ein Sympathieträger ist, so hat er den Amerikanern stets reinen Wein eingeschenkt und sehr viele seiner Versprechen eingelöst. Das wird Biden mit Sicherheit nicht gelingen. Er kommt natürlich wesentlich zivilisierter daher als Trump. Aber mit Nettigkeit und einem breiten Lächeln macht man nun mal keine Politik, auch wenn allzu viele Naivlinge in deutschen Redaktionsstuben und den ÖR das offenbar meinen. Was im Übrigen noch für einen Präsidenten Trump spricht, ist, dass er im Gegensatz zu dem “Friedensfürsten” Obama keinen einzigen Krieg angezettelt hat. Auch seine Politik gegenüber Israel war beispielhaft. Mal sehen, was die Ära Biden/Harris der Welt bringen wird. Ich sage mal ganz salopp; sicher nicht viel Gutes. Aber Amerika halt gewählt. Abgeschmackt aber immer wieder wahr: Wie bestellt, so geliefert. Einen schönen Nachwahlsonntag allerseits.

Dr. Jürgen Kunze / 08.11.2020

Das glaube ich auch, dass die amerikanische Politik sich gegenüber Europa und der Welt nicht so signifikant ändern wird. Sonderbar ist es allerdings, dass ein 320 Mio.-Volk nicht in der Lage ist, einen Politiker im mittleren Alter aufzutreiben, der voraussichtlich auch körperlich eine Wahlperiode durchstehen kann.  Als Sozio- und Psychopath hat Trump erfreulicherweise wenig angestellt. Eigentlich ist er auch weniger nach dem Motto “America first” vorgegangen (das war nach dem Kräftezuwachs des Landes im 19. Jahrhundert eigentlich immer so), als vielmehr nach dem Grundsatz: “Me first”. Ich sehe sein Handeln in Syrien weniger positiv. Er überließ das Feld den Türken, die die Kurden weiter in die Zange nahmen und nun werden bald die Armenier dran sein, wenn die Russen ihnen nicht beistehen. Hilfe von A.Merkel und der EU werden sie bestimmt nicht bekommen. - Ich bin gespannt, welch ein Trubel noch entstehen wird, wenn alle historischen Gegenstände gesucht werden, die Trump und seine Familie aus dem Weißen Haus in die Peripherie ausgelagert haben!

Hans-Peter Dollhopf / 08.11.2020

Herr Dr. Mock, lieber Mann, Sie schreiben: ” Doch es lag nicht in unserer Hand, sondern in jener der Amerikaner, das zu verhindern.” Die Amerikaner haben doch in ihrer Mehrheit für Trump gestimmt! Es ist nun die Sache der Justiz, den Wahlbetrug aufzudecken. Das ist ein Bürgerrechtskrieg!

Rolf Mainz / 08.11.2020

Der “alte weisse Mann” Biden ist nichts als ein Strohmann, eine Marionette. Im Hintergrund ziehen andere die Fäden. Sobald er sich als öffentlich gar nicht mehr tragbar erweisen wird, wird er sich “aus gesundheitlichen Gründen” zugunsten von Frau Harris zurückziehen. Dies wird nur eine Frage der Zeit sein. Und damit wird das Ziel des Umsturzes, der dafür gezielt geschürten Rassenunruhen und Pandemie-Meinungsmache erst final erreicht sein. Europa wird sich jedenfalls noch wundern, mit Sicherheit, was jetzt auf den alten Kontinent zukommen wird.

Peter Petersen / 08.11.2020

Da schimmert leider etwas Provinzjournalismus durch mit den üblichen Stereotypen. Biden wird Merkel, die ihm ja massiv im Wahlkampf verdeckt geholfen hat. Dafür wird sie Dankbarkeit einfordern. Biden kann die hohen Erwartungen extremistischer Randalierer nicht alle sofort erfüllen. Aber er wird erhebliche Lasten bei Trumps Wählern, u.a. den Facharbeitern, abladen. Auch das kommt aus Merkels Wendekochbuch. Biden ist kein feinfühliger Mensch. Putin muß sich warm anziehen. Mit neuen Kriegen könnte er am Leichtesten viele Leichtgläubige von den wahren Problemen ablenken. Seine Vizepräsidentin wird ihn wahrscheinlich im Inneren in einige Probleme drängen, Deutschland 2015 läßt grüßen. Die neuen und alten Medien werden alles verständnisvoll abnicken und glatt bügeln. In Budapest und auch London wird man jetzt genau hinsehen. Es sieht nach Mehltau über vielen Weltteilen aus. Man Angst bekommen beim Gedanken an künftiges westliches Personal in Politik, Medien und Gesellschaft. Biden und Obama werden sich offen und verdeckt recht deutlich bei den Bundestagswahlen platzieren. Will Biden Gruene oder SPD als Juniorpartner der CDU oder eine Gruenen Regierung? Scholz hat schon im Spiegel die neue germanische Weltordnung bei Biden als Goldstandard künftiger Verhältnisse angemahnt, ultimative Handelsverträge mit Klima, Menschenrechte a la Berlin etc. Es wird kühler, unmenschlicher.

Engelbert Gartner / 08.11.2020

@ Dov Nesher /  Dr. Roland Mock:  Ich, als Rentner,  hatte die Zeit, in der Neuen Züricher Zeitung ( NZZ ) die Veränderungen der Wählerstimmen kontinuierlich zu verfolgen. Dass Biden in einigen Staaten zum Schluß noch so stark aufholen konnte, hat mich sehr verwundert. Der Gedanke, dass das Ergebnis gefälscht wurde, ist mir ebenfalls gekommen.

Charles Bûler / 08.11.2020

Ob Herr Biden das Pariser Klimaabkommen, welches uns wie ein Mühlstein um den Hals gehängt wurde,  nun wieder unterschreibt?

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