„Zapp“ ist ein so genanntes Medienmagazin, das bislang im dritten TV-Programm des NDR lief. Der ARD gefällt es so gut, dass sie jetzt drei Ausgaben ins sonntägliche Hauptprogramm hob; offenbar, um die dauerhafte Beförderung ins Erste vorzubereiten. Kein Wunder, denn „Zapp“ erfüllt alle Forderungen, die an ein politisches ARD-Magazin gestellt werden: extreme Einäugigkeit, ausgetüftelte Vernebelungstaktik, streng parteiliche Auswahl der Interviewpartner, sorgfältig redigierte Halbwahrheiten…
Lieblingsfeind der Sendung ist, gähn, die Bildzeitung. Hochgejubelt wird, logisch, der Bildblog. Bild werden selbst Petitessen um die Ohren gehauen. Wie eine Geschichte über die Kohl-Hochzeit, in der verschwiegen worden sei, dass Bild-Chef Kai Diekmann der Fete als Trauzeuge beigewohnt hat. Na ja, verschwiegen nicht ganz, räumt „Zapp“ zwei Sätze später ein, in einer Bildunterschrift stand´s schon. Dass der Ölprinz ein Intimus des Dicken war und ist, wissen ohnehin selbst die dümmsten Bildleser mittlerweile. Weshalb solche Anwürfe auf eben jenem Erbsenzähler-Niveau liegen, das auch 98 Prozent der Beiträge im Bildblog auszeichnet.
Wichtiger noch ist für die ARD, mit „Zapp“ ein zuverlässiges Verschweiger-Medium an der Leine zu haben, wenn es um Nachrichtenmanipulationen, grobe handwerkliche Fehler, parteipolitischen Proporz oder ganz gewöhnlichen journalistischen Müll in den Öffentlich-Rechtlichen geht. Dieses Feld müsste ein Ernst zu nehmendes Medienmagazin mit mindestens der Hälfte seiner Sendezeit beackern, angesichts der krakenhaften Verbreitung des gebührengenerierten Staatsfunks.
Aber Fehlanzeige. In einem Beitrag am letzten Sonntag zum Thema Medienlügen kam neben den Hitlertagebüchern des Stern (schon ungefähr ein Milliarde mal durch den Kakao gezogen), die Born-Fälschungen in Stern-TV (500 Millionen mal durch den Wolf gedreht) auch der betagte Fall des angeblich von Nazis ertränkten Kindes in Sebnitz aufs Tapet. Den habe - wie praktisch! - Bild verbrochen, schalt „Zapp“. Ohne zu erwähnen, dass auch ARD, ZDF, die Privaten und fast die gesamte deutsche Journaille tagelang auf die Märchen der Eltern des toten Jungen reingefallen waren. Bis die „Frankfurter Rundschau“ der Legende ein Ende bereitete. Die FR, wohlgemerkt. Nicht ARD oder ZDF.
In derselben Sendung war von Anne Wills Entschuldigung für die gefälschte Berlinschulden-Zahl in ihrer Talkshow die Rede. Wills Korrektur in einer späteren Sendung wurde von „Zapp“ nachgerade als Musterbeispiel fairer ARD-Berichterstattung präsentiert. Verschwiegen wurde die Tatsache, dass Will die Ente keineswegs freiwillig zugegeben hatte. Eigentlich wollte sie in ihrer Sendung kein Wort darüber verlieren. Erst eine Kampagne des Berliner CDU-Mannes Pflüger und der Bildzeitung hatte die ARD weich geklopft.
Zu großer Form lief „Zapp“ auf, als es um den Streit über die geplante Internet-Offensive der Staatssender ging. Alle klassischen Tricks, mit denen ARD-Politmagazine von jeher arbeiten, waren da zu besichtigen. Als Einlauf-Filmchen eine Truppe von interessierten Schülern zu Besuch bei der ARD. Ihnen wird von einem netten Onkel Chefredakteur erklärt, dass junge Leute die tollen ARD-Infos lieber im Internet schauen als in der Glotze. Weshalb die Öffentlich-Rechtlichen jetzt unbedingt ganz krass ins Internet gehen müssen, damit ihr Kids immer Zugang habt, ey! Dann Statements zum Thema, zum allergrößten Teil (und mit den längsten Redezeiten bedacht) von Chefredakteuren der ARD und des ZDF. Als kurz gehaltene Alibinummern wurden der RTL-Mann Kloeppel und ein Chefredakteur des Weltblattes „Braunschweiger Zeitung“ vorgeführt. Beide sind nur sehr moderate Kritiker der ARD-und ZDF-Internetinvasion, weil sie auf Separatfrieden mit dem öffentlich-rechtlichen Komplex hoffen.
Um die Frage „Kommerz gegen Allgemeingut“ ginge es, tönte ein ARD-Sympathisant. Nicht ein einziger profilierter Kritiker, etwa von der FAZ, durfte mal klarstellen, um was es tatsächlich geht. Darum nämlich, dass die Staatssender mit der Macht ihrer jährlich sieben Milliarden Euro Zwangsgebühren den privatfinanzierten Medien höchst unfairen Wettbewerb machen, sie wirtschaftlich schädigen und so letztlich die Macht des staatlichen Verlautbahrungs-Fernsehens noch weiter ausbauen wollen. Ferner, dass ARD und ZDF ihr Geld für einen Grundversorgungs-Auftrag bekommen. In dem sind Heimatschnulzen, Volksmusikgedudel, Teenie-Soaps, Star-Quiz, Casting-Shows und all der andere grottige Unterhaltungskram, den die Privaten viel besser können, nicht inkludiert. Schon jetzt werden geschätzt 70 Prozent öffentlich-rechtlicher Sendezeit mit derlei Stumpfsinn und Tinnef vergeudet. Wehe, wenn das auch noch ins Internet schwappt. Von all dem gestern Abend kein Wörtchen.
Insofern hat sich „Zapp“ ihren neuen Platz im Hauptprogramm wohl verdient. Als wirklich viel versprechende Nebelkerze.