Gunter Weißgerber / 11.12.2022 / 11:00 / Foto: Achgut.com / 18 / Seite ausdrucken

„Wie wir unfrei werden“

Gudula Walterskirchen sieht die Gefährdungen unserer westlichen Insel der Glückseligen, die immer mehr von Freiheit und Demokratie abdriftet. Die Entwicklung ist schleichend und dennoch für den aufmerksamen Betrachter im Alltag schaurig feststellbar. Eine Buchbesprechung.

Der Optimismus nach der Niederlage des Kommunismus vor über drei Jahrzehnten ist Geschichte. Dabei ist nicht die Geschichte selbst zu Ende (hier irrte Fukuyama), die westliche Idee von Freiheit und Demokratie steht weltweit von innen und außen stärker unter Beschuss als ehedem. Die Geschichte geht weiter und bleibt offen, egal was Ideologen, Strategen oder Diktatoren verheißen. Wachsamkeit und Einmischung in die eigenen Belange sind Teil des staatsbürgerlichen Pflichtenkatalogs.

Die fragilen Sieger von 1989/90 wie Meinungs-, Demonstrations-, Reisefreiheit, freie Wahlen und freie Meinungsbildung, soziale Marktwirtschaft wurden quasi über Nacht erneut zu Gejagten. Außerhalb der Europäischen Union lauern die Jäger beispielsweise auf russischen und islamistischen Hochsitzen. Innerhalb der EU läuft der uralte in immer neuen Gewändern daherkommende Transformationsversuch eines grün-linken Juste milieus. Mit einem Hang zum Aufstand gegen die Grundrechenarten wird versucht, bis dato funktionierende Staaten und Gesellschaften in eine neue Staatlichkeit mit neuen Menschen umzuwandeln. Gesellschaftsarchitektonische Großversuche dieser Art ziehen immer Gegnerschaft an, nicht nur in der Mitte von Gesellschaften, vielmehr wirken sie potenzierend als Extremismusförderprogramme an den Rändern. Die Transformationsgesellschaften schaffen sich ihre Gegner selbst. Lehren aus schlimmsten Katastrophen halten offenbar maximal eine Generation. Dann beginnt das Spiel von neuem. 

1989 wussten sehr viele Zeitgenossen, dass Freiheit und Demokratie unabdingbar sind und dass gelenkte Volkswirtschaften Niedergang bedeuten. Dreißig Jahre später feiern die Apologeten gesteuerter Volkswirtschaften schaurige Urstände und setzen ihre Weltrettungsideologien wie selbstverständlich über Freiheit und Demokratie. Diesen Ansatz bekräftigte 2021 sogar das bundesdeutsche Verfassungsgericht. Das deutsche Grundgesetz wurde damit höchstrichterlich degradiert, die Weltrettungshybris thront nun über der deutschen Verfassung. 

"Der Weg zur totalitären Gesellschaft"

Die friedliche oder auch samtene Revolution mit dem Zusammenbruch des Ostblocks war auch ein Aufstand gegen die ideologische Instrumentalisierung von Verfassungen. 1989/90 entledigten sich die Völker Mittelosteuropas der ideologischen Attribute, heute maßen sich regierende Politiker an, eine ideologische Position, die Weltrettung, primär und die politische Selbstbestimmung des Souveräns sekundär abzuhandeln. 

Gudula Walterskirchen sieht die Gefährdungen unserer westlichen Insel der Glückseligen. "Der Weg zur totalitären Gesellschaft" nennt sie die Gefahr im Untertitel ihres Buches. Die Entwicklung ist schleichend und dennoch für den aufmerksamen Betrachter im täglichen Leben schaurig feststellbar. „Wie wir unfrei werden“ ist eine dringende Leseempfehlung. Wer sich nicht einmischt, macht anderen Platz und lässt die anderen dann machen. 

Viele Menschen nehmen deutlich wahr, dass sich unsere Gesellschaft dramatisch verändert. Die Welt wird unfreier, Zwang und Unterdrückung nehmen zu. Weltweit ist die Unfreiheit wieder auf dem Vormarsch, totalitäre Ideologien und Fundamentalismus breiten sich immer mehr aus. Dies nehmen wir auch in den westlichen Demokratien wahr. Die Pandemie und die damit verbundene Krise legt zuletzt offen, was zuvor noch verborgen geblieben war: Unter dem Deckmantel der liberalen Demokratie konnten sich Mechanismen und Systeme etablieren, die zu Unfreiheit und Unterdrückung führen. (S.7). … Das Jahr 1989 markierte eine Wende, als wie durch ein Wunder auch der Rest Europas auf gewaltfreiem Weg das Joch der kommunistischen Diktaturen abschütteln konnte. Bis vor kurzem glaubten wir, dass zumindest in den demokratischen Ländern Freiheit, Demokratie und Menschenrechte auf ewig Gültigkeit haben würden. Doch die Erfahrung der letzten Jahre hat uns gelehrt, dass selbst in Europa und in stabilen Demokratien die Freiheit stets verteidigt und immer wieder neu errungen werden muss. … Ein wesentlicher Hebel, wie Unfreiheit, Kontrolle und Zwang durchgesetzt werden können, ist die Angst. Je größer die Angst vor realen oder vermeintlichen Gefahren ist, desto mehr sind Menschen bereit, Einschränkungen, Überwachung, ja selbst Gewalt zu akzeptieren. … Es hat sich in der Geschichte gezeigt, dass sich die Muster von Angst, Aggression, Gewalt und Unterdrückung einander stets ähnelten. Es änderten sich nur die Begründungen, die Methoden und die Opfer.“ (S. 8).

Mehrfach geht die Verfasserin auf den Österreicher Sir Karl Popper ein. Wohltuend klar begründet sie dessen Forderung nach einer freien und offenen Gesellschaft unter dessen Eindruck der Gräuel von Nationalsozialismus und Kommunismus. Gudula Walterskirchen schreibt nicht euphemistisch „Faschismus“ und „Stalinismus“, was ihr weniger Gegenwind heutigentags einbringen würde. Die Verfasserin will auf- und nicht verklären.  

Krisen werden zur Mehrung der Machtfülle genutzt

Gudula Walterskirchen sieht Poppers freie und offene Gesellschaft bedroht. Bedroht durch einen Totalitarismus, der nicht über Nacht über uns kommt, sondern zunächst unbemerkt und schleichend sein Gift in die Gesellschaften träufelt. Die Ziele werden in moralisch schöne Worte gekleidet, und wenn das Totalitäre seine Maske fallen lässt, ist es mitunter schon zu spät. Die Verfasserin macht einen solchen Wandel in der westlichen Welt am öffentlichen Umgang mit der Pandemie und dem Krieg deutlich. Grundrechte wurden beinahe ohne allgemeinen Widerstand in der Pandemiekampagne ausgesetzt und das totalitäre China zum Vorbild stilisiert. Es folgte der russische Krieg in der Ukraine, in dem der Westen zwar das Opfer unterstützt, der in den westlichen Ländern aber auch genutzt wird, Unfreiheit und Lenkung in den eigenen Ländern auszubauen. Westliche Regierungen nutzen Krisen zur Mehrung ihrer Machtfülle. Der Souverän sollte gut aufpassen!

Bei einer eingehenden Analyse wird deutlich, dass der Verlust von Freiheit einer bestimmten Logik folgt. … Die ersten Anzeichen zu erkennen, die Muster aufzuzeigen und die Techniken, die totalitäre Systeme anwenden, zu entlarven, ist das Ziel dieses Buches.“ (S. 11).

Die Verfasserin nähert sich dem Komplex „Unfrei werden und Totalitarismus“ methodisch mittels Fragen:

1. Was ist Totalitarismus? (S. 11)

Interessant ist aus heutiger Sicht, dass sie (Carl Joachim Friedrich, Zbigniew Brzeziński) jedenfalls die Entstehung der totalitären Diktaturen als „Antwort“ auf schwere Krisen sehen. … als Formen einer ‚Krisen-Regierung‘“. (S. 15).

Die Autorin sieht Totalitarismen keineswegs als klaren Gegenentwurf zu den Demokratien westlicher Prägung. Im Gegenteil, ständig drohen Ansätze oder neue Ausprägungen totalitärer Herrschaftsformen in liberale Gesellschaften und Demokratien einzudringen und diese zu infiltrieren.

 „Dies geschieht teilweise als dynamischer Prozess im Zuge von Krisen, teilweise als durchdachtes Konzept einflussreicher Persönlichkeiten und Organisationen, die auf diese Weise ein neues Menschenbild etablieren wollen.“ (S. 16/17).

Vorsicht an der Bahnsteigkante!

2. Wie wird Unfreiheit möglich? (S. 19) 

Die Wiege der Demokratie war von Beginn an gefährdet, ins Totalitäre abzugleiten. Platons idealer Staat bedurfte nivellierter neuer Menschen, die in vorgegebenen Hierarchien zu leben hatten. Sir Karl Popper hatte dies vor Jahrzehnten akkurat herausgearbeitet. 

Masse, Angst als Machtinstrument, Atomisierung der Gesellschaft, Zerstörung der Familie und der festen Bindungen, Werteverlust und Zerstörung alter Werte, Einflüsse der Massenkultur inklusive von Verwirrung stiften – die Verfasserin benennt das Instrumentarium zur Etablierung von Unfreiheit. 

Totalitarismus bedarf der homogenisierten nivellierten und formbaren Masse, deren inneren Zusammenhalte wie Familie, Bindungen, Werte zerstört und atomisiert werden, um sie anschließend neu zu formen. 

Das Phänomen der Masse beschrieb Gustave Le Bon bereits 1895. Unter bestimmten Umständen entwickelt eine Versammlung von Menschen neue Eigenschaften, die der Einzelne nicht besitzt. „Die bewusste Persönlichkeit schwindet, die Gefühle und Gedanken aller einzelnen sind nach derselben Richtung orientiert. Es bildet sich eine Gemeinschaftsseele“. Eine organisierte Menge muss vorhanden sein, die in bestimmter Weise beeinflussbar ist. Daraus bilden sich gewünschte Massen. (S. 25).

Als Teil einer (neuen) Masse lässt sich ein Mensch wesentlich leichter beeinflussen denn als Einzelner, ja er entwickelt sogar Eigenschaften, die seiner Natur völlig widersprechen.“ (Le Bon).

Das mit der Angst kennen wir noch zu gut. Mit Beginn der zur Pandemie erklärten Coronainfektion wurde die geschürte Angst zum bestimmenden Faktor im weltweiten gesellschaftlichen Leben. Die Regierungen nutzten das Momentum der Angst, um mit Hilfe der verängstigten Bevölkerungen von oben durchzuregieren und die Lebensweisen der Menschen in Schockstarre zu versetzen. Am 5. Dezember 2022 zitiert die Welt in einer Artikel-Überschrift Christoph Lütge, ehemaliges Mitglied des bayerischen Ethikrates: „Im Grunde hat man die ganze Zeit versucht, Angst und Panik zu erzeugen“. Schlimm, dass es zwei Jahre bis zu solch einer Überschrift brauchte. Gut, dass die Überschrift noch immer in Deutschland möglich ist! Wir rutschen zwar, sind aber noch nicht ganz unten.   

Seit 2020 wurden diejenigen, die die Corona-Maßnahmen kritisch hinterfragten, quasi zu Aussätzigen. Das Mittelalter liegt näher, als die meisten Menschen glauben. Unsere (noch?) freie Welt bewegt sich auf dünnem Eis. 

Es ist ein Merkmal für eine Transformation zum Totalitarismus, wenn die traditionellen Normen auf den Kopf gestellt werden: Was früher gut und richtig war, ist dann schlecht und falsch – und umgekehrt. … Eine perfide Taktik in diesem Zusammenhang besteht darin, dass die eigentlichen Opfer eines staatlichen Übergriffs zu Tätern oder potentiellen ‚Gefährdern‘ für die öffentliche Sicherheit, die Gesundheit oder den sozialen Frieden stilisiert werden. Aus Freiheitskämpfern werden in dieser Logik ‚Terroristen‘, aus empörten Bürgern ‚Aufständische‘, aus Oppositionellen werden ‚Staatsfeinde‘ gemacht. … Diese Strategie hat den zusätzlichen Vorteil, dass das Volk gegeneinander aufgebracht wird, sich die Gesellschaft in brave und böse Bürger spalten lässt.“ (S. 45).

3. Wie erkennen wir, dass wir unfrei werden?

Gudula Walterskirchen thematisiert das „Nie wieder!“. Sie bekräftigt diese Forderung selbstverständlich gegen jegliche nationalsozialistischen Tendenzen. Sie hinterfragt aber auch das Fehlen dieser Forderung hinsichtlich des Kommunismus, der gleichfalls für monströse systembedingte Menschheitsverbrechen steht. Die Verfasserin sieht in der Verharmlosung des linken Totalitarismus eine Gefahr für die westlichen Demokratien, die wehrhaft gegen jeglichen Totalitarismus sein müssen, wenn sie bestehen wollen. „Wie konnte das geschehen?“ (S. 55) ist eine grundsätzliche Frage, die aus der demokratischen Mitte der Gesellschaft und nicht nur vom linken Rand mit linkem Blick gestellt werden darf! Die meisten Demonstranten von 1989 wussten, für Linksaußen ist bereits alles, was in Richtung Mitte geht, rechts – von der demokratischen Rechten ganz zu schweigen. Gudula Walterskirchen argumentiert klar demokratisch.

Die Verfasserin betrachtet den „Abbau von Rechtsstaatlichkeit international“ (S. 65), die „Macht über die Medien“ (S. 69), „Die Hüter der Wahrheit“ (S. 71), „Die Freiheit der Wissenschaft und ihre Feinde“ (S. 80), „Virtuelle und echte Bücherverbrennungen“ und den „Religiösen Fundamentalismus“ (S. 94) und erkennt am Zustand dieser einzelnen Punkte die Richtung, die im Moment eindeutig zur Unfreiheit zu weisen scheint.

Bei einem Freund fand ich dieser Tage eine Zustandsbeschreibung auf dem Weg in die informelle Unfreiheit. Andreas B. aus Leipzig, ein pensionierter Polizist, schrieb auf Facebook „Guten Morgen zusammen, heute wenig Zeit, daher ganz kurz. Musk hat letzte Nacht belegbar veröffentlicht, dass über Twitter in den Wahlkampf zu den Präsidentschaftswahlen eingegriffen wurde, um die Wahl zugunsten der Demokraten zu manipulieren. Es ist naiv anzunehmen, dass derlei hier in Europa nicht passiert. Die Drohung des EU-Kommissars Thierry Breton in Richtung Musk, dass Twitter in Europa verboten wird, wenn er sich nicht an die neuen EU-Gesetze über digitale Dienste halten wird, macht nun auch Sinn. „In Europa wird der Vogel nach unseren Regeln fliegen“, so der EU-Kommissar. Ich weiß nicht, wie es Euch geht, aber ich fasse das als Drohung auf. 
Es braucht keine Gefängnisse, keine Mauern und Gewehre, um die Menschen in ihrer Freiheit einzuschränken, sie abhängig zu machen und sie zu manipulieren. Das Internet und die Digitalisierung sind die perfekten Werkzeuge, um die Menschen zu willenlosen Befehlsempfängern zu machen. Cancel Culture ist ein weiteres Mittel, das eingeführt wurde, um unliebsame Meinungen zu unterdrücken. Heute sollen weitere Vorgänge veröffentlicht werden. Man darf gespannt sein.“ 

4. Wie funktionieren totalitäre Systeme“ (S. 99)

Gudula Walterskirchen lenkt den Blick ausgehend von der „unkontrollierten Souveränität“ (Karl Popper S. 91) der Monarchie über die totalitären Systeme in der kommunistischen Sowjetunion und im nationalsozialistischen Deutschland auf das totalitäre Musterland China.

Begonnen hat jedoch weder der kommunistische noch der nationalsozialistische Totalitarismus mit dem millionenfachen Morden des Holocausts oder Stalins Säuberungen. Es begann mit Brandreden, Verächtlichmachung anderer, alltäglichen Gewaltakten, Propagandaschriften und einem scheinbar hehren Ziel, das alle Mittel zu rechtfertigen schien: die angebliche Befreiung der Menschen aus ihrer Knechtschaft, die Rückgabe ihrer Würde und ein besseres Leben für alle – außer den Volks- und Klassenfeinden.“ (S. 109).

Die Autorin setzt in der Entstehungsgeschichte des Totalitarismus in Russland / der Sowjetunion bei Stalin an, den ebenso blutigen Jakobiner Lenin dabei pfleglich behandelnd. 

Es war aber der gebildete Lenin, der die demokratische russische Regierung mit seinem Putsch 1917 stürzte, Flügelbildungen in der KP verbot, eine Einparteiendiktatur installierte, Roten Terror begann, die Tscheka gründete, Lager und Massenmorde zum russischen Alltag werden ließ. Stalin perfektionierte Lenin. Dies ist mein einziger Kritikpunkt am gelungenen und wichtigen Buch von Gudula Walterskirchen. 

Die Verfasserin beschreibt die Systemkoordinaten des Totalitarismus Denunziation und Propaganda (S. 121–139). Den Schwerpunkt bildet in dem Themenfeld Noam Chomskys Definition der zehn Methoden wirkungsvoller Manipulation durch Politik und Medien. Die Stichworte sind Ablenkung, Probleme selber schaffen und diese dann lösen, Allmählichkeit, Aufschub, Publikum wie ein Kind ansprechen, Emotion statt Reflexion, Unwissenheit und Mittelmäßigkeit, kritisches Hinterfragen negativ hinstellen, Verstärkung von Selbstvorwürfen, Herrschaftswissen. 

5. Was sind die Auswirkungen totalitärer Systeme? (S. 141)

Je größer die Angst, desto mehr spielt diese jenen in die Hände, die über Menschen herrschen wollen.“ (S. 141). 

Gudula Walterskirchen schlägt in diesem Kapitel den Bogen von Massenpsychose und Mentizid (Gehirnwäsche), Spaltung und Zerstörung der Gesellschaft bis zur Zerstörung des Vertrauens in staatliche Institutionen. 

Jüngstes Paradebeispiel für eine massive Angstmache durch Politik und Medien ist das interne Strategiepapier des Innenministeriums zur Corona-Pandemie vom Frühjahr 2020. Der Erfolg dieses Strategiepapieres war durchschlagend. Mindestens zwei Drittel der Bevölkerung lebte in Schockstarre, ließ jegliche Grundrechtseinschränkung willenlos über sich ergehen und lernte, Nach- und Hinterfragende als Volksfeinde zu verdammen. Das Strategiepapier ist totalitär angelegt, führte aber zum Glück nicht zum Totalitarismus in Deutschland. Dem stand der durch Regierungspolitik schwer unter Druck stehende Rechtsstaat vielfach im Wege. Drei Jahre organisierte Pandemie konnten den Rechtsstaat nicht zerstören, weitere drei Jahre würden wahrscheinlich zu dessen Zerstörung führen. Das schreibt die Verfasserin so nicht. Diese Freiheit nehme ich mir an dieser Stelle. Auf die meisten Medien konnte sich der verängstigte Souverän nicht stützen, die agierten als Vollstrecker des Strategiepapiers. 

6. Wie tarnen sich moderne totalitäre Systeme, und was sind ihre Ziele? (S. 153)

Die Verfasserin zieht eine Linie von der „Idee des vollkommenen Menschen“ (S. 154), im ehemaligen Ostblock als „Neuer Mensch“ noch gut bekannt, und vom gesunden Volkskörper“ (S. 159) über Human Enhancement und Transhumanismus, Menschenbild der globalen Wirtschaftselite zu gläsernen Bürgern und Konsumenten.

7. Wie kann Freiheit erhalten oder errungen werden? (S. 215)

Gudula Walterskirchen zeigt eindringlich reale Gefährdungen unseres Lebens in Freiheit und Demokratie auf. Gefährdungen, die vor allem im Inneren der westlichen Gesellschaften pulsieren. Die Verfasserin ist dennoch keine Pessimistin. Abraham Lincoln zitierend „Man kann einen Teil des Volkes die ganze Zeit täuschen und das ganze Volk einen Teil der Zeit. Aber man kann nicht das gesamte Volk die ganze Zeit täuschen.“ (S. 215) kommt sie auf beginnenden Widerstand zu sprechen und macht diesen an Demonstrationen und Vereinigungen von Datenschützern fest. Ihr Vorschlag: Wir brauchen einen Daten-Gerichtshof, einen Daten-Rechnungshof, die Veröffentlichung der entsprechenden Urteile und Prüfberichte, eine kritische Betrachtung der weitergehenden Digitalisierung, die Staaten und Gesellschaften verwundbarer macht. Die Rückbesinnung auf die Bedeutung rechtsstaatlicher Prinzipien, auf die Grund- und Freiheitsrechte ist nötig. Es gibt keinen Zweck, kein noch so hehres Ziel, um auf die Freiheitsrechte zu verzichten! 

Die Verfasserin legte ihren Fokus auch auf die Medien und deren Macht. Sobald beispielsweise Gudula Walterskirchen in Sendeformate von ARD, ZDF und ORF zur offenen Diskussion eingeladen würde, könnten wir vorsichtig Entwarnung geben, was den zunehmenden Machtmissbrauch der sogenannten vierten Gewalt angeht. Noch ist nicht aller Tage Abend… Aber noch laden sich die Talkshows Gäste fast ausschließlich ihrer eigenen Fasson ein. Noch will man unter sich bleiben, notfalls unter Verzicht auf -zig Millionen Zuschauer. 

Gudula Walterskirchen „Wie wir unfrei werden. Der Weg zur totalitären Gesellschaft; Seifert Verlag Wien, 235 Seiten, 24,95 €, bestellbar u.a. hier.

Dieser Beitrag erschien zuerst auf dem Blog des Autors.

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Ludwig Luhmann / 11.12.2022

@Arne Ausländer / 11.12.2022 - “Wir wissen ja nicht einmal so recht, was wir wirklich wollen.”—- Genau deswegen flechte ich immer mal wieder ein, dass man auch wissen sollte, was man nicht will!

Hans-Peter Dollhopf / 11.12.2022

Herr Boehnke, die These ist klassisch: “Der Mensch liebt nicht die Masse an sich, sondern sucht stets in erster Linie einen Führer, unter dem dann unausweichlich Masse entsteht.” Wie sie in welchem Ausmaß und unter welchen Bedingungen zutrifft, das ist ein nachfolgendes Ding. Die ausgiebige Befassung damit obliegt heute der staatsapparatlichen Nudgingerei. Das Volk ist einfach ungeeignet dafür, Resultate der von ihm finanzierten Sozialpsychologie selbst zu nutzen. Sozialpsychologie blieb damit Apparatwissenschaft. Dafür kann sie nichts.  Der Pöbel ist einfach. Zu. Blöd. Zur Rezeption. Man miterlebt dessen tatsächliche Bildungsferne etwa hier auf Achgut in den Kommentaren zu Solomon Asch. Sozialpsychologie verbleibt also ausbeutbares Herrschaftswissen! Was bringt Ausraufen von verbliebenem Haar. Is einfach so.

Arne Ausländer / 11.12.2022

Zu all diesen theoretischen Ausführungen ließe sich manches sagen, mehr als hier Platz und auch Zeit dafür vorhanden ist. Wesentlich aber erscheint mir in all dem eines: die zentrale Rolle der Angst für die Errichtung jeder Diktatur. Die glorifizierte französische Revolution entfaltete sehr bald einen Terror, vor dem kaum einer sicher sein konnte, im In- und Ausland. Lenin hatte schon mit dergleichen begonnen, aber dann halfen ihm (und Trotzki) Intervention und Bürgerkrieg, das Vorsätzliche beim “roten Terror” vor der Welt zu verbergen. Vom Adressaten, dem einfachen Bürger, freilich wurde die Botschaft durchaus verstanden. Auf die “Machtergreifung” der Nazis folgte, legitimiert durch den Reichstagsbrand eine 1 1/2jährige Terrorwelle gegen das eigene Volk, einschließlich der SA-Leute, die meinten, ihren Beuteanteil einfordern zu können. Die Angstpropaganda des Corona-Regimes sollte jedem noch vor Augen stehen. - Wir müssen diese verinnerlichte Angst überwinden, um - ohne unvorsichtig zu sein - eigene Wege zu gehen, um die Vorgaben der Mächtigen ins Leere laufen zu lassen. Der Anteil derer, die die böswilligen Verordnungen für Unsinn und grundgesetzwidrig halten, ist wohl spätestens seit dem Sommer 2020 groß genug dafür. Es scheitert daran, daß zu wenige sich trauen, diesen Verordnungen auch nicht zu gehorchen. Die Angst sitzt zu tief. Wenn sich das nicht ändert, und zwar bald, werden die ihre Pläne durchziehen, allenfalls ein wenig verzögert durch den zu schwachen Widerstand. Wir wissen ja nicht einmal so recht, was wir wirklich wollen. Und nun wurde mit den lächerlichen Verhaftungen ganz ernsthaft neue Angst gesät. Wer weiß denn, was geschieht, wenn man sich trifft, um über Zukunftsvorstellungen zu sprechen? Auch wenn das nichts mit Putsch o.dgl. zu tun hat, das war schon für die Stasi kein Hindernis, einen zum Staatsfeind zu erklären und kaputtzumachen. Diese Gefahr ist real. Dennoch verbietet sich zwar nicht Vorsicht, aber Angst, denn die würde uns hilflos machen.

Thomin Weller / 11.12.2022

Österreich hat besondere Probleme, nicht nur mit der Fokolarbewegung auch Institut für medizinische Anthropologie und Bioethik (IMABE), eine religiöse Hardcore Truppe. Es ist weitaus schlimmer als nur ein Juste Milieu, das Mittelmaß. Die restlos vetorecht gesteuerte Wissenschaft und Politik. Dazu—> Kölner Stadt-Anzeiger, 5.12.2012, Zusammenarbeit mit Bayer. Wie viel Freiheit braucht Forschung? Wirbel gab es im vergangenen Jahr um die Kooperation der Technischen Universität und der Humboldt-Universität Berlin mit der Deutschen Bank. Das Geldinstitut habe bei der Auswahl der Professoren, der Gestaltung der Lehre mitgewirkt und ein Vetorecht bei der Veröffentlichung der Forschungsergebnisse gehabt, so Mimkes.”<—Berlin und seine gesamte Politik vermutlich ebenso die Deutsche Forschungsgemeinschaft ist gekauft. Wissen ist Teufelszeug und ein “Betriebsgeheimnis”, es geht um Patente und sehr viel Geld. “Der Souverän sollte gut aufpassen!” Was nützt ein kastrierter Souverän ohne entsprechend juristische Hebel? Genau nichts.

Ludwig Luhmann / 11.12.2022

@Werner Geiselhart / 11.12.2022 - “Die nächste, die sich am Abbau der Rechtsstaatlichkeit versucht, ist die Faeser Nancy, die tatsächlich die Umkehrung der Beweispflicht durchsetzen will. Ein Beamter darf willkürlich entlassen werden, er muss dann selbst die Beweisführung für seine Unschuld starten, was natürlich sehr teuer und fast unmöglich ist. Einer der schärfsten Angriffe auf den Rechtsstaat und die FDGO in letzter Zeit.”—- Nicht mer lange, dann wird man wegen eines solchen Kommentars verfolgt, eingesperrt und gefoltert.

sybille eden / 11.12.2022

Alles sehr schön und wichtig, aber schon vor 57 Jahren ( ! )schrieb von Hajek bereits das wichtigste Werk über die Enstehung einer Gesinnungsdiktatur mit dem Titel ” Auf dem Weg zur Knechtschaft”. Die Mechanismen dieses Weges sind dort bereits perfekt beschrieben. Auch Roland Baader hat mit seinem Meisterwerk ” Kreide für den Wolf” wichtiges dazu beigetragen ! Auch das Framing einer Umgestaltung/Erneuerung als “Transformation” ist nur ein Propagandabegriff der Akteure. Ich würde diese so genormte Gesellschaft dann als ” TRAFO - FASCHISMUS ” bezeichnen. Aber ich glaube ohne ausreichend Energie, sprich Elektrizität, wird dieses Vorhaben scheitern ! Das wusste auch schon Lenin.

Mathias Rudek / 11.12.2022

Danke für den guten Tipp, lieber Herr Weißberger.

giesemann gerhard / 11.12.2022

Die Unfreiheit des Einzelnen steigt proportional mit der Zahl der Vielen. Wenn die Hypofertilen die Hyperfertilen nicht draußen halten können, dann gehen sie mit ihnen unter.  Die schieben sie einfach weg und trampeln sie nieder. Bis wieder mehr Platz ist, dann geht es erneut los.

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