Über den Ort Bützfleth (der tatsächlich so heißt, no kidding) habe ich schon berichtet. Er wird immer mehr zum Symbol eines unbeugsamen deutschen Bürgerwillens, welcher gegen alles aufsteht, was den Frieden vor der eigenen Haustür stören könnte. Oh, nicht dass der Bützflether sui generis hinterm Mond lebte! Kraftwerke, Autobahnen, Fabriken, Bahnstrecken und andere Geißeln des modernen Lebens seien manchmal unvermeidbar, räumt er ein. Aber doch bitte nicht in Bützfleth! Kurz, das tapfere Widerstandsnest an der Unterelbe stellt das idealtypische Gemeinwesen Sankt Florian dar, Eckpfeiler des Modells Deutschland…
Hier hatte sich zu Beginn der 70er Jahre allerlei Industrie angesiedelt; auch das älteste AKW der Republik entstand ganz in der Nähe. Mit den dadurch generierten Steuern konnte sich das über 1000 Jahre alte, nahe gelegene Stade zu einem viel besuchten Schmuckstück heraus putzen. Das AKW wurde vor ein paar Jahren abgeschaltet und sollte ursprünglich durch Kohlekraft ersetzt werden. Doch die Bützflether haben es sich anders überlegt und jede Menge Protestschilder in ihre Vorgärten gestellt. Den weiteren Ausbau des Industriestandortes – einer der ganz wenigen im armen, strukturschwachen Elbe-Weser-Dreieck – möchten sie ebenfalls verhindern. Schon jetzt gäbe es zuviel Dreck und Verkehrslärm, klagen sie. Die Versicherung von Stades Baudirektor, die Laster würden nicht durch den Ort geleitet, sondern über eine Nebenstraße, beeindruckte sie nicht. Auch an der Nebenstraße wohnen Menschen, konterten sie. Und wenn nicht, dann vielleicht der Wachtelkönig.
Jetzt haben die Bützflether einen neuen Investor aus Oldenburg ausgemacht, den es zu vergraulen gilt. Der Bau einer Biogasanlage, für den der Ortsrat noch im November votiert hatte, soll nach ihrem Willen nun lieber woanders stattfinden. Dort nämlich, wo der Mais für die Anlage angebaut werde, wie eine halbschlaue SPD-Frau vorschlug, die mal was von Ökobilanzen oder so aufgeschnappt hatte. Der Einwand der Biogasanlage-Befürworter, gerade in Bützfleth werde die Anlage Wärme für Turnhalle, Freibad und Wohnblocks liefern, während ihre Energie „in der Walachei verpuffen würde“ („Stader Tageblatt“), ließ die Kämpferin für eine saubere Umwelt ziemlich kalt. Auch die lokalen CDU-Größen tragen schwer an Bedenken, was die Biogasanlage angeht. So wurde das Thema im Ortsrat erst einmal vertagt. Modell Deutschland, wie aus dem Lehrbuch.
Ist doch klar: Strom kommt aus der Steckdose, Wärme aus dem Ofen, und die Sonne dreht sich um die Erde. Also, was dieses Land, wenn die geplante Bildungsoffensive denn jemals käme, ganz dringend bräuchte, ist Unterricht in einfachstem Alltagswissen. Ich, für meinen Teil, bekam im zarten Alter von 10 Jahren den Kosmos-Baukasten „Der kleine Elektromann, erstaunlich was er leisten kann“ geschenkt. Er hat mir viel gegeben. Mir kann jedenfalls keiner vormachen, dass Windräder meine Bude erleuchten. Oder dass Solardächer ein Land erwärmen, durch das der 50. Breitengrad geht.