Zu den ärgsten Sorgen meiner irdischen Existenz gehört die elektronische Bespitzelung, der man in diesem Staat ausgesetzt ist. Nicht allein, dass man heutzutage kaum noch angstfrei Kinderpornos runterladen, Bombenanschläge im Internet koordinieren oder Erpressermails versenden kann – jeden Aspekt des Privatlebens wollen die Büttel des Systems (ich sage nur: Schäuble!) kontrollieren. Ganz kirre macht mich besonders die Gewissheit, auf Schritt und Tritt von Kameras ausgespäht zu werden. Das erschreckende Ausmaß der visuellen Verfolgung wurde am Mittwoch in der abscheulichen Menschenjagd-Sendung „Aktenzeichen XY ungelöst“ deutlich…
Gleich in vier in der Sendung gezeigten Fällen wurden Menschen - darunter solche, die es wg. Migrationshintergrund sowieso schon schwer genug haben – an den Fernseh-Pranger gestellt und der Vorverurteilung eines nach billiger Vergeltung lechzenden Zuschauermobs preisgegeben. Alle waren Opfer von Überwachungskameras geworden, die ihre Verzweiflungstaten aufgezeichnet hatten (Juweliergeschäfte überfallen, deren Besitzer dreivierteltot schlagen, Banken berauben, von geklauten Kreditkarten Geld ziehen; was man halt so macht, wenn einen soziale Kälte umgibt). Aufnahmen, deren Veröffentlichung die Gezeigten nie zugestimmt hätten. Skandal!
Aber jetzt kommt´s hammerhart! Wussten Sie, dass man nicht mal in einem Praktiker-Baumarkt („20 Prozent auf alles außer Tiernahrung“) sicher vor Bespitzelung ist? Bei einem Einbruch in Bruchsal (!) hatten die Täter ein nagelneues Brecheisen hinterlassen. Für die Polizei war es ein Klacks, durch den aufgeklebten Barcode Kaufort und -zeitpunkt des Werkzeugs zu ermitteln. Ein williger Helfer aus dem Baumarkt versorgte sie auch noch mit Videomaterial, auf denen die Käufer des so genannten Kuhfußes – angeblich die Einbrecher – gestochen scharf am Ausgang des Geschäftes zu erkennen sind. Von hinten und von vorn! Mit diesen Bildern wurden Menschen, die vielleicht völlig harmlos sind, massenhafter Denunziation ausgeliefert.
Big brother is watching us! Heribert Prantl von der SZ, da ist ein geharnischter Leitartikel fällig! Wo bleibt der Aufschrei von Dr. Max Stadler (FDP-Bayern), unbeugsamer Ankläger des Trends zum gläsernen Bürger? Christian Ströbele, unser antifaschistischer Schutzwall, was tut er? Und wo ist eigentlich Schnarre, wenn man sie mal braucht?
Um wenigstens ein kleines Zeichen gegen den Überwachungsterror zu setzen: Kauft nicht beim Praktiker!