In den letzten Jahren haben sich nahezu alle Politiker der bisherigen Bundestagsparteien und viele engagierte Meinungsbildner bemüht, der AfD den Weg in die Parlamente, vor allem in den Bundestag, zu verbauen. Etliche Wähler haben dummerweise nicht auf sie gehört und den politischen Schmuddelkindern erst den Weg in die meisten Landtage und jetzt in den Bundestag geebnet. Sie haben das getan, obwohl sie beinahe von allen Seiten mit einer Lawine von Warnungen vor dieser Partei überschüttet wurden. Schon die Lucke-AfD wurde kurz nach ihrer Gründung bestenfalls als rechtspopulistisch klassifiziert. Seither haben sich viele Wohlmeinende bemüht, die AfD als rechtsradikal, rechtsextrem oder sogar als Nazis zu entlarven. Es half offenbar wenig, auch wenn ihnen verschiedene AfD-Vertreter dabei immer wieder unfreiwillig halfen.
Nun sitzen die meist grauhaarigen Schmuddelkinder der Politik als drittstärkste Fraktion im Bundestag, weil hinreichend viele Wahlbürger in der Stimmabgabe für die AfD die einzige Möglichkeit sahen, ihren Protest gegen die weitgehende Einheitsfront der anderen Parteien in den Fragen Zuwanderung und „Euro-Rettung“ zu artikulieren.
Was soll man nun gegen die AfD tun? Verbal können die parlamentarischen Mitbewerber gegenwärtig großes Geschütz auffahren. Wie unter Erstklässlern können sie sich auch zieren, im Plenarsaal neben den ungeliebten neuen Mandatsträgern sitzen zu müssen. Dummerweise muss man sich im Parlament ja an Regeln halten und die Partei irgendwie so behandeln, wie jede andere auch. Mancher würde das gern anders handhaben, aber das Motto „Diskriminieren für die Anti-Diskriminierung“ stößt schnell an die Grenzen des Rechtsstaats.
Fehler eingestehen oder noch härter kämpfen?
Was also soll man gegen die AfD tun? Manch außerparlamentarische Bündnispartner im „Kampf gegen rechts“ lassen sich nicht so leicht durch die Grenzen des Rechtsstaats am Handeln hindern. Sie haben schon in den letzten Monaten durch Angriffe auf AfD-Wahlkämpfer, Gewaltdrohungen und Gewalt gegen die, die der AfD vielleicht einen Saal für Veranstaltungen vermieten wollten, Störungen von Wahlveranstaltungen oder das Anzünden von Autos gezeigt, wie sie sich diesen Kampf vorstellen. Eine Empörung darüber war von anderen Parteien kaum vernehmbar.
Geholfen hat dieser Kampf allerdings nicht. War er vielleicht falsch oder muss er weiter verstärkt werden?
Emily Laquer spricht für die „Interventionistische Linke“, eine Gruppierung, die bei der Organisation der gewalttätigen Proteste gegen den G-20-Gipfel in Hamburg von sich reden machte. Frau Laquer erklärte jetzt der FAZ und damit Lesern, die eher nicht ihre Genossen sind, wie der Kampf gegen die AfD künftig geführt werden muss:
Wir werden den Weg weitergehen, den wir im vergangenen Jahr eingeschlagen haben: In Köln haben wir mit 10.000 Menschen den Bundesparteitag der AfD gestört, im Wahlkampf haben wir dasselbe bei vielen anderen Wahlveranstaltung der AfD gemacht und auch Infostände blockiert, uns mit Transparenten davorgestellt. Ich hoffe, dass die außerparlamentarische antifaschistische Bewegung jetzt noch stärker wird. Es reicht nicht, nur geschockt zu sein und darauf zu hoffen, dass die AfD sich selbst zerlegt. Nazis verschwinden nicht, indem man sie ignoriert. Deswegen beginnen wir jetzt schon mit der Mobilisierung für den Protest gegen den AfD-Bundesparteitag am 2. Dezember in Hannover. Ich hoffe auf eine Erneuerung des zivilgesellschaftlichen Engagements. Beim Birlikte-Kulturfestival in Köln war ich 2016 dabei, als wir mit Trillerpfeifen auf der Bühne den Auftritt eines AfD-Politikers verhindert haben. Wir stören überall, wo man stören kann. Manchmal hilft es auch, wenn man einen Veranstalter anruft und ihn auffordert, die AfD nicht auftreten zu lassen.
Kein Mitleid
Dass man die AfD argumentativ entzaubern könnte, hält die Genossin offenbar für unwahrscheinlich. Sie sagt: „Mit der AfD kann man nicht diskutieren. Leider haben viele Talkshows das nicht verstanden und den Rahmen des Sagbaren nach rechts verschoben. Die Positionen von Gauland sind faschistische Propaganda. Dem darf man kein Forum geben.“
Für die Auseinandersetzung empfiehlt die „Interventionistische Linke“ eine andere Richtung. Die FAZ fragt: „Muss man als AfDler Angst haben?“ Die Antwort:
„Ja, Nazis sollten Angst haben. Wir, die außerparlamentarische Linke, werden die AfD jagen. Jetzt noch entschlossener. Aber um das klar zu stellen: Wir von der Interventionistischen Linken wollen breite Bündnisse, unsere Art von Protest sind große Demos und entschlossene Blockaden. Wir organisieren keine brennenden Autos vor dem Parteitag.“
„Aber die wird es geben?“, lautet die Nachfrage.
„Weiß ich nicht. Sie haben von brennenden Autos geredet. Ich habe zwar kein Mitleid, wenn jemand die Karre eines AfDlers beschädigt, aber wir rufen auch nicht dazu auf.“
Ganz salopp könnte man sagen: Offenbar setzen auch Linksextreme manchmal auf Eigenverantwortung. Aber kann man diese Ankündigungen einfach als linke politische Folklore oder gar als legitime Art, mit einer als irgendwie rechtsextrem abqualifizierten Partei umzugehen abtun? Egal, wie man die AfD bewertet, selbst wenn die schlimmsten Zuschreibungen zutreffen sollten, so muss man in einer Gesellschaft, die frei und demokratisch sein will, solcher Art des Gesinnungsterrors entschieden entgegentreten. Im „Kampf gegen rechts“ gibt es derzeit weitgehend eine fatale stillschweigende Akzeptanz politisch motivierter Gewalt. Doch wenn die sich weiter etablieren kann, bleibt sie nicht auf den Bereich beschränkt, in dem Wohlwollende gern wegschauen.
Der Beitrag erschien auch auf Peter Grimms Blog sichtplatz