Südsudan liefert mit seinen jüngsten Massakern, Vergewaltigungen und Vertreibungen einen Klassiker für alle, denen der Spruch von der kinderfressenden Revolution zusagt, obwohl in Juba realiter unversorgte Brüder den Genossen an den Fleischtöpfen die gemeinsam erkämpfte Beute entreißen wollen. Wir kennen das etwa aus Angola (1975-1991) oder Mozambique (1975-1989), wo beim Verdrängen der Portugiesen Zehntausende umkommen, danach aber Hunderttausende beim gegenseitigen Ausmerzen, weil für jede frei gewordene Pfründe ein halbes Dutzend Revolutionäre für Hauen und Stechen bereitsteht.
Dafür muss man die Amtsträger aus den eigenen Reihen aber erst einmal als Verräter an der noblen Sache hinstellen, die 2011 im Südsudan als „Justice, Liberty, Prosperity” sogar zum nationalen Motto wird. Die weltweit gefeierten Führer – im Zweifelsfalle die Skrupelloseren im Krieg von 1972-2005 gegen die Araber im Norden – verteidigen rücksichtslos ihre Sessel.
Völlig konsequent beklagen daraufhin ehemalige Führungskader der „Sudanesischen Volksbefreiungsbewegung“ (SPLM) das „diktatorische“ Verhalten des Staatschefs Salva Kiir. Seine Truppen kontrollieren vor allem die beiden Ölpipelines, über die er noch 2011 den Löwenanteil seiner internen Einnahmen bezieht. Seit dem Stopp der Produktion aufgrund des Transportgebührenstreits mit Sudan stammen die Staatseinahmen vorrangig aus westlichen Geldgeschenken. Davon wollen natürlich viele ihren Anteil, so dass aktuell sieben Rebellengruppen in neun der zehn Bundeländer auf die Leute Kiirs schießen.
Südsudans Bürgerkriegsindex nahe 7 (D: 0,8) – auf 15 Männer im Alter von 55 bis 64 Jahren folgen fast 100 Jünglinge zwischen 15 und 24 – zeigt an, dass diese Kämpfe eine Zukunft haben. Gut acht Millionen Einwohner gibt es 2008, ein halbes Jahrzehnt später sind trotz aller Verluste elf Millionen übersprungen. Das männliche Durchschnittsalter liegt bei gut 16 Jahren gegenüber knapp 45 beim Geldgeber Deutschland. Auch weiterhin haben die Frauen – 84 Prozent können nicht lesen – fast sechs Kinder (D: 1,4) und noch nicht einmal alle Kindersoldaten aus den Unabhängigkeitsgemetzeln sind demobilisiert.
Obwohl – ausnahmsweise einmal vorab – die CIA 2010 genozidale Auseinandersetzungen in Südsudan kommen sieht und das auch öffentlich macht, kündigen Truppen vom Stamm der Nuer (1 Million Mitglieder) bald danach ungeniert an, alle 85.000 Murle auszurotten, damit die Nuer-Tiere genügend Weidegründe finden. Am 19. Dezember dringen Mitglieder der Nuer-Jugend sogar in die UNO- Basis Akobo ein, um dorthin Geflohene zu ergreifen. Gleichwohl verteidigen Murle sich auch mit Waffen. Das könnte dafür sprechen, dass die meisten der 60 südsudanischen Stämme eher kämpfen werden, als widerstandslos an der Schlachtbank zu enden.