Wolfgang Röhl / 05.08.2013 / 09:35 / 4 / Seite ausdrucken

Querdenkender Herr Leo Pröstler,

Sie sind, schreibt mir Ihre Pressetante, ein „Öko-Pionier“ und Geschäftsführer der „Querdenker GmbH“ in Freiburg im Breisgau. Deren Büro hat mir eine Mitteilung geschickt, die auf das „Generationen-Manifest“ aufmerksam macht, welches Sie als Querdenkerpionier natürlich unterzeichnet haben. Es handelt sich dabei um eines dieser Rettet-die-Welt-Traktate, das „eine Strategie des Wandels für Deutschland, Europa und die Welt“ fordert. Seine zehn Punkte sind mehrheitlich aus den Wahlkatalogen der Grünen, der SED-Nachfolger und der Sozen abgeschrieben. Aber im Grunde geht’s den Manifesteros nur um Punkt 1 („Der Klimawandel, die größte Bedrohung, die wir Menschen jemals erlebt haben“) und Punkt 2 („Die Energiewende, das bedeutendste Projekt unserer Generation“).

Wenn man liest, wer da als Unterzeichner mit an Bord ist, weiß man gleich Bescheid: unter anderen Franz Alt, Mojib Latif, Niko Paech als Umweltkassandras; Hannes Jaenicke, Walter Sittler, Edgar Selge als schauspielerndes Weltgewissen. Sowie ein bunter Strauß von Gutunternehmern, Pfäffinnen,  Fernsehköchinnen, Piratinnen, Expolitikern, garniert von Schnatterhennen und –hähnen aus dem Stall der C-Prominenz.

Glauben Sie mir, werter Herr Pröstler: wie solche Listen zustande kommen, die ein „breites Bündnis besorgter Bürger“ vortäuschen sollen, das kenne ich (bin Ihr Jahrgang) aus dem Effeff. Das Copyright daran hält die famose DKP, einst Speerspitze der Arbeiterklasse in der BRD. Deren Funktionäre und Sympathisanten hatten die Unterschriftstellerei in den 1970ern und 1980ern zu höchster Blüte entwickelt. Das Label hieß damals „Frieden“. Heute heißt es „Klimawandel“. Ansonsten same procedure as every year.

Keine Missverständnisse! Nicht dass ich den „Manifest“-Leuten Verbindungen zur kommunistischen Resterampe der BRD unterstellen möchte. Es ist schlimmer. Das Gedöns von „Nachhaltigkeit“, „zukünftigen Generationen“, „sozialem und ökologischem Gleichgewicht“ (im Manifest ganz obenan) soll bloß verdunkeln, worum es vielen Mahnern & Warnern geht: um ihr Geschäftsmodell.

Von dem ewigen „5 vor 12“-Geschrei profitiert ja nicht nur die Wind- und Solarindustrie und die ungezählten Institute, die von nie endenden, lukrativen Klimaforschungsaufträgen aus der Staatskasse leben. Auch andere Unternehmungen machen quer durch die Republik gutes Geld, indem sie Verängstigten allerhand Zeug andrehen, das angeblich „klimaneutral“, „umweltfreundlich“, „nachhaltig“ und „fair“ produziert wurde.

Da aber die Klimaerwärmung seit geraumer Zeit stagniert, sich die Energiewende als teure Luftnummer entpuppt hat, alle Welt außer Deutschland neue AKWs baut, Elektroautos Garagenhüter bleiben usf. und da das doofe Volk den ganzen Klimaquatsch sowieso nicht mehr kauft, wächst die Sorge bei jenen, die weiterhin in den heiligen Markthallen der Church of global warming dealen möchten.

Die Bude brennt! So verstehe ich das Zustandekommen dieses, äh, Manifests, das Sie mir zukommen ließen.

Über Sie selber und Ihre Querdenker GmbH (ulkiger Name übrigens!), habe ich mich mal etwas schlau gemacht. Sie, lieber Herr Pröstler, waren einst Manager bei Mannesmann, bevor sie sich auf Themen wie Umwelt, Dritte Welt und Fairtrade kapriziert haben. 1980 wurden sie Geschäftsführer des Freiburger „Öko-Instituts“. 1987 gründeten Sie „Waschbär“, den „ersten deutschen Versandhandel für Umweltprodukte“. Leider mussten Sie nach ein paar Jahren für diese ebenfalls sehr lustig benannte Firma Insolvenz anmelden. Der Laden läuft immer noch, allerdings ohne Sie.

Gegenwärtig haben Sie eine „Mission“, ja eine „Vision“, wenn ich Ihrer Website folge und mir den Helmut Schmidt mal verkneife. Ihre Werte sind u.a. „Gerechtigkeit“, „Partnerschaft“ „Transparenz“ und – geniale Wortschöpfung Ihrerseits -  „Plustainability“. Waschechte Quergedanken, das! Andere Unternehmen bekennen sich in ihrer Firmenphilosophie ja ausdrücklich zu Ungerechtigkeit, Partnerbeschiss, Undurchschaubarkeit und auf-Deubel-komm-raus-wirtschaften.

Sie sammeln derzeit, entnehme ich der „Welt“, bei Menschen frommer Denkungsart Geld für den geschlossenen Fonds „Bauminvest 2“ ein, offenbar nicht unerfolgreich. Da geht es um ein „Aufforstungsprojekt“ in Costa Rica. 450 Hektar Wald sollen entstehen, 50 Prozent Teakholz, 50 Prozent Mischwald. Das Fondvolumen beträgt 8,25 Millionen Euro. Sicher eine gutgemeinte Sache. Am liebsten wäre ich dabei!

Leider kriege ich bei so genannten Ökoprojekten in exotischen Regionen immer lange Zähne. Noch längere, wenn ich in der „Welt“ lese: „Die große Ausschüttung prognostiziert Bauminvest für das Jahr 2033, Kapital in Höhe von 337 Prozent der Einlage soll zurückfließen. Die Rendite basiert zu 85 Prozent auf dem Wachstum der Bäume und zu 15 Prozent auf kalkulierten Preissteigerungen bei Holz. Zusätzliche Erlöse könnten durch den CO2-Handel entstehen.“

Oh je – 2033! Erst in zwanzig Jahren fließt das meiste Geld zurück? Dann sind wir beide 85 Jahre alt! Selbst wenn die Welt bis dahin nicht untergegangen ist, weil sich Ihre Mitstreiter vom Generationen-Manifest durchgesetzt haben – was soll ich dann noch mit der Kohle?

Und wenn - nur mal angenommen – sich das Ganze ohnehin als Luftnummer entpuppt? Wenn die Rechenkunststücke, auf denen Ihre Fonds basieren, etwa so realistisch sind wie Merkels Vorstellungen von der Energiewende? Wenn der Rohstoff Holz an Wert verliert, und zwar nachhaltig? Wenn es in zwanzig Jahren in Costa Rica drunter und drüber geht? Kann ich dann Sie, den gerechten, partnerschaftlichen, durch und durch transparenten Herrn Pröstler verklagen? Sie mit Schriftsätzen bombardieren, von Altenheim zu Altenheim? Würde nicht viel bringen, oder?

Doch zugegeben: Ihre Vision hat was. Wie alle Visionen von Querdenkern und Ökopionieren mit beschränkter Haftung. Wenn die Rechnung kommt, sind die Urheber längst über alle Berge. Idealerweise irgendwo am Genfer See, umsorgt von einer Schar dienstbarer Geister.
http://www.generationenmanifest.de/die-unterzeichner/
http://www.querdenkergmbh.de

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Bernd Jeller / 09.08.2013

Sehr geehrter Herr Röhl, ich habe Ihren Artikel “Querdenkender Herr Leo Pröstler” mit großem Interesse gelesen. Zeigt Ihr Artikel doch wieder einmal sehr aufschlussreich, welche moralischen und sozialen Ansichten die meisten Autoren des Blogs “Achse des Guten” haben. Bedauerlicherweise nämlich überhaupt keine. Dass von diesem Blog, bzw. seinen Autoren der Sozialstaat ohnehin komplett abgeleht wird, ist ja praktisch klar. Handelt es sich doch bei Ihnen, Herr Röhl, und Ihren werten Kollegen um (national-)konservativ-neoliberale “freie Autoren” oder “Journalisten”. Da ist die vollkommen wirtschaftsliberale und marktbejahende Sicht natürlich fest vorgegeben. Aus diesem ideologischen Schuh kommen Sie auch alle miteinander nicht mehr raus. Das ist schon klar. Das ganze wäre auch nicht so schlimm, würden Sie es nicht alle unter dem Deckmäntelchen der “Freiheit” propagieren. Wenn Sie wenigstens zu Ihrem konservativ-neoliberalen Weltbild stehen würden. Dass könnte ich dann noch akzeptieren. Und Ihre “Klimawandellügen-Verschwörungstheorie”, die ebenfalls von vielen Autoren auf diesem Blog vertreten wird - geschenkt. Es ist eben doch so, dass die, die am intensivsten gegen Verschwörungstheorien zu Felde ziehen, die wahnsinnigsten auch selbst verbreiten. Auch dass muss ich wohl hinnehmen. Um das klar zu stellen: Es geht gar nicht darum, dass Sie das alles nicht verstehen. Ich denke, Sie verstehen sogar sehr gut. Sie wollen nur nicht. Denn alle sozialen und Klimaschutzmaßnahmen laufen leider der Weltwirtschaft entgegen und damit der Mehrung von Profit. Und - die Mehrung von Profit, die Sie Ihren Gegnern unterstellen, ist doch in Wirklichkeit das Einzige, was Sie und Ihre Autorenkollegen interessiert. Mit freundlichen Grüßen Bernd Jeller

Jürgen Stratemeier / 05.08.2013

Nachhaltig ökonomisch Das ist wirklich genial quergedacht. Im Anlageprospekt klipp und klar sagen: In den nächsten 20 Jahren gibt es erstmal nichts. Da raufen sich Anlageschützer (ernsthafte und selbst ernannte) glatt die Haare. Obwohl nach der Konzeption des Anlagemodells in den ersten Jahre zwangsläufig Verluste anstehen, die zu den sonst so gern in Anlageprospekten herausgestellten steuerlichen Verlustzuweisungen führen dürften, vermeidet man diesen für Anleger eigentlich vorteilhaften Aspekt fast vollständig. Da könnten sich ja vorzeitig Fallstricke aus Prognosen ergeben. Bei näherem Betrachten des Anlage-Prospektes ist immerhin erkennbar das für den Initiator nachhaltig etwas bei der Sache herauskommt. Die persönlich haftende Gesellschafterin also Bauminvest GmbH hat Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen auch für das Gehalt ihres Geschäftsführers. Dieses Gehalt bestimmt nun die Gesellschafterersammlung der Bauminvest GmbH also deren Gesellschafterin Querdenker GmbH. Die täglichen Brötchen sind also nahhaltig gesichert, zumal es mittlerweile die Bauminvest III gibt. Auch nicht 20 Jahre zu warten braucht der Initiator auf einen ersten kräftigen Schluck aus der Pulle: Nach den Angaben im Anlageprospekt erhält die Querdenker GmbH: Die Querdenker GmbH erhält für Konzeption und Projektentwicklung der Vermögensanlage eine Gesamtvergütung on 137.000- €. Und das für Bauminvest Nr. III. Für den Vertrieb der Vermögensanlagen fällt eine Erfolgsprovision von 1.320.000.- € an. Natürlich wird der Löwenanteil für Vertriebskosten/Klinkenputzer anfallen. Ein kräftiger Sofort-Schluck aus der Pulle bleibt.

Ferdinand Wild / 05.08.2013

Ich bevorzuge das Längsdenken. In die Tiefe kommt man längs einfacher als “quer”.

Heinz Thomas / 05.08.2013

Wenn man sich den Internetauftritt der s. g. “Querdenker” - Gesellschaft mit Beschränkung (Haftung ist bei diesen Leuten sowieso ausgeschlossen) ansieht, dann wird sofort klar, dass es einzig und allein um die Einkommensversorgung dieser Clique geht. Die Leute des Teams haben alle Berufe, in denen es schwer ist, eine Anstellung zu finden. Und so wählt man eben in diesem verqueren Staat eine Variante, um mit Verschleierungstaktik an Steuerknete heran zu kommen. Die Wertschöpfung des Unternehmens ist gleich Null. Herzlichen Dank für die Kolumne, lieber Herr Röhl, etwas Spaß ist immerhin produziert worden.

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