Manfred Haferburg / 28.07.2017 / 06:08 / Foto: Mateussf / 24 / Seite ausdrucken

Oh, diese Ossis

Für schlappe 129.391,86 Euro erstellte das Göttinger Institut für Demokratieforschung im Auftrage Ostbeauftragten der Bundesregierung, Iris Gleicke (SPD) vom Bundeswirtschaftsministerium eine Studie zum Rechtsextremismus.

Wie bestellt, so geliefert: Die von Gleicke in Auftrag gegebene Studie kam im Mai zu dem Schluss, dass rechtsextremes Gedankengut in Ostdeutschland auf besonders fruchtbaren Boden falle. Rechtsextremismus werde durch „spezifische regionale Faktoren, die in Ostdeutschland stärker ausgeprägt sind befördert“. Dazu zählte das Göttinger Institut für Demokratieforschung unter anderem die Sozialisierung in der DDR, ein weit verbreitetes "Gefühl der kollektiven Benachteiligung", fehlende Erfahrungen mit Ausländern und auch mangelnde politische Bildung. Kurz: die Ossis sind asoziale ungebildete Looser mit Hang zur braunen Farbe.

Das 236 starke Papier wurde in der Folge wegen inhaltlicher und methodischer Fehler scharf kritisiert. Die Autoren haben sich beispielsweise auf 40 Interviews gestützt, die sie in ausschließlich Kreisen linker Politiker und Aktivisten geführt hatten. Sie hatten unter anderem einen Erfurter Stadtrat, der „ganz offensichtlich nicht belegbare bloße Aussagen eines anonymen Akteurs als Tatsachen“ dargestellt hatte, als Beleg angeführt. Und in der Expertise tauchten erfundene Namen von angeblichen Experten auf.

Am 24. Mai wiesen Iris Gleicke und das Bundeswirtschaftsministerium jegliche Kritik an der Wissenschaftlichkeit der Studie scharf zurück. Bei einem Seitenpreis von 548,27 Euro sollte man sich auch jede Kritik verbitten, auch wenn man die 236 Seiten noch gar nicht gelesen hat. Iris Gleike führte aus, dass knapp 50 Prozent der gut 1400 rechtsmotivierten Gewalttaten aus dem Jahr 2015 in Ostdeutschland verübt worden seien. "Das ist ein Problem, und dieses darf nicht kleingeredet oder verleugnet werden." Ursachen müssten schonungslos und ohne Tabus aufgedeckt und offengelegt werden. Es gebe keine Veranlassung, daran zu zweifeln, dass die Studie nach aktuellen wissenschaftlichen Standards erstellt worden sei. "Die erhobenen Vorwürfe, es wären Interviewpartner im Rahmen der Studie erfunden oder fingiert worden, weise ich mit Nachdruck zurück" Also waren am 24. Mai die Ossis immer noch asoziale ungebildete Looser mit Hang zur braunen Farbe.

Am 26. Juli vollzog nun Iris Gleike die 180 Grad Wende. Ob das mit dem Wahlkampf oder dem Proteststurm zusammenhängt, ist nicht belegt. Vielleicht hatte Frau Gleike die Studie nunmehr auch wirklich gelesen: Die Studie habe „ihre Glaubwürdigkeit eingebüßt, weil sie von jedermann als unsolide abqualifiziert werden kann“. Damit habe sie „jeden Wert für die dringend notwendige gesellschaftspolitische Debatte über die Ursachen des Rechtsextremismus in Ostdeutschland verloren“. Dieser „Mangel an Sorgfalt“ sei mit den Grundsätzen wissenschaftlichen Arbeitens nicht zu vereinbaren. Zudem sei er ein klarer Beleg für eine „schlicht nicht hinnehmbare Schlamperei“, heißt es in dem Brief weiter. Nun sind die Ossis offenbar nicht mehr asoziale ungebildete Looser mit Hang zur braunen Farbe.

Da war Frau Gleike und das Ministerium offenbar einem Haufen von wissenschaftlichen Stümpern aus Göttingen aufgesessen. Frau Gleike ist die Ostbeauftragte der Bundesregierung und sollte eigentlich ihre Ossis auch ohne teure Studie so gut kennen, dass sie nicht solcher wissenschaftlich verbrämten Diskriminierung von Millionen von Bürgern auf den Leim geht. Wusste sie es nicht, ist Frau Gleike ihrem Job nicht gewachsen und sollte ihren Hut nehmen. Aber keine Sorge, sie wird nicht arbeitslos. Sie könnte ja noch Nordbeauftragte, Südbeauftragte oder Westbeauftragte der Bundesregierung werden oder in ihrem Nebenjob als Aufsichtsratsvorsitzende der Deutschen Energieagentur die Energiewende wenden.

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Rudolf George / 28.07.2017

Es gebe keine Veranlassung, daran zu zweifeln, dass die Studie nach aktuellen wissenschaftlichen Standards erstellt worden sei, meinte Frau Gleicke noch am 24. Mai. Ich fürchte, dass diese Aussage entlarvend ehrlich und zutreffend war, ohne dass sich die Urheberin dessen bewusst war. Denn die “aktuellen wissenschaftlichen Standards” in den Sozialwissenschaften scheinen immer neue Tiefen zu erreichen. Gefakte Inteviews sind da noch das geringste. Beim Blick auf die Disziplin Gender-Studies kommt einem das wahre Gruseln. Und alles von unserem Steuergeld bezahlt.

beat schaller / 28.07.2017

was für ein himmelschreiender politischer filz sie uns da aufzeigen, herr haferburg, der ist ja kaum zu glauben. dafür werden steuergelder verdampft, stimmung gemacht und von politischer seite, mit all den staatlich angestellten sekretären und beamten, welche auch im aufsichtsrat der energieagentur sitzen weitere einkommen aus steuergeldern beziehen wie die maden im speck rundum betreut. was hat das mit demokratie zu tun. das ist self-service und staatliche denkvorschrift und wohl noch vieles mehr. wie können sich solche leute denn an der macht halten? warum kommt von der bevölkerung kein geschrei? geht es diesen bürgern denn wirklich so gut oder ist schlichtweg jeder schon so apatisch und demoralisiert, dass sich da auch bei den nächsten wahlen nichts mehr bewegt? danke für die aufklärung mit all den hinweisen auf die quellen. frustrierend und erleuchtend. beat schaller

Karla Kuhn / 28.07.2017

Dieser Schuß ist gründlich nach hinten losgegangen. Man könnte ja lachen aber die Steuergeldvergeudung dafür ist alles andere als lustig.  Die “Dunkeldeutschen” sind nämlich ganz schön helle !!

Ralf Sträter / 28.07.2017

“Loser” bitte nicht “Looser”

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