Katharina Szabo / 30.08.2014 / 14:57 / 6 / Seite ausdrucken

Özdemir: Kaltes Wasser und Canabis

Derzeit erreichen uns täglich Bilder Prominenter, die, nachdem sie sich einen Kübel Wasser über den Kopf gekippt haben, weitere Prominente auffordern, es ihnen gleich zu tun. Sinn und Zweck dieser so genannten ice bucket challenge ist es unter anderem, auf die Krankheit ALS aufmerksam zu machen. Spenden sollen gesammelt und die Pharmaindustrie aufgefordert werden, mehr in die Erforschung der Krankheit zu investieren um ein Gegenmittel herstellen zu können. Diesem Anliegen konnte sich auch Grünen Politiker Cem Özdemir nicht verschließen.

Wie zahllose Prominente vor ihm schüttete er sich gut gelaunt vor laufender Kamera einen Eimer kalten oder warmen Wassers ohne Eiswürfel über den Kopf und machte somit auf die Nervenkrankheit ALS aufmerksam. Anschließend stellte er den auf seinem Balkon produzierten Film ins Netz, wie es nun mal die Regeln der challenge vorschreiben. Was Özdemir dabei aber übersah, ist der Umstand, dass er vor den Filmaufnahmen vergessen hatte, eine Cannabispflanze wegzuräumen, welche auf seinem Balkon gedieh. Dies rief nun wiederum die Staatsanwaltschaft auf den Plan, da der Anbau von Cannabispflanzen gegen das Betäubungsmittelgesetz verstößt. Offenbar will man nicht mit zweierlei Maß messen. Was dem kleinen Mann von der Straße verboten ist, soll dem prominenten Politiker nicht erlaubt sein. Cem Özdemir sah sich nun in die Enge getrieben und tat die Flucht nach vorne an.

Mit voller Absicht habe er die Hanfpflanze lediglich für die Filmaufnahmen auf seinem Balkon platziert, um subtil für die Legalisierung des Cannabiskonsums zu werben, verkündete Özdemir. Ein genialer Schachzug. Sollte Özdemir nun wegen Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz angeklagt werden, ist er somit nicht wie jeder x-beliebige Kiffer von der Straße lediglich ein in die Fänge der Justiz geratener Drogenkonsument, sondern ein politischer Gefangener, der gegen die Ungerechtigkeiten des Systems aufbegehrt. Ein Hauch von Nelson Mandela würde fortan sein Image umwehen.  Dies kann seiner Karriere nur förderlich sein. Immerhin ist das Aufbegehren gegen die die Ungerechtigkeiten des Systems, unter denen besonders der nicht privilegierte Mensch zu leiden hat, das Markenzeichen grüner Politik.

Viele kleine Cannabiskonsumenten sehen sich derzeit von den Strafverfolgungsbehörden unter Druck gesetzt, obwohl sie ja eigentlich niemandem außer sich selbst schaden. Und den Drogenkartellen nützen. Mit einer Legalisierung des Cannabiskonsums, so das gängige Argument, müssten Drogennutzer aber fortan ihr Hanf nicht mehr beim Dealer auf dem Schulhof erwerben, sondern könnten dieses legal im kleinen Laden an der Ecke kaufen. Oder auf dem Balkon selber anbauen. Die reichen Drogenbosse würden, ihrer Lebensgrundlage beraubt, schnell verarmen. Die Grünen hätten die Welt wieder mal ein Stück weit besser gemacht und zudem an der Erschließung jungen und neuen Wählerpotentiales gearbeitet.

Schwere, irreversible Gehirnschäden und sogar das Auftreten von Psychosen verursache dauerhafter Cannabiskonsum beim Menschen, besonders wenn sich dabei um Heranwachsende handle, warnen Neurologen schon seit längerem. Darüber hinaus wird Cannabis häufig in Zigarettentabak eingestreut und geraucht. Aber können ausgerechnet die Grünen, die ja dazu da sind, den Bürger vor der Aufnahme schädlicher Stoffe zu bewahren, dies befürworten? Die Antwort lautet, ja, das geht durchaus. Ebenso wenig wie Parteispenden gleich Parteispenden sind, sind Giftstoffe gleich Giftstoffe. Ausschlaggebend ist hier wie dort, der Nutzeffekt.

Erläutert wurde das grüne Prinzip des Nutzeffektes bereits im Jahr 2010 durch die damalige Bundesgeschäftsführerin der Grünen, Steffi Lemke. Befragt, worin der Unterschied bestünde zwischen den von den Grünen heftig kritisierten Parteispenden an die FDP durch Hoteliers und Parteispenden an die Grünen durch die Solar- und Windenergiebranche zur jeweiligen Durchsetzen der Anliegen, antwortete sie:  “Es geht um Legitimität, nicht um Legalität. Die berechtigte Kritik entstand doch, weil sich niemand von der niedrigeren Mehrwertsteuer irgendeinen Nutzeffekt verspricht.” Spenden der Solarindustrie an die Grünen haben also einen Nutzeffekt. Für die Grünen und die Solarbranche. Spenden von Hoteliers an die FDP aber nicht. Somit gilt: Was im einen Fall gut ist, ist halt im anderen Fall schlecht. Dieses Prinzip grünen Selbstverständnisses lässt sich praktischerweise auf wirklich alles anwenden. Auch auf die Aufnahme von gesundheitsgefährdenden Schadstoffen. Würden die Grünen für eine Legalisierung des Tabakkonsums in öffentlichen Gebäuden kämpfen, hätte lediglich die Tabakindustrie einen Nutzeffekt. Nicht aber die Grünen.

Bei Cem Özdemirs Kampf für die Legalisierung des Cannabiskonsums sieht die Sache hingegen anders aus.

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Leserpost

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Ellen Schneiderhaus / 01.09.2014

Könnte bitte jemand Doppelmoralfreies den ersten Stein werfen? Nein? Niemand da? Dachte ich es mir doch.. Ein PS zur Prohibition: Im Netz mal nach dem Stoff “Ecgenin” suchen oder bei Wiki die Cocapflanze nachschlagen. Bin da vor ein paar Tagen drübergestolpert und ich muss sagen, ich war baff. Es handelt sich dabei um ein Kokainderivat (genau genommen: Koks+Kalk), was NICHT SÜCHTIG macht. Ich widerhole, der Koksrausch ist möglich ohne langfristige Kopfschmerzen. Ungesund für das Herz wird das Zeugs vermutlich sein wie Kokain selbst, aber man kann ja problemlos damit aufhören, da es - ich wiederhole mich da gerne - NICHT SÜCHTIG macht! Frage: Warum ist sowas verboten?

Klaus Kalweit / 01.09.2014

Sehr geehrter Herr Schneider, natürlich haben Sie recht, wenn Sie auf Schäden durch langjährigen übermäßigen Konsum hinweisen. Doch unterschätzen Sie nicht die fatale Wirkung von Cannabis. Ich lernte vor 40 Jahren einen Kommilitonen kennen, der mir Hasch anbot. Ich oute mich hier: Ich habe immer abgelehnt! Die Freundschaft mit dem Haschfreund, der täglich, vermutlich bis heute, Cannabis rauchte, zerbrach vor ein paar Jahren. Er zeigte entsetzliche Persönlichkeitsveränderungen, entwickelte zunehmend wirre Gedanken, verlor jede Fähigkeit, zuzuhören, von verstehen gar nicht zu reden, und das als Naturwissenschaftler. Zu sagen, er ist heute ein Schatten seiner selbst, ist Schönfärberei. Alkohol hat er übrigens nie getrunken.

Arno Besendonk / 01.09.2014

Unsinnige Verbotspolitik? Wie “unsinnig” derartige Verbote sind habe ich bei meinem Sohn erlebt, dessen Zukunft sich ab dem 8. Schuljahr in Rauch aufgelöst hat und der sich jetzt mit prekären Jobs über Wasser hält. Im Gegensatz zur Zukunft seiner Schwester übrigens, die grade auf ihren Doktor zusteuert. Wer die Kifferei für harmlos hält lügt sich etwas vor! Aber vielleicht ist das ja grade so gedacht? Wer nicht nachdenkt, der lässt sich als bekiffter 16jähriger von Friede - Freude - Eierkuchenparolen einlullen und wählt linksgrün? Die SPD hat in der Vergangenheit mal etwas ähnliches probiert, als sie nicht per Droge sondern per Radio Einfluss auf die Hirne der Menschen nehmen wollte: Während überall sonst der Private Rundfunk zugelassen wurde hat NRW ein Konstrukt von Lokalsendern unter Führung des WDR etabliert, der via Radio Oberhausen die Nachrichten für alle Sender liefert und so deren veröffentlichte Meinung steuert. “Und sie werden nicht mehr frei für ihr ganzes Leben” hieß es mal von ganz rechts.

Stefan Kahle / 31.08.2014

Da hat der Cem offensichtlich vergessen, was der eigentliche Grund dieser Aktion ist… Eine an sich gute Idee wurde hier eindeutig zur Selbstdarstellung missbraucht. Einfach nur widerlich.

Oliver Schneider / 30.08.2014

So ein Rumgespießer - unglaublich. Wegen einer Pflanze auf dem Balkon so ein Traktat. 1. Schauen sie mal in die USA; dort lernt man im Zweifelsfall immer noch schneller als hier. 2. “Schwere, irreversible Hirnschäden und Psychosen, gerade bei Heranwachsenden”; stimmt wahrscheinlich bei 5 gr. am Tag über Wochen; wohl auch bei 1 Flasche Schnaps am Tag; oder andere Organe betreffend beim Genuss von 3KG fettigem Schweinefleisch oder 10 Big Macs täglich ... WHAT’ S YOUR POINT??? Spiesßer aller Länder vereinigt euch - erstaunlicherweise hier: Auf der ACHSE!

Daniel Huber / 30.08.2014

Mag sein, dass exzessiver Cannabiskonsum Gehirnschäden verursacht. Mag auch sein, dass die Grünen nicht konsequent sind. In der Sache, und um die sollte es gehen, hat Özdemir vollkommen Recht. Ich habe nie verstanden, warum Leute, die sich selber liberal nennen, die unsinnige Verbotspolitik bei weichen Drogen gutheißen, während sie sonst immer von Eigenverantwortung reden.

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