Ich finde es nicht gut, wenn scharfkantige Schauspieler im Alter gefallsüchtig werden. Dann wollen sie auf einmal von allen geliebt werden, was irgendwie peinlich wirkt; wie Atheisten es sind, die auf den letzten Drücker doch noch mit dem Beten anfangen. Es war ja kaum anzusehen, wie der harte Westernhund und ehemalige Vietnamkriegsenthusiast John Wayne sich mit „Der letzte Scharfschütze“ einen hoch moralischen Abgang verschaffte. Viele Fans hätten ihn lieber staubiger in Erinnerung behalten.
Clint Eastwoods neuer Film „Gran Torino“ ist auch so ein Fall. Eastwood heißt darin Walt Kowalski und spielt einen weißen Veteranen, der mehr als gekniffen ist: Frau tot, Kinder kann er vergessen, Geld hat er keines, und um ihn herum hat sich eine ungute Immigrantenszene breitgemacht…
Seine neuen Nachbarn vom Stamme der Hmong hat er besonders gefressen. Doch innerhalb von 116 Filmminuten befördert er sich vom rassistischen alten White Trash-Stinktier zum Edel-Mann, der sich vor die eben noch verachteten Schlitzaugen stellt. Grund ist, versteht sich, ein junger Mensch mit Migrationshintergrund. Es wird viel geflucht und „Gooks“ geknurrt und so getan, als spräche der Protagonist der schweigenden Mehrheit aus der politisch-unkorrekten Seele. Dabei ist der Film bloß Gutmenschenkino in einer rauhen Variante, derart auf Botschaft-komm-raus getrimmt, dass es weh tut.
Klar, Eastwood ist als Schauspieler und Regisseur ein Großer. Schon vor 25 Jahren war er ja viel mehr als die Summe seiner Dollar- und die Dirty Harry-Filme. (Obwohl, Harrys Make-my-day-Sprüche waren legendäre Statements gegen den schon damals grassierenden Kuschelzeitgeist.) Natürlich hat er wunderbare Spätwestern wie „Erbarmungslos“ und „Pale Rider“ gedreht und komplexe Charaktere gegeben, wie einen gemobbten Rundfunkmoderator in „Play Misty for me“. Und selbst das Liebesepos „Die Brücken am Fluss“ war durch ihn wenigstens mit einem Auge anzuschauen.
Aber sein Zug zum vermeintlich Bedeutsamen wurde irgendwann für meinen Geschmack zu penetrant. Schon in „Honkytonk Man“ von 1982 ging das los. Und spätestens seit „Million Dollar Baby“ und dem Doppelperspektive-Kriegsfilm „Flag of our fathers“/“Letters from Iwo Jima“ ist für mich das Kapitel Clint Eastwood abgeschlossen. Erbauliches, Moralinisches und Belehrendes muss ich im Hollywood-Kino nicht haben, das bieten mir der deutsche Subventionsfilm sowie der heimische Fernsehkrimi im Überfluss.
Es ist wohl doch was Wahres dran, dass die Guten etwas früher sterben. Klaus Kinski hat uns das Schlimmste erspart und ist pünktlich mit dem Eintritt ins Rentenalter ins Große Irrenhaus verzogen. Man stelle sich vor, der würde jetzt noch Filme drehen! Wo er zum Beispiel einen weisen alten Mann mimt, der seinem Enkel die Welt erklärt. Dabei sitzen sie in einem Ruderboot in der Flussmitte und angeln oder so was. Wie furchtbar! Horribile visu!