Wolfgang Röhl / 06.03.2009 / 15:49 / 0 / Seite ausdrucken

Für ein paar Dollar weniger. Clint Eastwood gibt den Letzten

Ich finde es nicht gut, wenn scharfkantige Schauspieler im Alter gefallsüchtig werden. Dann wollen sie auf einmal von allen geliebt werden, was irgendwie peinlich wirkt; wie Atheisten es sind, die auf den letzten Drücker doch noch mit dem Beten anfangen. Es war ja kaum anzusehen, wie der harte Westernhund und ehemalige Vietnamkriegsenthusiast John Wayne sich mit „Der letzte Scharfschütze“ einen hoch moralischen Abgang verschaffte. Viele Fans hätten ihn lieber staubiger in Erinnerung behalten.

Clint Eastwoods neuer Film „Gran Torino“ ist auch so ein Fall. Eastwood heißt darin Walt Kowalski und spielt einen weißen Veteranen, der mehr als gekniffen ist: Frau tot, Kinder kann er vergessen, Geld hat er keines, und um ihn herum hat sich eine ungute Immigrantenszene breitgemacht…

Seine neuen Nachbarn vom Stamme der Hmong hat er besonders gefressen. Doch innerhalb von 116 Filmminuten befördert er sich vom rassistischen alten White Trash-Stinktier zum Edel-Mann, der sich vor die eben noch verachteten Schlitzaugen stellt. Grund ist, versteht sich, ein junger Mensch mit Migrationshintergrund. Es wird viel geflucht und „Gooks“ geknurrt und so getan, als spräche der Protagonist der schweigenden Mehrheit aus der politisch-unkorrekten Seele. Dabei ist der Film bloß Gutmenschenkino in einer rauhen Variante, derart auf Botschaft-komm-raus getrimmt, dass es weh tut.

Klar, Eastwood ist als Schauspieler und Regisseur ein Großer. Schon vor 25 Jahren war er ja viel mehr als die Summe seiner Dollar- und die Dirty Harry-Filme. (Obwohl, Harrys Make-my-day-Sprüche waren legendäre Statements gegen den schon damals grassierenden Kuschelzeitgeist.) Natürlich hat er wunderbare Spätwestern wie „Erbarmungslos“ und „Pale Rider“ gedreht und komplexe Charaktere gegeben, wie einen gemobbten Rundfunkmoderator in „Play Misty for me“. Und selbst das Liebesepos „Die Brücken am Fluss“ war durch ihn wenigstens mit einem Auge anzuschauen.

Aber sein Zug zum vermeintlich Bedeutsamen wurde irgendwann für meinen Geschmack zu penetrant. Schon in „Honkytonk Man“ von 1982 ging das los. Und spätestens seit „Million Dollar Baby“ und dem Doppelperspektive-Kriegsfilm „Flag of our fathers“/“Letters from Iwo Jima“ ist für mich das Kapitel Clint Eastwood abgeschlossen. Erbauliches, Moralinisches und Belehrendes muss ich im Hollywood-Kino nicht haben, das bieten mir der deutsche Subventionsfilm sowie der heimische Fernsehkrimi im Überfluss.

Es ist wohl doch was Wahres dran, dass die Guten etwas früher sterben. Klaus Kinski hat uns das Schlimmste erspart und ist pünktlich mit dem Eintritt ins Rentenalter ins Große Irrenhaus verzogen. Man stelle sich vor, der würde jetzt noch Filme drehen! Wo er zum Beispiel einen weisen alten Mann mimt, der seinem Enkel die Welt erklärt. Dabei sitzen sie in einem Ruderboot in der Flussmitte und angeln oder so was. Wie furchtbar! Horribile visu!

Sie lesen gern Achgut.com?
Zeigen Sie Ihre Wertschätzung!

via Paypal via Direktüberweisung
Leserpost

netiquette:

Leserbrief schreiben

Leserbriefe können nur am Erscheinungstag des Artikel eingereicht werden. Die Zahl der veröffentlichten Leserzuschriften ist auf 50 pro Artikel begrenzt. An Wochenenden kann es zu Verzögerungen beim Erscheinen von Leserbriefen kommen. Wir bitten um Ihr Verständnis.

Verwandte Themen
Wolfgang Röhl / 17.12.2023 / 10:00 / 56

„Mikroaggression“: 50 Jahre Bullshit-Bingo

Während auf Straßen und in Schulen reale Gewalt explodiert, gehen akademische Linksradikale mit einem verstaubten Gewaltkonstrukt auf Weißen-Bashing. Mittels sogenannter Mikroaggressionen würden angeblich Marginalisierte ausgegrenzt,…/ mehr

Wolfgang Röhl / 02.12.2023 / 06:15 / 81

Den Schuss nicht gehört. Deutschland im Krimiwahn

Ohne Krimi geht der Deutsche nie ins Bett. Verrückt: Je stärker die reale Kriminalität steigt, desto lieber lassen sich Menschen von fiktiven Krimistoffen oder Podcasts…/ mehr

Wolfgang Röhl / 26.03.2023 / 10:00 / 18

Von Gräbenbuddlern und Brückenbauern

Cora Stephan hat den dritten Teil ihrer Geschichte deutscher Verhältnisse veröffentlicht. „Über alle Gräben hinweg“ beschreibt die Geschichte einer deutsch-schottischen Freundschaft in der Zeit zwischen…/ mehr

Wolfgang Röhl / 13.11.2022 / 12:00 / 42

Wo, bitte, geht’s zum Film?

Es wird dunkler in Deutschland, auch in meteorologischer Hinsicht. Zeit, auf Vorrat ein paar spannende Filme aus dem Fernsehen abzuspeichern. Das Angebot ist groß. Aber…/ mehr

Wolfgang Röhl / 19.06.2022 / 06:00 / 99

Wo ist eigentlich das Vollweib hin?

Fernsehfilme mit erdigen Wuchtbrummen à la Christine Neubauer fuhren einst Traumquoten ein, Ratgeber zum Thema „Vollweib“ waren Bestseller. Doch jetzt wurde das dralle Heteroweib im…/ mehr

Wolfgang Röhl / 08.05.2022 / 06:25 / 91

„Schwarz bitte groß schreiben, weiß klein und kursiv“

Manche Verlage beschäftigen neuerdings Sensitivity Readers. Freischaffende Zensoren, die Manuskripte scharf auf Rassismus, Sexismus und Postkolonialismus checken. Beim kleinsten Verdacht auf falsche Gesinnung schlagen sie Alarm.…/ mehr

Wolfgang Röhl / 26.03.2022 / 06:15 / 130

Wenn der Transmann zweimal klingelt

Unser ehedem einfältiges Unterhaltungsfernsehen ist vielfältiger geworden. Aber reicht das? Der wichtigste deutsche TV-Produzent hat eine tolle Idee: Künftig werden Filme so gebaut, dass sich…/ mehr

Wolfgang Röhl / 02.01.2022 / 14:00 / 43

Wenn das Fernsehvolk den Lümmel macht

Zwei aufwändig produzierte, von vielen Medien hoch gelobte TV-Serien, mit denen die ARD zum Jahresende punkten wollte, fielen beim Publikum durch. Anlass zur Hoffnung, Zuschauer könnten…/ mehr

Unsere Liste der Guten

Ob als Klimaleugner, Klugscheißer oder Betonköpfe tituliert, die Autoren der Achse des Guten lassen sich nicht darin beirren, mit unabhängigem Denken dem Mainstream der Angepassten etwas entgegenzusetzen. Wer macht mit? Hier
Autoren

Unerhört!

Warum senken so viele Menschen die Stimme, wenn sie ihre Meinung sagen? Wo darf in unserer bunten Republik noch bunt gedacht werden? Hier
Achgut.com