Ludger Weß
Noch 2011 wurde HannoverGEN als „ausgewählter Ort“ im bundesweiten Wettbewerb „Land der Ideen“ ausgezeichnet. Doch inzwischen ist der gute Ruf ruiniert. Im Wahlkampf haben Grüne, SPD im Verein mit Greenpeace und AbL (Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft) das Projekt zu einem finsteren Ort hochstilisiert, wo durchtriebene Wissenschaftler und Lobbyisten ahnungslose Schüler „unterschwellig“ zu Gentechnik-Befürwortern machen. Nichts als ein „Gentechnik-Werbe-Projekt“, wo „unter dem Deckmantel der Aufklärung“ „Akzeptanzbeschaffung für Agro-Gentechnik“ betrieben werde. „Das ist ein Skandal“, skandierte Greenpeace Hannover auf allen medialen Kanälen. Und die AbL erkor die Forderung, HannoverGEN zu beenden, sogar zu einem ihrer Wahlprüfsteine. Alle Grünen und die meisten SPD-Landtagskandidaten gaben die von ihnen erwarteten Antworten und gelobten: „Ja, ich will mich dafür einsetzen, dass sich Niedersachsen zum agrogentechnikfreien Bundesland erklärt – auf dem Acker, in öffentlichen Einrichtungen und in den Schulen. Zitiert aus:
http://www.gute-gene-schlechte-gene.de/niedersachsen-gentechnik-frei-schulen/
Ein Anfang ist damit gemacht, aber es ist natürlich nur ein kleiner erster Schritt und es bleibt noch viel zu tun. Noch immer wird an den niedersächsischen Schulen Molekularbiologie gelehrt, die Einstiegsdroge in das gefährliche Gebiet der Gentechnik. Analog zur NRW-Regierung, die der Bundeswehr nur noch Zugang zu den Schulen gestattet, wenn Kriegsdienstverweigerer und Friedensinitiativen jeden Schritt dieser Mörderbande kritisch begleiten, sollte man den Lehrern, die Genetik und Schlimmeres unterrichten, Gentechnikgegner zur Seite stellen. Diese Gegenexperten sollten am Besten auch in Genderforschung ausgebildet sein, um gefährlichen Irrlehren der Genetik, etwa der Vererbung von psychischen Merkmalen, entgegen treten zu können: Schüler müssen lernen, dass jeder Mensch bei Geburt ein unbeschriebenes Blatt ist und einzig und allein durch die Umwelt geprägt wird - von der sexuellen Orientierung bis zu Intelligenz und Kreativität.
Auch das Fach Chemie gehört durchforstet - es sollte den Schülern klar gemacht werden, dass diese Disziplin “Atome und Moleküle foltert”, wie es der grüne Vordenker Arnim von Gleich schon 1988 so eindringlich beschrieben hat. Statt den Schülern beizubringen, wie man Moleküle durch hohen Druck und unmenschliche Temperaturen “crackt” und zwingt, widernatürliche Verbindungen einzugehen, sollte nur noch “sanfte Chemie” gelehrt werden: “Anstatt also mit Gewalt alles selbst neu und besser schaffen zu wollen, setzen wir auf eine ‘Sanfte Chemie’, auf die Überwindung dieses ‘Machbarkeitswahns’”, schrieb von Gleich, und setzte hinzu: “Nur eine radikale (Selbst-) Beschränkung bei der Synthese erfüllt wirklich die Ansprüche an eine vorsorgende Chemie- und Umweltpolitik.” http://www.schleicher-tappeser.eu/documents/1988_FRT_SB_Teil_I-II.pdf
Als Professor für das Lehrgebiet “Technikgestaltung und Technologieentwicklung” im Fachbereich Produktionstechnik der Universität. Bremen und Aufsichtsratsvorsitzender des Naturfarbenherstellers Auro Pflanzenchemie AG ist er sicher geeignet, die niedersächsische Landesregierung bei der Neuformulierung der Chemie-Curricula zu unterstützen - wer braucht schon Kenntnisse in Erdölchemie, wenn er doch genauso gut selbst gestrickte Pullover mit Purpursalbeiblättern grün färben kann?
Auch die Physik sollte gründlich entrümpelt werden. Kenntnisse der Kernphysik und des atomaren Zerfalls können Schüler nur auf dumme Gedanken bringen - ein Skandal, dass der Atomausstieg an den Schulen noch gar nicht begonnen hat! Schulen sollten kernwaffen- und atomenergiefreie Zonen werden, mit allen Konsequenzen. Es reicht, wenn die Schüler um die entsetzlichen Gefahren von Atom-, Röntgen- und Handystrahlung wissen; physikalische Hintergründe sind hier nur verwirrend.
Auf lange Sicht, etwa nach der durch rot-grün gewonnen Bundestagswahl, wäre durch eine Enquetekommission zu überprüfen, ob mathematisch-naturwissenschaftlicher Unterricht in einer Epoche, in der Klima, Umwelt und Mensch durch ein Übermaß an Technik und die menschenverachtende Hybris von Frankenstein-Wissenschaftlern existenziell bedroht sind, überhaupt noch zeitgemäß ist. Als Mitglieder empfehlen sich die bereits anlässlich des Atomausstiegs qualifizierten Philosophen, Sozialwissenschaftler und Ethikexperten sowie einschlägige “Nein, danke”-Initiativen.