Europas Landwirtschaft schafft es seit über einem halben Jahrhundert, dass alle genügend zu Essen haben. Eine großartige Leistung, die nur selten gewürdigt wird, denn wir halten das inzwischen für normal. Heute sollen Landwirte nicht nur ausreichend Nahrung liefern, sondern obendrein die Schönheit der Kulturlandschaft und ihre Artenvielfalt sichern, und human mit den Stalltieren umgehen.
Damit sie das tun, müssen 58 Milliarden Euro Agrarsubventionen, 40 Prozent des gesamten EU-Haushaltes, weise verteilt werden. Wie man das am besten bewerkstelligt, darüber stritten sich diese Woche wieder einmal die Agrarminister der Mitgliedsländer. Direktzahlungen, Ausgleichszahlungen, Investitionshilfen, Umweltprogramme, Flächenprämien, Cross Compliance, Greening und sonstige Brüsseler Kreationen standen zur Debatte.
Nun könnte man denken, ist doch eigentlich ganz einfach. Die Regierungen verabschieden Gesetze, die quälerische Tierhaltung verbieten und festlegen, wie viel Naturfläche neben dem Acker erhalten bleiben soll. Doch solche naiven Gedanken zeigen nur, dass wir nichts von der Sache verstehen. Politiker ziehen es heute vor, die anvisierten Ziele nicht auf direktem Wege zu verordnen, sondern durch das Umverteilen und Umleiten von Steuergeldern.
Und das nicht nur in der Landwirtschaft. Energiepolitik soll nicht mehr für ausreichend Strom sorgen, sondern bestimmte Techniken der Energiegewinnung fördern. Bei der Entwicklungshilfe geht es immer weniger um Armut, und mehr darum, Islamisten zu beschwichtigen. Die auf Benzin erhobene Ökosteuer stützt die Rentenversicherung, die Tabaksteuer die Bundeswehr. Arbeitslosengeld II dient der Integration von Einwanderern und der Euro dem Frieden in Europa. Die Umweltprämie für das Verschrotten älterer Autos wurde mit dem Klimaschutz begründet.
Was ist so reizvoll an solchen fiskalischen Umwegen? Warum wird immer häufiger über Bande gespielt? Steckt dahinter der buddhistische Gedanke, dass alles irgendwie mit allem zusammenhängt?
Wir vermuten eher schlichtere Motive. Weil die Begründung „Gebt uns mehr Geld “ vielen Bürgern etwas plump erschiene, denken sich Regierungen hehre Ziele aus: Den Frieden, das Klima, die Blümchen am Ackerrand. Dafür spendet man doch gern. Wenn’s denn der guten Sache dient.
Erschienen in DIE WELT vom 22.3.2013