Manfred Haferburg / 05.02.2022 / 06:00 / Foto: Achgut.com / 165 / Seite ausdrucken

Der Geruch von Westseife – Ein Ruf aus Dunkeldeutschland

Mein halbes Leben habe ich damit verbracht, mich nach der Bundesrepublik und ihren demokratischen Freiheiten zu sehnen. Wer sich nie mit Ostseife gewaschen hat, kann nicht nachvollziehen, wie gut Westseife riecht. Leider riecht sie jetzt anders.

Ich bin ein Ossi aus Dunkeldeutschland. Ich bin „diktatursozialisiert“, habe „verfestigte demokratische Defizite“, die „nicht rückholbar“ sind. Ich bin sozusagen einer von Millionen ostdeutscher Antidemokraten per Definition der Bundesregierung. „Gründe dafür sind, dass man es mit verfestigtem Protestwählerpotential und mit teilweise ebenso verfestigten nichtdemokratischen Strukturen zu tun hat“. Das sage nicht ich, sondern höchstoffiziell der von der vorigen Bundesregierung bestellte Beauftragte für die Ossis, der es auf Grund seines hohen Amtes ja wissen muss.

Seine Partei, die den Namen Christlich auf dem Schilde führt, hat ihn für seine vorbildliche Haltung fürstlich belohnt. Mit seinem Listenplatz war ihm die Wahl sicher, obwohl er seinen Wahlkreis verlor. Auch seine Ehefrau sitzt im Bundestag, ist sogar eine Vizepräsidentin. Die Familie Magwas-Wanderwitz kann sich über ein Monatseinkommen von mehr als 25.000 Euro freuen, auch bezahlt von den Diktatursozialisierten, auf die sie mit Verachtung herabschauen. Pecunia non olet.

So ein Diktatursozialisierter, nicht Rückholbarer bin ich also. Wie konnte es nur so weit kommen?

Die Sehnsucht der Ossis nach Freiheit und Westseife

Mein halbes Leben habe ich damit verbracht, mich nach der Bundesrepublik und ihren demokratischen Freiheiten zu sehnen. Nach der Reisefreiheit. Nach der beruflichen Freiheit, ohne Gesinnungsheuchelei vorankommen zu können. Nach der freiheitlichen Atmosphäre, ohne Misstrauen meinen Mitmenschen begegnen zu können. Nach materieller Freiheit, nämlich vielleicht eines Tages durch fleißiges Arbeiten ein schönes Auto kaufen zu können und ein eigenes kleines Haus zu besitzen.

Wer sich nie mit Ostseife gewaschen hat, kann nicht nachvollziehen, wie gut Westseife riecht. Für uns roch Westseife nach Intershop, wo wir uns die Nase an der Scheibe plattdrückten und nichts kaufen konnten. Den Intershop-Geruch werde ich nie vergessen. Auch nicht den Geschmack der Schokolade mit dem Mohren-Kopf drauf, der heute „Magier der Sinne“ heißen muss.

Was war es bloß, das mich von dem Land so sehr entfremdete, in das ich hineingeboren wurde?

Kurz gesagt: Alles.

„Nimmer konn’t ich, wo ich war, gedeihen“, ich habe sie laut herausgesungen, meine Sehnsucht. Meinem Vaterland fiel nichts Besseres ein, als mich einzusperren – ich nannte es die „Wohn-Haft“. Sie brauchten uns als Arbeitssklaven. Beim Fluchtversuch drohte der Tod. Hunderte wurden hinterrücks erschossen, traten auf Minen oder wurden von Selbstschussanlagen zerfetzt. Tausende landeten im Stasiknast und wurden wie Vieh an den Westen verkauft.

Genug Wissenschaftler und Künstler, die ihre Seele gern verkauften

Ich konnte mir keine Weltanschauung bilden, weil ich mir die Welt nicht anschauen konnte. Der Staat gab die richtige Weltanschauung vor und nannte sie „Klassenstandpunkt“. Heute heißt das „Haltung“, ist aber dasselbe. Ich hatte keinen, war wohl fürs Fahnenschwenken ungeeignet.

Ich wuchs mit dem Deutschlandfunk auf. Die beste Sendung kam täglich 07:35 Uhr: „Aus Ostberliner Zeitungen“. Dort erfuhr ich, oft auf humorvolle Weise, wie mein Vaterland mich mit seinen gleichgeschalteten Medien belog und betrog. Nichts konnte man glauben, was in den Zeitungen oder im Fernsehen berichtet wurde, kein Wort. Alle Zahlen, selbst der Wetterbericht, gefälscht, ein Krebsgeschwür von Verschweigen und Übertreiben, von Hetze und Lobhudelei.

Die Gedankenkontrolle betraf das gesamte gesellschaftliche Leben, von der Wissenschaft bis in die Kunst. Dies war das Resultat von Zensur und Selbstzensur der Journalisten mit dem Klassenstandpunkt. Und es gab ja auch genug Wissenschaftler und Künstler, die ihre Seele nur zu gern verkauften.

Die Polizei war da, um die eigene Bevölkerung zu unterdrücken. Es gab sogar eine Gedankenpolizei – die Stasi. Die Gerichte fällten von der Staatsmacht befohlene Urteile. Die berufliche Karriere hing vom Heucheln ab. Die Eltern konnten nur unter Gefahr für ihre Existenz die Kinder vor der Propaganda schützen.

Die Gespensterbahn des Zentralkomitees der SED

Und erst die Lichtgestalten der DDR-Regierung. Sie predigten Ostwasser und soffen in Wandlitz Westwein. Sie hatten kein anderes Staatsziel im Sinn, als ihre Macht zu festigen, dafür gingen sie über Leichen. „Es muss demokratisch aussehen, aber wir müssen alles in der Hand haben“. Ein Haufen ungebildeter Gauner und Verbrecher. Ein Mörder als Minister für Staatssicherheit. Ein abgebrochener Dachdecker als Regierungschef, der sich von Schalk-Golodkowski streng verbotene Pornofilmkassetten importieren ließ.

Die DDR-Regierung war eine groteske Gespensterbahn: Jedes ZK-Mitglied riss sich darum, neben dem Leiter der Außenpolitischen Kommission des ZK der SED, einem abgebrochenen Verkäuferlehrling, aufs Foto zu kommen. Wer nämlich neben ihm stand, war im Vergleich so schön wie Adonis.

Die Volkskammer war ein Haufen von 500 Abnickern und Zujublern, gekauft mit Posten und lächerlichen Geschenken. Eine Opposition gab es nicht. 99,9 Prozent Zustimmung und minutenlanger stehender Applaus für die Witzfiguren des ZK waren die Markenzeichen dieses Parlaments. 99 Prozent war regelmäßig die Wahlbeteiligung, 99-prozentig waren auch die Wahlergebnisse von 1950 bis 1986. Es kam nicht darauf an, wer wie wählte, sondern wer zählte.

Am schlimmsten in der DDR war das allgegenwärtige Misstrauen zwischen den Menschen, gepaart mit der Gewöhnung an die Unfreiheit. Die Leute fanden sich mit der Unterdrückung, der Bevormundung, der allgegenwärtigen Spitzelei ab. Am schlimmsten waren die kleinen Möchtegernmachthaber, eine Blockwartmentalität machte sich breit. Es fing schon in der Schule an und hörte nie wieder auf. Immer, wenn man dachte, schlimmer geht es nicht, irrte man.

Schuld waren die Beatles

Ich kollidierte schon früh mit dem System. Schuld waren die Beatles. Das System wollte bestimmen, welche Musik mir zu gefallen hatte, wie lang meine Haare sein dürften und wie weit die Hose sein musste. Ich spielte die Bassgitarre in einer Jugendband. 60 Prozent DDR-Titel waren vorgeschrieben, alles an Westmusik, was der DDR-Rundfunk nicht sendete, war verbotene Einfuhr. In unseren Tanzveranstaltungen führten die Spitzel Titellisten. Meine Band wurde ständig verboten. In Leipzig demonstrierten am 31. Oktober 1965 mehr als tausend Jugendliche friedlich gegen die staatliche Musikpolitik. Mit Wasserwerfern, Hunden und Gummiknüppeln trieben Volkspolizisten die Menge auseinander und ließen 264 Teilnehmer festnehmen. 107 von ihnen wanderten gar ins Arbeitslager – statt um Beats sollten sie sich lieber um Braunkohle kümmern.

Meine vielversprechende berufliche Karriere als Kernenergetiker im Atomkraftwerk wurde beendet, weil ich keine Lust hatte, mir jeden Montag auf der SED-Parteiversammlung den Schwachsinn aus der Zeitung nochmal vorkauen zu lassen und deshalb nicht in die Partei eintrat. Ein Fachmann ohne Klassenstandpunkt? Da kannten die Genossen nichts – als ich der Erpressung widerstand, war ich meinen Job los.

Zum Staatsfeind wurde ich ernannt, weil ich mich der großen Ehre verweigerte, für das System meine Familie, Freunde und Kollegen zu bespitzeln. Bald stand ich auf allen schwarzen Listen meines Vaterlandes. Ich war wohl das, was man heute Querdenker schimpft. Ich wurde zum „feindlich negativen Element“ ernannt und fiel einer staatlichen Maßnahme namens „Zersetzung“ anheim. Dreißig Leute arbeiteten sich im Auftrag der Gedankenpolizei an mir ab, unter ihnen viele Kollegen, gar einige Freunde.

Meine Sehnsucht nach Freiheit endete damit, dass ich nach einer Odyssee durch die Gefängnisse des sozialistischen Lagers, das seinen Namen zu recht trug, an einem regennassen Tag im Oktober 1989 mit verbundenen Augen aus einem fahrenden Auto in Berlin Köpenick aufs Pflaster geworfen wurde. Eine Woche später erkannte mir mein Vaterland die Staatsbürgerschaft ab, und ich musste die DDR innerhalb von 24 Stunden verlassen. Sie hatten wohl Angst, dass ich auf der Montagsdemonstration den Leuten erzähle, was sie in ihren Gefängnissen mit ihren Leuten machen. Wer die ganze gruselige Geschichte kennenlernen möchte, kann das im Roman „Wohn-Haft“ nachlesen.

Ossis misstrauen aus schlechter Erfahrung der guten Sache

Eine Woche vor dem Mauerfall kam ich in Helldeutschland an, dem Land meiner Träume. Für jede Stunde, die ich den anderen Ossis voraus war, hatte ich mit ein paar Tagen in Hohenschönhausen bezahlt.

Für meine ersten zehn Jahre in Helldeutschland stimmte auch alles, ich konnte reisen, mich beruflich entwickeln und sagen, was ich dachte. Ich erreiste mir eine Weltanschauung, indem ich mir die Welt anschaute. Und nach einiger Zeit reichte es auch für ein schönes Auto.

Der Spiegel war immer noch das Sturmgeschütz der Demokratie. Der Deutschlandfunk berichtete immer noch so wahrhaftig, wie er konnte. Die Tagesschau konnte man immer noch ansehen, ohne dass der gesunde Menschenverstand beleidigt wurde.

Doch nach der Jahrtausendwende tröpfelte immer mehr Wasser in meinen süßen Demokratiewein. Es wurde tropfenweise hineingegeben und von vielen schulterzuckend hingenommen. Freiheit war noch da – nur hier und da eine kleine Einschränkung, Strom kam immer noch aus der Steckdose – nur hier und da etwas teurer. Und immer für die gute Sache. Ossis misstrauen aus schlechter Erfahrung den guten Sachen.

Der erste West-Journalist, der mich interviewte, war Stasispitzel

Schon während meiner DDR-Zeit war mir aufgefallen, dass die größten Befürworter der DDR im Westen saßen. Es war ja auch zu schön, vom Aufbau des geliebten Sozialismus aus den weichen Kissen des Kapitalismus heraus zu träumen. Ein paar Schönheitsfehler, wie der Freikauf politischer Häftlinge, die Stasigefängnisse, die Unterdrückung der Andersdenkenden, die Gleichschaltung der Presse und Kunst? Für Westlinke Kinderkrankheiten des Sozialismus. Wo Herz und Verstand links schlugen, drückte die Toskana-Fraktion beide Augen zu und dazu noch alle Hühneraugen – für das hohe Ziel einer besseren Zukunftsgesellschaft.  

So stellte sich später heraus, dass der erste Westjournalist, der mich interviewt hatte, ein Stasi-Spitzel war.

Die umbenannte SED zog ohne viel Aufhebens in den Bundestag ein. Auf den Sesseln des deutschen Parlaments fläzten plötzlich völlig ungeniert Stasispitzel. Die Milliarden des gestohlenen SED-Vermögens blieben ungestraft verschwunden. Eine Stasi-Spitzelin wurde Chefin einer regierungsfinanzierten Stiftung gegen Rechtsextremismus, ist es immer noch und belehrt Demokraten über Demokratie.

Die ehemaligen DDR-Bewunderer der Westlinken fanden nichts dabei. Es wuchs zusammen, was zusammengehörte. Eine Krähe hackt der anderen kein Auge aus.

Zehn Minuten Standing Ovations für eine Ossifrau

Dann wurde eine Ossifrau Bundeskanzlerin. Ich freute mich für Deutschland und bewunderte sie, so wie ich auch ihre Partei, die CDU gut fand. Ich lernte Angela Merkel auf einer Podiumsdiskussion in Hohenschönhausen persönlich kennen. Ich dachte, jetzt wird alles wieder gut in meinem geliebten Helldeutschland. Wie man sich irren kann.

Nach ein paar Jahren Kanzlerinnenschaft erkannte ich mein Helldeutschland nicht mehr wieder.

Das immer mehr aufgeblähte Parlament war entmachtet und von den Parteien korrumpiert. Die Abgeordneten wurden aus Angst um ihren Posten zum Stimmvieh ihrer Fraktion. Die CDU rutschte mit Hilfe der Pizza-Connection nach links und wurde grüner als die Grünen und röter als die Roten. Man schaue sich die Namen der Teilnehmer dieser Pizzarunde an – das Who is Who der Merkeljahre. Von der Pizza ging es direkt an die Fleischtöpfe der Macht.

Wie einst in der DDR-Volkskammer wurde bei der CDU wieder zehn Minuten im Stehen klatschend der Nomenklatura Huldigung geheuchelt. Aber vielleicht waren die ja auch so dumm. Die Wahlergebnisse auf den CDU-Parteitagen erreichten mit 95% fast DDR-Niveau. Nicht umsonst wendet sich die einst so mächtige Ossifrau angeekelt von dem Kadaver ab.

Auch die helldeutschen Medien machten den Linksrutsch mit. Was früher der Klassenstandpunkt war, hieß nun die richtige Haltung. Das Sturmgeschütz der Demokratie wurde zu einer Gulaschkanone mit deutlicher Schleimspur zu den Regierenden. Mein bewunderter Deutschlandfunk hört sich mehr und mehr an wie die einstige Stimme der DDR. Der kluge Kopf hinter der FAZ kündigte sein Abonnement. Die einst stolze Süddeutsche erschien einem mehr und mehr wie ein helldeutsches Neues Deutschland, mehr Zentralorgan der richtigen Gesinnung als kritische Zeitung. Die Tagesschau mutierte zu einer Art Aktuellen Kamera in HD. Eine undurchdringliche Mischung aus Halbwahrheiten, plumpen Lügen und Verschweigen fing an, die Berichterstattung zu dominieren.

Viele Westdeutsche nahmen diese schleichenden Veränderungen nicht zur Kenntnis, vielleicht bemerkten sie sie gar nicht. Für die Westdeutschen war Freiheit so selbstverständlich wie die Gesundheit, um die man sich erst kümmert, wenn sie weg ist. Oder so sicher, wie der Strom, der immer und unveränderbar aus der Steckdose kommt.

Nach und nach aus ihren Tagträumen gerissen 

„Flüchtlingskrise“, Klimakrise, Coronakrise, es wurde schlimmer und schlimmer. Es wurde irreversibel. Nicht nur die Ossis waren offenbar in der Demokratie eingeschlafen und wachten nun in einem mehr und mehr übergriffigen Zwangssystem auf, das unter dem Deckmantel der Fürsorge und der Weltrettung daherkommt.

Es sah demokratisch aus, aber der Staat hatte alles im Griff. Das hatten die Ossis aber schon einmal in ihrem Leben gesehen und sie fingen an, aufzumucken. Sie konnten noch gut zwischen den Zeilen lesen, und das Wort „Lügenpresse“ entstand. Das neue Westfernsehen ist das Internet. Schon strebt die Macht danach, es einzuschränken.

Wieder tummeln sich seltsame Lichtgestalten in der Politik. Ein irrlichternder, verwirrter Mensch wird Gesundheitsminister, eine Frau mit Münchhausen-Syndrom wird Außenministerin, eine Frau mit erschlichenem Doktortitel Bürgermeisterin der deutschen Hauptstadt und ein Kinderbuchautor zum Lenker der deutschen Volkswirtschaft. Die einstigen Maoisten, Stamokap-Kämpfer, Alt-Kommunisten und Antifa-Jünger haben sich grün und rot angemalt und den Tarnmantel des Sozialen umgehängt, um die Spitzen der Politik zu unterwandern. Sie haben jede Scham verloren. Und weil sich die wohlstandsverwöhnten Bürger einlullen ließen, schafften sie es in die höchsten Ämter. Da sind sie heute, und wir werden uns noch über sie wundern.

Nichts beschreibt die deutsche Situation im Jahre 2021 besser, als das Lied von Reinhard Mey „Das Narrenschiff“. Volle Fahrt voraus und Kurs aufs Riff – ich wollte, ich hätte unrecht.

Die Revolution fängt an, ihre Kinder zu fressen

Nun läuft sie weg, die Freiheit, und bald kommt vielleicht auch kein Strom mehr aus der Steckdose. Die Linken müssen erstaunt feststellen, dass Reisefreiheit nicht selbstverständlich ist. Die Wohn-Haft wird erneut ausgerufen, jetzt unter der Flagge des Gesundheits- und Klimaschutzes. Man muss in Deutschland wieder aufpassen, was man sagt. In den Zeitungen lernen die Wessis gerade, zwischen den Zeilen zu lesen.

Man kann den Politikern genauso wenig glauben wie der Tagesschau. Man kann sich nicht mehr darauf verlassen, dass die Justiz einen als Bürger vor dem übergriffigen Staat schützt.

Der einstig hochgeachtete Freund und Helfer, die Polizei, wird von der Politik schamlos missbraucht. Die Ordnungskräfte, jahrelang auf Deeskalation getrimmt, lassen nun ihr Mütchen an friedlichen Demonstranten und alten Omas aus. Manche mit Freude, viele mit Scham. Die Strafen für Andersdenkende sind heute nicht mehr Knast, sondern Ausgrenzung und soziale Unterdrückung.

Kann es noch schlimmer kommen? Nach meiner Erfahrung: Ja.

Helldeutschland, mir graut vor Dir

Mein Roman „Wohn-Haft“ ist zu einem dystopischen Sience Fiction Buch geworden, ohne dass ich eine einzige Zeile neu schreiben musste. Wieder einmal haben die Deutschen vergessen, wer sie schon mehrmals ins Fiasko geritten hat. Und wenn sie etwas falsch machen, die Deutschen, dann machen sie es gründlich. George Santyana prägte den Satz: „Wer die Vergangenheit nicht kennt, ist gezwungen, sie zu wiederholen“. Und Henryk Broder sagt seinen Pappenheimern: "Wenn ihr euch fragt, wie das damals passieren konnte: weil sie damals so waren, wie ihr heute seid."

Ich habe schon vor Jahren die Konsequenz gezogen, und den Preis bezahle ich immer noch. Ehe sie mir noch mal so mitspielen können – ich bin schon mal weg. Noch ist Bundesrepublikflucht nicht strafbar. Noch ist die Landesgrenze kein inverser Igel. Das habe ich aus der Geschichte meiner jüdischen Freunde gelernt – verlasse eine kranke Gesellschaft, solange es noch geht.

Der rote Gesundheitsminister Lauterbach bejubelte die neue „Freiheit als Einsicht in die Notwendigkeit“ (Min. 3:45) und schrieb dieses Zitat in seiner Ungebildetheit unter dem Beifall der ebenfalls ungebildeten Abgeordneten dem Denker Georg Wilhelm Friedrich Hegel zu. In Wahrheit stammt es von dem Marxisten Friedrich Engels. Und natürlich legen Lauterbach und die seinen fest, was Notwendigkeit ist.

Die umlackierten Kommunisten werden die Freiheit abschaffen, und die Philister in Platons Höhle merken es nicht einmal. Sie werden es für Sicherheit halten, wenn ihnen vorgeschrieben wird, was sie zu tun und zu denken haben. Sie werden es als Weltrettung bejubeln, wenn kein Strom mehr aus der Steckdose kommt. Sie werden vor der großen Pleite noch der Oma ihr klein Häuschen in eine Demokratieabgabe verwandeln und sich ihre Ersparnisse einverleiben.

Es wird wie immer im Sozialismus enden. Den Sozialisten wird das Geld der Anderen ausgehen. Und dann, wenn alle gemeinsam pleite sind, werden sich die „Eliten“ angeekelt abwenden. Die Arbeitenden werden wieder mit den Füßen abstimmen. Die Mächtigen werden keine Mauer aus Stein bauen müssen, mit Minen und Selbstschussanlagen, um die letzten Leistungsträger an der Bundesrepublikflucht zu hindern. Es werden Fesseln aus Steuern sein.

 

Manfred Haferburg ist Autor des autobiografischen Romans „Wohn-Haft“ (5 Sterne bei 177 Bewertungen). Er wuchs in Sachsen-Anhalt auf und studierte in Dresden. Er arbeitete im Kernkraftwerk Greifswald, einem der damals größten Atomkraftwerke der Welt. Durch seine sture Weigerung, in die SED einzutreten, fiel er der Staatssicherheit auf. Als er sich auch noch weigerte, Spitzel zu werden, erklärte ihn die Partei zum Staatsfeind. Von seinem besten Freund verraten, verlor Manfred erst seinen Beruf, dann seine Familie und zuletzt die Freiheit. Ein Irrweg durch die Gefängnisse des sozialistischen Lagers begann, der im berüchtigten Stasigefängnis Hohenschönhausen endete. Hier gehörte er zu den letzten Gefangenen, die von der Stasi entsorgt wurden. Manfred Haferburg lebt heute mit seiner Frau in Paris.

Foto: Achgut.com

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Stefan Machner / 05.02.2022

Super geschrieben, Herr Haferburg - alles sehr gut auf den Punkt gebracht. Die von Wanderwitz so verachteten “Ossis” haben eben zehnmal so feine Antennen bezüglich der staatlichen Unterdrückungsmechanismen. Leider sind diese Menschen, die sich noch einen gesunden Verstand bewahrt haben, mittlerweile eine Minderheit in unserem Land! Hoffnung auf eine wesentliche Änderung dieses Zustandes habe ich nicht.

Frances Johnson / 05.02.2022

Deutschland versteht nichts von Demokratie, hat es noch nie. Es versteht auch nichts von Freiheit, und beides gehört zusammen. Gucken Sie sich mal den neuen Bildungsminister der Niederlande genau an. Deutschland hat sowas gar nicht. Deutschland hat rivalisierende Gruppen, Wissenschaftler, die gehorchen, angepasste Medien und abhängige Kirchen mit Geldnot, Antisemitismus seit Luther und missionierende Bevölkerung, die andere “mitnehmen” wollen. Ein großes Asyl. Dennoch muss man die Intelligenteren in Deutschland dezidiert zum Umdenken motivieren. Und zum Stolz. Zur Eigenständigkeit auch. Dazu gehört, ab und zu seinen Versorgungsposten zu riskieren. Ich bin auch nichts geworden, weil ich meinem Chef widersprach und generell nach oben trete, nie nach unten. Man überlebt das. Pessimismus ist kontraproduktiv, logischer Widerspruch nicht. Manches in achgut (außer Broder und Maxeiner) trieft vor Pessimismus. Sie müssen den mal abschütteln.

Katharina Fuchs / 05.02.2022

Ich muß zugeben, daß ich mich damals bei der deutschen Wiedervereinigung gar nicht so wohl fühlte. Nicht nur Margaret Thatcher war dagegen. Mein Vater, 1928 in Deutschland geboren, meinte, nun würde es wohl keine 10-15 Jahre mehr dauern, und der alte Ungeist sei zurück. Ich habe ihm natürlich aus Prinzip widersprochen (ich habe ihm immer und bei allem aus Prinzip widersprochen…), aber so richtig sicher war ich mir nicht. Als die ganze Regierungsmischpoke dann von Bonn nach Berlin umzog, war das für mich ein böses Omen, und für meinen Vater der Anfang vom Ende. Es wuchs zusammen und so weiter - sie haben sich nicht mal mehr die Mühe gemacht, Persilscheine auszustellen. Nun hat es doch länger gedauert als 15 Jahre, bis ‘der Ungeist zurückkam’ , und er hat es geschickter angestellt, als mein Vater geglaubt hat. Rot und grün maskiert, hat er den Herrenmenschen mit dem Gutmenschen ersetzt, den speziellen Rassenwahn mit dem allgemeinen Rassenwahn, Autobahnen baut man nicht mehr, sondern läßt sie zerfallen, der Lebensraum wurde zum Klima, und ‘erwacht’ heißt jetzt ‘woke’. Die grundlegenden Mechanismen aber, die im Hintergrund laufen, hat er beibehalten. Der kompromisslose Fanatismus und die ebenso wahnhafte Überzeugung, daß man ganz allein entscheiden kann, was für alle anderen das Beste ist, feiert wieder fröhlich Urständ. Wer was anderes sagt, oder auch nur denkt, ist der Feind. Und wenn sich die eigenen Ideale und Vorstellungen doch nicht so umsetzen lassen, wie man es gerne hätte, dann zerstört man halt das ganze Land und zieht den Rest von Europa gleich mit in den Abgrund. Ich bin nur froh, daß mein Vater das nicht mehr erleben mußte. Der Osten mag denken, daß er immer nur den Schwarzen Peter gezogen hat, aber der Westen muß sich damit abfinden, daß er 40 Jahre lang in einer Illusion lebte.

Frances Johnson / 05.02.2022

Bisschen zu negativ, m.E. Wenn man etwas ändern will, muss man es anfordern. Psychologen wissen, dass negative Vorausschau Negatives nach sich ziehen kann. Man muss so arbeiten, dass auch Politiker motiviert werden, umzudenken. Nur negativ bringt nichts, und wieso. Ist der verzogene Jüngling besser? An sich erinnert er mich an Paris mit der schönen Helena. Oder an ein Abziehbild, das man neben Trudeau und Ardern pappen kann. Gewesene Schönheiten, die sich für großartig halten und vergessen haben, sich rechtzeitig bei Elite oder in Hollywood zu bewerben. Alternde Schönheiten mit gekränktem Narzissmus, mehr nicht. Intelligent ist lediglich Putin. Tja, so leid’s mir tut. Der spielt mit Puppen. Und Anna-Lena will Lavrov etwas sagen? Dass ich nicht lache.

Josefa Pröbsting / 05.02.2022

Ein hervrragender Artikel, den viele Menschen in unserem Land kritisch lesen sollten. Aber die meisten meinen immer noch , es wird nicht so schimm! Dazu kommt, dass die meisten Menschen nur ds glauben, was sie in den ÖR sehen, hören und lesen. Sie aufzuklären ist wie dicke Bretter bohren: Kaum möglich! Ich wr in der Vergangenheit einige Male in der ehemaligen DDR und habe gesehn, welchen Standarf die Menschen dort hatten und welche Lügen in der Schulbüchern zu finden waren. Demnach bekamen die Menschen in der DDR und in der Sowjetunion entschieden mehr Kalorien, Fett und Vitamine zu essen. Warum sollten die Schüler das nicht glauben? Warum sollen die Menschen hier den ÖR nicht trauen? Wenn es heißt die “Spaziergänger” seien in das Gelände der Psychiatrie eingdrungen? In einer anderen Zeitung kann man lesen, dass die Bürger von der Polizei eingekesselt wurden und keinen anderen Ausweg mehr hatten. Das ist nur ein Beispiel. So gibt es etliche. Wir müssen einsehen, dass wir belogen werden und müssen, wiedie DDR-Bürger das gemacht haben, zwischen den Zeilen lesen. Junge Leute mit abgebrochenem Studium, Menschen, die bisher nur Plakate für die Partei klebten, Menschen mit bizarren Lebensläufen und seltsamen Forderungen an die Gemeinschaft diktieren nun die Politik. Das Leben soll linker und bunter werden, nicht der Tüchtige soll die Gemeinschaft im Bundestag vertreten, sondern Vertrteter von Kleinstgruppen und Außenseitern. Dafür wird viel Geld gefordert, Geld, das die beschaffen müssen, die noch jedenTag zur Arbeit gehen und “zur Strafe” mit horrenden Abgaben belegt werden. Die Veränderun gunseres Landes schreitet irrsinnig schnell voran. Mit diesem Tempo hätte ich nie gerechnet. Demanch lagen die Blaupausen wohl schon im Schrank.  Aber allmählich wachen die Bürger auf! Sie erkennen, dass die Einschänkungen und Verbote nicht der Sorge der Politiker entsprechen, sie wollen mit Hilfe die Maßnahmen die Bürger in erster Linie unter Kontrolle haben. Denn darum geht es    

Reinhard Weber / 05.02.2022

Danke an die Erinnerung an Dunkeldeutschland. Als dort Sozialisierter hat mich ich das System DDR nicht so hart getroffen wie Herrn Haferburg. Ich mache auch kein Hehl daraus, dass mein Verhalten eher mit einem skeptischen Covid-Geimpften von heute vergleichbar ist. Das fehlende Parteiabzeichen konnte mit technischem Fachwissen und Mehrstunden als Einzelkämpfer im Investbereich teilweise ausgeglichen und Lockangebote abgewehrt werden. Meine vierköpfige Familie war immer wichtig. Zweimal wurde ich intensiv bespitzelt. Jedes mal dann, wenn meine Eltern im Rentenalter zu Palmoliv und Co. fuhren. Dort übrigens, der Freund meines Vaters wurde damals aus dem Postens des Verkehrsdispatchers einer Großstadt gemobbt, weil er sich weigerte, der SPD beizutreten. Die Roten hatten schon damals im Westen ihre Einflusssphären. In meiner Familie, bis auf eine Ausnahme frei von Marienkäfern am Revers und ausgewählten Freundeskreisen gab es schon ein Vertrauensverhältnis und Meinungsaustausch u.a. zur zum Teil schmerzhaften Mangelwirtschaft. Immer gab es Austausch dazu ,was wann, wo und bei wem zu beschaffen war. Im Nachhinein betrachtet war wohl ein Kartenspieler Zuträger der “Firma”.  Heute wird wieder zwischen den Zeilen gelesen. Mancher wird es wohl noch lernen müssen. Historisches Wissen und Erinnerungen, die Politikern zumeist abgehen, sind unabdinglich zum Verstehen des Ganzen. Eine tägliche Portion Realitätswiedergabe, wie damals vom Westfernsehen, gibt es jetzt u.a. auch bei Roger Köppel von der Weltwoche. Allen ein schönes Wochenende.

Terence B. Pickens / 05.02.2022

Geruch der Sowjetischen Besatzungszone Deutschlands:  Da waren die von lysol-artigem Desinfektionsgeruch penetrierten,  von jenseits des Eisernen Vorhangs   in dem Westen pendelden Eisenbahnwaggons. — Letztmalig roch ich SBZ-Geruch in den 1960er Jahren in einer Baracke am Zonenkontrollpunkt Helmstedt wo ich - en route nach Berlin zur Teilnahme am AVUS-Sportwagenrennen -  für die englische Zulassung meines JAGUAR “E”-TYPE eine Extra-Versicherung für 10 D-Mark West abschließen mußte.  Vor mir waren 2 US G.I.s, verwickelt in eine heftige Diskussion mit einer   der 2 wie “Flintenweiber”  aussehenden Ostfrauen. Eine von ihnen warf die Dokumente über den Schaltertisch und die Amis mußten dieselben von den stinkenden,  rohen Dielen aufklauben. Heute habe ich noch in den Ohren die Worte des fluchenden G.I.s:  “F***ing Commie bitch, s**k daddy’s pecker . . .  drop dead”. — Meine Abfertigung erfolgte problemlos. Außerhalb der Baracke wollte mich der Sachse nicht passieren lassen: “Hoaschense ma druff’ .. auf dem Paßfoto sehe ich keinen Bart . .” Nach langem Palaver, Würdigung der Vorteile des realen Sozialismus gegenüber dem Klassenfeind &,  daß Walter Ulbricht [wegen seines Bärtchens ]  insgeheim mein Vorbild sei ich jedoch im “versklavten, dekadenten Westen” leben muß, konnte ich passieren.  Beobachtet wurde die Szene von den Jungs auf dem Wachturm,  die riefen: “Kräftig Gas geben . . .” Das Motorengeräusch des Rennauspuffs meiner “Katze” untermalte den Start und den Qualm des Reifengummis, welches ich auf den sozialistischen Boden legte .  .  .

Henriette Gröllik-Wingelborn / 05.02.2022

„Es sah demokratisch aus, aber der Staat hatte alles im Griff.“ Tatsächlich outen sich auch die heutigen System-Schwafler von „demokratischer Teilhabe“ als genau das Gegenteil wollend, wenn sie die einzige Partei Deutschlands, die in ihrem Programm Volksentscheide fordert, als antidemokratisch diffamieren. Um gleichzeitig auch mit der Negativbesetzung des Wortes ‘Populismus‘ beim Lümmel Volk erst gar keine „frechen“ Forderungen aufkommen zu lassen. „Kann es noch schlimmer kommen? Nach meiner Erfahrung: Ja.“ Zumindest weisen willfährige Prinzipienaufgabe und Charakterlosigkeit der Beliebigkeitskoalitionäre aller Couleur in diese Richtung. Und schlimmer noch unterstützt ja die CDU als die andere, die größere Oppositionspartei auch noch die Regierungspolitik. Bei so viel unheiliger Einigkeit brauchts eigentlich gar keine EU mehr um die Menschen zu Insassen zu machen, das haben wir alsbald alleine geschafft!

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