Anabel Schunke / 07.08.2020 / 06:06 / Foto: Achgut.com / 119 / Seite ausdrucken

Wir lassen uns unsere Vielfalt nicht nehmen 

Mit dem Stolz ist das bekanntlich so eine Sache in Deutschland. Wenn es in den letzten Jahrzehnten so etwas wie einen „erlaubten“ Stolz in Deutschland gab, dann wohl am ehesten das, was der Philosoph Hermann Lübbe einst mit dem „deutschen Sündenstolz“ beschrieb. Wir stehen zu unseren Untaten wie zu sportlichen Leistungen. Wie andere Gesellschaften definieren wir uns über das, was wir besonders gut können. Und Buße tun – das können wir neben Autos bauen eben am besten. 

Eng verbunden mit dem deutschen Sündenstolz ist der seit 2015 zelebrierte Stolz auf alles, was sich irgendwie unter dem Begriff „Vielfalt“ subsumieren lässt. Wem das abstrakte Büßen während einer Frank-Walter-Steinmeier-Rede im Fernsehen angesichts der unrühmlichen Nazi-Vergangenheit nicht mehr ausreicht, kann nun aktiv vor Migranten und Asylbewerbern zu Kreuze kriechen. Dass viele von ihnen ausgerechnet aus Ländern kommen, in denen man ob der gewissenhaften Judenvernichtung bis heute große Sympathien für Hitler hegt, fällt dabei nicht weiter ins Gewicht. Hauptsache, es wird in irgendeiner Art und Weise gebüßt und Wiedergutmachung geleistet.

Bei der SPD Waghäusel, einer Kreisstadt zwischen Heidelberg und Karlsruhe, ist man besonders stolz auf diese Vielfalt. Menschen aus rund 90 verschiedenen Nationen leben derzeit in Waghäusel. Der Anteil der Bevölkerung mit Migrationshintergrund liegt bei 27 Prozent und damit über dem bundesweiten Migrantenanteil von durchschnittlich 20 Prozent. „Auf diese Vielfalt in unserer Bevölkerung sind wir sehr stolz. Zeigt sie doch, dass Waghäusel eine lebens- und liebenswerte Stadt ist, in der man sich wohlfühlen und heimisch werden kann“, heißt es aus dem SPD-geführten Rathaus

Die gelebte „gelungene Integration“

Dass man sich diese Vielfalt genauso wenig wie den Holocaust nehmen lässt, demonstrierte die SPD Waghäusel zuletzt eindrucksvoll mit einer Mahnwache gegen „rechte Brandstifter“. Denn in Waghäusel, wo man sonst „eine vorbildliche Integrationsarbeit“ leistet, war es nämlich vor ein paar Tagen zu einem unangenehmen "Zwischenfall“ gekommen, der die ansonsten „lebens- und liebenswerte Stadt, in der man sich wohlfühlen und heimisch werden kann“, schockierte

Zwei Syrer aus dem örtlichen Asylbewerberheim hatten dort unlängst einen 54-jährigen Mann ins Gleisbett gestoßen. Dass es sich nicht um ein Versehen handelte, wurde auch daran deutlich, dass man den Mann anschließend daran hinderte, wieder auf den Bahnsteig zu klettern. Er wurde von einem einfahrenden Zug schwer verletzt, befindet sich inzwischen aber außer Lebensgefahr. Die zunächst flüchtigen Täter konnten von der Polizei in der örtlichen Asylbewerberunterkunft gestellt werden. 

Das Verbrechen vom Bahnhof mache „sprachlos und betroffen“, heißt es auf der Seite der SPD Waghäusel. Da man sich in Waghäusel die gelebte „gelungene Integration“ jedoch nicht so einfach wegnehmen lässt, müssen sämtliche Kritiker zunächst einmal zu „Rechtsradikalen“ erklärt werden, die diese Tat für „ihre menschenverachtende Agenda instrumentalisieren“. Es sei daher „keine Frage von links oder rechts", deutlich zu machen, „dass rechte Anti-Demokraten in Waghäusel genauso wenig willkommen sind wie Straftäter". „Es ist eine Frage der demokratischen Haltung.“

Schuld sind die Bürger

Nun mag es der eine oder andere Bürger, der noch ganz bei Trost ist und dessen Empathie für das Opfer nicht auf dem Altar der political correctness geopfert wurde, ähnlich wie beim Fall Daniel H. aus Chemnitz, als Affront empfinden, dass man mit solchen Aktionen den Eindruck erweckt, nicht Asylbewerber hätten die Straftat begangen, sondern „rechte Hetzer“. Es mag darüber hinaus auf den einen oder anderen auch etwas geschmacklos wirken, dass man Menschen anderer politischer Gesinnung mit Straftätern auf eine Stufe stellt, die ganz offensichtlich versucht haben, jemanden durch einen einfahrenden Zug zu töten. Und ja, irgendwie weiß man auch nicht so ganz, ob die SPD Waghäusel mit einem solchen „Zeichen“ ihrer „demokratischen Haltung“ die richtigen Prioritäten angesichts eines Opfers setzt, das bis vor kurzem noch im Krankenhaus um sein Leben kämpfte, aber so braucht man sich bei der SPD wenigstens nicht wundern, dass man nicht mehr gewählt wird. 

Schuld an dem Shitstorm auf der Facebookseite der SPD Waghäusel ist jedenfalls nicht die eigene Instrumentalisierung der Tat im „Kampf gegen Rechts“ oder die fehlende Empathie gegenüber den Opfern einer völlig aus dem Ruder gelaufenen Migration. Schuld sind die Bürger, über die man sich in seiner Hilflosigkeit auf der eigenen Seite auch noch lustig macht, während man selbst jene, die angeben, diese Partei einmal gewählt zu haben, „rechten Kreisen“ zuordnet. 

Das soll jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass es zuletzt auch erste Zeichen der Versöhnung gab. Sollten wir (der rechte Mob) „irgendwann wieder zur Vernunft“ kommen, reicht uns die SPD Waghäusel (wenn Corona vorbei ist) gerne die Hand. 

Danke SPD. 

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Norbert Rahm / 07.08.2020

Unsere Politik, aber auch unsere bunte Gesellschaft, ist sehr widerlich und zynisch geworden. Ich hoffe, es wird nicht gleich ein Fest für die bis zum Verhandlungsbeginn sicher auf freien Fuß befindlichen Täter geben… Wann wachen die Bürger auf und sagen diesen überzeugten oder Dummsinn nachträllernden Politikern und Menschen die Meinung! Weiter die GroKo wählen ist nicht die richtige Antwort! Wenn es nicht anders geht, muss man selbst bei möglichen Vorbehalten die Opposition wählen. Einen Mordversuch, der fast geglückt wäre, mit einem schwer verletzten Opfer, als “nicht so schön” zu bezeichnen… Wo waren die Mitbürger? Hat man sich nicht getraut, die lieben Schutzsuchenden an einem Mord zu hindern? Wichtige Fragen, die wohl nicht gefragt werden! Anscheinend geht es immer so weiter. Alles nur von regionalem Interesse. Die Mehrheit kann sich nicht herausreden: Sie hat für eine Fortsetzung dieser zerstörerischen Politik gestimmt.

Claudius Pappe / 07.08.2020

Bei der kommenden NRW Kommunalwahl werden sie wieder gewählt : CDU, SPD und Grüne. Keiner kann sagen, das er von nichts gewusst hat. Meine Nachbarn sind dumm.

Helmut Scheid / 07.08.2020

Sehr gut beschriebener Artikel der von Frau Schunke. Diesen “Zustand” immer Schuldbürger zu sein, erzeugt von unserer “Kanzlerdarstellerin” gesteuert von geldadeligen Eliten, die die Zerstörung Deutschlands in allen gesellschaftlichen Berreichen voran treiben, ist selbst durch Mord/Totschlag und Vergewaltigungsorgien etc.etc. durch die “heiligen Herrscharen” pardon Schutzsuchende, kein Einhalt mehr zu gebieten! Das “Hühnervolk”, das Volk der Nazis wird in 50 -100 Jahren nicht mehr vorhanden sein….Tschüß und Amen… Werde nichts mehr schreiben, schließe mich gedanklich “Rolf Peter Sieferle” an. Tschüss

Reinhard Westphal / 07.08.2020

Schrecklich. Wie die “gelungene Integration” tatsächlich aussieht, hat ja Karl Kemp vorgestern in “Ein Gefühl der Apartheid in Holland” so eindrucksvoll und sachlich beschrieben. Bei uns sieht es doch nicht anders aus: von offiziellen Terminen, auf denen die üblichen Phrasendrescher auftreten und ihre Worthülsen absondern, gibt es im privaten Bereich nahezu keinerlei Kontakte zwischen den unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen. Die Crux ist nur, dass die große Masse der hier schon länger Lebenden in ihrem Wohlfühlkokon weiter schlummern möchte und nicht zu einer Auseinandersetzung bereit ist.

Eberhard Berger / 07.08.2020

Mit aktuellem Anlass hat uns ja gerade der Libanon daran erinnert, wie schön Vielfalt (sowohl ethnisch als auch religiös) sein kann. Wir schaffen das.

B.Kröger / 07.08.2020

In Waghäusel wagt man etwas, von dem man nicht die leiseste Ahnung hat.

B. Ollo / 07.08.2020

“dass man Menschen anderer politischer Gesinnung mit Straftätern auf eine Stufe stellt” ... Respekt für den Hinweis, Frau Schunke! So habe ich das noch gar nicht betrachtet. Aber sofort drängt sich die Frage auf, ob es am Ende nicht vielmehr so ist, dass sich hier die SPD selbst mit den Straftätern auf eine Stufe stellt, alle anderen Asylbewerber im Ort gleich mit, um dann mit den restlichen Fingern auf die eigenen Kritiker zu zeigen und “haltet den Dieb” zu rufen. In so einer weltoffenen und liebenswerten Stadt kann das Problem für diesen Gewaltausbruch jedenfalls nicht bei rechten Unruhestiftern gesucht werden, die es ja bisher dort nicht gab. Das Problem ist ja bereits vor Ort und zwar ist es entweder die Politik, die bunte Gesellschaft der Anwohner oder die bunte Auswahl an Neubürgern.

Robert Schleif / 07.08.2020

Es herrscht seit 2015 wirklich bedeutend mehr Vielfalt – besonders was die Vielfalt an abscheulichen Gräueltaten betrifft. An der Einfältigkeit der Sozialdemokraten hat sich dagegen nichts geändert.

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