Gunnar Heinsohn / 11.06.2020 / 06:00 / Foto: Dirk Maxeiner / 55 / Seite ausdrucken

Schattenboxen gegen die weiße Vorherrschaft

Gerne wird ein historischer Niedergang dem Heroismus zuvor Bedrängter zugerechnet. Gegen die jetzt so gefürchtete White Supremacy erheben sich kaum noch überschaubare Heere von Tapferen fast überall auf dem Globus. Könnten sie dennoch den Kräften ähneln, die sich für Bezwinger der christlichen Mega-Reiche und des Patriarchats gehalten haben und dennoch Getriebene waren? Der Autor hat manches davon miterlebt und sich gelegentlich selbst für geschichtsmächtig gehalten. Was war und ist da jedoch wirklich los?

Europas Abstieg aus der Weltherrschaft zeichnen Imperialismus-Historiker als schwer erkämpften Erfolg in einem vermeintlich Jahrhunderte währenden Kampf. Doch koloniale Rebellionen nehmen erst gegen 1925 richtig Fahrt auf, als die Mütter der Alten Welt sich in Richtung auf einen einzigen Sohn bewegen, dessen Kriegstod die Heimatbasis unterminiert. Zugleich müssen Abendländer nicht mehr nur ihresgleichen fürchten, sondern erleben in Japan einen Herausforderer, dessen überlegene kognitive Kompetenz sie in den 1980er Jahren auch durch objektive Messergebnisse bestätigen können.

Armeen aus überzähligen Brüdern fürs Ruhigstellen der Überseegebiete können schon vor dem Zweiten Weltkrieg kaum mehr rekrutiert werden. Nach 1945 erst recht nicht. Zuerst lernt das Frankreich, als es Indochina zurückholen will, aufgrund von Kriegermangel auch Geächtete aus Wehrmacht und Waffen-SS einsetzt und dennoch 1954 geschlagen abziehen muss. Als in den 1970ern auch Afrika geräumt ist, hat Europa sogar weniger als zwei Kinder pro Frauenleben, während die Aufständischen fünf bis acht erreichen.

Und doch sieht man danach kaum Segen auf dem befreiten Kontinent. Europas Anteil an der Weltbevölkerung hingegen fällt zwischen 1920 und 2020 von 27 auf 9 Prozent. Die Zukunft allerdings analysiert man besser über die Kinder. Im Jahre 2020 hat die Europäische Union (ohne UK) 34 Millionen von ihnen unter 15 Jahren. Araber plus nicht-arabische Afrikaner auf der Gegenküste bringen es auf 300 Millionen. Mindestens 100 Millionen davon wollen nach Gallup-Erhebungen von 2017 an bereits Erwachsenen lieber auf dem Kontinent der einstigen Herren als in den von ihnen befreiten Gebieten leben.

Die Treue der Abhängigen

Als der Feminismus in den 1960er Jahren ein vermeintlich vieltausendjähriges Patriarchat abschüttelt, ist die große Mehrheit der Männer längst zu Lohnarbeitern degradiert. In lebenslanger Konkurrenz müssen sie Positionen immer wieder neu verteidigen und sind niemals wirklich abgesichert. Weggebrochen ist das Fundament der traditionellen Familie, denn diese Männer können ihren Frauen keine lebenslange Versorgung für das Aufziehen des gemeinsamen Nachwuchses mehr anbieten. Der weiblichen Keuschheitserziehung winkt keine Belohnung mehr. Die überkommene Moral kann risikolos abgelegt werden. Und doch bleibt von der Zuversicht der Emanzipation kaum mehr als die Einsicht in ihre Unvermeidlichkeit.

Amerika hat 1945 mit Japan und Deutschland zwei Großreiche niedergeworfen und gleichzeitig die Weltreiche der Briten und Russen über Wasser gehalten. Das gelingt mit 140 Millionen Einwohnern, von denen auch die große Mehrheit der 13 Millionen Schwarzen in traditionellen Familien lebt. Rund 65 Millionen US-Bürger sind optimistisch in die Zukunft drängende Kinder unter 18 Jahren, fast 60 Millionen davon „white“. Nie zuvor und danach gibt es eine so ausgreifende Suprematie wie in dem halben Jahrzehnt bis 1949. Dann explodiert in Semipalatinsk „Josef I“, die nach Stalin benannte erste Atomwaffe der Sowjets.

Von den 74 Millionen Kindern unter den 330 Millionen Amerikanern des Jahres 2020 sind nicht einmal mehr 40 Millionen „white“. Intellektuell spielen sie in einer zweiten Liga. So liegen sie 2019 im mathematischen Eingangstest für die Universitäten (SAT) mit 553 Punkten weit hinter den Kindern koreanischer oder chinesischer Einwanderer mit 637 – ein veritabler Klassenunterschied. Der Gesamtmix der amerikanischen Fünfzehnjährigen schafft es 2018 bei PISA-Mathematik global nur noch auf Platz 38. Dabei sollte es nach einem bereits verheerenden 18. Rang von 2000 nur noch aufwärts gehen. Dafür hatte man etwa im Bundesstaat New York die Ausgaben pro Kind an öffentlichen Schulen von knapp 10.000 auf über 23.000 Dollar gesteigert. Der Leistungsabfall erweist sich als stärker.

2019 muss Amerika bei den hochkarätigen PCT-Patentanmeldungen erstmals das Siegerpodest räumen. Sieger wird die Volksrepublik China. Sie hat viermal so viele Einwohner, aber schon 2016 mindestens achtmal so viele MINT-Hochbegabte wie die USA. Amerikas 200 Millionen „Non-Hispanic Whites“ haben ein Medianalter von 44 Jahren. Ihr Anteil an der Weltbevölkerung von 2,6 Prozent erreicht nicht einmal mehr die Hälfte ihrer Weltenretter-Vorfahren von 1945. Die 1.440 Millionen Chinesen mit ihrem 38er Medianalter wirken dagegen vital und geradezu jugendlich.

Vor allem die Könner der aschkenasischen und ostasiatischen Minderheiten halten die große Demokratie in etlichen Hightech-Sektoren noch im Rennen. Ohne ihre Innovationen gäbe es die Profite nicht mehr, aus denen etwa die Food Stamps für 42 Millionen Mitbürger finanziert werden.

Wer nicht mehr versorgen kann, verliert die Treue der Abhängigen. In Amerika mögen sie ihren Aufstand als einen Triumph der Fortschrittlichkeit zelebrieren und doch erahnen, dass sie nur weiter zurückfallen. Die Generäle, die Trump auf all den Kriegsschauplätzen festhalten wollen, dürften die Kräfte ihres Landes genauso überschätzen wie die Straßengewaltigen, mit denen sie sich gegen den Präsidenten solidarisieren.

Foto: Dirk Maxeiner

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Angelika Meier / 11.06.2020

Was die Lage in Europa angeht, sehe ich das schon länger ähnlich. Von den USA habe ich weniger Ahnung, glaube aber, was hier steht. Die implizite These, die ich interessant finde: Vielleicht war ja das Nietsche-Zitat “Was fällt, das soll man auch noch stoßen” auch aus einer Ohnmacht gegenüber unvermeitlichen Veränderungen geboren. Und vielleicht agieren all die heutigen linken Aktivisten unbewusst auch so, dass sie sich der demnächst herrschenden Macht andienen?

Andreas Rühl / 11.06.2020

Aber, moechte man einwenden an der Stelle, was ist so schlimm daran, dass die Chinesen uns ueberholen? Man kann doch sehen, dass die chinesische Gesellschaft in einem Wandel ist. Das Interesse an der europäischen Kultur ist groß. Durch den Tourismus wird er noch groesser. Die weitaus größte Gruppe von Besuchern des Goethe Hauses in Frankfurt sind Chinesen, wohlgemerkt vor den deutschen. Die Wohngegenden des neuen chinesischen Mittelstandes sehen nicht anders aus als unsere. Dass es Defizite gibt an Rechtsstaatlichkeit, grundrechtsschutz und Demokratie, mag ja sein, aber auch hier gibt es Tendenzen, die zuversichtlich stimmen. Das Zeitalter des Bürgertums und der Freiheit steht nicht vor seinem Ende, sondern am anfang. Gefuehlsmaessig bin ich kulturpessimist, aber der verstand sagt mir, dass ich mich irre. Warum wurde corona zu einer Pandemie, warum ähneln sich die Reaktionen der Staaten der Welt so sehr? Weil die westliche Vorstellung, dass der Staat jeden bürger vor Gefahren schützen muß, längst global ist. Das Abendland hat gesiegt und seine Ideen sind weiter auf dem Vormarsch.

K. Schmidt / 11.06.2020

“White supremacy” zu schreien ist das Druckmittel von Marxisten und Fremden, um sich anzueignen, was sich andere erarbeitet haben. Dagegen sind weiße Gesellschaften doch unheimlich begehrt, wenn man sich die Migrationströme ansieht. Von den x-Millionen Auswanderungswilligen in Afrika, Asien und Lateinamerika wünscht sich ja offensichtlich jeder möglichst viel weiße Gesellschaft für sich selbst. Sollte die Lage in multiethnischen Ländern kippen und diese sich aufspalten, bin ich mal gespannt, ob wirklich jemand auf die weißen Bewahrer von Ordnung und Wohlstand verzichten will. Die Ostasiaten haben wenigsten die Möglichkeit, in ihre Heimatländer zurückzukehren. Bei den Koreanern halte ich dies für wahrscheinlich. Da der Anitsemitimus in den USA, Frankreich, GB ... ebenfalls zunimmt, wäre auch eine Auswanderungswelle von Juden nach Israel wahrscheinlich.

Stefan Riedel / 11.06.2020

Die Zahlen sprechen eine klare Sprache. In Europa und den USA wird die “Generation Corona” dieser Niedergang mit voller Wucht treffen ( egal was die Dinosaurier des militärisch-industrieller Komplex in den USA noch so träumen). Die Musik der Zukunft spielt im pazifischem Raum.

k. meier / 11.06.2020

Ich frage mich nur noch ob die weißen, linksgrünen Multikultis Masochisten oder Sadomasochisten sind. Was mich wundert ist die Lethargie der Jungen. Ich bin alt, und feixe dass ich das gute Leben in der alten Republik hatte, und diesen neuen Alptraum bald hinter mir.

Juliane Mertz / 11.06.2020

Ich teile Herrn Heinsohns Einschätzung, dass die biologische Substanz einer Population der Gradmesser ihrer (zukünftigen) Bedeutung wird. Intelligenz hingegen sehe ich regelrecht als einen Vorboten des biologischen Abstiegs. Wir können das sehr gut an der Covid-Krise ablesen. Die geballte “Intelligenz” der 1. Welt entschließt sich, wegen einer grippeähnlichen Erkrankung mit Risikopotential für nicht produktive Menschen das eh schon fragile System in Schieflage zu bringen, während das “dumme” Afrika kaum Menschen hat, denen Covid-19 etwas anhaben kann.  Immerhin schätzt die WHO für Afrika eine Letalität von 0,09% - zum Vergleich in Heinsberg waren es 0,36% .

Rudi Brusch / 11.06.2020

Es ist zu akzeptieren, dass fleißigen, gebildeten und motivierten Asiaten die Zukunft gehört. Leistung zu bringen ist doch in Deutschland fast schon geächtet, nur noch “Haltung” zählt. Das wird den längst begonnenen Abstieg Europas aus der Champions League noch beschleunigen. Die Freude der Grünen darüber ist unübersehbar. Dieser Abstieg bedeutet jedoch keinesfalls den Aufstieg jener Krakeeler, die den widerlichen Tod eines Afroamerikaners zum Vorwand nehmen, um marodierend und plündernd die Städte zu verwüsten. Genausowenig ist zu erwarten, dass jene wachsende Gruppe, die lediglich aggressiv religiös motiviert ist und weltweit für Terror sorgt, eine wirtschaftliche Vormachtstellung erlangen wird. Zwar versteht sie es aktuell sehr gut,  in den noch wohlhabenden Ländern der alten Welt ihr Geschäftsmodell mit Clankriminalität und moralischer Erpressung zu betreiben (nicht wenige grün-rote Moralimperialisten spielen da ja auch gern und alles andere als uneigenützig mit). Dieses Kartenhaus fällt aber zusammen, wenn es bald nichts mehr zu holen gibt. Immer mehr der immer weniger Leistungsträger haben leider gute Gründe, diesem Land den Rücken zu kehren. Insofern bedaure ich weniger den Abstieg des dekadenten Abendlandes als ich mich daran erfreue, dass mit dem Aufstieg des ostasiatischen Leistungsgedanken wieder diese jene Traditionen belebt werden, die einst unseren Wohlstand erst ermöglicht haben.

Jan-Hendrik Schmidt / 11.06.2020

Alles richtig. Nur wären die Schlüsse, die man aus dieser Misere ziehen müsste, “voll nazi” und deswegen lässt man es bleiben. Einwanderungsstopp und pro-natale Bevölkerungspolitik - jede Partei, die solche Punkte in ihrem Programm als primäre Ziele herausstellt, würde sofort unter die Beobachtung des Verfassungsschutzes geraten. Und so trudelt der Westen weiter dem Abgrund entgegen und hält sich dabei für äußerst progressiv.

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