Dirk Maxeiner / 23.04.2021 / 12:00 / Foto: Pixabay / 213 / Seite ausdrucken

Warum seht Ihr seit gestern so alt aus?

Gestern ist etwas passiert. Zunächst mal nix Großes. Nur ein paar kleine Videos auf Youtube und andernorts. Na gut, es waren schon mehr als ein paar, nämlich über 50 kleine Kurzfilme. Echt gut gemacht. Verdammt gut getextet. Beneidenswert professionell. Und gesprochen von Schauspielern, die des Abends in jedem deutschen Haushalt als Krimi- oder Spielfilmbesetzung zu Gast sind. Jan Josef Liefers, Meret Becker, Martin Brambach, Richy Müller, Heike Makatsch, Ulrich Tukur, Wotan Wilke Möhring, Nadja Uhl, Ulrike Folkerts und so weiter und so fort. Die Creme de la Creme der deutschen Fernsehabende. Die Glaubwürdigkeit in Person. Jedes Unternehmen in Deutschland würde sich um ein Testimonial von diesen Herrschaften reißen. Zumindest bis gestern Abend.

Da haben sie nämlich was gemacht, was keiner so recht erwartet hat. Sie haben sich auf die subversive Wirkung der Kunst besonnen. Ich erinnere mich noch daran, wie der „Stern“ am 6. Juni 1971 mit einem Cover erschien. Darauf 374 prominente Frauen mit der Aussage: „Wir haben abgetrieben.“ Damit hat man damals noch etwas riskiert. Es war ein Skandal. Liefers & Co. haben aber nicht abgetrieben. Sie haben lediglich begonnen, in Sachen Corona selbst zu denken. Das ist heute ein Skandal und zeigt den Unterschied zwischen 1971 und 2021. Was vor 50 Jahren ein Verbrechen war, ist heute selbstverständlich, und was damals selbstverständlich war, ist heute ein Verbrechen. Zumindest ein Gedankenverbrechen.

Die Selbstdenker von gestern 22.04.2021, wussten, was sie taten. Denn sie bedienten sich des Mittels der Satire und Ironie. Beinhart und gekonnt. Vielleicht bewusst, vielleicht aber auch unbewusst, formulierten Sie ihren Einspruch schon so, wie das Künstler zu allen Zeiten in Diktaturen gemacht haben. Wenn Jan Josef Liefers den Medien für ihre verdienstvolle Angstkampagne im Dienste der Gemeinschaft dankt, dann könnte diese Szene auch für „Das Leben der Anderen“ gedreht worden sein: „Verzweifeln sie ruhig, aber zweifeln sie nicht.“ 

Das werden sie ihm nie verzeihen. Sie stehen so nackt da, und sie sehen genauso alt und spießig aus. Die Berufsjugendlichen von der Gesinnungspolizei sind gestern Abend um mindestens 20 Jahre gealtert. Das Image unserer hippen Weltretter fiel für einen kleinen Moment zusammen wie ein Soufflé, das vom kalten Buffet bei der Verleihung des Grimme-Preises gekippt ist. Und sie reagieren so pawlowesk wie ein Kaugummi-Automat, in den man 50 Cent einwirft. Im geistigen Spießerbiotop herrscht Großalarm. Die Geschütze, mit denen auf die Störenfriede geschossen wird, sind so überdimensioniert wie die Kanonen der Graf Spee. Von Böhmermann bis Niggemeier klappert das Gebiss ob des „Dammbruchs“. 

Wie die Mäuse in einem Kornspeicher

Es ist zwar bislang nur ein Haarriss, der aber das Zeug hat, zum Dammbruch zu werden. Klar, die Revoluzzer werden jetzt zur Selbstkritik einbestellt und müssen widerrufen, was der eine oder andere auch tun wird oder schon getan hat. Aber es wird nichts nützen. Weder denen, die widerrufen noch denen, die es fordern. Widerrufen ist nur ein weiterer Akt im Drehbuch des Totalitären und somit ebenfalls Teil dieser Kunst-Installation. Der Zweifel ist aber ein Nagetier und vermehrt sich wie die Mäuse in einem Kornspeicher. Löscht ruhig die Videos, das wird deren ikonographische Rolle nur weiter befördern. Vor dieser Leistung wird sogar das Zentrum für politische Schönheit den Hut ziehen. 

Unseren neuen Standup-Denkern von #allesdichtmachen sei jedenfalls gesagt: Never complain, never explain. Ihr habt bei den Claqueuren des Staatsbetriebes so oder so lebenslang verschissen. Es besteht keinerlei Anlass zu Defensive, und sie bringt auch nix. Gestern Abend habt ihr dem deutschen Moralbetrieb eine auf die Zwölf gegeben, damit kommen diese Hofschranzen ganz schwer zurecht, weil sie Widerstand nicht gewohnt sind. Und schon gar keinen so intelligenten. Sie hassen Euch jetzt, weil Ihr ihnen und der Welt vorführt, was für mittelmäßige, humorlose und spießige Alt-Flaschen sie sind. Es ist deshalb nur eine Frage der Zeit, bis sich die hübschesten Mädchen und Kerls hinter euch versammeln. Ihr werdet es noch erleben. Lotta continua!

Foto: Pixabay

Sie lesen gern Achgut.com?
Zeigen Sie Ihre Wertschätzung!

via Paypal via Direktüberweisung
Leserpost

netiquette:

Arnd Siewert / 23.04.2021

Wo sind die Musiker? Das 20 Jahre Merkel, Tartort und Heute-Journal ein Volk zu blindem Kadavergehorsam erzieht ist unfassbar! Dafür wurde im dritten viel Blut vergossen. Aber die Aufstiegsgunst der Stunde hat immer schon gefügig gemacht - zumal man ja auf Seiten der Gesetzgeber gut versorgt wird. Every Mind is corrupt - but you have a choice, and will earn the fruits you stay for !

Johannes Keil / 23.04.2021

Eigentlich geht es um nicht mehr und nicht weniger als um unsere Meinungsfreiheit. Die unsere Verfassung garantieren soll. Damit man auch Meinungen aushält, die einem nicht gefallen. Und darum, dass man für seine Meinung bei niemanden um Entschuldigung bitten muss. Das sollte eigentlich Teil unsrer Demokratie und unsrer freiheitlich demokratischen Ordnung sein. Von dieser Meinungsfreiheit haben die Schauspielerinnen und Schauspieler Gebrauch gemacht. Das ist ihr gutes Recht. Und das finde ich gut.

Frank Rotschedl / 23.04.2021

Es ist einfach der Hammer - die große Maschine läuft auf Hochtouren… Vor ein paar Stunden waren es auf Youtube über 40.000 Abos… ich mache das eigentlich nicht, habe mich extra angemeldet und auch abonniert… und vorhin waren es noch 389 Abos und ein große Anzahl von Videos fehlte schon…

Dr.Olaf Borkner-Delcarlo / 23.04.2021

Das Schöne und Wertvolle an diesen Beiträgen ist: Es sind allesamt renommierte Schauspieler, auf die ZDF und ARD nicht verzichten können, weil sie Quotenbringer sind. Man stelle sich vor, es wären “nur” Komparsen, die derart ihre Kritik äußerten? Die würden sofort von diesen ” freien” und ” unabhängigen” Anstalten Berufsverbot erhalten. Danke jedenfalls. Es braucht eine öffentliche und hörbare Stimme… und das seid ihr. Danke!

Dr. Armin Schmid / 23.04.2021

Die Bundesregierung sollte doch eigentlich dankbar sein. Sie macht zwar bisher alles richtig, aber sie kann es einfach nicht kommunizieren. Die letzte deutsche Reichsregierung hat die Bürgerinnen und Bürger wenigstens noch (unter nicht enden wollendem Beifall) gefragt: „Wollt ihr den totalen Lockdown? Wollt ihr ihn totaler und radikaler als wir ihn uns heute überhaupt vorstellen können?“. Warum klappt das heute nicht mehr? Ach stimmt ja: es gibt keinen Sportpalast mehr und wegen der Coronamaßnahmen dürfte eh keiner rein. Gut, dass die Schauspieler es übernehmen, der Regierung ihre und unsere unverbrüchliche Treue zu bekunden.

Albert Pflüger / 23.04.2021

Ich finde, jetzt müssen alle auch noch einen Widerruf drehen, nach der gleichen Machart. Das wäre eine weitere Klatsche, weil den Spießern ihre totalitäre Maske heruntergerissen würde. Solche Sackgesichter wie Böhmermann haben das sowas von verdient! Man könnte die, die sich besonders das Maul zerrissen haben,  persönlich erwähnen oder ansprechen und sich sehr herzlich bedanken, daß sie geholfen haben, einen auf den rechten Weg zurückzuführen und sich karrieretechnisch für einen einzusetzen, weil man ja doch inzwischen schreckliche Angst um die eigene berufliche Zukunft hätte….

Sascha Hill / 23.04.2021

Ha, wer hätte das gedacht. Die Leute entdecken so langsam, das sie ein Gewissen haben. Laut Welt haben bereits die ersten zurückgezogen, ua Makatsch, Becker und Ullmann. Tschirner, Ulmen und Mbarek hauen auf ihre Kollegen und ein SPD Politiker soll mit Berufsverbot gedroht haben. Alleine schon, das Typen wie Böhmermann, Niggemeier, Mbarek & Co toben, zeigt wie recht die Schauspieler mit ihren Statements hatten. Das wirklich Dumme dabei ist, Böhmermann, Mbarek & Co merken noch nicht einmal wie sehr sie aufs Glatteis geführt wurden. Was mich allerdings nervt, obwohl ich nicht überrascht war, wie schnell die Feigheit bei einigen obsiegte. Ich nehme mir ihren letzten Satz zu Herzen, “Ihr werdet es noch erleben.” Ich hoffe es!

Paul Siemons / 23.04.2021

So schnell wird man Nazi. Das erleben jetzt diejenigen am eigenen Dasein, die sich bisher überwiegend als systemkonform betätigt haben, vielleicht sogar hier und dort mit der Nazikeule um sich gehauen haben. Nicht VOLL auf Linie liegen = rechtsradikal. So sieht die Realität 2021 in Deutschland aus. Ich tue mich noch schwer damit, den Beteiligten einen echte Opposition zuzugestehen, zu sehr sind sie mit dem linksgrünen Mainstream verbunden. Aber irgendwann merken selbst Hofschauspieler und verdiente Reichskulturkammerangehörige, dass es ihnen an den Kragen geht. Der eine und andere muss vielleicht schon seine Mallorcafinca zum Verkauf inserieren oder die 8 Zimmer Kiezetage aus der Gründerzeit. Den bestellten Tesla erst mal ad acta legen. Ich kann mir lebhaft vorstellen, wie das jetzt weiter gehen wird. “Mit dem Nazi dreh ich nicht mehr!” “Dieses BDM Mädel will ich in der Serie nicht mehr sehen!” Das Land und seine Insassen sind so was von erledigt, man kann es sich nicht ausdenken.

Leserbrief schreiben

Leserbriefe können nur am Erscheinungstag des Artikel eingereicht werden. Die Zahl der veröffentlichten Leserzuschriften ist auf 50 pro Artikel begrenzt. An Wochenenden kann es zu Verzögerungen beim Erscheinen von Leserbriefen kommen. Wir bitten um Ihr Verständnis.

Verwandte Themen

Es wurden keine verwandten Themen gefunden.

Unsere Liste der Guten

Ob als Klimaleugner, Klugscheißer oder Betonköpfe tituliert, die Autoren der Achse des Guten lassen sich nicht darin beirren, mit unabhängigem Denken dem Mainstream der Angepassten etwas entgegenzusetzen. Wer macht mit? Hier
Autoren

Unerhört!

Warum senken so viele Menschen die Stimme, wenn sie ihre Meinung sagen? Wo darf in unserer bunten Republik noch bunt gedacht werden? Hier
Achgut.com