Gastautor / 18.11.2011 / 23:24 / 0 / Seite ausdrucken

Warum schweigen die Pazifisten?

Nathan Warszawski

„The Globe And Mail“ ist eine bedeutende englischsprachige Tageszeitung Kanadas. Am 1. Juni 2011 veröffentlichte sie einen Artikel über die Unruhen in Syrien, der mit folgenden Worten begann:

Hamza al-Khateeb was a 13-year-old Syrian boy who loved to swim in the irrigation ditches of his family farm and watch his collection of homing pigeons circle the sky above.
On April 29, he was swept up by security forces during a violent protest near Daraa he attended with his father. A month later his body was returned, battered, broken and shot up.
His jaw and both kneecaps had been smashed. His flesh was covered with cigarette burns. His penis had been cut off. Other injuries appeared to be consistent with the use of electroshock devices and being whipped with a cable.

Deutsche Publikationen halten sich mit der Beschreibung der Folterspuren zurück. Artikel in deutscher Sprache finden sich im Tagesspiegel, in der NZZ, in der Welt. Selbsternannte Pazifisten aus Kassel bemerken, dass Minderjährige von politischen Konfrontationen ferngehalten werden müssen, denn seit Beginn der Proteste in Syrien Mitte März seien mindestens 30 Kinder erschossen worden (Stand vom Juni 2011).

Der Aachener Friedenspreis schweigt beredt, wenn man nach Hamza al-Khateeb googelt. Zumindest ein pax-christi-Twitter auf Holländisch erwähnt in einem Zweizeiler den Namen des ermordeten gefolterten Buben. Ansonsten verlangt pax christi ein Mandat für das Komitee für Folter, um speziell den Bereich der systematischen Folter während der Proteste anzuschauen. Außerdem bittet pax christi Shell, ihre Zusammenarbeit mit der syrischen Regierung einzustellen.

Sie, verehrter Leser, werden sich fragen, warum ich auf der moralistischen Welle schwimme. Habe ich denn nicht öffentlich (Tabularasa) bekundet, dass mir Baschar al-Assad lieber ist als seine Nachfolger?

Mir geht es nicht darum, die NATO aufzuhetzen, damit sie in Syrien den Folter-Diktator ermorden lässt. Wenn Baschar al-Assad gestürzt wird, werden nicht nur Juden und Araber in Israel unter den nach ihm regierenden moderaten Muslimbrüdern leiden. Auch die jetzt in Syrien herrschende Minorität der Aleviten, die von gläubigen Muslimen als Apostaten betrachtet wird, wird nach Assads Sturz vertrieben, gefoltert und wegen Apostasie ermordet werden. Die orthodoxen und katholischen Christen Syriens halten öffentlich zu Assad, da sie von seinen Nachfolgern das Schlimmste befürchten.

Doch rechtfertigen all diese erdrückenden Argumente das Schweigen, wenn ein Kind lebendig verstümmelt wird? Von den von uns gewählten Politikern brauchen wir nichts zu erwarten; sie sind mit wichtigeren Dingen beschäftigt. Das Schweigen der Kirchen und Moscheen lässt sich aus oben Geschriebenen ableiten. Doch warum schweigen deutsche Pazifisten?

Schweigen die Pazifisten aus Angst, dass ihr Aufschrei gehört werden könnte, der der NATO den Vorwand liefert, einen Krieg gegen Syrien und seinen Erdölquellen anzuzetteln? Selbst wenn dem so wäre, wäre Schweigen verantwortungslos!

Warum schweigen also die Pazifisten?

Wenn Palästinenser leiden, sind deutsche Pazifisten stets an vorderster Front, sie zu beschützen, den Aggressor beim Namen zu nennen, sofern er Jude ist. Zuweilen reicht es aus, wenn der Aggressor Christ ist. Werden Palästinenser von Arabern gepeinigt, seien sie Jordanier, Ägypter, Libanesen oder Syrer, so relativiert sich das palästinensische Leid auf wundersamer Weise.

Das Mitgefühl deutscher Pazifisten für unterdrückte Araber ist leer und falsch. Nicht den Arabern soll geholfen, den Juden soll geschadet werden! Pech für die gequälten Syrer, dass Baschar al-Assad kein Jude ist.

Lassen wir die blasphemischen Pazifisten außen vor. Das Verhalten der syrischen Regierung ist nicht tolerabel. Kinder gehören nicht gefoltert, verstümmelt und ermordet, genauso wenig wie Erwachsene. Das unsägliche Leid der Syrer ist die logische Konsequenz des Hasses auf Juden.

Zurück zu den deutschen Pazifisten, welche Antisemitismus schüren und Araber treffen:

Juden, Zionisten und Israelfreunde ergötzen sich nicht am Leid syrischer, palästinensischer und arabischer Kinder. Hört auf, Israel zu hassen! Nicht der Juden, der Araber wegen. Heute schweigt Ihr aus Antisemitismus zu den Qualen, die Syrer in Syrien durch Syrer erleiden. Morgen (oder bereits heute?) werdet Ihr wegen Antisemitismus wegschauen, wenn in Deutschland Menschen mit islamischen Wurzeln verfolgt werden. Wir Juden mögen Euerer Ansicht nach am Leid der Welt schuld sein. Wir sind zu schwach, es zu verhindern. Helft den unterdrückten Arabern und Muslimen! Hört in Gottes Namen auf mit Euerem Antisemitismus!

Dr. Nathan Warszawski ist Jüdischer Vorsitzender der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit Aachen

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