Linguistisches Pfeifen im Walde betreiben seit Jahren Beobachter der deutschen Wirtschaft. Da wird von einem unfassbaren Boom phantasiert, nur weil die Volkswirtschaft es mal über die Zwei-Prozent-Wachstumshürde schafft. Ganz groß ist die in vielen Medien beliebte News-Headline „Deutsche Wirtschaft wächst“. Das trifft laut CIA Economic Factbook auf 208 von 216 Nationen zu. Die letzten beiden Jahre erschienen einigen sogar als Wirtschaftswunder. Zur Klarstellung: Die deutsche Volkswirtschaft wuchs 2007 um 2,5 Prozent, 2006 um 2,9 Prozent. Nicht schlecht im Vergleich zu den Vorjahren, klar. Nur: Der Vergleich mit sich selbst ist irreleitend. Sinnvoller wäre der Vergleich mit anderen Ländern, und zwar über fünf bis zehn Jahre hinweg. Diese legen regelmäßig um über drei Prozent zu…
In der Produktion rhetorischer Wachstumsblasen steckt gesellschaftspsychologisch System. Die Welt crossnationaler Vergleiche, also makroökonomisches Benchmarking, ist den Deutschen zu hart, zu kalt. Man kuschelt lieber und wünscht sich die vorglobalisierte Welt zurück. Insofern ähnelt die deutsche Ökonomiebetrachtung der Ostalgiewelle, in der sich eine ganze Generation einen absurden Überwachungsstaat zu einem zwar unperfekten, aber eigentlich doch ganz gemütlichen Nest hinbrabbelt.
Aber auch im Bereich nationaler Autosuggestion können wir vom Ausland lernen. Ganz groß darin ist nämlich Monsieur Sarkozy. Sein Konzept des qualitativen Wachstums, von Sozialdemokraten aller Parteien bei uns begeistert aufgenommen, funktioniert ganz ähnlich: Es ersetzt das harte Kriterium „Wirtschaftswachstum“ durch weichere, gefühligere Faktoren – und solche, in denen Frankreich weniger mies abschneidet als beim fiesen BDP.