Fabian Nicolay / 22.04.2023 / 06:00 / Foto: Fabian Nicolay / 88 / Seite ausdrucken

Vier Tugendregeln im Angesicht der Überwachung

Innenministerin Faeser will die anlasslose Überprüfung auch privater Handys und Computer ermöglichen, und der politmediale Komplex fällt über Springer-Chef Döpfner her, weil er privat sagt, was man nicht sagen darf. Die Gedankenpolizei ist auf dem Weg, machen Sie bitte die geistige Rettungsgasse frei!

Wenn man die „Skandale“ und ihre Debatten verfolgt, drängt sich der zugegebenermaßen pauschale und vorschnelle Eindruck auf, es gäbe zwei Arten von Menschen: die stoischen Hedonisten und die wütenden Asketen. Es scheint trotz dieses schablonenhaften Vorurteils doch etwas dran zu sein: Die einen wollen leben, wie es ihnen passt, und sie nehmen mehr oder weniger in Kauf, kritisch und allgegenwärtig von den anderen beäugt zu werden. Sie haben meist etwas Alltägliches zu verbergen, weil es niemanden sonst etwas angeht. Es muss nicht wirklich gravierend sein – aber schlimm genug ist es allemal, um die Tugendwächter auf den Plan zu rufen, die schon ein falsches „Wording“ ahnden. Sie beobachten die „Verfehlungen“ der Hedonisten mit Argusaugen. Mit der Empathie von Kneifzangen wollen sie nun zurechtbiegen, was nicht konform ist.

Es sind die Anprangerer und Denunzianten, die das Klima vergiften, weil sie nicht ertragen können, dass sehr viele Menschen schon beim leisesten Versuch scheitern, es ihnen, den Tugendwächtern, recht zu machen. In den Augen der Kneifzangen haben alle „verschissen“, die Spaß haben wollen und deshalb den Tugendrat nicht fragen, ob sie es dürfen. Im besten Deutschland der Kneifzangen kann alles „Pornografie“ sein, was mit Offenheit, Kritik, Polemik, Ironie, Lust, Laune, Satire, Ausgelassenheit, aber ohne korrekte „Haltung“ auftritt. Das muss man dringend bekämpfen und holt schon mal die ganz große Kanone raus: Die Gedankenpolizei ist auf dem Weg, machen Sie bitte die geistige Rettungsgasse frei.

Es gibt zu viele „Skandale“, die im eigentlichen Sinn nichts Anstößiges transportieren – wenn man es freiheitlich betrachtet. Der triviale Wirbel um solche Skandale wird von Menschen betrieben, die wichtigtuerisch die Backen aufblasen und uns weismachen wollen, ein Sturm der Entrüstung müsse dringend ausgelöst werden. Denn es habe sich erneut herausgestellt, dass es (noch immer) keine verlässliche Moral gibt, die allumfassend, quasi tiefenpsychologisch, im menschlichen Charakter kollektiv verankert ist. Das alte Lied, der menschliche Makel, der Ruch der Ideologie. Wie die Kirche anno dazumal lebt die Cancel-Culture von der falschen Behauptung mangelnder Moral. Sie ist der Papiertiger unserer Zeit, der eine perfide Scheinheiligkeit zum Maßstab des eigenen Anspruchs erhoben hat und akribisch dem alltäglichen Sündenfall des Bürgers und seiner Vorbilder auf der Spur ist. 

1. Bekenne, dass du gut, integer und zutiefst verlässlich bist

Wie die Inquisition, die Jakobiner, die Tscheka, die Kulturrevolutionäre will die Cancel-Culture die Welt von Menschen mit „schädlichen“ Gedanken säubern und alle anderen erziehen. Deshalb haben moralistisch ausgerichtete Institutionen, Stiftungen, Medien und Unternehmen Konjunktur – gepampert von einem Staatswesen, das mit dem Verlust seiner Deutungshoheit an den Rändern links und rechts ohnehin immer mehr an Legitimation verliert. Aber es bröckelt auch schon in der bürgerlichen Mitte, wo die Aktivisten erzogen wurden, die heute moralische Weltrettung betreiben. Dabei wird der Cancel-Culture eine Wirkmächtigkeit überlassen, die sie gar nicht beanspruchen könnte, wenn nicht so viele vor ihr einknickten und im kollektiven Empörungsrausch mitschwämmen.

Die verwerfliche Doppelmoral, die die Cancel-Culture anprangert, wohnt jedoch ihrem eigenen Handeln inne. Unserer Welt mangelt es an Transzendenz, wenn die Forderung nach moralischer Beweisführung bis ins Privateste so übermächtig geworden ist: Jeder Mensch, jede Handlung, jeder Gedanke und jedes geäußerte Wort sieht sich dem permanenten Zwang zum allumfassenden Bekenntnis gegenüber. Die postmoderne, weltanschauliche Beweislastumkehr bedeutet schon wieder: „Bekenne, dass du gut, integer und zutiefst verlässlich bist. Beweise es dem Kollektiv.“

Weil die Moral am Menschen durchexerziert wird, kann sie nicht als eine jenseits der weltlichen Erfahrbarkeit mögliche, ausreichende Ethik angenommen werden, die auch Nischen der Fehlbarkeit zulässt. Der real existierende Moralismus ist die pure Anwesenheit von Verhaltensregeln und Bekenntniszwängen und säkularisiert seine Anhänger bis ins letzte Refugium. Jede noch so banale Moralvorstellung kann verlangt werden, wenn sie ideologischer Teil einer Welt- oder Menschheitsrettung geworden ist. Das ist nicht neu, und wir kennen es aus Geschichts- und Philosophiebüchern zur Genüge. Wir erleben es heute als Wiedergeburt der Gesinnungsprüfungen. Der permanente Beweis der Tugendhaftigkeit als dem Menschen innewohnende menschliche Eigenschaft ist eine Forderung, die in einer freien Gesellschaft nicht notwendig ist und sich generell als Farce herausstellt: Der Mensch ist nun mal ein widersprüchliches Wesen mit ambivalenten Zügen.

2. Denunziere, weil nur so die Welt gerettet werden kann

Und weil die Moral dem Menschen immanent sein soll, also als eine ihm innewohnende Eigenschaft und sichtbares Bekenntnis gefordert werden darf, muss nichts der Interpretation überlassen werden. So leben wir in einer Zeit massiver (intellektueller) Verunsicherung, wo nichts dem Zufall, der Deutung oder subjektiven Schlussfolgerung überlassen werden darf, wo es keine Transzendenz gibt – also eine Erfahrbarkeit jenseits möglicher Belegbarkeit –, sondern nur sogenannte „Fakten“. Das verengt unseren gesellschaftlichen Handlungsspielraum enorm: Es gibt immer weniger Laissez-faire, immer weniger Vertrauen in die Eigenverantwortung des Menschen. Das Bedürfnis nach Einmischung in die Welt privater Gedanken wird immer mächtiger, weil man dem Individuum misstraut.

Dementsprechend fühlen sich die Politiker ermächtigt. Nancy Faeser, die Bundesinnenministerin, hat sich nun durchgesetzt: Sie will die anlasslose Überprüfung auch privater Handys und Computer ermöglichen. Das Gewissen des Bürgers soll erforscht werden, indem die Innenministerin Bilddaten, Chat- und E-Mail-Verläufe durchforsten lässt. Vordergründig geht es dabei um sexuellen Missbrauch und Kinderpornografie. Jedoch stellt sie die Gesellschaft unter Generalverdacht, und wer weiß, wozu es noch gut ist. Die Unschuldsvermutung kommt als bürgerliches Schutzrecht vor dem Staat ins Hintertreffen, der Überwachungsstaat wird schleichend Realität für einen zunehmend gläsernen Bürger.

Wenn moralische Integrität den täglichen Tugendbeweis erfordert – „ich bin doch kein Rassist, kein Nazi, kein Antifeminist, kein Sexist! Ich esse keine Tiere, quäle keine Kinder, bin kein Pädophiler, hinterziehe keine Steuern, spare CO2 und habe eine PV-Anlage auf dem Dach! Ich verzichte extra auf Flugreisen, finde mich als Mann ungeheuer toxisch und Gendern dagegen prima, weil es die Welt gerechter macht! Ich bin solidarisch, wenn ich mich impfe, ich folge der Wissenschaft und glaube ans Klima! Ich zeige deshalb Menschen an, die sich falsch verhalten, die die Meinungsfreiheit missbrauchen und schwurbeln, ich denunziere, weil nur so die Welt vor dem Kollaps gerettet werden kann!“ – dann sind wir in einer Gesellschaft angekommen, die ethisch auf Dauer versteinert und den freien Willen beerdigt.

3. Unterscheide Dunkeldeutschland und helles Deutschland

Was ist denn so enttäuschend daran, wenn sich eine Person privat abfällig äußert? Wenn jemand politisch unkorrekte Witze erzählt oder seinen Ressentiments freien Lauf lässt, aber dies nicht öffentlich tut, ist das durchaus normal, erlaubt und entspricht unserer täglichen Lebenspraxis. Jeder hat das Recht auf Widersprüchlichkeit und Inkonsistenz – die Gedanken sind frei, oder? Mathias Döpfner ist auch so ein Mensch, der hinter vorgehaltener Hand anscheinend hin und wieder ein Ventil öffnet und es sprudeln lässt. Na und? Ich ebenfalls, ich nehme an, Sie als Leserin und Leser auch – und wahrscheinlich auch (fast) alle Moralapostel dieser Welt, die berufs- und berufungsbedingt trotzdem empört „Skandal“ rufen. Es ist jedoch noch kein Skandal, wenn festzustellen ist, dass es eine private Person hinter der offiziellen gibt, die von der Außensicht abweicht.

Es gibt eine Scheinheiligkeit und Doppelmoral, die eine düstere, kriminelle Seite hat: Das kann man an pädophilen Priestern und Politikern feststellen, die auf ihren Laptops Kinderpornografie sammeln. Auch korrupte Staatsbeamte, die dem Gemeinwesen schweren Schaden zufügen, oder Pharma-Lobbyisten, die sich auf „die Wissenschaft“ berufen, um das Vertrauen ahnungsloser Bürger zu missbrauchen und medizinische Massenexperimente an ihnen durchzuführen. Wer die Wahrheit kennt, aber mit einer anderen „öffentlichen Wahrheit“ hantiert, um Mitbürger mit dem Hebel der Bürokratie, des Glaubens oder der Angst zu instrumentalisieren und gefügig zu machen, handelt tatsächlich skandalös und verbrecherisch. Wer sich jedoch in privaten E-Mails über Ostdeutsche despektierlich äußert, ist noch lange kein Schuft, sondern maximal ein „Besserwessi“, dem die Gnade der örtlichen Geburt zu Kopf gestiegen ist. Mehr nicht. Niemand sollte von einem Privatmann, der sich öffentlich anders äußert als privat, erwarten, dass er ein Vorbild ist. 

Die Skandaltreiber vergessen gern, dass das nicht coram publico geäußerte Ossi-Bashing Döpfners nicht so gravierend einzuordnen ist wie die öffentlich geäußerte Bezeichnung „Dunkeldeutschland“ des ehemaligen Bundespräsidenten Joachim Gauck, der damit als Träger des höchsten Staatsamts herausheben wollte, dass im Osten Fremdenfeindlichkeit und Extremismus ihr Unwesen treiben, die dem „hellen Deutschland“ der freiwilligen Helfer diametral entgegenstünden. Dieselben Medien und Politiker, die heute Döpfners Rücktritt als Vorstandsvorsitzender der Axel Springer SE beschwören, waren sich in den vergangenen Jahren nie zu schade, die Sachsen offen als „Nazi-Sachsen“ zu bezichtigen. Erlaubt ist, was gefällt?

4. Dinge nicht denken dürfen

Der Fall Döpfner hat uns vor Augen geführt, dass die soziale Kontrollwut vor allem ideologische Züge trägt, die bis ins Private reichen. Der Skandal entsteht erst durch die zwanghafte Feststellung, dass die öffentliche Person Döpfner nicht hundertprozentig mit dem privaten Mathias kongruent ist. Es braucht offensichtlich eine kriminelle, die Persönlichkeitsrechte verletzende Energie einer Schmutzkampagne, um mit dem Vorwurf der Doppelzüngigkeit dem Vorstandsvorsitzenden der Axel Springer SE am Zeuge zu flicken. Der Skandal, der keiner ist: Mathias Döpfner äußert sich im Privaten anders als öffentlich, er hat dezidierte Meinungen, die er nicht öffentlich äußern will. Er unterscheidet, was er an welcher Stelle sagt und wem er welche Aussage zumutet. Offensichtlich mutet er Menschen in seinem direkten Umfeld, Geschäftsfreunden und der Familie andere Gedanken zu als der medialen Öffentlichkeit. Ist das verwunderlich? 

Mathias Döpfner kennt als Journalist die imaginären Grenzen der Meinungsfreiheit, die von einem postdemokratischen Moralismus geprägt sind und immer enger definiert werden. Nicht öffentlich, sondern privat hat er Ostdeutsche „beleidigt“, hat Vorbehalte gegen Muslime geäußert und findet nichts daran, zukünftig in einer wärmeren Welt zu leben. Die Frage ist also auch, ob es nicht ein viel größerer Skandal ist, dass man solche Dinge nicht denken darf. Da Döpfner diese Privatmeinungen nicht offiziell geäußert hat, werden sie auch nicht dadurch zur öffentlichen Äußerung, dass irgendjemand aus seinem (ehemaligen) Umfeld die private Korrespondenz an die Zeit durchgestochen hat, um damit einen Gegner zu beschädigen. Nun wird Döpfner an seinen Worten gemessen. Aber wird das auch Joachim Gauck oder die Chefredaktion des Spiegel, die auf ihren Titeln seit Jahren gegen die „Nazis“ im Osten wettert? Die Doppelmoral und das Messen mit zweierlei Maß waren schon immer ein scharfes Kochrezept des Journalismus.

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Fabian Nicolay ist Gesellschafter und Herausgeber von Achgut.com.

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Thomin Weller / 22.04.2023

Die EU soll(te) sich zum totalitären “Tugendregeln” Monster entwickeln. Das war allen Interessierten und Informierten restlos bekannt. 2014—>“Kleine Anfrage der Abgeordneten Andrej Hunko u. a. und der Fraktion DIE LINKE. Computergestütztes Aufspüren von unerwünschtem Verhalten im öffentlichen Raum BT-Drucksache 18/540. EU-Forschungsprogramm INDECT, 1,4 Milliarden Euro für Sicherheitsforschung. ...Eines der neueren EU-Programme trägt den Namen PROACTIVE (wewewe dot fp7-proactive dot eu). Der Name markiert einen neuen Trend in der Strafverfolgung- Im Gegensatz zu „Prävention” soll die „proaktive Verbrechensbekämpfung” greifen, wenn die vermeintliche „Bedrohung” noch gar nicht in Sicht ist.”<—Und die Unregierung ganz vorne an der aktuellen Umsetzung. Sie jagen mittels Militär-Geheimdienste Gedankenverbrecher und Juristen erleben Höhenflüge aus alten blutigen Tagen. Der Buschmann, tststs, hat der keine Frau? Der kleinere Testbetrieb, Entdeckung von künstlichem Gebiss, Rollator-Revolutionäre, Reichsbürger ist aktuell und wird sich mittels KI und 5G noch deutlich erweitern. Die Regierung gehört sofort aus allen Ämtern entlassen. Klar das die CDU extrem still ist, sie sind schon unter Kohl ein Hauptdrahtzieher des neuen heiligen vierten Reiches gewesen. Ihre Ikone U.v.d.L wird beschützt. P.S. Selbst China ist nicht so totalitär wie aktuell die EU.

T. Merkens / 22.04.2023

Den “täglichen Tugendbeweis” nach Punkt 2 kann man sich sparen! Und zwar deswegen, weil er nichts nützt. Wenn man vom Totalitarismus zur Hinrichtung auserkoren wurde, wozu bereits eine einfache medienwirksame Behauptung ohne jeglichen Beweis ausreicht, gibt es keinen Ausweg mehr. Wenn ich mich recht erinnere, kann man bei H. Ahrendt nachlesen, dass im Stalinismus z. T. die Angeklagten selber eifrigste Beschaffer von Beweisen ihrer angeblichen “Schuld” waren; Wahrscheinlich weil ihnen einerseits bewusst war, dass niemand sich ohne Lebensgefahr auf ihre Seite würde stellen können, und weil es ihnen andererseits anscheinend ein psychisches Bedürfnis war, sich durch das Eingeständnis der vorgeworfenen (erfundenen) Schuld seelisch zu reinigen, bevor ihr Leben ausgelöscht wurde. Ansätze davon sind an den tausendfachen demütigen Entschuldigungen wegen schwachsinnigster Vorwürfe (“er hat das verbotene ‘X-Wort’ gesagt!!!”) schon erkennbar. Also lasse man den Quatsch einfach, es ist vollkommen sinnlos. “Leckt mich am Arsch, ihr Spinner” ist als Tugendbeweis gerade gut genug.

Paul J. Meier / 22.04.2023

Es geht in dieser Sache nicht um die Frage ob Döpfner ein “Arschloch” ist, sondern darum, ob er seine Meinung/Ansicht kundtun darf.

Karl-Heinz Boehnke / 22.04.2023

Sozialisten kämpfen grundsetzlich gegen das Private, das sich gerade der öffentlich devote Döpfner erlaubt hat. Nicht der Inhalt ist sein Vergehen, sondern dessen Spielfeld ist verboten.

Sam Lowry / 22.04.2023

@Thomin Weller: Dass ich digital komplett überwacht werde, ist mir seit dem letzten Strafbefehl bewusst, daher werde ich in Zukunft sicher nicht schreiben, dass ich einen Rollator und einen Kartoffelsack im Haus habe. Und das SEK-Leute zu meiner Verhaftung mitgebracht werden, habe ich einmal erlebt und brauche das sicherlich kein zweitesmal. Nee, heute weitergemacht mit Selbstversorgung durch Gartenarbeit. Ist absolut entspannend, fast meditativ. Vielen Dank für Ihre Antwort. MFG

Gerhard Schmidt / 22.04.2023

“Vorsicht bei Gesprächen - Feind hört mit!” - Keine Warnung ist in Deutschland zeitloser….

Gerhard Schmidt / 22.04.2023

Schon in meiner Schulzeit (80er) gab es Meinungspolizisten, die Andersmeinende gnadenlos denunzierten. Ich kann mich nicht erinnern mal kein “Nazi” gewesen zu sein…

Dr. Ralph Buitoni / 22.04.2023

@Volker Kleinophorst / 22.04.2023 @ Napp Oft zitiert aber kein Zitat. Wurde Silone nach seinem Tod von einem Journalisten „zugeschrieben“. Inhaltlich natürlich korrekt, aber kein Zitat. - Nada - das Zitat ist authentisch, wie ein historisches Zitat nur authentisch sein kann: Ignazio Silone „Eine bestimmte Art Mensch im Getriebe der Welt“,S. 70 – 84 In: Francois Bondy. Pfade der Neugier. Portraits, in: Benziger Essay, Benziger Verlag AG, Zürich 1988 Bondy stellt in essayistischer Weise eine Reihe von Autoren, so auch Silone vor, wobei er im Kapitel über Silone dessen Biographie im Spiegel seines Werkes zu ergründen sucht. Ziel ist es, die Aussagefähigkeit Silones als eines charakteristischen Zeitgenossen zwischen Sozialismus und Faschismus nachzuprüfen. Dabei kannte Bondy Silone über einen langen Zeitraum, hat viele Gespräche mit ihm geführt. Auf der letzten Seite (S. 84) fällt schließlich das berühmte Zitat: „Silones Werk hat einen Hintergrund von gesprochener Sprache. Das Kontrastiert sonderbar mit seiner Neigung zum langen Schweigen, weit über alle Wortkargheit hinaus. Arthur Koestler berichtet, wie er Silone bei einem Mittagessen in Rom kein Wort entlocken konnte, ähnlich erzählt Bernard Berenson von einer Begegnung in seiner Villa „I Tatti“ in Florenz. (...). Was er im Gespräch sagte – manchmal auch nach einer langen Pause, die wie ein endgültiger Abbruch der Unterhaltung wirkte -, prägte sich ein. Ich traf Silone in Genf am Tag, an dem er aus dem Exil nach Italien zurückkehrte, und plötzlich sagte er: „Wenn der Faschismus wiederkehrt, wird er nicht sagen: ‚Ich bin der Faschismus.’ Nein, er wird sagen: ‚Ich bin der Antifaschismus’. Viele Jahre später, als „Antifaschismus“ in der Tat instrumentalisiert wurde und zu einem Slogan herunterkam, verstand ich, daß dieses kaustische Apercu prophetisch war.“  

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