Roger Letsch / 20.07.2019 / 10:00 / Foto: nao-cha / 60 / Seite ausdrucken

Trump wirft Stöckchen, die Empörten apportieren

Die nur noch „The Squad“ genannte Gruppe junger Abgeordneter im US-Repräsentantenhaus kann große Bekanntheitswerte vorweisen, wenn auch ihre durch Umfragen belegte extrem niedrige Beliebtheit bei den Wählern gern ausgeblendet wird. Nicht nur den Trump-Anhängern sind Ilhan Omar, Rashida Tlaib, Ayanna Pressley und Alexandria Orcasio-Cortez einfach eine Nummer zu schrill. Ihre Migrationshintergründe, die sie medial geschickt in den Vordergrund spielen, und ihr offenes Eintreten für unbegrenzte Zuwanderung, Sozialismus und besonders im Fall Omar die politische Aufwertung des Islam gehen selbst vielen Demokraten auf den Zeiger. Ein Höhepunkt des Virtue Signalling war, als Orcasio-Cortez medienwirksam und perfekt gestylt vor einem Zaun in Texas weinend in sich zusammensank, auch wenn hinter dem Zaun keine eingesperrten Migranten schmachteten, sondern nur ein leerer Parkplatz lag. Die Attitüde war natürlich völlig berechtigt! Denn wie sie selbst in einem Interview zugab, zählt Moral mehr als Fakten.

Auch in deutschen Medien wird „The Squad“ großzügig Raum gegeben, stehen sie doch gemeinsam wie die vier Musketier*innen vor allem gegen den Richelieu unserer Zeit, für dessen moralische Bewertung selbst gestandenen Amerikaexperten von der SPD wie Ralf Stegner bald die Verbalinjurien ausgehen. Was kann nach „notorischer Lügner“, „Rassist“, „Prahlhans“ und „intellektuell minderbemittelt“ schon noch kommen.

Betrachtet man die Tweets, mit denen Trump seit Jahren die Meute seiner Kritiker wie seiner Anhänger zuverlässig versorgt und bleibt dabei wie Feingeist Stegner in der Oberfläche stecken, bekommt man natürlich diesen Eindruck. Doch es ist wie immer, wenn deutsche Politiker nach Amerika schauen und dabei schnell ihre Vorurteile bestätigt bekommen: Man schließt die Augen und sonnt sich im Glanz der eigenen Erkenntnis. OrangeManBad, was sonst. Vernagelt wie eine Streuobstkiste schafft man es nicht, die Absicht hinter den Trumpschen Twitteranfällen zu erkennen – denn dazu müsste man mal einen Schritt zurück machen, um das ganze Bild zu betrachten.

Trump wirft Stöckchen, „The Squad” apportiert

Wie ein überhitzter Dampfkessel reagiert „The Squad“ auf jeden Tweet, den Trump kalt lächelnd werden lässt. Sie, die Viererbande „The Squad“, liebten dieses Land (USA) nicht und sollten doch dahin gehen, wo sie hergekommen sind, so twitterte Trump. Auch ich dachte im ersten Moment nur, warum so ein Tweet wohl nötig war. Hatte Trump nicht erst letzte Woche sogar Nancy Pelosi gegen die Viererbande in Schutz genommen?

Warum nur provozierte er nun mit solchen Aussagen, von denen er wissen muss, dass sie nicht der Wahrheit entsprechen und davon ausgehen muss, dass sich auch Pelosi dadurch wieder auf die Seite von Occasio-Cortez und Kolleginnen stellen würde. Kann er sich wirklich nicht beherrschen? Hat der neunmalschlaue Parteipsychologe Stegner womöglich recht, was die Intelligenz von Trump angeht?

Nichts davon. Trump spielt ein Spiel, das die Medienmeute nicht erkennt. Viele Medien können seit Jahren an nichts anderes denken, als ihn – mit welchen Mitteln auch immer – aus dem Amt zu schreiben. Unterstellte Dummheit ist dabei nur das heruntergekommenste ihrer Argumente, weil es ad hominem geht. Aber die höhere Moral fordert eben Opfer – und sei es die Moral selbst.

Trumps Strategie ist es seit Monaten, die vier Abgeordneten von „The Squad“ in den Medien als das „Gesicht der Demokraten“ dastehen zu lassen und die Demokraten, auch diejenigen, die tatsächlich zur Präsidentschaftswahl antreten, reihen sich willig in die Reihen der Unterstützer ein. Er sieht sehr wohl, wie das Gehabe und die Äußerungen der Vier bei der breiten Bevölkerung ankommen, erkennt, dass es die Demokraten fast zerreißt, wenn sie diese vier von ihrer Bedeutung geradezu Besoffenen verteidigen und sich gleichzeitig gegen ihre hypersozialistischen Ideen halbherzig wehren müssen.

Demokraten erreichen Trump-Wähler nicht

Mit Alexandria Ocasio-Cortez und den andern zusammenzuarbeiten ist, als hätte eine Fußballmannschaft zwar den bekanntesten Spieler in ihren Reihen, wüsste aber nie, auf welches der beiden Tore er als nächstes schießt. Das sorgt nicht für Spannung, sondern für Unmut unter den Fans der Mannschaft. Und so kämpfen die Demokraten gegen Trump, gegeneinander und gegen schlechte Umfragewerte. Die Trump-Wähler, die ja eigentlich das Ziel der nächsten Wahl sein sollten, erreichen sie nicht.

Die letzte Provokation Trumps, die wohl auch Sunnyboy Stegner über die Leber gelaufen ist, hatte zudem einen Effekt, den die entsetzt aufheulenden Demokraten nicht auf dem Zettel hatten – und schon gar nicht die vier getroffenen Superheldinnendarstellerinnen selbst. Denn während das Bild der Vier durch die Medien lief – stets on top of the page, wie sich das für Verlautbarungen von Retterinnen gehört, nutzte Trump die Ablenkung, um das amerikanische Asylsystem de facto auf dem Verordnungswege abzuschaffen.

Ab sofort gilt dort, dass, wer aus Drittländern einreist und nicht nachweisen kann, dass er dort bereits erfolglos einen Asylantrag gestellt hat, keinen Anspruch auf ein Asylverfahren in den Staaten hat. Ich hoffe, meine verkürzte Darstellung trifft halbwegs den Kern. Es gibt übrigens immer noch humanitäre Ausnahmen von dieser Regel, aber man darf annehmen, dass die Behörden die gesetzliche Regelung penibler umsetzen werden als ihre europäischen Kollegen, wo ja, wie wir wissen, in etwa dieselbe Regel (de jure) gilt.

Trump kann später mit dem Finger darauf zeigen

Während also die vier Heldinnen vor den Kameras ihrem Ärger Luft machten und ihrem unermüdlichen Kampf für die Verfolgten und Entrechteten dieser Erde eine gehörige Portion Moral hinzufügten, hatten sie ob ihrer wie Herpes hervorbrechenden gekränkten Eitelkeit nach der getwitterten Beleidigung Trumps doch glatt aus den Augen verloren, was für ihr Ansinnen wirklich wichtig gewesen wäre. Genauso die Presse, wo die Meldung des veränderten Asylrechts gerade mal als kleine Meldung daherkam, während der gekränkte Stolz der vier Heldinnen die Titelseiten füllte. Egoismus schlägt Altruismus und Trump kann später mit dem Finger darauf zeigen.

Trump spielt die Demokraten gegeneinander aus und macht unterdessen munter seine Politik. Occasio-Cortez und ihre Kolleginnen springen über jedes Stöckchen, das Trump ihnen hinhält und rennen diesem sogar hinterher, selbst wenn sie dabei ihre eigenen Leute über den Haufen rennen. Man muss Trumps Politik nicht mögen und kann seine Tweets für grobe Flegeleien halten. Den Stegnerschen Fehler, ihn für einen Vollidioten zu halten, sollte man besser nicht machen. Denn wer es wie er schafft, vier Damen der anderen Seite des Schachbretts für sich spielen zu lassen, ist mehr als nur bauernschlau.

Hier auch eine hervorragende Videoanalyse von Tim Pool zum Thema.

Dieser Beitrag erschien zuerst auf Roger Letschs Blog Unbesorgt.

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Leserpost

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Emmanuel Precht / 20.07.2019

Hervorragend Analyse. Wie immer, Herr Letsch. Wohlan…

Max Wedell / 20.07.2019

Bei diesem Thema konnte man wieder einmal überdeutlich erkennen, wie verbreitet eine Lügenberichterstattung in Deutschland doch ist. So behauptete die FAZ gestern über den ursprünglich die Rassismus-Hysterie auslösenden Tweet, in ihm hätte Trump den vier Abgeordneten “Geht zurück, woher ihr gekommen seid” zugerufen, und bezeichnete eine Richtigstellung Rush Limbaughs gegenüber ähnlichen Verkürzungen in amerikanischen Medien, die praktisch aus einem Zitat des Tweets bestand, also eine Tatsachenbeschreibung war, als “Rabulistik”. Gabor Steingart behauptete in seinem Morning-Briefing ungeniert, dem Präsidenten seien die vier Abgeordneten nicht weiß genug. Ich könnte hier eine lange Liste von Verkürzungen, Verdrehungen, Unterstellungen und Übertreibungen zu diesen Themen im öffentlichen Mediendiskurs bringen, die alle offensichtlich den Zweck haben, Trump als Rassisten zu diffamieren. Zwei Tage nach seinem ursprünglichen Tweet, der die ganze Hysterie auslöste, ließ sich Trump allerdings zu einem Tweet hinreißen, der von einer Ausreise sprach, wie dies von vielen Medien vom vorherigen ersten Tweet fälschlich behauptet worden war, allerdings nicht gegen die “Squad” gerichtet, sondern ganz allgemein formuliert: “Wer unser Land haßt oder in unserem Land unglücklich ist, kann es verlassen”. Wo habe ich sowas schon mal gehört? Irgendwie kommt mir das bekannt vor! Haben unsere Medien sich etwa über Lübcke ähnlich echauffiert, als der ähnliches sagte? Ich kann mich nicht erinnern! Linke dürfen also Rechten, die im Land unglücklich sind, das Verlassen des Landes als Option nennen, und das geht völlig in Ordnung, aber Rechte dürfen Linken, die im Land unglücklich sind, das Verlassen des Landes natürlich nicht als Option nennen, und wenn sie es dennoch tun, ist es ein Skandal! Wie kommt dieser Unterschied zustande? Wird es zum Skandal, wenn es Personen mit Migrationshintergrund als Option genannt wird, wohingegen es Einheimischen als Option zu nennen völlig in Ordnung geht?

Dr. Günter Crecelius / 20.07.2019

Apropos Vollidioten: ohne auf den genialen Herrn Stegner zu rekurrieren. Mir fällt sofort unsere ehemalige Verteidigungsministerin und heutige EU Obere von der Leyen ein, Entschuldigung, ist aber so. Als ihr damaliger Luftwaffeninspekteur, Name ist mir entfallen, die Qualität des Eurofighters im Vergleich mit einem amerikanischen Jagdflugzeug in Zweifel zog, wurde der Herr, der mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit im Gegensatz zu seiner Chefin ein Segelflugzeug von einem Jumbojet unterscheiden konnte, entlassen Wo ortet Herr Stegner nun die Vollidioten und Vollidiotinnen?,  Man sollte immer zuerst in seinem eigenen besch…...n Nest bleiben.

Detlef Fiedler / 20.07.2019

Hallo Herr Letsch. Herzlichen Dank für den absolut treffenden Beitrag.  Nicht nur „The Squad” oder Herr Stegner, die Lizenzpuppe von Mister Beaker aus der Muppet-Show, apportierten fleissig das Stöckchen. Das Trump-Stöckchen wurde von der stets um die richtige Haltung bemühten Journallie auf der gestrigen Bundespressekonferenz ja auch noch in Richtung Kanzlerin geworfen. SPON entblödete sich daraufhin nicht nur zu jubeln “Merkels kleiner Paukenschlag: ein Ja”, sondern meinte zudem noch “Jetzt kann sie befreit in den Urlaub fahren”. Nachdem die Kanzlerin eine Solidaritätserklärung in Richtung der “drei attackierten Frauen” abgelassen hatte.  Aber sicher, mit der richtigen Haltung erholt man sich viel leichteren Herzens, auch wird der Urlaub gleich nochmal so schön. Und wenns gegen Trump ging, dann wird der Urlaub noch viermal so gut. Die Haltungsjournaille ist völlig verzückt, dass die Kanzlerin noch kurz vor dem Urlaub einen Pfeil über den Atlantik geschossen hat und merkt dabei in ihrer völligen Verblödung überhaupt garnicht, dass in Wahrheit Trump sie alle springen und apportieren liess. Übrigens, das mit dem Zählen muss wohl offenbar nicht nur eine grüne Bundestagsvizepräsidentin noch etwas üben. Die Kanzlerin könnte sich ja vielleicht im Urlaub vom Englisch-Profi Oettinger den Begriff „The Squad” mal erklären lassen.

Thomas Lang / 20.07.2019

Bravo Herr Letsch, eine treffende Analyse und sehr gut geschrieben. Habe was dabei gelernt und lachen muss ich auch. Bitte mehr davon!

Achim Kaussen / 20.07.2019

Hallo zusammen, man hat ja so die Vorstellung, das Trump, wenn er gerade mal nichts zu tun hat, mal eben eine Twitter Nachricht absondert, quasi aus der Huefte geschossen. Koennte natuerlich so sein, ist aber eher unwarscheinlich. Twitter ist zu wichtig, als das man das dem Zufall ueberlaesst. Vermutlich steckt ein ganzes Team dahinter, das solche Kampagnen plant und durchfuehrt. Erstaunlich finde ich nur, das die Demokraten das nicht fruehzeitig bemerkt und gegengesteuert haben. Bei denen sind doch auch Medienleute unter Vertrag. Gruss

Markus Bärtschi / 20.07.2019

Herrlich, wie Trump auf der Demokraten-Klaviatur spielt und ihr Töne entlockt, welche schlussentlich zu seiner Wiederwahl beitragen werden.

Birger Goltz / 20.07.2019

Während Trump wenigstens noch sagt: “Ihr könnt in eure Heimatländer zurückgehen, wenn es euch hier nich paßt”, sind Lübcke & Co schon weiter, da sie sagen die autochtone Bevölkerung kann ja ins Ausland gehen, wenn Merkels Werte dem Volk nicht passen. Lübcke & Co betrachten unser Land als Ihr Eigentum. Dabei wurden sie nur gewählt um für 4 bzw 5 Jahre die Regierungsgeschäfte zu führen.

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