Cora Stephan / 04.04.2024 / 10:00 / Foto: sophie & amp / 41 / Seite ausdrucken

Toxische Weis(s)heit: Frankreichs schlechte Laune

Man pflegt in Frankreich, so ist französischer Esprit, eine „Kultur des Defizit“. Was also, wenn Frankreich pleite geht? Und Deutschland nicht mehr den dicken Onkel machen kann?

Ich habe lange gerätselt, was die Regierung beabsichtigt, indem sie alles dafür tut, Deutschland als erfolgreiches Industrieland an die Wand zu fahren. Dummheit? Bosheit? Ideologie? Oder gibt es ein höheres Ziel? Etwa so etwas wie die DDR 2.0? Oder die Pläne von WEF-Initiator Klaus Schwab? Alle sind arm, aber glücklich?

Die Erleuchtung kam mir, als ich las, wie katastrophal die Lage in Frankreich ist. Frankreich, wir erinnern uns der Bilder, ist ein Land mit gutem Wetter im Süden und schlechter Laune der Bevölkerung. Ein Land, in dem die Proteste der Bauern längst nicht so zivil ablaufen wie bei uns. Da wird schon mal die Polizei mit Gülle von der Straße gespritzt. Oder denken wir an die Gelbwesten. Oder an jene Helden der Autofahrernation, die in mehreren Nacht- und Nebelaktionen alle Blitzer mit schwarzer Farbe unbrauchbar machten. 

Es ist ein Land, das viel von Deutschland erwartet und das, wenn es so weiter geht, womöglich Elsass-Lothringen an uns zurückgibt, nach dem Motto: ein Problem weniger. Denn, so meldet es die „Welt“, „Frankreich steht mit dem Rücken zur Wand“ und belegt in der Europäischen Union einen der hinteren Ränge, nur Griechenland und Italien schneiden noch schlechter ab. Im vergangenen Jahr hat der französische Staat 154 Milliarden Euro mehr ausgegeben als eingenommen, die Schuldenlast beträgt 110 Prozent des Bruttoinlandproduktes. (Den Maastricht-Kriterien zufolge darf das öffentliche Defizit nicht mehr als drei Prozent des BIP betragen.) Man pflegt eben, so ist französischer Esprit, eine „Kultur des Defizit“. 

Macron bei Amtsantritt als „Mozart der Finanzwelt“ bejubelt 

Was tun? So etwas wie eine Schuldenbremse gibt es nicht in Frankreich – aber die funktioniert ja auch bei uns nicht richtig. Also Steuererhöhungen? Das mag der Franzose gar nicht, der gewohnt ist, dass er bei Protest mit Geld zugeschissen wird. Für Macron, der bei Amtsantritt als „Mozart der Finanzwelt“ bejubelt wurde, sind das keine guten Aussichten – schließlich stehen die Europawahlen an. Womit die Franzosen bestechen, damit sie brav sind, wenn kein Geld mehr in der Kasse ist? Macrons Konkurrentin, Marine le Pen, hat es da leichter. Sie verspricht keine Milliardenhilfen, sondern die Rente mit 60. Ah ja. Das wird das Steueraufkommen allerdings nicht erhöhen.

Was das alles mit Deutschland zu tun hat? Gemach. Zwar hatte man einst beschlossen, dass in der EU niemand für die Schulden der Anderen eintreten muss, aber das ist längst Asche. Man muss ja den Euro retten, koste es, was es wolle. Das hat Angela Merkel erfolgreich vorgemacht. Niemand wird in Europa alleingelassen, dekretierte sie, Griechenland wurde „gerettet“ und aus einem vorläufigen wurde ab 2013 ein dauerhafter Rettungsfonds. Die katastrophale Fehlentscheidung, den Euro zur gemeinsamen Währung zu machen bei grundlegend unterschiedlichem Leistungsvermögen der beteiligten Länder, führte, damit wir das nicht vergessen, zur Gründung der AfD.

Und wer bezahlt nun die nötigen Rettungsaktionen? Na, Deutschland, mit 16,7 Milliarden im Jahr 2022 als größter Nettozahler in der EU – und, man staune, Frankreich mit 7,3 Milliarden, also weniger als der Hälfte, als zweitgrößter. Was also, wenn Frankreich pleite geht?

Was, wenn wir nicht mehr den dicken Onkel machen?

Vielleicht ist das längst die falsche Frage. Was, wenn Deutschland nicht mehr den dicken Onkel machen kann mangels Substanz? Wir sind auf dem besten Wege dazu. Dann fällt das europäische Lügengebäude in sich zusammen – mitsamt Ursula von der Leyen und ihren realitätsfremden Interventionen. 

Zurück zur Ausgangsfrage. Ist das also die geheime Absicht unserer um Regierung bemühten Ampelkoalition? Deutschland arm machen und damit dem Euro und der EU das stützende Bein wegziehen? Ist die rotgrüngelbe Koalition als Totengräber angetreten – oder, wie manche denken mögen, als Kraft, die das baufällige Gebäude zum Segen aller zum Einsturz bringen will, ohne es zuzugeben? 

Nun, wenn ich ehrlich bin: ein derart ausgefuchstes Kalkül traue ich dieser Regierung nicht zu. Doch alles wird womöglich darauf hinauslaufen.

 

 

Cora Stephan ist Publizistin und Schriftstellerin. Viele ihrer Romane und Sachbücher wurden Bestseller. Ihr aktueller Roman heißt „Über alle Gräben hinweg. Roman einer Freundschaft“.

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Wolfgang Richter / 04.04.2024

@ M. Posselt - “Krieg war immer der beste Ausweg vom eigenen Versagen abzulenken.”—Die träumen doch schon von dem immensen Wirtschaftswachstum, daß der Wiederaufbau der Ukraine für “uns alle” bringen wird, zu zahlen natürlich von den Russen, wenn die nach den EU-initiativen Granatenkäufen für besagte 100 Milliarden endlich in die Knie gezwungen sind. Die meinen vermutlich allen Ernstes, daß sie den Russen analog zu den von Deutschland für die beiden Weltkriege aufgedrückten Reparationszahlungen über Generationen in die “Schatulle” greifen können, um die EU-Wirtschaft auf diesem Wege zu sanieren.

Wolfgang Richter / 04.04.2024

“Nun, wenn ich ehrlich bin: ein derart ausgefuchstes Kalkül traue ich dieser Regierung nicht zu.” - Das würde Nachdenken und bewußtes Handeln voraussetzen. Dafür halte ich die “Truppe” schlicht für zu “schlicht”. Die sind in ihrer Einfalt mit der linksgrünen Ideologie der Weltenrettung derart fanatisch unterwegs, daß sie auch nicht ansatzweise in der Lage sind, die Folgen ihres Handelns abzusehen. Aber wenn es zum Ende der EUrokratie führt, soll es mir recht sein. Dafür nehme ich auch gern einen “Blackout” in kauf, ist halt nix für umsonst. Noch sind genug Kerzen im Fach und der mit Holz zu stochende Kamin in Betrieb. Der Rest findet sich.

Wolfgang Richter / 04.04.2024

“Denn, so meldet es die „Welt“, „Frankreich steht mit dem Rücken zur Wand“ und belegt in der Europäischen Union einen der hinteren Ränge,”—Ist das der Grund dafür, daß sich Hr. Macron gerade in lautstarker Kriegsrhetorik gen Moskau verausgabt?? Derartiges Verhalten ist ja wohl ein uraltes Politikerrezept, wenn es im eigenen Hause “rappelt”, die Aufmerksamkeit der “Hörenden” nach Auswärts zu wenden.

Lutz Liebezeit / 04.04.2024

Ein Onkel, der was mitbringt, ist besser, als eine Tante, die Klavier spielt.

A. Ostrovsky / 04.04.2024

@Thomas Szabó : >>Ich habe eine viel schlimmere Verschwörungstheorie als alle zusammen: Die deutsche Bundesregierung meint ihre Politik ernst! Sie sind ehrlich von sich überzeugt und meinen es gut mit uns!<< ## Ja, wir konnten es doch früher nicht wissen. Wir wussten es einfach nicht besser. Und wenn wir es schon nicht wussten, wie können die es dann gewusst haben. Das ist ja menschenunmöglich. Aber nicht nur die deutsche Bundesregierung ... Es ist ja nicht etwa so, dass es nur eine Bundesregierung gibt. Es gibt ja auch noch andere. Und wenn wir es nicht machen, machen die es. Und was wir alles geglaubt haben, damals. Heute wissen wir natürlich. Aber das kann man uns doch nicht vorwerfen. Es fehlte ja am exakten Wissen und keiner hat uns das aufgedrängt. Wir mussten uns doch immer dagegen wehren. Ja, das ist nun der Status, so ist es nun eben. Und mit diesem Wissen im Hinterkopf habe ich gerade mal in die Wikipedia geschaut, wann eigentlich das 4. Jahrhundert vor Christus war. Und nun halten Sie sich fest, das ist eindeutig wissenschaftlich bestimmt. es gibt keinen Zweifel mehr: >>Das 4. Jahrhundert v. Chr. begann am 1. Januar 400 v. Chr. und endete am 31. Dezember 301 v. Chr.<< Hätten Sie das gewusst? Am 31. Dezember 301 v. Chr. Punkt 23:59 war Schluss mit dem 4. Jahrhundert. Hinterher weiß man eben alles besser. Und nun? Begreifen Sie jetzt die Menschen?

Marcel Seiler / 04.04.2024

Aus dem Artikel: “...die Schuldenlast beträgt 110 Prozent des Bruttoinlandproduktes. (Den Maastricht-Kriterien zufolge darf das öffentliche Defizit nicht mehr als drei Prozent des BIP betragen.)” – Das kann man so nicht gegenüber stellen; hier werden Äpfel mit Birnen verglichen: Das Defizit, das nicht mehr als 3 Prozent betragen darf, ist die NETTO-NEU-Verschuldung eines Jahres, also die Schulden, die jedes Jahr dazu kommen. Die Schuldenlast sind aber der Schulden-BESTAND.

sybille eden / 04.04.2024

” Wenn der Staat zahlungunfähig ist, ist er nicht pleite, er hat nur kein Geld mehr.”- Frei nach einem bekannten deutschen Philosophen.

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