Cora Stephan / 21.03.2024 / 10:00 / Foto: Pixabay / 40 / Seite ausdrucken

Toxische Weis(s)heit: Die Schwulen und die AfD

Es ist ein Mythos, dass nur heterosexuelle alte weiße Männer die AfD wählen. Auch Schwule, Lesben und Migranten setzen gern ihr Kreuz bei der Schwefelpartei.

Ali Utlu: „Ich bin schwul, nicht queer.“ Alice Weidel: „Ich bin nicht queer, sondern ich bin mit einer Frau verheiratet, die ich seit 20 Jahren kenne.“ Beide reisen nicht unter dem Ticket „LGBTQ“, denn viele Homosexuelle haben schon länger die Nase voll von all den „Queeren“ oder Transmenschen, die behaupten, auch für sie zu sprechen. Die selbstbewusste homosexuelle Szene sieht sich nicht als „Opfer“ oder als Protagonisten der neuen Empfindlichkeit. Insofern verblüfft eigentlich nicht, was das Magazin männer* eine Riesenüberraschung nennt: An einer von der Redaktion in Auftrag gegebenen Umfrage zur Europawahl nahmen rund 10.000 Nutzer der schwulen Datingplattform ROMEO teil und wählten die AfD mit 22,3 Prozent auf den ersten Platz, noch vor der CDU mit 20,6 und dem einstigen Liebling Grüne mit 20,5 Prozent.

Sollten SPD und Grünen glauben, mit ihrer Vorliebe fürs Gendern und der Behauptung „Eine Transfrau ist eine Frau“ (Lisa Paus) Stimmen in der homosexuellen Szene zu generieren, so sollten sie mal nachrechnen: „Queer“ ist eine Minderheit neben der weit größeren Minderheit der Lesben und Schwulen, die vielleicht bei den jährlichen CSD-Umzügen „bunt“ und „queer“ im Sinne von verrückt auftreten, sich ansonsten aber mehrheitlich in Beruf und Alltag völlig normal geben und leben. Lisa Paus versteht offenbar rein gar nichts vom Konflikt, der aus dem Anspruch vor allem einiger Männer resultiert, sich als Frau fühlen und in deren Räume eindringen zu dürfen. Lesben lieben Frauen, nicht Männer, die von sich behaupten, Frauen zu sein.

Vor allem aber fürchten sich Homosexuelle heutzutage weniger vor sozialer Diskriminierung durch die „Normalos“, sondern vor der sehr handfesten Bedrohung durch Jugendliche mit muslimischem Hintergrund in den einst für die „Szene“ so attraktiven großen Städten. Dort explodiert die Gewalt gegen Homosexuelle. „Bis heute“, schreibt der schwule Publizist David Berger, „wollen die Altparteien und ihr verlängerter Arm in der schwulen Subkultur (Queer-Beauftragte bei Regierungen, der Polizei, den Staatsanwaltschaften, staatlich finanzierte Opferberatungsstellen) darüber nicht sprechen“.

It’s the migration, stupid!

Und dieses Thema beschäftigt mehr und mehr Menschen, die selbst eine Migrationsgeschichte haben, sich in Deutschland integriert bis assimiliert haben und nicht ganz zu Unrecht fürchten, mit denen in einen Topf geworfen zu werden, die nach Deutschland nicht gekommen sind, weil sie hier frei leben können, sondern weil sie hier  alimentiert werden.

Die Versorgten wiederum verachten Deutsche und Deutschland oft gerade für das demonstrative Zeigen von Toleranz und Mitgefühl, kurz: dafür, dass sie sich missbrauchen lassen. Wer so dumm ist wie die Deutschen, und so ohne „Ehre“, scheinen viele junge, insbesondere muslimische Männer zu glauben, der hat es auch verdient, ausgenutzt, betrogen, malträtiert, sogar getötet zu werden. Frauen, Schwule, Transmenschen sind die Opfer der moralischen Hybris unserer Politiker.

Zudem ist es ein Irrtum anzunehmen, die AfD sei, weil sie von den anderen Parteien als „ausländerfeindlich“ gebrandmarkt wird, keine Partei für Menschen mit Migrationshintergrund. Im Gegenteil.

Hoffnung auf das Ableben der Alten?

Die für die CDU im Bundestag vertretene Serap Güler wünscht eine striktere Migrationspolitik und warnt vor dem AfD-Wählerpotenzial in der migrantischen Community. „Zur Wahrheit gehört eben auch, dass viele Menschen mit Migrationsgeschichte, die seit Jahren oder Jahrzehnten in diesem Land leben, auch nicht einverstanden sind mit der aktuellen Migrationspolitik. Es ist mitnichten so, dass jemand, der selbst Migrationsgeschichte mitbringt, die Auffassung vertritt, jeder soll unkontrolliert ins Land kommen.“ Weshalb es beispielsweise bei vielen eher konservativen Türken gar nicht gut ankommt, dass die Ampelregierung bereit ist, jenes Deutschland zu riskieren, das für viele Einwanderer einst das Land mit dem Versprechen auf Freiheit war.

Auch die Jungen, die man irgendwie von Natur aus für linksgrün hält, scheinen keine Berührungsängste mit der Schwefelpartei zu haben. Vielleicht sogar aus antiautoritärer Abwehr der Präferenzen von Lehrern und Eltern? Jedenfalls lag die AfD bei der Landtagswahl in Hessen 2023 bei den etwa 100.000 Erstwählern mit 15 Prozent direkt hinter der CDU mit 22 Prozent. Nimmt man die Wähler bis 24 Jahren hinzu, liegt die AfD bei 18 Prozent und hat in dieser Altersgruppe sogar überdurchschnittlich zugelegt. Die Grünen hingegen haben in dieser Gruppe 11 Prozentpunkte verloren.

Interessanterweise ist die AfD bei den über 70 Jahre alten Wählern am unbeliebtesten. Ich spekuliere mal; das sind die 68ff Sozialisierten, die immer noch links im Herzen sind … Der Tagesspiegel spekuliert noch kühner: „Bei den Wählerinnen und Wählern über 70 sind es nur noch acht Prozent, die ihr Kreuzchen bei der AfD machen. Ohne die Alten – die nach wie vor überdurchschnittlich stark zur Union und auch zur SPD halten – wäre die AfD deutlich stärker. Auf deren Ableben baut die Partei ihren Zukunftsoptimismus.“

 

Cora Stephan ist Publizistin und Schriftstellerin. Viele ihrer Romane und Sachbücher wurden Bestseller. Ihr aktueller Roman heißt „Über alle Gräben hinweg. Roman einer Freundschaft“.

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B. H. Ziegler / 21.03.2024

Im Grunde kann ich den Inhalt des Beitrags so bestätigen. Bin selbst schwul und in meinem schwul-lesbisichen Umfeld wird zwar überwiegend links gewählt, ich kenne aber auch einige AfD-Wähler. Bei Gayromeo gibt es auch für alles Gruppen, die AfD-Gruppe ist unter den politischen tatsächlich auch eine der größeren, obwohl es ja nicht selbstverständlich ist, sich in der schwulen Szene als AfD-Sympatisant zu outen. Die Probleme, die sich durch die aktuelle Politik ergeben, erleben Schwule / Lesben aber stärker am eigenen Leib als andere Gruppen. Nur noch ein recht kleiner Teil der Schwulen und Lesben ist zudem überhaupt in der sog. Szene, die stark linkslastig ist, aktiv. Interessant ist, dass schon vor der vorletzten Bundestagswahl die AfD bei der Gayromeo-Umfrage etwas stärker abschnitt als später bei der Wahl. Dass viele Schwule eher zur AfD und zur CDU tendieren als die laute LBGTQ-Szene das glauben machen möchte, ist also keine neue Entwicklung.

Thomas Taterka / 21.03.2024

Ich bin ein skeptischer Eingeborener des Westens und war nie in Versuchung , Dogmen, Heilslehren oder Endlösungen und anderen Aufdringlichkeiten zu erliegen . Aber man muß sie alle auf ihren Gerechtigkeitssinn prüfen , wie die dunkle Seite des Kapitalismus , die man auch nicht “mögen” muß . Die AFD macht da keine Ausnahme .

Ilona Grimm / 21.03.2024

Neulich habe ich irgendwo gelesen oder gehört, Hape Kerkeling habe es in der homophoben Atmosphäre Berlins nicht mehr ausgehalten, weswegen er die Stadt mit seinem Mann verlassen habe und nach Köln zurückgekehrt sei. Anscheinend gibt es in Köln weniger Homophobe als in Berlin. Hätte ich gar nicht gedacht. Ist eine Phobie nicht eine krankhafte Angststörung wie Deutschland- und Heimatphobie?? - - PS: Bin auch Ü70, wähle aber AfD seit es sie gibt – bei allen Wahlen! Ich war aber auch nie eine Achtundsechzigerin. Ich ticke seit jeher konservativ.    PS: Bin gestern auf den Friedhof mit einem Mann Ü80 ins Gespräch gekommen, der gar nicht aufhören konnte, mir sein Herz über den kompletten Irrsinn der Ampel-Politik einschließlich CSU/CDU auszuschütten. Er hat sich ebenfalls als AfD-Wähler geoutet - sogar bei den Kommunalwahlen. Die blanke Not treibe einen ja dazu… Was er über die hiesige grellbunte Kommunalpolitik gesagt hat, lasse ich lieber weg.

K.Schönfeld / 21.03.2024

Nachdem die SPD die Reste der Arbeiterklasse sterben lässt, für der Abgang der früheren Mitglieder der Arbeiterklasse nun zum Abgang der SPD. Da sage mal einer, es gibt nur noch schlechte Nachrichten.

Harry Klein / 21.03.2024

Einer meiner Schüler, 15, diese Woche: isch würde AFD wählen - Spaß. (“Spaß” hängen die Kiddies dran, wenn sie es eigentlich meinen, jedoch wissen, dass es öffentlich verpönt ist. Als ich jung war, haben wir kein “Spaß” dranhängen müssen, soviel zum Zustand der Meinungsfreiheit). Die Familie seit ca 20 Jahren hier, er ist “Deutscher”, lustig, oder? Eltern weiß ich nicht, jedoch beide nur türkischsprechend. Sie verstehen zwar die Sprache nicht, jedoch rechnen können sie im Gegensatz zu unserer Regierung. Je mehr noch kommen, desto weniger bleibt irgendwann für sie übrig. Also AFD, ist logisch.

Rainer Niersberger / 21.03.2024

Welche Motive bei den Ü60, zu der ich selbst gehöre, im einzelnen, gerne auch zusammen, wirken, wenn sie waehlen, darf man vermuten.  Mein persoenlicher Eindruck, selbst zur Gruppe gehoerend, ist, dass hier das Nazi - Narrativ mit den damit erzeugten Assoziationen wirkt und leider auch gewisse Handicaps stärker wirken, natuerlich medial unterstützt. Ein gewisses Mass an Infantilitaet schlaegt wieder ( stärker) zu. Da laufen teilweise, und das viele Stunden taeglich, schon sehr niedrigschwellige Programme ab, die nicht nur das limbische System ansprechen, sondern ueber dieses auch “politisch” wirken.  Meine kürzeren Erfahrungen in der Volkshochschule, sowohl was die Inhalte, als auch die Teilnehmenden betrifft, halten die Ueberraschung ueber den Befund in Grenzen. Bei aller Wertschätzung der Staatsform gilt es, die demographischen Risiken im Auge zu behalten.  Geist und Wissen sollten beim Souveraen zumindest mehrheitlich nicht zu kurz kommen. Sonst wird es schnell kritisch.

Johannes Schuster / 21.03.2024

Irgendwie scheint mir die Achse entweder gewollt blind zu sein, oder hier war noch nie jemand bei einer dörflichen AfD - Veranstaltung: Ich war es und aus meinem Eindruck kann ich sagen, daß die AfD ein abstruse geschlossene Gesellschaft ist, die Migranten so gerne aufnimmt wie nützliche Divisionen, mehr aber auch nicht. Irgendwie scheinen die eingebetteten Migranten und Diversen als Ausrede zu nützen. Man könnte meinen, daß gewisse 2000% deutsche Kräfte in der AfD sich Migranten und Homosexuelle als Tarnkappe halten, wie Haustiere. Aber der Kern der AfD ist schwarz- braun wie die Haselnuß. Wenn die dürften, würden die jeden Tag “blau blau blau blüht der Enzian” singen.  Migrant Integriert ?: Jawohl Herr Major ! Was tut der Migrant ? Er singt Herr Major ! Was singt der Migrant ? “Falleri juwi juwi wi ja ha ha” - Herr Major.  ! Kommt der Migrant und sagt: “Jetzt bin ich a richtiger Deitscher” Herr Major ! Sagt der Majar !: JAWOHL ! und beide singen: “Falleri juwi juwi wi ja ha ha, Falleri juwi juwi wi ja ha ha, Falleri juwi juwi wi ja ha ha….” . Marschmusik, Gartzwerge, gute Kfz - Versicherungen beim örtlichen Markler “dem Heinz” und drei mal Szinesewitcz für den internationalen Anstrich und fertig ist das neue Deutschland. Die Linken sind der Spiegel der Einfalt, sie sind der Rahmen für Heinz und Szinesewitcz und der Grund mit Gartenzwergen, Versicherungsverträgen vom Örtlichen, einem Mercedes mit H- Kennzeichen besser zu sein als die Kommunisten und Gammler, deren Auslöschung man zwar erträumt aber nie realisiert. Umgekehrt geht das gleiche Spiel und somit haben wir eines gegeben: Den links- rechten Diwan: Das gestörte Deutschtum auf der Couch seiner Einfalt. ... und dann diese Ragnarök - Psychose: Die Partei als Auferstehungsformel, “aus einem dem Untergang geweihten Deutschland” durch “die vereinigte Kraft” das “neue Deutschland” zu formen. Und schon sind sich AfD und das rot - grüne Spektrum zum verwechseln ähnlich, die ganzen Haarer - Derivate….

Dirk Jungnickel / 21.03.2024

Der Spekulation des Tagesspiegel sind wahrlich kühn ! Gerade die “Alten” bringen ihre Erfahrungen mit , nicht nur traditionelles Verhalten. Wer sich z.B. mit der “Demokratie” in der “DDR” herumschlagen mußte, der dürfte heute geschärfte Sinne dafür haben, dass die Demokratie den Bach runter geht ....

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