Benny Peiser / 04.03.2012 / 10:14 / 0 / Seite ausdrucken

Todesanzeige für „Peak Oil“

Das Konzept, das in den Neunzigerjahren das Salon-Geschwätz dominierte – „Peak Oil” – ist irrelevant geworden. Das sagen die Rohstoff-Spezialisten der Citigroup und vielleicht wären politische Entscheidungsträger wohlberaten, diese Ergebnisse genauer zu betrachten.

„Peak Oil” ist der Punkt, an dem die Produktion von normalem Rohöl unumkehrbar rückläufig wird. Für die einen ist das der Punkt, an dem die knappheitsbedingten Preissteigerungen einen gewaltigen Wandel in den Industriegesellschaften erzwingen würden. Für die anderen war „Peak Oil“ nichts anderes als der Ruf von Mutter Erde, doch zu einem vorindustriell geprägtem Lebensstil zurückzufinden. Ein Beispiel für diese Auffassung ist die „Transition Towns“-Bewegung, ein Mittelklasse-Phänomen, das sich in Pendler-Vororten Großbritanniens entwickelt hat.

Doch eine lesenswerte Studie [PDF], die jetzt veröffentlicht wurde (und die auch implizit Kritik an der Industrie übt), hält das für voreilig. Auf Grund von “unkonventionellem” Erdöl und Erdgas, das dank des technologischen Fortschritts gefördert werden kann, ist “Peak Oil“ einfach tot:

Der Glaube, dass die globale Erdölproduktion ihren Gipfel überschritten hat oder kurz davor steht, hat über zehn Jahre den Run auf Öl beflügelt. Die Wiederauferstehung der US-Gasförderung, die mittlerweile ihren Höhepunkt der Siebzigerjahre weit hinter sich gelassen hat und in den letzten sieben Jahren global zur Nummer Eins aufgestiegen ist, lässt sich auf das Hydraulic Fracturing – Fracking – zurückführen, Fördertechnologien, die bei Schiefergasvorkommen in allen Teilen der USA angewendet werden. Die gleichen Unternehmen nutzen nun diese neuen Techniken bei Schieferölvorkommen, mit Ergebnissen, die in vielen Fällen ähnlich erfolgversprechend sind, wie in den Frühstadien der Schiefergas-Revolution. Die US-Ölförderung steigt mittlerweile an, und zwar ausschließlich auf Basis der Schieferöl-Förderung, da konventionelle Quellen wie in Alaska oder Kalifornien strukturbedingt immer weniger hergeben und die Förderung im Golf von Mexiko im Nachfeld von Macondo erst noch auf Erholung wartet.

Die Schwarzseher hatten gute Gründe, daran zu zweifeln – doch ihnen entging das vollständige Bild, nämlich eines, das auch technische Innovationen einbezieht. Sie wollten einfach zu gerne Schwarzsehen. Die Studie sagt weiter:

Der Glaube an „Peak Oil“ wurde bestärkt durch wiederholte Fälle, in denen die tatsächlichen Fördermengen nie die optimistischen Prognosen erreichten, die von diversen Regierungsstellen und internationalen Energieagenturen propagiert wurden. Die IEA, die Benchmark der Industrie, machte gerne Jahres-Prognosen über große Zuwächse bei der Förderung im Nicht-OPEC-Bereich und war dann die nächsten 18 Monate damit beschäftigt, diese wieder zurückzunehmen.

Die Citigroup kritisiert auch die Ölindustrie und die Experten dafür, dass sie einen Faktor nicht berücksichtigt haben – zu viel versprechen und zu spät liefern.

Man muss es gelesen haben. Die Ölförderung ist weitaus abhängiger von Upstream-Investitionen, als es sich viele Leute vorstellen können. Wenn sie aber anspringt, springt sie rasch an; in den USA hat sich die Anzahl der Bohrstellen in drei Jahren um 500 Prozent erhöht.

Wie geht’s weiter?

“Peak Oil” ist nicht das einzige Opfer der jüngsten Entwicklungen auf dem Energiesektor. Der Tod von „Peak Oil“ zieht etlichen durch unsere Bürokraten und ihrer Berater verfolgten Politikentwicklungen den Teppich unter den Füßen weg. Während der letzten zwei Jahrzehnte konnten wir ein Anwachsen der „Nachhaltigkeitssektors“ beobachten, der fast vollständig von staatlicher Förderung abhängt und von den gleichen falschen Grundvoraussetzungen ausgeht.

Die These war, dass wir in jedem Fall zu akzeptieren haben, dass die moderne Industriegesellschaft auf einer Ressource aufgebaut ist, die nur endlich vorhanden und nur schwer ersetzbar ist. Da gibt es aber noch einen wichtigen anderen Aspekt. Das „Peak Oil“ Gedankengebäude basiert auf der Idee, dass Rohöl nicht durch unkonventionelles Öl bzw. nicht rechtzeitig durch synthethische Kohlenwasserstoffe ersetz werden könnte. Wir können jetzt aber einen Anstieg der unkonventionellen Ölförderung feststellen und in zehn Jahren werden auch kohlenstoffarme synthetische Ersatzstoffe für Öl produktionsbereit sein, unter der Annahme, dass der Preis pro Barrel zwischen 40 – 50 $ bleibt.

Das Problem, dass der Denke von “Nachhaltigkeit“ und „Peak Oil“ gemeinsam zu Grunde liegt ist, das, dass in beiden Fällen eine Ressource nicht als Vektor, sondern als Sache gesehen wird - eine Sache, die selten, einzigartig und unersetzlich ist.

Zu viktorianischen Zeiten war man von Walfett für Beleuchtungs- und Heizungszwecke abhängig und sorgte sich – ähnlich wie die Nachhaltigkeitsleute von heute – darüber, was da als Ersatz dienen könnte. Der menschliche Erfindungsgeist lieferte Altenativen. Auch gab es Zeiten, als sich Politiker über das limitierte und volatile Angebot an Salpeter erregten, ein Nitrat, dass zur Ernährung der Bevölkerung und zur Produktion von Schießpulver unerlässlich war. Die Rettung kam durch die Chemie. Natürlich ist eine Ressource eine Kombination aus vielen Dingen – die Grenze des menschlichen Erfindergeistes ist da nur eines.

Diese Unflexibilität des Denkens jedoch ist verhängnisvoll.

Nur, weil wir einfach ganz gut sind, wenn es um Erfindungen geht, heißt das natürlich nicht, dass wir kurz vor der Gründung von Utopia stehen oder dass sich die normale Politik irgendwie aufhört. Zukünftige Technologien werden ihren Preis kosten, nur begrenzt verfügbar sein und sich auch missbrauchen lassen. Aber sie setzen ein Signal für das nahende Ende dessen, was wir Apokalypse-Politik nennen könnten – mit der unpopuläre und dämliche Politmaßnahmen Erfolg haben können, nur weil ihre Advokaten behaupten, dass sie durch irgendwelche katastrophalen und unverrückbare historische Trends zu rechtfertigen seien. Nur Abergläubische können das noch glauben. ®

Übersetzung H.B.

Originalartikel: The Register

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